MARSILIUS FICINUS: DE VITA TRIPLICI

 

HINTERGRUND

 

Inhalt:
Vorbemerkung
Meine Quellen
Vorstellung von Marsilius Ficinus: Leben und Werk.  
Vorstellung des Werkes "De vita (triplici)" in Form ausführlicher Kapitelbeschreibungen
Astrologische Grundlagen, dabei auch mythologischer Hintergrund der Planeten
Bemerkungen zu meiner Übersetzung
"De Vita" im Werk "Saturn und Melancholie" von Klibansky-Panofsky-Saxl

Vorbemerkung
Wer hat den Namen "Marsilius Ficinus" oder "Marsilio Ficino" jemals gehört? Den "normalen" Zeitgenossen ist dieser Mann unbekannt. So ging es auch mir bis ins Jahr 2006.

Ausgangspunkt für diese Beschäftigung mit Marsilius Ficinus war die Begegnung mit dem Bild von Matthias Gerung: "Melancolia 1558" in der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe. Um dessen Rätsel zu verstehen, suchte ich erst einmal bei Dürers Melencolia I und fand in der bei mir zufällig vorhandenen Literatur (Wilhelm Waetzoldt, DÜRER und seine Zeit, Phaidon-Verlag, Wien 1935, S. 122ff.) den Hinweis auf den noch nie gehörten Namen "Marsilius Ficinus". Bei Waetzoldt wurde auf Giehlow und dann vor allem auf Panofsky und Saxl als Urheber und Vertiefer dieses Forschungsansatzes verwiesen. 
Das Werk von Klibansky, Panofsky und Saxl: "Saturn und Melancholie" (eine ganz kurze allgemeine Einführung dazu auf meiner Gerung-Seite) spielt bei Christian Müller und dann bei Anja Eichler (s. ebenfalls die Gerung-Seite) eine ganz wichtige Rolle fürs Verständnis des Gerung-Bildes. Von Anja Eichler und Christian Müller wurde auch auf die Planetenkinder verwiesen - auch davon hatte ich bisher noch nichts gehört, die Beschäftigung mit ihnen eröffnete aber einen faszinierenden Einblick in einen kleinen Bereich der Bildenden Kunst, von dem meine Seite über die Planetenkinder einen kleinen Eindruck verschaffen soll. Das Interessante daran ist, dass im Grunde alle genannten Themen zusammenhängen und sich Ficinus' Werk "De Vita" als Kern des ganzen Themenfelds herausstellt.

Meine Quellen
Es sind zwei Bücher, auf die ich mich vor allem stütze und die ihrerseits eine Fülle von weiterführender Literatur enthalten.
Für Leben und Werk von Ficinus war hilfreich: Dieter Benesch: Marsilio Ficino's 'De triplici vita' (Florenz 1489) in deutschen Bearbeitungen und Übersetzungen. Edition des Codex palatinus germanicus 730 und 452. Frankfurt am Main/Bern/Las Vegas (Peter Lang), o. J., handschriftlich: 1977; zitiert: Benesch.
Wie der Titel zeigt, hat sich Benesch vor allem mit der Textgeschichte, und dabei vor allem mit der Problematik der frühneuhochdeutschen Übersetzungen beschäftigt. In seiner Einführung (S. 17 bis 40) gibt er einen Überblick über Leben und Werk Ficinos, was ich hier kurz zusammenfassen möchte.
Das zweite Buch war deshalb wichtig, weil es sich mit dem "richtigen" Text und der Übersetzungsproblematik beschäftigt: Carol V. Kaske und John R. Clarke, MARSILIO FICINO, Three Books on Life. A Critical Edition and Translation with Introduction and Notes. Binghamton/New York, 1989 (Medieval and Renaissance Texts and Studies); zitiert: Kaske.
Im Vorwort erfährt man, dass Kaske und Clark als Team mit unterschiedlichem Verantwortungsbereich gearbeitet haben und etwa zwei Jahrzehnte mit dem Text gerungen haben. Als Folge davon bietet dieses Buch neben den Literaturhinweisen eine Fülle von Anmerkungen zum Text, vor allem wird den Hinweisen Ficinos auf Quellen nachgegangen und werden seine Quellen nachgewiesen. Dieses Buch wird im Abschnitt "Meine Übersetzung" ausführlicher vorgestellt.

Hier geht's nach oben:    

Biographie des Marsilius Ficinus (Referat nach Benesch)

"In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts war der Philosoph und Priester Marsilius Ficinus einer der berühmtesten Ärzte Europas." (Benesch S. 8)

Marsilius Ficinus (italienisch: Marsilio Ficino) wurde am 19. Oktober 1433 in Figline, einem Dorf in der Nähe von Florenz, geboren. Er war der Sohn des Leibarztes von Cosimo de Medici, Diotifeci detto d'Agnolo di Giusto. "Ficinus" deutet Benesch in Nachfolge des Ficinus-Biographen R. Marcel als Deminutivum des väterlichen Namens Diotifeci, detto "Ficino". Nach Benesch ist Ficinus' Studienort (Bologna?) umstritten. Nach seinem Medizinstudium soll die Begegnung mit Cosimo wichtig gewesen sein. Cosimo gewährte Ficinus eine Art Stipendium, damit dieser seine Plato-Studien betreiben konnte.

Cosimo war bei den Konzilien von Ferrara und Florenz schon den gebildeten Begleitern des byzantinischen Kaisers begegnet. Die kirchlichen Bemühungen führten damals, am 6. Juli 1439,  zu einem Unionsdekret, aber 1453 fiel Konstantinopel, und man hatte dann andere Sorgen. 
In dieser bedrohlichen Zeit kam Georgios Gemisthos Plethon (1355 - 1450) nach Florenz, wo er Vorträge über die griechische Philosophie hielt. Plethons Hauptwerk ist "Über die Unterschiede in der Lehre des Aristoteles und Platos". Plethon war Anhänger Platons, er stand negativ zum von Averroes (1126 - 1198) vermittelten Aristoteles wegen dessen Lehre von der Sterblichkeit der menschlichen Seele. In Nachfolge von Plethon tritt auch Ficinus in seiner "Theologia Platonica de immortalitate animorum" für die Unsterblichkeit der menschlichen Seele ein.

Platons Werk war im Mittelalter kaum bekannt. Bis zum 12. Jahrhundert gab es den "Timaios" auf Latein, im 12. Jahrhundert folgten "Menon" und "Phaidon" und im 13. Jahrhundert wurde der "Parmenides" übersetzt, d. h. man kannte zu Ficinus' Anfangszeiten nur 4 von 22 Dialogen im Wortlaut. Cosimo hatte griechische Plato-Handschriften aufgekauft und suchte nun nach einem Übersetzer. Ficinus war ja schon mit seinen "Institutiones Platonicae" 1456 an die Öffentlichkeit getreten, Cosimo riet ihm aber, sein Griechisch zu verbessern, um den gesamten Platon übersetzen zu können; das tat Ficinus, vor allem auf seinem Landgut in Careggi, das ihm Cosimo geschenkt hatte und das sein bevorzugter Arbeitsort, auch der Ort der (umstrittenen/bestrittenen) Neuauflage der "Platonischen Akademie" war; nach Benesch (s. S. 22) wurde sie 1521 aufgelöst. 1468 war die Übersetzung abgeschlossen, gedruckt wurde der lateinische Plato 1484.

Neben Plato übersetzte Ficinus auch andere griechische Werke: 1463 den "Pimander" des Hermes Trismegistos, bis 1492 das Werk des Dionysius Areopagita "De mystica theologia et de divinis nominibus". Im gleichen Jahr gab er auch Plotins "Enneaden" heraus.
Kommentare zu Platon erschienen 1496, im Jahr davor Ficinus' gesammelte Briefe.

1473 wurde Ficinus Priester. 1477 erhielt er die Aufsicht über zwei florentinische Kirchen, 1484 wird er Kanonikus an der Kathedralkirche zu Florenz.

Als sein medizinisches Hauptwerk gilt "De vita triplici". Es besteht aus drei Büchern, deren Titel mehrfach variiert werden, die ich hier einheitlich anspreche. Ficinus widmete es seinem Gönner ab 1469, Lorenzo de' Medici (s. Prooemium des Gesamtwerks). Der erste Teil, "De vita sana", erschien 1484, die beiden anderen Bücher ("De vita longa" und "De vita coelitus comparanda") wurden 1489 verfasst und veröffentlicht. Mit diesem Werk wollte Ficinus als Arzt den geistig Tätigen helfen, alt zu werden und im Alter gesund zu bleiben, um noch lange geistig produktiv sein zu können. Der Inhalt des Werks wird unten unter "Grundzüge" erklärt. Die ersten beiden Bücher sind auch eher medizinischen Inhalts, das dritte Buch stellt das medizinische Anliegen in einen astrologischen (zeittypischen) Zusammenhang und bietet damit auch eine Einführung in die damalige Astrologie.
Dass die Bücher unterschiedlich schwierig sind, zeigt sich auch daran, dass der frühneuhochdeutsche Übersetzer von "De vita", der Straßburger Humanist Johannes Adelphus Muling,  zwar die ersten beiden Bücher (gekürzt) übersetzt, sich zum dritten Buch aber folgendermaßen äußert: "Das drit buch Das gar hoch zu verston ist / deßhalb hie uß gelon und sunst besunder gedrucket." (zitiert nach Benesch S. 10)

Durch das dritte Buch "De vita coelitus comparanda" gerät Ficinus in Häresieverdacht. Es wird auch offiziell nach Januar 1490 gegen ihn die Anschuldigung wegen Häresie und Magie erhoben. Der Erzbischof von Florenz kann in Rom aber den Prozess abwehren. - In dieser Zeit ist Ficinus mit Pico della Mirandola (1463 - 1494) befreundet, den er nach dessen Verbannung in seinem (Picos) Häresieprozess in seinem Haus in Careggi aufnimmt.

Ficinus stirbt am 1. Oktober 1499 in Careggi.

Ficinus wirkt in Deutschland in den dortigen Humanistenkreisen nach, so in Nürnberg (Peutinger und Pirckheimer), in Heidelberg (Celtis und Reuchlin) und in Straßburg (Adelphus) - (Benesch, S. 34). Über Reuchlin führt die Linie zu Melanchthon und dann vor allem zu Agrippa von Nettesheim mit seiner "Occulta philosophia".

Information über Ficinus bei Wikipedia:   http://de.wikipedia.org/wiki/Ficinus

 

Sehr gute Einführung in Leben und Bedeutung von Ficinus: http://www.kzu.ch/fach/as/material/Texte_philo/Plato/ficino.htm  Hier handelt es sich um einen Artikel aus der Neuen Zürcher Zeitung, der 1999 anlässlich Ficinus' 500. Todestag erschienen war.

Hier geht's nach oben:    

Grundzüge von "De Vita triplici"

Hierzu möchte ich die Inhaltsangaben verwenden, die Ficinus den einzelnen Kapiteln vorausschickt, die aber nicht immer das Kapitel erschöpfend zusammenfassen. Deshalb findet sich hier neben der Kapitelangabe die Übersetzung von Ficinus' Überschrift und darunter eine ausführlichere Zusammenfassung. Die Kapitelnummer dient jeweils als Link zum Originaltext (mit Übersetzung).
Rosa unterlegt: Kapitel, die die Melancholie und/oder ihren Zusammenhang mit Saturn behandeln. Grün: Kapitel, die in den astrologischen Hintergrund einführen.
Buch/Kap. oben: Kapitelüberschrift des Ficinus, darunter: wenn nötig ausführlichere Angaben
Proöm

Vorwort des Marsilius Ficinus aus Florenz zum Buch "Über das Leben": An den hochherzigen Lorenzo de' Medici, Retter des Vaterlands

  Im Proömium widmet Ficinus das gesamte Werk "De vita triplici" seinem Gönner, Lorenzo de' Medici.

Das erste Wort, "Bacchus" (1) verrät schon die Hochschätzung des Weines durch Ficinus; nochmals ganz deutlich in 7. Mit der mythischen Erzählung der doppelten Geburt des Bacchus kommt Ficinus zu dessen zwei Müttern (1 - 7), woran er dann seinen "Privatmythos" der zwei Väter anschließen kann, d. h. er huldigt hier erst seinem geistigen Vater, Cosimo de' Medici (8 - 13).
Seinem leiblichen Vater habe er das erste Buch von "De vita triplici", "De vita sana" gewidmet. Leute der Zielgruppe "geistig Tätige" ("homines litterati", 15) seien an ihn herangetreten, und für sie habe er die beiden anderen Bücher geschrieben (14 - 18).
Ab 19 widmet er sein Werk seinem Gönner, Lorenzo de' Medici - in Form einer Bitte um Nachsicht, wenn er eher Dichter als Arzt sei; schließlich sei Phoibos Apollo ja Gott der Heilkunst und der Dichtung (19 - 21).
Über den Gedanken der Fürsorge für seine Bücher, sozusagen seine Seele, kommt Ficinus zu einem großen Preis des Lorenzo, der ja schon länger Hüter seiner Seele sei - in Form der Plato-Übersetzung - und überreicht ("accipe" - "nimm an!" -  29) Lorenzo dieses Werk über die Gesundheit des Körpers (22 - 30).

Buch I
i, Proöm Über die Gesundheitsfürsorge der geistig Tätigen
  Nach der Begrüßung (1) seiner beiden Freunde Vespucci und Boninsegni übergibt Ficinus sein Werk ihrem Urteil zur Prüfung, vor allem aber dem Urteil seines Gönners Lorenzo (2 - 4).
Diese Widmung schließt mit einem Lob der körperlichen, vor allem der geistigen Gesundheit als Vorbedingung zum Erwerb der "sapientia", der Weisheit; d. h. Lebensziel ist das Ziel der Philosophie (5 - 12).
i, 1 Neun Führer der um Wissen Bemühten
  Ficinus stellt neun Faktoren, die für seine Zielgruppe, die geistig Tätigen, wichtig sind, zusammen; sein Ziel ist der bisher fehlende Arzt. Diese Rolle möchte er einnehmen, wie er sagt, als erster. Das Kapitel endet mit einem Appell, sein Angebot wahrzunehmen.
Die Zielgruppe wird zweimal eher allegorisch angesprochen: Menschen auf dem Weg zum Musentempel (iter ad Musarum templum) und die, die das "studium Minervae" (eigentlich "Eifer für Minerva", also "Studium der Wissenschaften") betreiben. (In i, 5, 1 nennt er sie "sacerdotes Musarum" - Priester der Musen.)
i, 2 Sorgfältige Sorge für Hirn, Herz, Magen und Seelenatem
  Nach einem kurzen Hinweis auf die Wichtigkeit des Werkzeuges im normalen Leben nennt Ficinus das für den geistig Tätigen wichtige Werkzeug, den "spiritus", was ich mit "Seelenatem" übersetze, um einerseits vom normalen Atemhauch zu unterscheiden, andererseits auf seine innere Funktion hinzuweisen.
In diesem Kapitel erklärt Ficinus, wie und in welchen Organen der Seelenatem entsteht. Auffällig, dass er vom spiritus im Singular und im Plural sprechen kann, dieser also verschieden Aspekte hat, die durch den Plural anklingen.
i, 3 Abhängigkeit der geistig Tätigen von feuchtem Schleim (Phlegma) und schwarzer Galle (Melancholie)
  Neben der üblichen Fürsorge für Körperglieder, -kräfte und Seelenatem müssen geistig Tätige, Ficinus' Zielgruppe, vor allem zwei Gefahren, die er als Körpersäfte anspricht, vermeiden: Schleim (Phlegma) und schwarze Galle (Melancholie) - 1ff.
Danach spricht Ficinus die Folgen von Phlegma, vor allem von Melancholie an: "assidua cura" (beständige Sorge), "crebra deliramenta" (häufige Wahnvorstellungen) und "perturbatio iudicii" (gestörtes Urteilsvermögen), um abschließend noch einmal festzustellen, wie gut es seiner Zielgruppe gehen könnte, wenn die beiden Fehlentwicklungen nicht vorhanden sind (4).
i, 4 Anzahl der Gründe, weswegen geistig Tätige melancholisch sind oder es werden.
  Hier beschreibt Ficinus erst die drei Voraussetzungen von Melancholie, dann die schwerwiegendste Form ihrer Entstehung.
Er beginnt mit der Ankündigung von drei Gründen für das Bestehen von Melancholie (1) und führt diese aus:
Der himmlische Grund besteht in der Trockenheit (und Kälte) von Merkur und Saturn, die ihren Anhängern, und das sind die geistig Tätigen, diese Qualität vermitteln, sie bewahren, sogar mehren (2f.).
Den natürlichen Grund sieht Ficinus in der Ähnlichkeit von schwarzer Galle mit der Erde: beide ziehen sich zusammen. In 7 wird dann noch die Entsprechung (wohl beider: Erde und schwarzer Galle) mit Saturn behauptet. Und die geistige Tätigkeit der Betrachtung ("contemplatio") bewirke - in Ähnlichkeit zur schwarzen Galle - die Kontraktion (4 - 8).
Als menschlichen Grund führt Ficinus physiologische Vorgänge an: Denken trocknet das Hirn aus - Saft (Quelle der Wärme) und die Wärme selbst gehen zur Neige - das Hirn wird trocken und kalt (9 f.). Am Ende von 10 wird dann begrifflich festgelegt: kalt und trocken sind Qualitäten von Erde und schwarzer Galle: siccus + frigidus = qualitas terrestris et melancholica! Beim Denkprozess wird nun auch Seelenatem verbraucht, für den vom feineren Blut her Nachschub besorgt werden muss; dadurch wird das Blut dicht, trocken und schwarz. Verschärft wird dieser Vorgang durch eine gleichzeitige Mangelversorgung von Magen und Leber infolge der Unterstützung des Denkvorgangs. Vor allem bei ungeeigneter Nahrung wird dadurch das Blut ebenfalls dicht, kalt und schwarz (9 - 16).
Die genannten drei Gründe bewirken also einen melancholischen Seelenatem und einen traurigen und ängstlichen Geist (17).
Zu diesen "naturgesetzlichen" Abläufen kommt nun noch ein bestimmtes menschliches Verhalten: Durch intensives Studium der Philosophie trenne man Körper und Geist und werde deshalb besonders von schwarzer Galle ("atra bilis" = "melancholia") bedrückt. Dafür führt Ficinus dann ein Platon-Zitat aus Timaios an (18 - 20).
i, 5 Grund der Genialität der Melancholiker; welche Melancholiker genial sind, welche nicht.
  Zunächst fasst Ficinus noch einmal die drei Gründe des vorausgehenden Kapitels zusammen (1).
Den Zusammenhang von Genialität und Melancholie stützt er nun mit drei Autoritäten: Aristoteles (mit seinem Problem 30, 1), Plato (Theaitet) und Demokrit; letzteren stützt er mit einem weiteren Platon-Zitat (Phaidros) ab (2 -7).
Ficinus stimmt den Autoritäten zu, bemängelt aber die nicht ausreichende Begründung durch die großen Meister (8ff.).
Deshalb liefert er einen gründlichen Einblick in die Materie "Melancholie": Zunächst unterscheidet er grundsätzlich zwischen "melancholia naturalis" (natürliche) und "adusta" (verbrannte); die "adusta" zerfällt ihrerseits in vier Spielarten, je nach Verbrennungsvorgang (11 - 16).
Das Brennen der schwarzen Galle bewirke das Rasen, das Erlöschen die bekannte üble Melancholie; grundsätzlich kann nur die natürliche Melancholie hilfreich sein (17 - 20)
Danach behandelt Ficinus bestimmte Mischungsformen mit Phlegma; von diesen kann nur die ungemischte und maßvolle (26!) schwarze Galle "iudicium" (Urteilsvermögen) und "sapientia" (Weisheit) fördern (20 - 26), der Gedanke des richtigen Maßes wird in 27 - 30 vertieft.
Im Gegensatz zum Phlegma soll sich schwarze Galle aber mit Galle und Blut durchaus vermischen, Ficinus gibt sogar das richtige  Mischungsverhältnis (2/3 Blut, 1/6 Galle, 1/6 schwarze Galle) an (31 - 35). Wünschenswert ist, dass die beiden anderen Säfte die schwarze Galle entzünden; durch Vergleich mit Eisen und Kalk wird das Verhalten der schwarzen Galle verständlich gemacht (36 - 40).
Im Vergleich mit den anderen Säften zeigt schwarze Galle ein Extremverhalten, das sich auf den Menschen auswirkt ("audacia"/Kühnheit : "timor" + "ignavia"/ängstliche Feigheit) - (41 - 45).
In der Zusammenfassung plädiert Ficinus noch einmal für die günstige Mischung: "opportune temperata" soll die schwarze Galle sein. (46 - 51).
i, 6 Nutzen der schwarzen Galle für das Genie
  Zwei Fragen beantwortet Ficinus in diesem Kapitel:
Die erste Frage gilt der Beschaffenheit dieser optimal gemischten Saftform: Farbe und Temperatur entsprechen dem Gold (1f.).
Die zweite Frage gilt dem Zusammenhang dieser Saftkombination (!) mit der Genialität eines Menschen; dazu holt Ficinus weiter aus und liefert zunächst vier Gründe (4 - 11):
Zum ersten sind die Formen von Seelenatem ("spiritus" wieder Plural!) fein; Vergleich von Wein mit Weinbrand (5). Durch den Druck in einer Art innerem Röhrensystem werden sie ganz fein (6).
Zweitens sind sie wärmer und heller (7).
Drittens sind sie beweglich und dadurch sehr heftig (8).
Viertens stehen sie beständig zur Verfügung (9). Durch diesen Dienst ist der Geist ("animus") sehr leistungsfähig (10f.).
Danach greift Ficinus auf früher eingeführte Gedanken zurück (12 - 16).
Erstens ("adde") hat der Geist dadurch ein Instrument (i, 2, 5), das aufgrund seines Wesens zum Kern strebt (i, 4, 4) - (12);
zweitens ("insuper") steht der Geist im Einklang mit Merkur und vor allem mit Saturn, dem höchsten der Planeten: Unterschied zu den "himmlischen Gründen" von i, 4, wo Ficinus mehr den Merkur bedacht hat. Die Wirkung dieses Umstands ist: "philosophi singulares" ("einzigartige Philosophen"). Diesen Befund stützt Ficinus vierfach (!) mit Autoritäten ab: Demokrit, Plato, Aristoteles (Problemata) und Avicenna (13 - 16).
Abschließend fasst Ficinus den Wert der "atra, immo candida bilis" ("schwarzen, nein besser: weißen Galle") noch einmal zusammen und stellt den Unwert der "normalen" schwarzen Galle dagegen (17f.).
i, 7 Fünf Haupthindernisse für geistig Tätige: Phlegma, Melancholie, Geschlechtsverkehr, Sattheit, Schlaf am Morgen
  Metaphorisch führt Ficinus zum Thema zurück: Die geistig Tätigen sind zu Land und zu Wasser in Gefahr; Wasser sind die Säfte, Land die anderen drei Gefahren, die er im folgenden ausführt (1ff.).
Wieder bildhaft spricht er die drei Gefahren ("monstra") mit drei Göttergruppen an: Venus und Priap (1. Gefahr), Bacchus und Ceres (2. Gefahr) und Hekate (3. Gefahr); gegen die drei Gefahren stellt er sich unter den Schutz von drei Göttern: Apoll, Neptun und Hercules (4ff.).
Im folgenden werden die Bilder prosaisch "enträtselt": Venus steht für geschlechtliche Liebe, von der Ficinus - vor allem im Übermaß - abrät, weil sie die Kräfte vermindere. Auch hier werden wieder Autoritäten angeführt (Hippokrates und Avicenna) und die Alten gelobt, dass sie die Musen und Minerva Jungfrauen sein ließen; auch dieser Gedanke wird mit einer kleinen Platon-Episode gestützt (7 - 16).
Die zweite Gefahr ist zu viel Essen und zu viel Wein; dafür standen Ceres und Bacchus; ausführlicher stellt er den Zusammenhang der Verdauung mit geistiger Tätigkeit dar; seine Autorität dabei ist Galen (17 - 24).
Das dritte "Monster" ("Hekate") sind durchgearbeitete Nächte; da viele geistig Tätige hier einer falschen Meinung anhängen, setzt sich Ficinus mit dieser Gefahr länger, d. h. mit sieben Gründen auseinander, die er zunächst alle aufzählt (25 - 27):
Erster Grund gegen die Nachtarbeit sind die "Schutzplaneten" der geistig Tätigen: Sol und die beiden inneren Planeten Venus und Merkur, deren Leuchten also mit Sol, und damit mit dem Tag, zusammenhängt. 
Einen zweiten Grund sieht Ficinus in den Elementen: Die Luft wirkt unterschiedlich abends und morgens auf Blut und Seelenatem (32 - 34).
Dritter Grund ist das Verhalten der Säfte: morgens herrscht das Blut, abends das Phlegma und die schlechte schwarze Galle (35 - 38).
Als vierten Grund nennt Ficinus die richtige Ordnung der Dinge, d. h. Nachtarbeit ist Verstoß gegen die kosmische Ordnung, aber auch gegen das eigene Wesen (39 - 46).
Die Magenfunktion bildet den fünften Grund: Abends braucht der Magen Seelenatem; ist man da geistig tätig, muss sich der Seelenatem aufteilen und reicht nicht für beides - Aussage wird gedoppelt (46 - 53). Das Essverhalten löse auch einen schädlichen Fäulnisprozess im Magen aus (54). Es entstehe auch Stuhlverhaltung, was alle Ärzte für schädlich halten (55 - 56).
In diesen Grund schiebt Ficinus noch einen Vergleich mit den Nachteulen ein: deren Augen werden bei Tag schwarz, im Licht der Wahrheit verfinstere sich bei Nachtarbeitern der Scharfsinn.
Sechster Grund ist Seelenatem (im Plural!). Abends hat man nur den dickeren, fürs geistige Arbeiten ungeeigneten, dagegen steht morgens genug zur Verfügung (58 - 61).
Siebter und letzter Grund ist die Vorstellungskraft; modern formuliert fehlt nachts die Konzentration; bei nächtlicher Ruhe beruhigt sich der Geist. Mit unruhigem Geist könne man nicht richtig urteilen; zur Illustration dieses Gedankens führt Ficinus Platons Vergleich mit dem Schwindel an. Dieser Zusammenhang wird wieder mit einem Aristoteles-Zitat abgeschlossen (62 - 68).
In seiner Zusammenfassung betont Ficinus noch einmal, dass das Fehlverhalten in einem morgens überladenen Magen liegt. Dafür weist Ficinus auf eine Aussage Davids hin, er lobe Gott morgens. Aber das Aufstehen sei vor allem ein mentales Problem (69 - 71).
i, 8 Richtige Zeit, mit den Studien zu beginnen, und rechtes Maß der Fortführung
  Hier gibt Ficinus Hinweise, wie man seinen Tag am besten einteilen soll.
Zunächst weist er auf den Zusammenhang seiner Vorschriften mit dem letzten Kapitel  hin und gibt dann Anweisungen für die Zeit vor und nach dem Aufstehen, bis etwa zum Mittag (1 - 11).
Er begründet diese Zeiteinteilung mit den "Vorlieben" Sols (12 - 15); der Rest der Zeit sei für Lektüre geeignet (16).
Abschließend weist Ficinus noch auf den Wert von Pausen zur Vermeidung körperlicher oder geistiger Erschöpfung hin (17 - 21).
i, 9 Vermeidung von Phlegma
  Ficinus greift auf die erste der in i, 7 genannten Gefahren, das Phlegma, zurück und gibt einzelne Vorschriften für Sauberkeit des Körpers und richtige Nahrungsaufnahme, auch richtiges Wohnen; am Ende folgen noch Maßnahmen, um Feuchtigkeit und Kälte (= Qualität von feuchtem Schleim!) zu vermeiden (1 - 11).
i, 10 Vermeidung von schwarzer Galle
  Ausführlicher beschäftigt sich Ficinus mit dem Problem der schwarzen Galle, d. h. der Melancholie (= 2. Gefahr von i, 7).
Zunächst führt er Dinge an, die die schwarze Galle (immer zweideutig: Saft oder Krankheit!) vermehren: Speisen, auch Verhaltensweisen; auch hier (7) geht es darum, der Qualität der schwarzen Galle (kalt und sehr trocken) gegenzusteuern (1 - 7).
Im weiteren führt Ficinus eine Art Magen-Phlegma-Schwarzgallen-Schonkost unter Hervorhebung des Weines an (8 - 18); eigens erklärt werden die Düfte, auch hier wird wieder Wein hervorgehoben (19 - 24). Es folgen weitere Diätvorschriften und andere Maßnahmen (25 - 29).
Mit dem Hinweis auf drei Autoritäten (Hermes Trismegistos, Pythagoras und Plato), abgestützt von einem Hinweis auf David wird das Lob der Musik eingeleitet; auch Ficinus selbst setzt dieses Mittel gegen Melancholie (Krankheit!) ein (30 - 32). <Das Lob der Musik ist dann Thema von iii, 21.>
Am Schluss folgt noch eine Reihe von anderen günstigen Maßnahmen, endend mit "assidua hominum gratiosorum consuetudo", dem "beständigen Umgang mit sympathischen Menschen" (33f.).
i, 11 Die Sorge für den Magen
  Schön gegliedert gibt Ficinus die Tipps zur Magenpflege:
Erst nennt er Grundsätzliches zur Nahrungsaufnahme (1 - 5).
Im 2. Abschnitt führt er die Speisen an, die man vermeiden soll (6 - 9).
Darauf folgen die Dinge, die dem Magen gut tun (10 - 17).
Am Ende kommen noch die Hinweise, wovor man sich in Acht nehmen soll (18 - 26).
i, 12 Mittel für besondere Glieder, die Körperkräfte und den Seelenatem
  In diesem Kapitel stellt Ficinus drei Mittel zur Kräftigung bestimmter Körperteile, gegen überhandnehmenden Schleim, Galle und schwarze Galle vor (1), im Hauptteil jeweils mit Rezeptur.
Bestes Mittel ist Theriak (oder ersatzweise Mithridat) - (2 - 6).
An zweiter Stelle folgt Aloe (8 - 11).
Für die Tage, an denen man weder Theriak noch Aloe nimmt, empfiehlt Ficinus ein eigenes Rezept (12 - 16).
Abschließend verweist er auf seine persönliche Erprobung und betont die Wirksamkeit dieser Mittel (17 - 19). 
i, 13 Heilmittel gegen Phlegma
  Gegen Phlegma empfiehlt Ficinus ein Mittel (Pillen) des Galen/Mesue und einen Sirup. Bei Störung mehrerer Säfte rät er Rhabarber-Pillen des Mesue oder Pillen namens "Sine quibus", was beides zum Purgieren dient. Aus diesem Anlass äußert sich Ficinus grundsätzlich und ablehnend zum (heftigen und jähen) Purgieren (1 - 5).
i, 14 Katarrh
  Mittel gegen Katarrh, den Ficinus als Folge des Phlegmas ansieht.
i, 15 Kopfschmerz
  Auf die Angabe der Mittel (1f.) folgt die der Behandlungsmethoden (3).
i, 16 Augenpflege
  Nach den Mitteln gegen Sehstörung ohne Rötung der Augen (1 - 3) folgen die Mittel bei Rötung (4f.).
Darauf lobt Ficinus die guten Augenmittel: Fenchel, Triphera, Myrobalanum und Augentrost (6 - 10); am Ende nennt er noch Maßnahmen bei Dampf und Hitze (11f.).
i, 17 Wiederherstellung des Geschmacks
  Geschmacksverlust sei ein häufiges Leiden der geistig Tätigen (1).
Zuerst erklärt Ficinus die Diagnose und Behandlung, wenn er Folge des Phlegmas ist (2f.).
Ausführlicher geht Ficinus wieder auf die Ursache "bilis" ("Galle") ein; hier empfiehlt er verschiedene Mittel, auch ein eigenes, dessen Zubereitung er erklärt (6), und bespricht deren Anwendung (4 - 9).
Abschließend nennt er noch Mittel gegen Übelkeit, die von den beiden Säften (Phlegma/Galle) herrührt (10 - 13). 
i, 18 Genaue Sorge für die schwarze Galle
  Das Bisherige sei leicht gewesen; jetzt gelte es, wieder zum Problem, der schwarzen Galle, zurückzukehren (1).
Drei Vorschriften gibt Ficinus für deren Behandlung: erstens - Autorität ist Galen - soll sie nicht übereilt beseitigt, sondern allmählich ("paulatim") aufgelöst werden (2).
Zweitens gilt eine umfassende "Feucht-Haltung" (3).
Und die dritte und wichtigste Vorschrift gilt der Pflege des Herzens, das gestärkt werden soll; offensichtlich zählen dazu auch eher psychologische Stützungsmaßnahmen: Sehen, hören, riechen und denken, was Spaß macht! (4f.)
i, 19 Sirup
  Zuerst stellt Ficinus fest, dass gegen diesen Saft (atra bilis) schon vielerlei zusammengestellt wurde; aus der Vielzahl will er drei Mittel in drei Verabreichungsformen behandeln, die er besonders herausstellt: Sirup, Pillen, Latwerge; danach preist er nochmals deren Wirkung - vor allem auf den "humor melancholicus" (1 - 4).

Danach führt er die Zutaten des Sirups an und erklärt seine Zubereitung (5 - 9).

i, 20 Pillen
  Von Pillen gibt es zwei Arten, die für Verwöhnte und die für Robustere (1f.).
Zuerst erklärt Ficinus die erste Pillenart, die auch "aureae" (goldene) oder "magicae" (magische) heißen (3 - 5); danach liefert er das Rezept dafür (6f.).
Es folgen die stärkeren Pillen: "validiores". Auch hier liefert Ficinus das Rezept (9f.) und gibt eine Variationsmöglichkeit an (8 - 11).
Danach begründet Ficinus, warum er keine Rosskur - im Unterschied zu Karneades - anstrebt (12 - 15).
Für den Hausgebrauch folgt noch eine weitere Rezeptur (16f.).
Wichtig für die Einnahme: Diese Pillen sollen nicht unbegleitet eingenommen werden (18f.).
Am Schluss folgt ein Hinweis für die beiden Zielgruppen: die, die stärker unter Melancholie leiden, sollen die vorgeschlagene Purgation durchführen, bei den anderen genügt die Einnahme der Pillen (20f.).
i, 21 Flüssige Arznei
  Zunächst gibt Ficinus die Bedingungen an, unter denen eine flüssige Arznei geboten ist: drohende Austrocknung bei gleichzeitigem Zwang zum Purgieren, nennt dann die Bestandteile dieser Arznei und ihre Anwendung (1f.).
Zwei weitere Arzneien helfen vor allem der "melancholia adusta"; bei "melancholia naturalis" ist eine Arznei auf Sirup-Basis angebracht (3 - 7) - <zur Unterscheidung s. i, 5.>
Im zweiten Teil gibt Ficinus Anweisungen, was im Falle der "complexio melancholica", d. h. bei keiner "atra bilis" und im Gegensatz dazu bei zu viel "atra bilis" zu tun ist. Im ersten Fall ist Purgieren und Aderlass nicht angebracht, im anderen Fall wird purgiert, aber nicht heftig; fürs schonende Verfahren bietet Ficinus wieder ein Platon-Zitat auf (8 - 10).

<Es ist erstaunlich, dass man auch für die "atra bilis naturalis" eine Arznei braucht.>

i, 22 Aderlass
  Blut, als kostbarer Saft, soll nur in dringenden Fällen aus den Adern gelassen werden (1). Deren Bedingungen spricht Ficinus an, nennt auch das Verfahren des Aderlasses (2); die Folgebehandlung gestaltet sich unterschiedlich (3 - 5). Abschließend betont Ficinus die Bedeutung von Klistieren, gerade bei Melancholikern (6f.).
i, 23 Latwerge
  Hier stellt Ficinus fremde und eigene Latwerge vor.
Zuerst nennt er eine von Rasis, mehrere von Avicenna und begeistert sich vor allem für eine von Mesue, die er mit Rezeptur und Verabreichung ausführlich vorstellt (1 - 12).
Kurz erwähnt er eine zweite Latwerge von Mesue und bewertet eine von Peter von Abano (13f.).
Da Peters Latwerge Nebenwirkungen hat, hat Ficinus zwei eigene entwickelt, die er ausführlich vorstellt (15 - 25). Die beiden und die eine, ausführlich besprochene von Mesue empfiehlt Ficinus besonders (26).
Am Schluss stellt er noch eine einfachere Ersatzlösung vor, spricht auch kurz eine Verabreichungsvariante an (28 - 33).
i, 24 Schlaflosigkeit
  Der Schlaflosigkeit muss man als einem bei geistig Tätigen verbreiteten Übel kraftvoll begegnen : "nihil atrae bilis mala magis auget" (Nichts vermehrt die Übel der schwarzen Galle mehr.) - (1f.)
Zunächst gibt Ficinus Speisevorschriften; bei den Speisen spielt  Kopfsalat eine große Rolle (2 - 6).
Es folgen weitere Verhaltensmaßregeln, bei denen auffällt, dass sie mit der Behandlung von Milch (13f.) und Mandelmilch (15), also wieder Speisen,  aufhören (8 - 15).
i, 25 Schwäche und Vergesslichkeit
  Aufgrund ihrer Arbeitsweise können die geistig Tätigen auch von Phlegma und Melancholie befallen werden und an Schwäche und Vergesslichkeit leiden (1). Erste Maßnahme ist es, den Kopf mit den Mitteln gegen Phlegma zu erleichtern (2).
Falls diese nicht ausreichen, empfiehlt Ficinus eine Reihe von Mitteln anderer Ärzte (fünf Namen genannt: Archigenes, Andromachus, Theodotion; Isaak Judaeus und Mesue) - (3f.).
Ausweichmöglichkeit sind zwei Anakardienmittel - von Mesue und Rasis (5f.); es folgt noch die empfohlene Anwendung und ein Pauschallob dieser Mittel (7f.)
Für Skeptiker bietet Ficinus auch vertrautere Mittel, deren Rezepte er anspricht, und lobt auch hier wieder Theriak (9 - 13).
Es folgen noch weitere Maßnahmen bei Schwachen und Vergesslichen.
i, 26 Sorge für deinen körperverbundenen Seelenatem, den körperlosen aber achte; verehre schließlich die Wahrheit. - Das Erste leistet die Medizin, das Zweite die Ethik, das Dritte aber die Religion.
  Das Abschlusskapitel beinhaltet einen mit Plato-Zitaten abgestützten Hymnus auf das Licht der ewigen Wahrheit.
Wenn geistig Tätige schon mit ärztlichem Beistand gut für ihren Seelenatem sorgen müssen, um wie viel mehr für ihren Intellekt, hängt doch die körperliche Gesundheit auch von der geistigen ab (1f.). Diese Rangfolge wird durch die Aussage Apolls gestützt, Sokrates sei der weiseste der Menschen, nicht Hippokrates; aber Höhepunkt aller Heilkunst ist Christus (3).
Mit folgender rhetorischen Frage leitet Ficinus zu seinem Schlusshymnus über: Wenn uns Sokrates mit Ethik dazu anhält, das Licht der natürlichen Wahrheit zu erreichen, um wie viel mehr müssen wir dann die göttliche Wahrheit mit der heiligen Religion verehren (4)?
Diese Wahrheit zu suchen und zu erfassen sei Bestimmung des Menschen. Wenn der Geist von den Verwirrungen seines Körpers durch die Ethik gereinigt und auf Gott ausgerichtet sei, werde die göttliche Wahrheit in ihn einfließen und den Geist mit Licht, die Willenskraft mit großer Freude erfüllen (5 - 10).
Buch II
ii, Proöm Vorwort zum Buch "Über langes Leben"
  Ficinus wünscht seinem Freund Filippo Valori, dem Financier von "De vita", mit Hilfe dieses Werks lange leben zu können, um der "neu erstandenen" Lehre Platos zusammen mit ihrem großen Gönner, dem geschätzten Lorenzo de' Medici, dienen zu können.
ii, 1 Zur Vollendung des Wissens braucht man ein langes Leben, das auch die Sorgfalt garantiert.
  Nachdem im Proöm nur die Widmung ausgesprochen worden ist, kommt Ficinus in diesem ersten Kapitel zum eigentlichen Vorwort des Buches.
Angesichts der Schwierigkeit, durch Erfahrung ein gutes Urteilsvermögen zu erreichen, ist sich Ficinus des Sinnes eines langen Lebens bewusst (1 - 4).
Ein langes Leben ist nicht einfach vom Schicksal gegeben, sondern hängt auch von unserer Sorgfalt und Klugheit ab; dafür führt Ficinus als Autoritäten Platon, Aristoteles und Plutarch an; auf seine eigenen Erfahrungen verweist er nur in Form einer Transitio (5 - 9).
Deshalb hält Ficinus seine Werk "De vita longa" für sinnvoll (10).
Abschließend nennt er die Adressaten seines Werks: Nach dreimaliger Negation erfolgt die positive Übereignung: "humano generi vel privatim vel publice profuturis", den Helfern der Menschheit (11 - 15).
ii, 2 Die Lebenswärme wird von einem Saft genährt, bei dessen Mangel es zu Auflösung, bei dessen Übermaß es zu Erstickung kommt.
  Eingangs liefert Ficinus den nötigen Hintergrund: Leben bestehe in Wärme, Wärme komme von einem bestimmten Saft, bei dessen Mangel die "resolutio" (Auflösung), bei dessen Übermaß die "suffocatio" (Erstickung) drohe. Suffocatio komme vor allem von zu viel oder faulendem feuchtem Schleim (1 - 5).
Die wichtigsten Rezepte zur Lebensverlängerung zielen also auf Vermeidung von resolutio und suffocatio; geistig Tätige sind nun von beidem betroffen, bedürfen also besonderer ärztlicher Fürsorge, und deshalb will Ficinus in diesem Buch einen besonderen Beitrag leisten (6 - 13).
ii, 3 Wie man wechselseitig die Wärme und den Saft ins richtige Verhältnis bringen muss nach einem Rat der Minerva.
  <Ein sehr metaphorisch verklausuliertes Kapitel!>
Minerva, als Göttin der Weisheit fürs Denken zuständig und als Herrin über den Ölbaum auch für Oliven und Öl, macht sich einen Spaß daraus, die Menschen mit der Zweideutigkeit des "Öls" in die Irre zu führen; Ficinus wertet dann die reale Lampe aus, um von ihr fürs diätetische Verhalten zu lernen (1 - 6).
Zwei Gesichtspunkte sind ihm bei dem Lampenvergleich wichtig:
Erstens: Auch ein kleines Flämmchen soll das Öl nicht austrinken, nur vorsichtig kosten - so soll man die Flamme der Jugend hüten.
Zweitens: Der Öllampe soll man reines Öl zuführen - so müssen wir darauf achten , dass wir nicht durch unsere Nahrung, unsere Untätigkeit, durch unsere Übersättigung oder sonstigen Schmutz unser inneres "Öl" verunreinigen (7 - 17).
Mit einem Wortspiel (Minerva - quae minuit nervos) beendet Ficinus die Metaphorik dieses Kapitels (18).
ii, 4 Warum der natürliche Saft austrocknet oder der widrige überhand nimmt, und wie lebensnotwendig vollkommene Verdauung ist.
  Zuerst zählt Ficinus auf, was den natürliche Saft austrocknet (1f.) und nennt summarisch das Gegenteil (3).
Häufige Trunkenheit und Übersättigung seien in beide Richtungen schädlich (4f.); dies stützt er mit Avicenna und Galen (6).
Hier schließt er die "regula Galieni" (Regel Galens) an: vor allem für geregelte Verdauung zu sorgen und Übersättigung zu vermeiden (7 - 11).
Es folgen zwei Hinweisreihen ("caveamus diligenter + diligentissime"- "lasst uns sorgfältig/sehr sorgfältig darauf achten"), die erste betrifft die Nahrungsaufnahme, die zweite das sonstige Verhalten (12 - 14). Danach nennt Ficinus vier verschiedene Arten der Verdauung ("digestio") und weist auf deren Zeitbedarf hin (15f.).
Nach der Frage der Verdauung kommen Hinweise zur Reinlichkeit nach der Verdauung, auch zur sonstigen Lebensweise (z. B. Leben unter freiem Himmel - wozu Papa Ficinus häufig geraten habe) - (17 - 20).
In seltsamer Vergangenheitsform empfiehlt Ficinus (wieder in Nachfolge seines Vaters) ein vielfältiges Leben auf dem Lande - und eine gesunde Abhärtung (22 - 25).
ii, 5 Blut und die zum Leben passende Flüssigkeit müssen luftig sein, gemäßigt in der Qualität, hinsichtlich der Substanz in der Mitte und fest.
  Ausführliches Kapitel über das Blut.
Ficinus beginnt mit der Empfehlung "aller Griechen" von "euchima", d. h. von gesunden Lebensmitteln, die vor allem gutes Blut bewirken (1f.).
Danach folgt die Definition von "gutem Blut": gemäßigt warm, gemäßigt feucht und gemäßigt klar (3).
Daran anschließend führt Ficinus aus, was im Falle von zu heißem oder zu feuchtem Blut geschieht (4 - 8).
Ganz wichtig ist Ficinus, dass das Blut "aerius" (luftig") ist, und zwar auch hier wieder "medius" (in der Mitte zwischen Extremen). Das Extrem "crassissimus" (ganz dick) wird ausführlich bedacht; seine Folge ist dicker, ungeeigneter Seelenatem, der trauriges Leben, schlechter als Tod (!) bewirkt (9 - 16).
Zentraler Gedanke fürs lange Leben: im Blut soll eine zähe und dichte Flüssigkeit ("humor glutinosus et tenax") enthalten sein (17).
Als Folge ergibt sich die Forderung nach Nahrung, die solches Blut und solche Flüssigkeit hervorbringt (18f.). Dazu führt er ein Rezept von Rasis, von Avicenna nachgeprüft, an (20f.)
In der Frage des Blutes muss man aber auf die unterschiedliche körperliche Verfassung achten; die "naturalis habitudo corporis" (natürliche Körperkonstitution) ist oberster Maßstab (22 - 25).
Danach bedenkt Ficinus das Problem des zu feinen Bluts ("subtilitas sanguinis"), gibt erst Verhaltensmaßregeln, dann Diätvorschriften, um die "firmitas sanguinis humorisque" (Festigkeit von Blut und Flüssigkeit) zu erreichen; dabei erscheint Fleisch als Konzession (26 - 31).
Am Ende nennt Ficinus noch Hautpflege und Massagen, um die Verdauung zugunsten des richtigen Blutes zu unterstützen (32 - 34).
ii, 6 Allgemein gültige Richtschnur für Essen und Trinken und richtige Beschaffenheit der Speisen
  Nach der Beschäftigung mit Extremen fasst Ficinus jetzt den "Normalfall" ins Auge (1); in (16) formuliert er wohl den Kern seiner gesamten Ausführungen: Media tutus eligito.
Die erste Maßnahme gilt den "meatus corporis" (Körpergängen); das Verhalten des Menschen sei hier nicht beliebig, auch wenn Ficinus keine Zwangsvorschriften erlassen möchte (2 - 4).
Zunächst bespricht Ficinus die feuchten Lebensmittel ("humidiora"), streift dabei auch schon das Fleisch, über dessen Anteil an der Ernährung lässt er sich dann unten (ab 25) ausführlich aus (5 - 13).
Es folgen kurze Angaben zu "sicissima" (ganz Trockenem), "nimium frigida" (allzu Kaltem) und "nimium calida" (allzu Heißem); auch hier ist das "glutinosum" (Zähes) wichtig (14 - 21).
Ein eigener Abschnitt dient der Besprechung von Schweinefleisch und Schweineblut (22 - 24).
Danach kehrt Ficinus zu einem wichtigen Punkt zurück: dem Fleischverzehr. In einer Liste zählt er erst die abzulehnenden, dann die akzeptablen Fleischformen auf; dabei erwähnt er auch den Nutzen von langlebigen Tieren (36), wenn sie in deren Jugend verspeist werden (25 - 37).
Allgemeine Angaben, etwa über das Verhältnis der verschiedenen Nahrungsformen zu einander oder sportliche Aktivitäten, beenden das Kapitel (38 - 48).
ii, 7 Verwende keine schnell faulenden Nahrungsmittel, und wohne nicht in derartigen Gegenden. Sei vor allem bei Wein und Weizen wählerisch; meide Fäulnis und Auflösung.
  Ficinus beginnt dieses Kapitel mit der Frage nach der richtigen Ernährung der Nutztiere und streift dort schon den Gedanken des richtigen Ortes (1f.). Hier führt er eine "regula Arnaldi" an, die den gesunden Orten gilt (3f.). Wo die Pflanzen verderben, kann man keinen gesunden Wohnort erwarten (5 - 7). Es gibt aber örtliche Unterschiede: manches Gift ist andernorts heilsam (8 - 10). Auch bei Aristoteles und Platon findet Ficinus Aussagen zum richtigen Wohnort (11f.).
Hier schiebt Ficinus eine kurze Betrachtung übers richtige Düngen ein; aber über unsaubere Orte habe er in seinem Buch "Contra pestilentiam" schon genug gesagt (13 - 20).
Es folgt eine ganze Reihe Maßnahmen gegen Fäulnis (21 - 37).
Sehr großen Wert legt Ficinus auf den Wein (und Weizen). Dem richtigen Wein und der richtigen Mischung widmet er eine längere Passage; an deren Ende er auf Süßwurzel und Rosenöl als Alternativen hinweist (38 - 49).
Mit einer Art Würdigung Jupiters weist Ficinus auf die Wirkung von gut Gemischtem hin (50 - 53).
ii, 8 Diät, Nahrung und Medizin für Alte
  Alt ist man, so erfährt man hier am Anfang, ab 50, aber dann ein "Saturnier", d. h. jemand im Blick des Saturn (1). Deshalb soll man als solcher auch das "venerische Geschäft", d. h. die Sexualität, fliehen (2f.).
Es folgen wieder viele Einzelvorschriften, in deren Verlauf Ficinus zur Bewahrung der Kindheit kommt; er äußert sich dazu folgendermaßen: "difficillimum reiuvenescere corpore, nisi ingenio prius repuerescas." (12) Jung bleiben ist also vor allem eine Sache der Mentalität. Da dieses Kindbleiben und die Aufforderung, das Angenehme im Leben zu suchen, in jedem Alter gilt, hat Ficinus sein Thema "senex" verlassen (4 - 13).
Er muss also wieder ausdrücklich zum Thema zurückkehren, gibt dann sofort Tipps zu Wärmemitteln (14 - 20).
Bei den Nahrungsmitteln nehmen Pinienkerne eine wichtige Stelle ein; Ficinus nennt hier fremde und seine eigene Einnahmevorschrift (21 - 25). Es folgt die Vorstellung einer Latwerge und weiterer nützlicher Arzneien (26 - 40). Das Kapitel schließt mit der Vorstellung der Arzneien von Rasis und Avicenna, wobei die Triphera bei beiden wichtig ist (41 - 43).
ii, 9 Notwendiges Wesen von Gewürzen und Magenmitteln; noch einmal: Nahrung der Alten
  ~ Wert von Gewürzen bei der Nahrung der Alten
Das Kapitel beginnt mit einem Loblied auf Myrobalanen, legt nahe, dass es sich dabei um den Paradiesbaum gehandelt habe, und nennt andere Stoffe mit vergleichbarer Wirkung (1 - 6).
Es folgt eine allgemeine Beschreibung der idealen Gewürze; diesem Ideal entsprächen am meisten Beenwurzeln. Danach nennt Ficinus gute kalte und warme Mittel (7 - 11).
Danach listet er traditionelle Gewürze auf und nennt ihre richtige Verwendung (12 - 17).
Ausführlich beschäftigt er sich mit der Frage der richtigen Mischung von Gewürzen, um den Feuchtigkeitshaushalt zu regulieren (18 - 26).
Das Kapitel schließt mit Hinweisen zu Fenchel, Salbei und Ingwer (27 - 30).
ii, 10 Gold, goldene Nahrung und Erquickung der Alten
  Auf eine grundsätzliche Würdigung des Goldes (1 - 3) folgen Hinweise zur richtigen Verabreichungsform (4 - 8).
Danach liefert Ficinus ein Rezept (das erste in "De vita" mit deutlich astrologischem Hintergrund), wie man trinkbares Gold erhalten kann; als letztes Rezept des Kapitels erhält man eines für Goldkuchen ("placenta aurata") - (9 - 21).
ii, 11 Über den Gebrauch von Menschenmilch und Menschenblut fürs Leben der Alten
  Für den ganz alten Menschen (über 63!) bietet Ficinus zwei wichtige Tipps:
Erster Tipp: Milch eines gesunden, schönen (!), heiteren und ausgeglichen Mädchens - unter Zusatz von Fenchel und Zucker (1 - 5).
Zweiter Tipp (gegen "hectica senilis" - Altersschwindsucht, nicht Hektik!): Blut eines freiwilligen jungen Spenders, nach Art von Blutegeln ausgesaugt: <eine Art Blutspende der Zeit vor 1500!> (6 - 14).
In diesem Zusammenhang kommt Ficinus auf die Behandlung von Tollwut zu sprechen, einerseits um auch dieses interessante Phänomen zu behandeln (22), andererseits um die Macht von Fremdblut im Körper zu erweisen (15 - 24).
ii, 12 Diät, Aufenthaltsorte und Umgang der Alten
  Zunächst weist Ficinus auf das Gebot des Maßhaltens beim Essen, vor allem wegen der Verdauung, hin (1 - 5).
Es folgen Hinweise auf rechte Orte zum Leben; durch die Assoziation "Bienen" kommt Ficinus auch auf den Wert von Honig ("mel enim cibus est senibus imprimis amicus"!) zu sprechen (6 - 8).
Von den folgenden Diäthinweisen kommt Ficinus wieder auf die pflanzliche Umgebung; wie bei den Tieren sind auch hier langlebige Organismen hilfreich fürs lange menschliche Leben (9 - 15).
Den Schluss bildet die Aufforderung, sich als Alter mit Jungen zu umgeben, nach dem Vorbild des "keuschen Sokrates" - eine Ironie? (16f.)
ii, 13 Beistand, den die Alten von den Planeten erhalten, um alle Organe zu pflegen
  In diesem Kapitel listet Ficinus auf, welche Hilfen von welchem oder welchen Planeten zu erhalten sind, ohne genauer zu bestimmen, wie man sich die Hilfen auch tatsächlich erwirbt.
Es geht vor allem um die Hilfe von Apoll, Jupiter und Venus, weniger die von Saturn (1f.).
Danach werden die Hilfen nach Körperteilen, Magen, Kopf und Herz, aufgelistet (3 - 5).
Es folgen die Darreichungsformen (6 - 9).
Danach werden Leber, Milz und Blase bedacht (10 - 13).
Vor Saturn brauchen die Alten keine Angst zu haben; Ficinus liefert gleich - nach der Erwähnung von "mumia"! - eine Rezept für Gänsefleisch (14 - 20).
Das Kapitel schließt mit der Erklärung des psychischen Mechanismus, dass das Vertrauen in die Mittel deren Wirksamkeit ausmacht (21f.).
ii, 14 Grünwiesengespräch an die Alten unter der Venus
  <Ein vom Rahmen her schwieriges Kapitel, über dessen Schwierigkeit sich Kaske aber ausschweigt: sie führt ganze zwei - unerhebliche - Anmerkungen an. - Es besteht aus dem allegorischen Rahmen, das ein "Orakel" der Venus zu bieten vorgibt: Nach der genannten Denksportaufgabe bewegt sich Ficinus eher wieder in vertrauten Bahnen: Wert der Farbe Grün, seine Theorie des Sehens und Ernährungshinweise.>

Zunächst leitet Ficinus vom Kapitel der großen Planeten (Sol und Jupiter) über zur Venus, liefert aber schon das Stichwort: "prata virentia". Venus wird als "alma" (Lukrezanklang?) bezeichnet, dann das folgende Orakel als ihr "iocus" (Scherz, Witz) vorbereitet (1 - 3).
Alles, was Venus direkt spricht, ist das folgende Orakel; die weitere Entwicklung (Farbe Grün) soll man, so Ficinus in 51, als ihre Aussage nehmen, auch wenn sie all das nicht wörtlich sagen wird. Das angekündigte Orakel bietet verschiedene Themen:
Thema 1: "voluptas et motus": Die Voluptas als Lebensgrund ist verständlich; das ist das, was die Eltern bei der Zeugung hatten. - Mit einer anderen Form von Voluptas verspricht Venus die Bewahrung des Lebens (4f.).
Thema 2: "Liber", d. h. Bacchus und damit: Wein. Über die Etymologie ("vitis sator, propagator vitae") erfolgt die Verknüpfung von Wein und Leben. Auch die Formulierung "Liber vitam, quam vino promittit, solis liberis implet longam." ist wieder interpretationswürdig. Zum einen Leben, im Wein versprochen; vor allem aber schillert das "liberis": Es sind die Freien, denen er in Freiheit das Leben bewahrt; es können auch seine Kinder sein, denen allein ("solis") er die Erfüllung eines langen Lebens (vita longa: Titel!) gewährt. Und letztlich können sich hinter  "solis liberi" auch "Solis liberi", die Sonnenkinder verbergen. Denn nach iii, 24, 19 sind Sol und Bacchus ja Brüder (6f.).
Thema 3: Pflanzenorakel, <der undurchsichtigste Teil des Orakels>: 
8 Meae quidem vitae simul atque menti quondam profuit regnante Saturno diminuta menta, placetque quotidie. 
9 Vobis autem maior menta menti vitaeque prodest, diminuta nocet. 
Der Schlüssel scheint in der "menta diminuta" zu liegen: "Menta" ist eigentlich Minze; ob ein Zusammenhang mit "mentula" (männliches Glied ) vorliegt? Bei 9 ergäbe sich ein schöner Sinn, verständlich in Zeiten von Viagra: "Euch Alten nützt eine größere menta für eure Mentalität und euer Leben, eine verminderte menta schadet." Aber warum - so 8 - findet Venus an einer verminderten menta Gefallen?
10  "Risum ex meis hortis legite, neglegite ficum." Die Feige fällt aus den Pflanzen heraus; der Rest sind Blumen. Wieder eine Zweideutigkeit?
11 Has vero violas quando carpitis, carpere vos existimate lilia
12 prehendentes lilium, comprehendere crocum
13 Crocum a Phoebo Iuppiter ipse nactus propagavit in lilium
14 Lilium ego a Iove suscipiens, in has, quas hic videtis violas, transformavi. 
Offensichtlich eine Aufwärts-Abwärts-Bewegung: viola - lilium - crocus : crocus - lilium - viola. Sinn?
Und am Schluss werden noch zwei - vorher nicht genannte - Blumen angesprochen:
15 Denique rosa quidem vobis esto Lucifer, Hesperus vero myrtus.
Lucifer ist Venus als Morgenstern, Hesperus als Abendstern; auch hier bleibt - mir - der Sinn unklar.

Nach der Denksportaufgabe geht es jetzt fast leicht weiter: Venus liefert die These vom Wert des Grünen, und im weiteren wird der Begründungszusammenhang geliefert (16 - 18).
Zunächst wird der Zusammenhang von "visus" (Sehen, Gesichtssinn) und "lux" (Licht) angesprochen, dann die Folge bestimmter Farben für das Sehen. Grün als ideale Mitte zwischen Schwarz und Weiß wirkt wohltuend (19 - 30). Der zweite Gedanke geht vom Sehen als "Strahl" aus (31 - 34).
Mit "Quorsum haec?" (35) wird die Deutung eingeleitet. Zuerst wird der Wert von Grün benannt. Danach kommt Ficinus über die Brücke des "temperatum", des Ausgeglichenen, Gemäßigten von der Farbe zum Seelenatem (36 - 40).
Es folgt eine Übertragung der bisherigen Erkenntnis auf die Mischung der Gewürze (41) und dann eine Erweiterung auf andere, ähnlich wirkende Stoffe (42 - 44) und deren zusammenfassende Würdigung (45f.).
Abschließend spricht Ficinus die "forma quinta" erst des Körpers, dann des Seelenatems an, die auf die eben genannte Weise erreicht wird, die auch bewahrt werden soll (47 - 50).
Und das soll, wie gesagt, als Aussage der Venus geglaubt werden (51).

ii, 15 Merkur spricht die Alten an und berät sie bezüglich Vergnügen, Düften, Gesängen und Arzneien
  <Merkurs Gegenrede; allerdings nimmt er nicht auf alle Themen der Venus präzise Bezug.>

Nach Ficinus' Fiktion unterbricht Merkur die weitschweifige Rede der Venus und weist darauf hin, dass die Alten eigentlich mit Venus nichts zu tun hätten (1 - 6).
Am Beginn seiner Rede bittet er um gleiche Aufmerksamkeit und entwickelt dann seinen Gedanken von den "quinque sensus" (fünf Sinne), aus denen sich "quinque rationes" (fünf Arten von Vernunft) ergäben (7 - 11).
Der genannten Fünfzahl entsprechen dann "quinque aetates" (fünf Altersstufen), deren Wesen er kurz beschreibt, von denen er die ersten zwei der Venus überlässt, deren drei andere er aber für sich beansprucht, für sich und eine links neben ihm stehende zungenlose Diana ("elinguis Diana"); im Unterschied zu ihr bezeichnet er sich als "bilinguis" (doppelzüngig) - (12 - 17).
Nun kommt Merkur auf die von Venus geschenkte Voluptas (14, 4f.) zu sprechen und bewertet sie als schädlich, da sie den Menschen der Gegenwart die Kraft nehme und sie der künftigen Generation schenke; danach bietet er ein Rezept, um die Verluste durch die Venus-Freuden zu ersetzen (18 - 24).
Von den Rezepten kehrt Merkur wieder zur Venus selbst zurück: Sie, diese Dirne ("meretrix"), stürze die Menschen durch Tastsinn und Geschmack ins Unglück; die förderlichen Düfte kämen von "dieser Diana" (Diana haec), die von Apoll und Jupiter unterstützt werde (25 - 31).
Gemessen an Mars und Saturn sei Venus die eigentlich gefährliche, weil hinterhältig gefährlich (32 - 40).
Nun vergleicht er seine tatsächlichen Leistungen (seine fünf Freuden) mit den beiden, meist nur versprochenen der Venus (41 - 44).
Von den Freuden der Venus geht Merkur weiter zu den Freuden des Saturn, als des anderen Extrems (45 - 47). Er vergleicht die beiden und führt Unterschiede und Ähnlichkeiten auf: Durch Beherzigung des Sprichworts "ne quid nimis" - "Nichts im Übermaß!" (53) könne man beiden begegnen; er beendet diesen Teil der Betrachtung mit der Angabe von Saturns Ambivalenz, d. h. die positive und negative Form der Melancholie (48 - 54).
An seine Aufforderung, das Übermaß zu meiden, schließt Merkur nun die von Jupiter gelehrten Mittel des Ausgleichs an (55 - 59).
Nun ändert Merkur seine Tonlage und kündigt an, er sei auch als Arzt gekommen. Als solcher entwickelt er seine Lehre von den wirkenden Düften und vor allem den ausgleichenden der Töne und Gesänge (60 - 65).
Hatte Venus in 14, 6f. von den Leistungen des Bacchus/Liber gesprochen, so übergibt Merkur hier selbst "nectar" und "ambrosia" von "Liber pater": als Nektar bietet er zwei Weinsorten, als Ambrosia von Jupiter erhaltene Arznei, deren Rezept und Verabreichungsform er auch nennt (66 - 74).
Auch diese Rede sollen wir Leser des Ficinus als Worte des Merkur auffassen (wie oben die der Venus): 75.

ii, 16 Bekräftigung des Vorhergehenden; Grund dafür, beständiges Grübeln und Geschlechtsverkehr zu vermeiden
  Der Vergleich Venus : Saturn wird nun mit astrologischen Argumenten fortgesetzt.
Die Astrologen sprechen zwar von Feindschaft der beiden Planeten, da im Himmel aber keine Feindschaft möglich ist, interpretiert Ficinus "inimicus" (Feind) um zu "effectu diversus" (verschieden in der Wirkung), geht aber nicht ausführlicher darauf ein (1 - 3).
Die beiden Planeten sind auf unsere "voluptas" aus, die aber bei beiden verschiedenen Formen annimmt, die, wenn gleichzeitig im Menschen vorkommend, den Seelenatem des Menschen zerreißen. Es geht dabei um den Gegensatz von Geschlechtsverkehr ("actus Venereus") und Betrachtung ("contemplatio"); aus systematischen Gründen bewertet Ficinus jetzt den Wissenschaftler, den religiösen Denker, den in seinen Geschäften Denkenden und (!) den Sorgenbeladenen gleich. Da die beiden Verhaltensweisen (sexuell tätig : kontemplativ) als Extreme gesehen werden, können sie - wegen ihrer großen Entfernung voneinander: "longe distantia" - nicht als gegenseitige Heilmittel dienen (4 - 12).
Mit Mitteln von Sol und Jupiter könne man die beiden Extreme mildern (13).
Nun will Ficinus wieder als Arzt sprechen. Wie man ein Feuer auf verschiedene Weise löschen kann, so können auch die Wirkungen von Venus und Saturn und deren Beseitigung dieselben Folgen, Schaden für den Seelenatem, haben (14). Venus fördert das Alter außen, Saturn innen - <und jetzt kommt ein überraschender Sprung in Ficinus' Argumentation:> da die Menschen in ihrer Anlage am stärksten sind, man sich bei Freude am leichtesten tut, gilt es, sich selbst zu erkennen! Ficinus erklärt sich für die sexuell Tätigen für nicht zuständig, will sich nur um die, die ihr Genie trainieren ("exercitaturi ingenium"), kümmern (15 -23).
Mit der Aussage, man solle die wirksame Diät und die wirksamen Heilmittel verwenden, beendet Ficinus das Kapitel, wobei er an diese Aussage eine kleine Betrachtung über Weißhaarigkeit anhängt (24 - 26).
ii, 17 Arznei für Alte; Diät und Wohnen (2. Teil)
  Zunächst beschäftigt sich Ficinus in Nachfolge einer "Regel der Chaldäer" mit dem Purgieren (1 - 25).
Die Regel wird kurz angesprochen und inhaltlich erklärt (1f.).
Danach beschäftigt sich Ficinus mit aus seiner Sicht abwegigen, weil möglicherweise tödlichen (Hinweis auf Medea in 6!) Methoden des Purgierens; <nett ist der Hinweis darauf, dass vorsichtige Ärzte gefährliche Mittel übers Tierfleisch anbieten: "Et qui cautiores sunt, helleboro gallinas pascunt, hominem vero gallinis."> (3 - 7). 
Ausführlich bringt er dann die akzeptierten Methoden beim Purgieren (9 - 25).
Im zweiten Teil bietet er besondere Tipps für Städter (26 - 36).
Zuerst zählt er alles zu Meidende auf (26f.). Danach gibt er dieser Zielgruppe, zu der dann auch die Merkurjünger und besonders die Alten gehören (27), Verhaltens- und Ernährungstipps (28 - 36).
ii, 18 Ernährung des Seelenatems und Lebensbewahrung durch Düfte
  Ficinus setzt ein mit dem Bericht über Gegenden, wo sich Menschen von Düften ernähren, und erklärt den Zusammenhang der Düfte mit dem Seelenatem (1 - 3).
Zweifeln mancher Ärzte an der Wirksamkeit von Duft setzt er sein Bekenntnis zur Wirksamkeit des Weins entgegen, entwickelt auch des Avicennas Lehre von der Aromatizität (4 - 11).
Im Anschluss daran bedenkt Ficinus die Wirksamkeit von Würzigem und Süßem für Leber und Herz ((12 - 14).
In Nachfolge von Hippokrates und Galen setzt sich Ficinus dann mit der Bedeutung der Luft auseinander (15 - 20).
Eher nebenbei lässt Ficinus neben der Bedeutung von Luft und Duft auch die der Musik einfließen, vertieft den Gedanken hier aber nicht, sondern kommt wieder auf "aer electus" (erlesene Luft) zurück (21 - 27).
Mit den Lehren von Alexander, Nikolaus und Galen nennt Ficinus wichtige Gesichtspunkte des Seelenatems (28 - 33); führt danach eigene Gedanken dazu aus (34 - 40).
Es folgen Tipps zur Förderung des Seelenatems (41 - 52), am Ende gewürzt mit einer netten Anekdote über Demokrit.
Auf das Stichwort "mel" (Honig) bei Demokrit ergibt sich Ficinus' Loblied auf eben diesen (53 - 56).
Noch einmal kehrt Ficinus zum Thema "Düfte" zurück. Im Zusammenhang mit der Förderung des Seelenatems preist Ficinus auch hier den Duft des Weines (64), bespricht aber auch noch andere Stoffe (57 - 71).
Hier fügt Ficinus die Besprechung der Gegengifte an, nennt auch hier wieder den Wein als Gegengift gegen Schierling (72 - 75).
Es folgen zwei eigene Rezepte für Latwerge (76 - 80) und - nach einer kurzen Bemerkung zur Behandlung von Myrobalanen - drei fremde Rezepte (Avicenna, Petrus von Abona und Haly), denen eine grundsätzliche Betrachtung von "triphera" und eine nachträgliche Bewertung des Peter-Rezeptes folgen (81 - 90).
ii, 19 Arznei der Magier für Alte
  Fast hymnisch preist Ficinus die Wirkung der Kombination von Gold, Weihrauch und Myrrhe, einerseits als Geschenke der Weisen aus dem Morgenland, andererseits als Vertreter der drei wichtigen Planeten Jupiter, Sol und Saturn. Vom Gehalt her führt Ficinus mit diesem Kapitel in die Welt des dritten Buchs: Glaube an den Zusammenhang von Christus und den Planeten, Hinweis auf astrologisch richtigen Zeitpunkt ("opportune") der Zubereitung.
ii, 20 Vermeidung von Gefahren, die von jedem siebten Jahr im Leben herrühren
  <Diese Überschrift erfasst nur einen kleinen Teil dieses rhetorisch aufwendig gestalteten Kapitels.>

Ausgangspunkt ist die Zuordnung bestimmter Stunden zu bestimmten Planeten; über die Zuordnung der Wochentage zu ihnen und dann die der Monate des Embryos im Mutterleib kommt Ficinus zur Zuordnung der Lebensjahre zu den Planeten, beginnend bei Luna, dem ordo Chaldaeus folgend bis Saturn; aufgrund dieser Konstruktion ergibt sich am Ende jedes siebten Jahres, beim Übergang von Saturn zu Luna, eine gefährliche Zeit, die abgesichert werden muss - durch den Rat des Astrologen, aber auch des Arztes (1 - 8).
Von hier aus kommt Ficinus über die Vorstellung von "minae" (Drohungen), aber auch "promissa" (Versprechungen) der Sterne zu einer grundsätzlichen Betrachtung des Sinnes von Astrologie. Nach Petrus von Abona könne durch die Tricks der Astrologen und die Hilfe der Ärzte das Lebensende hinausgeschoben werden. Diese Möglichkeiten solle man sich zunutze machen (9 - 15).
Man soll sich auch die Erfahrung anderer alt Gewordener zunutze machen, etwa das Wissen über Amulette. Deshalb habe er, Ficinus, ein Buch über die Amulette, vor allem aber über das umfassende Thema "Gunst des Himmels" als Kommentar zu Plotin geschrieben und hänge es als drittes Buch diesem Gesamtwerk "De vita" an (16 - 18).
<Nun wird der Ton seines Schreibens hymnisch; es ist eigentlich ein Hymnus der Lebensfreude und Dankbarkeit:>
Gunst des Himmels "erbitten wir" von Phoebus und Bacchus (19f.).
Zuerst wird die vollkommene Harmonie, praktisch Identität von Phoebus und Bacchus gepriesen (21 - 26).
Danach preist Ficinus die jeweils drei Geschenke von Phoebus und Bacchus (27 - 32).
Die Dreizahl ist auch wichtig bei Ficinus' Deutung der Parzen (33 - 38), darin auch das Wortspiel parca/parcitas : Parcae.
Sozusagen "irdisch" erfolgt dann der Preis der drei Formen von Mäßigung, die Pythagoras bietet (39 - 41).
Den Schluss bildet der Hymnus auf den Urheber des Lebens (42).

Buch III
iii, Proöm Vorwort zum Buch "Über Lebenserwerb mit Kräften des Himmels"
  Die Widmung des Buches erfolgt an den ungarischen König Matthias Corvinus (1).
Da Philosophie dem Philosophen nützen soll, haben die alten Philosophen ihre Philosophie vor allem auf den Lebenserwerb durch Kräfte des Himmels (Titel dieses Buchs!) ausgerichtet und hätten auch Nutzen davon gehabt: im diesseitigen Leben durch bessere Gesundheit, im jenseitigen durch zwei Arten von "gloria" (Ruhm), bei der Nachwelt und bei Gott (2 - 6).
Ruhm werde Matthias Corvinus auch erwerben, auch glückliches und langes Leben - und bei letzterem können Astrologen und Ärzte ihren Beitrag liefern (7 - 11).
Mit der Einwilligung von Lorenzo de' Medici übereignet Ficinus das vorliegende Buch, einen Kommentar zu Plotins Buch "Gnadenerwerb vom Himmel her", dem angesprochenen König (12).
Rhetorisch aufwendig empfiehlt er dem König den Überbringer dieses Buchs, seinen Freund Filippo Valori (13 - 15).
iii, Worte Worte des Verfassers an den Leser dieses Buches
  <Fiktiv wird der Leser als Gastfreund, dann als Freund angesprochen, der Ficinus' Herberge, dann Offizin besucht.>
Freundlich wird der "hospes", der Gast, begrüßt. In des Ficinus "hospitium" (Herberge) soll nur Liebe gelten; der Gast soll also, falls vorhanden, Reste des lebensfeindlichen Hasses ablegen; durch diese Liebe wird der "hospes" zum "amicus" (geliebten Freund) - (1 - 12).
Seine Apotheke seien seine drei Bücher "De vita" (13 - 16).
Danach berät er seinen "Freund" über die Verwendung der Dinge aus seiner "Offizin"; der Freund soll auswählen, was ihm nicht behagt, weglassen, möglicherweise die Ausführungen über die Amulette, die Ficinus - sagt er - ja nur referiert, nicht empfiehlt. Aber die himmlische Unterstützung der Medikamente soll man annehmen, anderes wäre Lebensverachtung: "Medicinas saltem coelesti quodam adminiculo confirmatas, nisi forte vitam neglexeris, ne negligito." Dass zwischen dieser Medizin und der "normalen" ein Unterschied wie zwischen Wein und Wasser bestehe, das habe er in langjähriger Praxis selbst erfahren; dazu führt er ein drastisches Beispiel an (17 - 23).
Das Weitere soll mit Plotin gesagt werden; am Schluss beteuert Ficinus seine Übereinstimmung mit der Lehre der Kirche (24 - 27).
iii, 1 Worauf beruht nach Plotin die Fähigkeit, vom Himmel her die Gunst auf sich zu ziehen? - Natürlich darauf, dass die Weltseele und die Seelen von Sternen und Dämonen leicht angelockt werden, wenn die Formen der Körper entsprechen.
  <Die Zusammenfassung verrätselt den Inhalt des Kapitels mehr, als sie ihn fassbar macht; das Kapitel ist vom Thema und dem Gehalt, auch von seiner Schwierigkeit her gesehen recht disparat.>
Ausgangspunkt ist der Gedanke, es gebe nur Geist und Materie, dann könnte nichts entstehen, weil die beiden einander zu fern sind. Deshalb ist "anima" (Seele) notwendig, die eine Mittelstellung und damit eine Vermittlerrolle einnimmt (1 - 6).
Der zweite Gedanke ist die Weltseele als quasi gottgewollte Keimzelle von allem (7 - 11).
Mit verneinten Imperativen wird der Gedanke weiter entwickelt: Für die Verbindung seien Dämonen wichtig; es bestehe ein innerer Zusammenhang zwischen der Weltseele und der materiellen Welt (12 - 15). Und sie arbeite weitgehend mit "semina" (Samen) und stehe auch hinter den Strahlen von Sternen und Dämonen (16 - 19).
Es folgt - "secundum Platonicos antiquiores" (gemäß älteren Platonikern) - die Darstellung der Systematik des Sternenhimmels (20 - 32).
Rückkehr zum Thema "Weltseele": Die Gattungen werden mit Hilfe der Sterne und himmlischer Formen hervorgebracht, die individuellen Begabungen aber mit Hilfe der Konstellationen von Planeten und Fixsternen <wohl die Grundlage für alles Folgende!> (33 - 35).
Im Analogieschluss wird eine Ähnlichkeit von Herz und Sonne festgestellt (36f.).
Die zweite Analogie liegt in der Verbindung der "quinta essentia" der Welt mit dem menschlichen Seelenatem, wobei wir Menschen uns durch bestimmte Nahrung der "quinta essentia" öffnen können (39 - 42).
Nach der allgemeinen Vorbereitung des Gedankens, man könne durch Ähnliches Ähnliches erreichen (43f.), stellt Ficinus dar, wie man Soltypisches und Jupitertypisches aufnehmen kann; bei Venus hindert Ficinus sein Schamgefühl, ausführlich zu werden (45 - 61).
iii, 2 Von der Harmonie der Welt. - Über das Wesen des Menschen im Verhältnis zu den Sternen. Entstehung der Anziehung jedes einzelnen Sterns.
  Grundlage für die weitere Gedankenentwicklung ist die Behauptung des Kosmos ("mundus") als eines sehr vollkommenen Lebewesens, in dem die einzelnen Teile mit einander in Beziehung stehen; deshalb können auch die Menschen mit dem Himmel in Beziehung treten (1 - 6).
Danach bestimmt Ficinus - arabischen Astrologen folgend - das Wesen der menschlichen Species: sie sei von Sol, Merkur und Jupiter bestimmt; Saturn betreffe nur eine Minderheit; Mars, Luna und Venus wirkten auf Menschen wie auf andere Lebewesen, also nicht spezifisch menschlich (7 - 16).
Beim Thema "Sol, Jupiter und Merkur" werden nun die Merkurbesonderheiten nachgetragen; die von Sol und Jupiter hat Ficinus schon im letzten Kapitel angesprochen (17 - 21).
Danach listet Ficinus die irdischen Bereiche auf, die im Zuständigkeitsbereich eines bestimmten Planeten stehen (22 - 28). Hier schließt Ficinus noch Betrachtungen über den richtigen Umgang mit Mars und besonders Saturn an und referiert auch die Maßnahmen von "Magiern, Brahmanen und Pythagoräern" (!) gegen die "tyrannis Saturni" (Tyrannei des Saturn), die infolge fleißigen Philosophiestudiums zustande komme (29 -  35).
Im folgenden wird der wichtige Gesichtspunkt entwickelt, dass wir Menschen durch unser Verhalten Beziehungen zu bestimmten Planeten aufbauen können (36 - 46); in 37 nennt er die Tätigkeiten, die uns Saturn nahe bringen.
Die individuelle Beziehung eines Menschen zu den Sternen wird danach nur allgemein angesprochen (47).
Er schließt das Kapitel mit der Angabe der Beziehung zwischen beseeltem Kosmos und unserem Seelenatem (48 - 50).
iii, 3 Zwischen der Weltseele und ihrem sichtbaren Körper befindet sich der Weltatem, in dessen Verfügungsgewalt sich die vier Elemente befinden. Wir aber können durch unseren Seelenatem diesen aufnehmen.
  Ficinus stützt die Behauptung, der Weltkörper sei lebendig, mit der Argumentation indischer Philosophen. Zwischen diesem Weltkörper und der Weltseele stecke - analog zur Vorstellung vom Menschen - wieder ein "spiritus", also ein "Welt-Seelenatem" (1 - 6). Dieser bringe alle Lebewesen hervor (kleiner Exkurs zur "Generation" von Steinen und Metallen, sowie zum Goldmachen mittels des "Elixirs" ) - (7 - 12).
Im Unterschied zu unserem Seelenatem werde der Weltseelenatem von der Kraft der Weltseele als einer Art Schwangeren hervorgebracht, und zugleich mit ihm auch die Sterne und die vier Elemente (13f.).
Danach beschreibt Ficinus das Wesen dieses Weltseelenatems und schließt mit einem netten Spruch von Hiarchas über Apollonius von Tyana (15 - 22).
iii, 4 Unser Seelenatem schöpft den Weltatem durch die Strahlen Sols und Jupiters, soweit er selbst sonnen- und jupitermäßig wird.
  Nach der Wesensbestimmung des Welt(seelen)atems spricht Ficinus jetzt das Verhältnis des Menschen zu diesem Atem an: Als entscheidender Faktor für himmlische Wohltaten ist der Mensch darauf aus, von jenem durchdrungen zu werden. Danach spricht Ficinus zwei Alternativen für den Ursprung des Weltkörpers (Weltseele oder Gott?) an, auf jeden Fall aber ist er ein Lebewesen und können wir den Weltatem aufnehmen (1 - 3).
Ziel des Menschen muss also (nach der Vorstellung von der leichteren Durchdringung bei Ähnlichkeit) sein, den Seelenatem dem himmlischen Weltatem möglichst anzupassen. Dafür bietet Ficinus mehrere Möglichkeiten (4 - 12). Die letztgenannte ist die Solähnlichkeit.
Als erste Bedingung dazu spricht Ficinus die richtige Stellung Sols an (13f.), danach die konkreten Möglichkeiten (vor allem durch Nahrung), solmäßig zu werden, aber auch die Gefahren (15 - 33).
In die Betrachtung der Wirksamkeit Sols wird auch Jupiter eingeschlossen und wird die astrologisch richtige Methode bedacht, sol- und jupitermäßig zu werden (34 - 41).
iii, 5 Jupiter, Sol und Venus sind drei Grazien. - Jupiter ist die Grazie in der Mitte der beiden und passt am besten zu uns.
  Zu den "compositiones et curae Ioviae atque Solares", d. h. den Methoden, sich Jupiter oder Sol anzunähern, verweist Ficinus auf seine ersten zwei Bücher von "De vita". Für ihn gehört Venus noch dazu; er fasst die drei als "Gratiae" oder "gratiae coelestes" zusammen, er braucht aber Merkur und besonders Luna als Übermittler, als Boten. Und damit beginnt eine Passage, in der die wechselseitigen Beziehungen der Planeten wichtig sind (1 - 6).
Eine ausführliche Beschreibung der drei Sterne und der ähnlichen lässt Ficinus wegen der astronomischen (?) Schwierigkeit aus, spricht aber an, wie wir die Wirkungen der drei - wenn schon nicht von ihnen zusammen - erhalten können; dabei spielt Luna eine ganz große Rolle (7 - 13).
iii, 6 Über natürliche, vitale und seelische Kraft in uns; und von welchen Planeten sie unterstützt werden und wie durch den Aspekt der Luna zu Sol und Venus, am meisten aber zu Jupiter.
  Hier liefert Ficinus zunächst eine Übersicht über die Leistungen der Planeten (1): Luna und Venus (2); Jupiter (3 - 9); Sol (10); Merkur (11).
Ausführlich wird Luna behandelt (12 - 29); zuerst ihre Beziehung zu Sol (13f.) und ihre Leistungen (15 -19), dann ihr täglicher Lauf (20 - 29); in 28 hebt Ficinus ihre Bedeutung für einen Arzt hervor.
Kurz streift er die Bedeutung Jupiters (30f.), um dann zu Sol überzugehen (32 - 35). Noch einmal kommt Luna in den Blick (36 - 42).
Danach wägt er die verschiedenen Planeten gegeneinander ab, wobei Jupiter hervorgehoben wird (43 - 59).
Ab 60 beginnt ein neues Thema: die "vires attrahendi, retinendi, coquendi, expellendi"; auch hier spielt Jupiter eine große Rolle, vor allem bei der "vis coquendi" (Verdauung), zu der auch die "vis generandi et nutriendi" (Zeugen und Nähren) gehört (60 - 68).
Neben Jupiter ist Luna wichtig, deren Konstellationen im folgenden - vor allem negativ! - besprochen werden (69 - 79).
Diese Ausführungen erscheinen Ficinus selbst schwierig, denn er bietet, falls man nicht alles behalten kann, Alternativen (80 - 88).
Nochmals kommt er auf die vier Kräfte (in der Formulierung leicht variiert) zu sprechen; nun verbindet er die Kräfte mit Luna-Stellungen in den entsprechenden Zodia-Reihen; aber auch hier ist Jupiter wieder wichtig (89 - 94).
Es folgt eine Reihe von Einzelvorschriften (95 - 108), danach kommt Ficinus auf Grundsätzliches bei Merkur (109 - 120) zu sprechen. Den Schluss bilden wieder einzelne Hinweise zu verschiedenen Planeten (121 - 128).
iii, 7 Wie die Glieder in uns gehegt werden durch die Beziehung Lunas zu den Zodia und den Fixsternen.
  Sehr kurz und allgemein wird die Sorge für einzelne Glieder durch Beobachtung der Planeten in bestimmten Zodia angesprochen (1 - 4.).
Für verschiedene Altersstufen sei es gut, die Mondphasen zu beachten, besonders in Verbindung mit bestimmten Aspekten (5 - 13).
Ersatzweise können auch Aspekte des Mondes mit bestimmten gleichwertigen Fixsternen verwendet werden; aber hier zeigt sich Ficinus skeptisch; die Fixsterne sind eher etwas für Staaten, nicht für Individuen (14 - 17).
iii, 8 Über den Einfluss der Fixsterne und ihren Gebrauch
  Der astrologischen Überlieferung entsprechend haben die Fixsterne bestimmte Planetenqualitäten und sind ihnen auch Steine und Pflanzen zugeordnet; diese Fixsterne listet Ficinus nun in einem Rundgang durch den Zodiak auf (1 - 42); in 20 schreibt er dem Regulus die Fähigkeit zu, "melancholiam reprimere" (die Melancholie zu unterdrücken).
Danach erklärt Ficinus die Anweisung Thebits, wie man nun den Fixsterneinfluss bewerkstelligen soll (43 - 45).
Da bei Thebit Ringe verwendet werden, spricht Ficinus nun ausführlicher über die Bedeutung von Ringen bei den Alten, erzählt dazu auch eine Anekdote über Apollonius von Tyana, entwickelt auch seinen eigenen Standpunkt zur Frage von Ringen (46 - 52).
An dieser Stelle bezieht Ficinus auch Thomas von Aquin ein, um die Orthodoxie seiner Meinung, das Himmlische beeinflusse uns Menschen, zu unterstreichen; keinesfalls will er etwas von der Kirche Verbotenes machen (58). Das Kapitel endet fast mit einem Gebet (53 - 59)
iii, 9 Wertvolle Planetenstellungen in den Zodia, die man für den Gebrauch von Medizin beachten sollte.
  <Für die astrologischen Zusammenhänge ganz wichtiges Kapitel.>
Zuerst listet Ficinus sämtliche "dignitates", also wertvollen Konstellationen, d. h. "domus" (Häuser) und "exaltationes" (Erhöhungen) auf (1 - 14).
Dann nennt er die "triplicitates" (15 - 18).
In langer Liste werden die "fines" (Gebiete) zugewiesen (19 - 35).
Am Schluss wird das System der "facies" erklärt (36 - 41).
iii, 10 Wie wir die Planeten bei Arzneien einsetzen müssen.
  Nach der Beschreibung der "dignitates", der wertvollen Konstellationen, kommt Ficinus nun auf die Anwendung zu sprechen. Zuerst nennt er die Bedeutung der Geburtskonstellation und weist dann vor allem auf die Wohltat ("beneficium") von Luna, Venus, und Jupiter hin, die von Saturn oder Mars nicht verdorben werden soll; nur in besonderen Fällen seien die beiden hilfreich. Akzeptabel ist auch Merkur - vor allem wegen seiner Sonnennähe (1 - 7).
Es folgt die Auflistung der "plagae", der Himmelsörter (8 - 12).
Danach beschreibt er die Umstände genauer, unter denen Planeten wirken können, definiert auch bestimmte Stellungen (Opposition, Quadratur) - (13 - 22).
Neben den möglichen günstigen Stellungen wird auf die ungünstige Konjunktion mit Sol verwiesen (23).
Dann verbalisiert Ficinus praktisch den "homo signorum", den "Aderlassmann", und gibt auch hier die Gebrauchsanweisung, d. h. den Zusammenhang mit Luna (24 - 27).
Nach einem kurzen Hinweis auf den Geburts-Aszendenten kommen die Angaben, bei welchen Luna-Zodion-Verbindungen man bestimmte Tätigkeiten verrichten soll (28 - 38).
Es folgen Anweisungen zum richtigen Zeitpunkt des Purgierens; das Kapitel schließt mit der Zusicherung des Galen, dass ein Arzt die Astrologie brauche; doch Ficinus merkt selbst, dass er vom Thema abgeschweift ist (39 - 44).
iii, 11 Auf welche Weisen unser Seelenatem am meisten vom Weltatem und der Weltseele schöpfen kann; und welche Planeten den Seelenatem hervorbringen und erneuern; und was zu jedem einzelnen Planeten gehört.
  Das ganze Unternehmen, so der Beginn des Kapitels, ziele auf möglichst großen Gewinn unseres Seelenatems seitens des Weltatems ab. Thema ist also wieder der "spiritus", der Seelenatem (1 - 9).
Strahlen und Bewegungsnachahmung sind Mittel dazu (10 - 12).
Danach kommt fast ein Preislied auf das Leben in der freien Natur als Möglichkeit, die himmlischen Strahlen gut in sich wirken zu lassen (13 - 19). Auch die bewegte Tagesluft kann so an den Menschen gelangen (20 - 24). Auch Ortswechsel, überhaupt "varietas" (Abwechslung) ist gefragt, um Überdruss, ein Wesensmerkmal des Saturn, zu vermeiden (25 - 29).
Darauf folgt wieder eine Wesensbestimmung des Seelenatems, diesmal entsprechend den Planeteneigenschaften: was ist an den Menschen jupiter-, sol- und venusmäßig? Erstes Ergebnis: "Summatim vero spiritus, quatenus corpori ad vitam et motum propagationemque conducit, Iovius, Venereus, Solaris existimatur." Noch einmal: Von Saturn, Mars und Luna kann ein gesunder Seelenatem nicht viel haben, deshalb das zweite Ergebnis: "Iovia igitur et Solaris imprimis, deinde Mercurialis et quodammodo Venerea spiritus natura censetur." (30 - 42)
Danach weist Ficinus die verschiedenen Formen des Seelenatems (naturalis, vitalis, animalis) den Planeten zu; dabei sei Luna wieder wichtig, Mars und Saturn aber meist schädlich (43 - 49).
Es folgt wieder der Gedanke des Maßes: zu viel Planeteneinfluss - außer bei Jupiter - könne auch wieder schaden (50 - 55).
Aus den Vorteilen der guten Planeten schält sich die Qualität der "dulcedo" (Süße) heraus, die ausführlich bedacht wird (56 - 67). Parallel zur Süße sei der Duft ("odor") und die Farbe ("color") zu sehen (68 - 74).
Danach geht Ficinus der Frage nach, wodurch die genannten Qualitäten erworben werden können (75 - 83). Am Ende streift er auch noch den Gedanken der unterschiedlichen Töne und Gesänge (84f.). Zum Schluss geht Ficinus noch einmal allgemein auf die Beeinflussung des Seelenatems ein; dabei spielt der Gedanke des Einflusses von Ähnlichem wieder eine große Rolle (86 - 92).
iii, 12 Natürliche und auch künstlich hergestellte Dinge haben verborgene Kräfte von den Sternen, durch die sie unseren Seelenatem denselben Sternen aussetzen.
  Nachdem Ficinus vorher den Einfluss durch Sehen, Hören, Riechen und Schmecken behandelt hat, geht er jetzt dem Einfluss durch Berührung nach, d. h. er untersucht den Zusammenhang der vier Grundqualitäten (kalt/warm, trocken/feucht) mit den Planeten; das Ergebnis ist eine Harmonie mit einer inneren Rangfolge zugunsten der Wärme (1 - 12).
Harmonie sei nicht nur Sache der Planeten, sondern auch der Fixsterne (13 - 15).
Nun hat er die sinnlich wahrnehmbaren Einflüsse behandelt und geht jetzt über zu den verborgenen Einflüssen ("proprietates occultae"); diese seien nicht von der Menge bestimmt, sondern rührten von Sternstrahlen her. Einzelne wirksame Dinge werden genannt; sie wirken in geringen Mengen durch Erwärmung bei Berührung (16 - 22).
Es folgt eine Liste "okkult" wirksamer Pflanzen und Steine (23 - 43).
Die Wirkung der Dinge wird wunderbar, wenn die natürliche und verborgene Wirkung harmonieren wie bei Myrobalanen und Safran (44f.).
Das Gesagte gilt nicht nur bei einfachen Dingen, sondern auch bei Zusammensetzungen: Es folgt eine ausführliche Betrachtung des Theriak (46 - 61).
Es folgt eine Betrachtung über die richtige Zeit (62 - 67). Ziel der richtigen Zeit ist die Harmonie; diese spende nicht nur bäuerlichen Arbeiten oder ärztlichem Handwerk, sondern auch Amuletten oft wunderbare Kraft - und damit ist Ficinus beim Thema der nächsten paar Kapitel (68).
Da das Thema heikel ist, nähert sich Ficinus ihm über den Begriff der "electio", der Wahl, und schließt das Kapitel mit einem Zitat von Albertus Magnus, nach dem die richtige Freiheit gerade darin besteht, die lobenswerte Stunde zu wählen (69 - 74).
iii, 13 Über die vom Himmel erworbene Kraft der Amulette und der Arzneien, gemäß den Alten.
  Ausgangsthese des Kapitels ist das Ptolemäus-Zitat, Phänomene der irdischen Welt unterlägen denen der höheren, und deshalb, so andere alte Weise, könne man bestimmte Amulette zu den Zeiten herstellen, in denen das himmlische Vorbild tangiert sei (1). Für diese These liefert Ficinus nun viele Beispiele aus verschiedenen Quellen (2 - 15).
Doch Ficinus hält Arzneien für "wahrscheinlich" wirksamer, wofür er einige Gründe liefert (16 - 21).
Danach bedenkt Ficinus bestimmte Materialien hinsichtlich ihrer Eignung als Amulette (22 - 29): Holz (22f.), Steine und Metalle (25 - 29).
Da die Ressourcen erschöpft sind, müsse man gründlich auswählen; Beispiel: Zusammenhang mit Sol (30f.).
Das Kapitel schließt mit einer Art Nachtrag zum Kapitel 5 über den Einfluss der drei Grazien (32).
iii, 14 Hierarchie der Dinge, die von den Sternen abhängen, z. B. der sonnenmäßigen oder ähnlicher, und wie der Seelenatem sonnenmäßig wird.
  Wieder formuliert Ficinus im ersten Satz seine Ausgangsthese, von ihm als Wiederholung bezeichnet: Von jedem Stern besteht eine hierarchische Reihe bis zu den niedrigsten Wesen (1).
Dreimal (Antares, Serpens, Sirius) führt er den Gedanken ausführlich aus (2 - 4); dann wird der Gedanke noch einmal ganz allgemein formuliert (5 - 7).
Da er Sol als Beispiel hatte, kann er jetzt mit dem Thema "Was ist sonnenmäßig (solar)?" weitermachen und einiges aufzählen (8 - 13).
Dabei streift er auch die Wirkung von Robbenfell und -knochen (14 - 16).
Danach zählt er Pflanzen, später Metall und Steine auf, die er als sonnenmäßig bezeichnet (17 - 25).
Jetzt werden auch Arzneien genannt, die mit Sol in Verbindung stehen und den Seelenatem sonnenmäßig machen: "ut spiritus Solaris evadat" (26 - 31).
Wieder aber ist Ficinus die Mischung wichtig: "tutius ... admiscere"; aber zu diesem Thema hat er ja schon genug geschrieben, weswegen er wieder zu den Amuletten zurückkehren will (32 - 38).
iii, 15 Über die Kraft von Amuletten und Arzneien gemäß den Alten; und wie die Arzneien weit stärker sind als die Amulette.
  Unvermittelt beginnt Ficinus von der Wirkung von "phöbeischen Steinen" zu sprechen; offensichtlich ist der Zeitpunkt des Anlegens der Steine an den Körper wichtig (1f.).
Nach Meinung des Proklos sind aber Steine in der Mondreihe noch wirksamer; gut ist auch hier die Verbindung in Form des "helio-selinon"; zu wünschen wäre aber ein Sonnen- oder Mondstein mit der Kraft des Magnetsteins. Dieses Thema (Magnetismus) verfolgt Ficinus ausführlich (3 - 10), Gründe des Magnetismus (11 - 17).
Am Ende der Behandlung des Magnetismus fielen schon die Stichwörter fürs Folgende: "superius" : "inferius" (oben und unten). Dieses Verhältnis wird dann benannt (19f.) und auf die verschiedenen Planetenreihen übertragen (21).
Als Überleitung zum Thema "Dämonen" blickt Ficinus auf seine in seinem Leben früher vertretene Meinung bezüglich des Magnetstein zurück; jetzt - in seinem derzeitigen Alter - habe er dessen saturn- und marsmäßigen Einfluss erkannt (22 - 24).
Von den Platonikern wisse er, dass die bösen Dämonen die nördlichen seien; böse Dämonen seien oft bei der Herstellung von Amuletten tätig. In diesen Zusammenhang gehört für Ficinus der Drachenstein und ein Schlangenbild auf einem Hämatit. Wieder zeigt er seine Skepsis bezüglich der Wirkung: Es sei nicht das eingeprägte Bild, sondern das Material (25 - 35).
Auch in Steinen, die in Tieren entstehen, wirke die Kraft der dahinterstehenden Planeten; dazu führt er als Beispiele den Hahnenstein und den Schwalbenstein an (36 - 40); zum Schwalbenstein sagt er: Nach Meinung des Dioskurides "curare melancholicum et amabilem idoneumque reddere" (heile er einen Melancholiker und mache ihn liebenswert und lebenstauglich).
Der Zusammenhang des Weltmechanismus wird nun mit einem Platon-Wort bekräftigt, das manche wieder zur Stütze eines magischen Satzes verwenden, es lasse sich durch Irdisches Himmlisches zum richtigen Zeitpunkt erreichen; doch die Weiterführung dieses Gedankens zum Überhimmlischen ("supercoelestia") lässt Ficinus hier auf sich beruhen (41 - 45).
Die Entstehung einer anderen Qualität hält Ficinus zwar für möglich, dieser Prozess brauche aber Zeit, und deshalb seien die Bedenken mancher an der Wirksamkeit von Amuletten berechtigt (46 - 49). Auch er selbst ist skeptisch, lässt sich aber von den Autoritäten bestimmen. Aber es liege doch am Material; außerdem betont er wieder den Vorrang von astrologisch richtig hergestellter Arznei und Salben (50 - 53).
Was als Interpretation von Plotin zur Stützung des Glaubens an Amulette beigebracht werden kann, das will er liefern, betont aber noch einmal ausdrücklich, dass er das nur als Referat tut und selbst auf andere Mittel schwört. Aber die Astrologie in seinem Sinne steht im Dienste Gottes (54 - 57): "Praeterea si licere iudicas homini ad prosperam valetudinem inferioribus uti, iudica superioribus quoque licere, atque inferiora ad superiorum normam sic medicorum artificio temperare, sicut etiam a Deo sunt ab initio temperata.": Ein Plädoyer dafür, sich nicht auf die einfachen, irdischen Mittel zu beschränken.
iii, 16 Vom Einfluss des Himmels. Über die Kräfte der Strahlen, wodurch die Amulette, wie man glaubt, Kraft erhalten.
  Die Dimension der himmlischen Größe, Macht und Bewegung bewirkt, dass die Gestirnsstrahlen ("radii siderum") die Erde durchdringen und im Zentrum ein Feuer auslösen (1 - 6). Deshalb können sie alles, auch Steine und Metalle (Grundstoffe der Amulette), durchdringen; Härte ist kein Hindernis für sie (7 - 11).
Als himmlische Kraft übersteigen die Sternstrahlen irdische Eigenschaften (12 - 16).
In Amuletten wirken die speziellen, himmlischen Kräfte - "virtutes rerum occultas, quae speciales a medicis nominantur" - durch die beseelten Sternstrahlen (17 - 21). Diese Strahlen haben unterschiedliche Wirkung (22 - 25).
Um die schnelle Wirkung durch Berührung zu zeigen, führt Ficinus eine Reihe von Beispielen aus unserer Erfahrung an (26 - 43).
Als Schlusspunkt der Argumentation dient der Hinweis auf die Macht des Feuers (44f.).
Nun setzt sich Ficinus mit einem Einwand, den er früher auch zu erheben pflegte, auseinander, den fehlenden Entwicklungsstufen. Dazu stellt er - mit anschließenden Beispielen - dar, dass in den Amuletten ja nicht beliebige Wirkung erzielt, sondern die angelegte Kraft praktisch nur entfaltet werde (46 - 56).
Mit praktischen Hinweisen beschließt Ficinus das Kapitel (58 - 66): Zusammenhang von Steinen und Metallen mit Planeten (58 - 62), nochmals der Hinweis auf den Zusammenhang der elementaren mit der speziellen Kraft (63f.) und Bemerkungen zu Perseus und Luna (65f.).
iii, 17 Welche Kraft die Figuren am und unter dem Himmel haben.
  <Ein schwieriges Kapitel, vor allem, weil die Bedeutung von "figura" so schillert; es zeigt sich jetzt, dass das unscheinbare Ende des letzten Kapitels doch wichtiger ist; dort hieß es: "63 Praeterea imaginem efficaciorem fore, si virtus in materia eius elementalis conveniat cum speciali eiusdem virtute naturaliter insita, atque haec insuper cum virtute altera speciali per figuram coelitus capienda; 64 denique figuras inferiores et formas coelestibus conformari." (...64 dass die irdischen Figuren und Formen mit den himmlischen harmonieren.) Hinter der "figura coelestis" verbirgt sich ein Sternbild, hinter der "figura inferior" ein Amulett. - Der ausführliche Kommentar von Kaske verrät, dass dieses Kapitel sehr stark von Plotin und Thomas von Aquin beeinflusst ist.>

Wie das "meminisse iubebunt" erkennen lässt, referiert Ficinus im Prinzip immer noch die Meinung von Astrologen, die er offiziell ablehnt. Zusammenhang ist die Wirksamkeit der Amulette ("ne figuris diffidas"); und nun wird im folgenden mit einer Dreiergruppe (lumina/radii, figurae und numeri) gearbeitet, in der "figura" einen anderen Sinn hat: ~ "immaterielle Form eines Sternbilds".
Im Elementarbereich vermögen die Elementarqualitäten (kalt/heiß. feucht/trocken) viel, im Immateriellen haben die drei Qualitäten Licht/Farbe, Figur und Zahl eine größere Bedeutung (1 - 6).
Aus der Verbindung der Figuren mit den Ideen wird besondere Bedeutung der Figur erschlossen (7 - 12).
Nun wird das Licht ("lumina" und "colores") in den Gedankengang einbezogen (13 - 16).
Über den Gedanken der Harmonie gelangt Ficinus zur Musik (17 - 20).
Über Analogie von Gesichtswirkungen gelangt Ficinus wieder zur Wirkung von Sternbildern; <hier wird mit den Begriffen figura:vultus getrickst.> (21 - 26).
In einem eigenen Abschnitt (27 - 30) werden dann die Begriffe ausgetauscht: vultus - figura - facies - aspectus.
Auch dem fiktiven Leser wird das wohl zu viel:  "Esto, dicet quispiam." Der will dann wieder deutlich von den Amuletten sprechen (31 - 33). Wieder referiert Ficinus und verweist auf die Absicht seiner Quellen: Es gehe nur um die Wirkung der Amulette entsprechend den Sternbildern; die Wechselwirkung illustriert Ficinus mit dem Bild der Lauten (34 - 38).
Mit dem Vergleich mit einem Spiegel versucht Ficinus noch einmal die Wirksamkeit zu zeigen (39 - 43).
"Quid inde sequatur pro imaginibus, ipse reputa." Ja, Leser, sieh selbst zu, <dieses trickreiche Kapitel zu verstehen!> (44)

iii, 18 Welche Figuren der Himmlischen die Alten den Amuletten einprägten; und vom Gebrauch der Amulette.
  <Nach dem hochphilosophischen, jetzt wieder ein handfestes Kapitel, richtig brauchbar für damalige Ärzte.>
"Jemand" fragt vielleicht nach den eingeprägten Bildern; Ficinus liefert ein Schema der Möglichkeiten, an erster Stelle die deutlichen Bilder des Zodiak oder auch von Sternbildern außerhalb davon (1 - 6).
Als Beispiel folgt ein Merkuramulett (8 - 19).
Neuerdings verwende man runde Amulettformen, früher seien kreuzförmige im Gebrauch gewesen, was Ficinus über den Hintergrund des Kreuzbildes bei Amuletten nachdenken lässt (11 - 25).
Doch er wollte ja fremde Meinungen über Amulette referieren (26).
Es folgen zwei Listen von Amuletten, erst eine nach den Planeten (27 - 42), dann eine nach den Zwecken (43 - 49).
Danach referiert Ficinus die Meinung des Petrus von Abano über die Nützlichkeit von Amuletten für Ärzte und beschreibt auch sein Amulett für gesundes, langes Leben (50 - 54).
Eigentlich wäre es zu weitläufig, alle Dekane und Mondpositionen anzusprechen; Ficinus beschränkt sich auf einige, die er für medizinisch, nicht magisch hält (55 - 62).
Er nennt noch weitere Positionen, schließt diesen Teil mit einer allgemeinen Anweisung des Haly (63 - 73).
Für bloße Sache der Neugier hält er die Beschreibung von Amuletten, mit denen man das Verhalten der Menschen beeinflussen will (74 - 78).
Danach referiert Ficinus erst die Haltung des Albertus Magnus (79 - 85), dann die des Thomas von Aquin zur Frage der Amulette (86 - 94); dessen Meinung schließt sich auch Ficinus an.
Den Platonikern liegt aber die Lehre, dass Dämonen <das neue Thema von Kapitel 20 ff.. klingt an!> hinter bestimmten kuriosen Amulettwirkungen stünden, nahe (95 - 97).
Schließlich ("Denique", 98) spricht der Arzt Ficinus: Arzneien seien besser als Amulette, man solle sich dort aber der Unterstützung des Himmels bedienen (98 - 106).
Ficinus schließt mit der Warnung, im astrologischen Bereich zu dilettieren; man könne auch Schaden anrichten (107 - 110).
iii, 19 Über die Herstellung eines Bildes der Welt.
  Mit einer Frage führt Ficinus zum Amulett in Form der gesamten Welt, des Universums, hin; damit erhoffen sich manche die Wohltat ("beneficium") des Universums zu verschaffen (1f.).
Sogleich beschreibt Ficinus die Gestalt dieses Modells: ein Bronzebild, eingeprägt in vergoldetes Silberblech. Doch wichtiger ist die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt der Herstellung, die er so beantwortet: bei Sonnenstellung in der ersten Minute des Aries, also dem Frühlingspunkt als dem Geburtszeitpunkt der Welt (3 - 8).
Der Geburtstag eines Menschen sei gleichsam seine Wiedergeburt, bedingt durch die identische Stellung der Sonne im Tierkreis; ebenso sei es bei der Sonne (9 - 13).
Das Bild soll nicht am Saturntag, dem Sabbath, sondern am Soltag geschaffen werden; dabei streift Ficinus noch kurz die Bedeutung des Umstands, dass die Weltschöpfung am Venustag beendet wurde (14 - 17). Darauf will er aber nicht weiter eingehen, weil sein Freund Pico della Mirandola darüber "in diesen Tagen" geschrieben habe (18).
Thema ist aber die Herstellung des Weltmodells, die - Ficinus sagt es noch einmal - am Sonntag geschehen soll. Auch drei Farben sollen - mit Angabe der Gründe - verwendet werden: grün, golden, purpurfarben (21 - 26).
Von der Farbe Purpur geht Ficinus zur Besprechung wirksamer Stoffe über: auf den Lapis Lazuli, der "ob virtutem Ioviam contra bilem atram" (wegen seiner Jupiter-Kraft gegen die Melancholie) den Ärzten sehr wichtig sei, und den Armenierstein. Danach macht er noch zwei Bemerkungen zur Gestalt des Weltmodells: Sterne golden, Erde grün (27 - 30).
Anschließend stellt er die Nutzung des Modells vor; er scheint es sich als Zierde einer Privatbibliothek vorzustellen (31 - 35).
Aber wichtiger als dieses äußere Modell wäre ein inneres Himmelsbild, d. h. Jupiter als moralisches Vorbild (36f.).
Vom Thema "Mäßigung" gelangt Ficinus zu einer kurzen Spekulation über die Weltdauer und schließt hier eine Betrachtung über die Rangordnung des Lebendigen (Pflanzen - Tiere - Mensch) an, wobei den Menschen vor allem sein "spiritus" kennzeichnet (38 - 46).
Danach spricht er das Problem an, inwieweit man im himmlischen Bereich etwa von "kalt" sprechen kann, da die Frage der Elementarqualitäten nicht entschieden ist, und zieht aus diesem Gedanken zwei Schlüsse:  Erstens besitze der Himmel das perfekteste Leben, zweitens ziele Leben auf Vervollkommnung, deshalb sei derjenige geistig beschränkt, der dem Himmel das Leben streitig mache (47 - 54).

Mit dem Vorwurf, er verbreite mit der Lehre vom Leben des Himmels eine Irrlehre, setzt sich Ficinus in seiner Apologie (59 - 78) noch einmal ausführlich auseinander.

iii, 20 Welch große Kraft die Amulette auf den Seelenatem ausüben und umgekehrt. Und von der Gemütslage des Nutzers und des Herstellers.
  Ficinus geht von der Wirkung des Nieswurz zur Verjüngung aus und erwähnt, dass die Astrologen den günstigen Amuletten gleiche Wirkung zubilligen, dass aber schädliche Amulette vergiften und krank machen könnten. Er kann keine Fernwirkung von Amuletten erkennen, gibt aber Wirkkraft von Amuletten zu, auch wenn er - quasi als "ceterum-censeo-Ficinus - die bedeutend bessere Wirkung von Arzneien betont (1 - 9).
Danach referiert er die Meinung von "Arabern und Ägyptern", in Amuletten könne Sternatem eingeschlossen sein. "Sternatem" wird alternativ definiert: "wunderbare Kräfte der Himmlischen" oder "dienstbare Dämonen". Egal, wie man sie definiert, er könnte jedenfalls wie Dämonen in Statuen und Amulette eindringen und Wunderbares beim Träger oder dessen Umgebung erreichen (10 - 17).
Noch einmal referiert Ficinus, diesmal aber nur Araber, die eine Verbindung zwischen unserem Seelenatem und den Amuletten sehen, die durch eine bestimmte Konzentration des Verfertigers entstehe; hilfreich seien dabei auch bestimmte Räucherungen, <bei denen ja Düfte entstehen> (18 - 20).
Mit den Düften der Räucherungen setzt sich Ficinus danach auseinander: Falls diese Düfte sonnen- oder jupitermäßig sind, leisten sie gute Beiträge, um Sol- oder Jupitergeschenke zu erhalten; ein so ausgestatteter Seelenatem könne dann auf den eigenen, aber auch auf Körper von Nachbarn einwirken. Die Materie des Amuletts könne aber von den Düften nichts aufnehmen, lediglich Seelenatem verschmelze mit dem Duft; das beweist Ficinus mit einer Theorie des Geruchsempfindens (21 - 27).
Überhaupt sieht Ficinus beim Amulett weniger die Wirkungsmöglichkeit des Herstellers als die des Nutzers des Amuletts; damit streift Ficinus sozusagen die Medizin-Psychologie:  "fiduciam hanc Avicenna plus inquit efficere quam medicinam": Vertrauen des Patienten zum Arzt erreicht mehr als die Medizin! (28 - 33).
iii, 21 Über die Kraft von Wörtern und Gesängen, um himmlische Wohltat zu erreichen, und von den sieben Stufen zum Himmlischen.
  <Dieses Kapitel beschäftigt sich wieder mit ganz verschiedenen Themen; nur die ersten beiden werden von der gegebenen Überschrift erfasst.>
Ausgangspunkt ist die Kraft besonderer Wörter, um die Wirkung von Amuletten zu verstärken. Dazu bringt Ficinus das Beispiel eines Amuletts als Liebeszaubers, bricht das Thema aber bald ab, da er ja Medizin, nicht Liebestränke lehren wolle (1 - 3).
Die Wirkung bei solchen Amuletten schreibt er aber mehr den Dämonen zu; in diesem Zusammenhang erzählt er eine nette Geschichte von Apollonius von Tyana über "gewisse geile Venus-Dämonen" (daemones quidam salaces et Venerei), bricht aber auch diese Geschichte unvermittelt ab (4 - 6).
Bei der Bestätigung des Gesagten gerät Ficinus in die Gefahr, sich bei den Zaubergesängen zu verlieren: wieder bricht er jäh ab (7 - 15).
Es folgt eine Einordnung der Musik in die chaldäisch geordnete Beziehung zwischen Planeten und irdischen, menschlichen Phänomenen; die Mittelstellung, d. h. den vierten Platz, nehmen " verba, cantus, soni, quae omnia rite dedicantur Apollini, musicae prae ceteris auctori" (21) ein; bei der Erklärung des siebten Platzes liefert Ficinus einen Grund für den Zusammenhang zwischen "Saturn" und "Sabbath" (16 - 24).
Der Gedankengang muss wohl verdeutlicht werden:
"Quorsum haec?" (~ Was soll das ganze?) Es folgt eine Behandlung des Wertes von Musik, aus der eine bestimmte himmlische Kraft erwachse, auch wenn es im Einzelnen sehr schwer sein mag, die genauen Beziehungen zwischen Tönen und Sternen herzustellen; aber wie Andromachus beim Entwickeln des Theriaks durch seine Sorgfalt zum Erfolg kam, können wir auch hier durch Sorgfalt und göttliche Nachhilfe ("divina quadam sorte") etwas erreichen; mit dem Lob der Sangeskunst als Ausgangspunkt der Heilkunst scheint Ficinus diesen Teil zu beenden (25 - 31).
Wieder hat sich unbemerkt das neue Thema eingeschlichen: Der letzte Satz hieß: "
Ideoque Phoebum vatem medicinae praeponunt." (Und deshalb stellen sie Phöbus, den Seher, an die Spitze der Medizin.) Etwas astrologischer formuliert: "Deshalb steht Sol und das, was zu ihm gehört, auch sein Einfluss, höher als die Medizin." Und zu diesem Gedanken liefert Ficinus drei Regeln, klärt aber vorher noch das mögliche Missverständnis, es gehe ihm um Anbetung der Sterne. Es geht ihm um den natürlichen, vielfältigen und verborgenen Einfluss Sols, den er so akzeptiert wie dessen Licht und Wärme; der Weise bemühe sich um seine verborgenen Gaben (32 - 35).
Seine drei Regeln gelten, wie er sagt, der Anpassung des Gesanges an die Sterne:
Erste Regel: Wirkungen von Sternen, Sternbildern und Aspekten herausfinden und die Wortbedeutungen anpassen.
Zweite Regel: Klarheit über die Herrschaft eines Sternes über bestimmte Örtlichkeiten und Menschen gewinnen und sich dann deren Gesänge nutzbar machen.
Dritte Regel: Die täglichen Positionen und Aspekte der Sterne und das Verhalten der Menschen unter diesen erforschen, um damit für sich ähnlichen Einfluss der Sterne zu erreichen (37 - 41).
Es folgt die erste Anmerkung ("Memento vero"): Gesang ist die beste Nachahmumg (42 - 45).
Danach wird das Wesen von harmonischem Gesang benannt ("materia concentus"); er sei eine Art "luftiges, vernunftbegabtes Lebewesen" (47). Unter bestimmten Bedingungen wirke er wie "quaelibet alia compositio" (jede beliebige andere zusammengesetzte Arznei), vor allem wenn der Sänger "phöbeisches Wesen", d. h. Sol-Wesen, hat (46 - 50).
Und wegen ihres phöbeischen Wesens haben Südländer, vor allem Inder eine hervorragende rhetorische Begabung (51f.)
Noch einmal erfolgt eine Definition des Gesanges: "Cantus ... ferme nihil aliud est quam spiritus alter" (Gesang ist praktisch zweiter Seelenatem, äußerst wirksam bei seelischen und körperlichen Krankheiten.) Für diese Hochschätzung der Musik verweist Ficinus auf die pythagoräische Auffassung, der Himmel sei ein "Geistwesen, das alles mit seinen Bewegungen und Tönen ordnet" (53 - 56).
Nun folgt die zweite Anmerkung, wieder: "Memento vero": Die gesamte Musik geht von Apoll - und das heißt in Ficinus' Kontext immer auch: von Sol - aus. Danach wird der Bereich der Musik wieder den Planeten zugeordnet: Harmonische Gesänge gehören zu Sol, Jupiter, Venus und Merkur; die anderen drei verfügen nur über Töne, Saturn über schwere, raue, Mars über die schrillen und Luna über die dazwischen. Auch die Klangformen der ersten vier werden noch klassifiziert (57 - 65).
Die vier (guten) Planeten soll man sich durch passenden Gesang gewogen machen; eine besondere Rolle spielt der Sonnengesang <!> (66 - 71).
Die dritte Anmerkung "Memento vero" bezieht die Redekunst ein (72 - 74).
Ficinus schließt das Kapitel mit einem letzten Beweis für die "phöbeische und medizinische" Wirkung des Gesangs: Apulier, die von einer Giftspinne gestochen worden seien, lägen alle bewusstlos umher, bis sie ihren bestimmten Ton hören; dann tanzen sie, schwitzen dabei und werden gesund - und die Erinnerung daran halte Jahre an (75 - 77).
iii, 22 Wie wir uns auf sieben Weisen dem Himmlischen anpassen können; für wen Saturn böse, für wen er gnädig ist; wen Jupiter gegen Saturn verteidigt. Wie der Himmel auf den Seelenatem, den Körper und die Seele einwirkt.
  Um die himmlische Harmonie aufnehmen zu können, haben wir sieben Stufen: Amulette, Arzneien, Dämpfe und Düfte, Musik, Vorstellungskraft, Vernunft, Betrachtung, und zwar wird der ganze Mensch - Körper, Seelenatem und Seele - der Sonne zum Erwerb der verborgenen Sternenkräfte ausgesetzt (1 - 10).
Damit ist Ficinus bei den Seelenkräften angelangt, die er verschiedenen Planeten zuweist: die Vorstellungskraft Mars und Sol, die Vernunft Jupiter, den Geist aber dem Saturn (11 - 14).
Und damit beginnt die ausführliche Beschäftigung mit Saturn, die manchmal fast preisende Züge annimmt:
Saturn ist der Freund der großen Geister, die die erhabene Luft bewohnen (19), am wenigsten aber mag er die, die ein Leben in Betrachtung nur vortäuschen (15 - 22).
Eine Gruppe von Menschen lebe im Glück Saturns, die "Mond-Völker"; diesen Umstand bringt Ficinus mit bestimmten Aussagen seiner Autoritäten in Verbindung (23 - 27).
Ausdrücklich warnt Ficinus den Leser davor, Saturn zu verachten, und preist dessen Ausnahmestellung (28 - 35).
Saturn lasse sich besänftigen, sein Einfluss kann aber auch schädliches Gift sein (36 - 40).
Helfer gegen Saturn sei Jupiter; und an diesen Gedanken schließt sich ein höchst überraschender Satz an: "Noxium vero influxum Saturni effugiunt subeuntque propitium, non solum, qui ad Iovem confugiunt, sed etiam, qui ad divinam contemplationem ab ipso Saturno significatam tota mente se conferunt." (In Saturns günstigen Einfluss geraten die, die sich der von Saturn bezeichneten göttlichen Betrachtung mit ganzem Herzen hingeben.). Und die geballte Autorität (Chaldaei, Aegypti, Platonici) stützt diese Auffassung, da sie an das Gute der Himmelskörper glauben (41 - 44).
Beiläufig ("Inter haec") begründet Ficinus auch das mosaische Sabbatgebot, wobei auch dessen Umstände weitgehend astrologisch betrachtet werden. Es schließen sich noch zwei Gedanken (Jamblichus, "Hebraei") an, die um die Macht der Himmlischen kreisen (45 - 52).
Noch einmal bedenkt Ficinus den Weg, auf dem die Geschenke der Himmlischen zu uns kommen, dann schließt er das Kapitel mit einer Zusammenfassung ab, die erkennen lässt, dass für ihn die himmlische Ordnung moralischen Wert hat (54f.).
iii, 23 Um glücklich zu leben und zu handeln, lerne vor allem deine Begabung, dein Gestirn und deinen Schutzgeist kennen und den Ort, der zu diesen passt. Wohne hier. Folge deinem natürlichen Beruf.
  Ausgangsthese des Kapitels: geistig gesunde und autonome Personen haben vom Himmels her einen Lebensauftrag (1).
Für ein glückliches Leben soll man diesem Auftrag folgen. Der gegebene Auftrag lässt sich an Merkmalen der Kindheit erkennen. Um den Auftrag auszuführen, erhält ein Mensch bei Geburt seinen Schutzgeist ("daemon"). Wegen ihres Zusammenhangs lassen sich Gestirn, Dämon und Aufgabe wechselseitig erkennen. Im Einklang damit zu leben bringt Glück, dagegen zu handeln einen feindlichen Himmel ("coelum inimicum") - (2 - 6).
Aus dem Zusammenhang mit ihrer Bestimmung ergeben sich zwei Arten von unglücklichen Menschen, die einen verfolgen ihren Beruf zu wenig, die anderen haben den falschen. Beides untermauert Ficinus mit jeweils einem antiken Sprichwort (7 - 15).
Es lohne sich auch, die gestirns- und dämonengerechte Gegend zu finden und beizubehalten (16 - 22).
Dabei sei auch die höhere Qualität des Landlebens zu bedenken; außerdem gibt es die Feststellung der östlichen Astrologen, dass Variation angebracht sein kann (23 - 26).
Astrologen und Platoniker sprechen lieber von zwei Dämonen: <eine Art statischen> seit unserer Geburt, einen zweiten <eher dynamischen> aufgrund des <wohl zugeeigneten> Berufs. Auch hier besteht das Ideal in der Harmonie der beiden (27 - 30).
Um den Geburtsdämon zu bestimmen, führt Ficinus zwei Autoritäten (Porphyrius, vor allem Julius Firmicus) an. In astrologischen Verfahren lasse sich dieser Dämon berechnen; Ficinus führt zwei verschiedene Methoden an, ausführlicher die der "Alten", die auf die Himmelsörter abhebt(31 - 43).
Ficinus hält zwar die Betrachtung der Himmelsörter, um der Vergangenheit nachzuspüren, für überflüssig, hält sie aber für bevorstehende Taten für sinnvoll (44 - 46).
Es folgen noch Anmerkungen zum Thema:
Offensichtlich gibt es eine Rangordnung der Dämonen; die höchsten sind die der Staatslenker; ohne richtigen Dämon könne man nichts Hohes erreichen (51f.).
Man soll nach der Freundschaft derer streben, die von den drei Grazien gefördert werden (53- 56).
Dementsprechend soll man bestimmte Kontakte vermeiden, vor allem die von Kriminellen und Grausamen. An zwei Beispielen zeigt Ficinus, wie sehr die bloße Anwesenheit positiver oder negativer Mitmenschen sich auswirken kann (57 - 64).
iii, 24 Wie geistig Tätige ihre Begabung erkennen und einer Lebensweise folgen können, die dem Seelenatem entspricht.
  Ficinus will ja für geistig Tätige ("litterarum studiosi") schreiben und kommt nun noch einmal zu Grundsätzlichem. Diese Leute sollen noch einmal ihr Wesen erkennen, und das bedeutet, dass sie vor allem Merkur- und Sonnenkinder <!> sind; je nach Spielart kann dann noch etwas von Venus oder Jupiter oder Saturn in ihnen stecken; aber auch von der Theorie der Embryonalentwicklung her sind diese Menschen vor allem Solkinder <!!>. Danach soll sich auch ihr Aufenthaltsort und die Arzneiherstellung für sie richten (1 - 8).
Ficinus ruft die "litterati", die "Musarum cultores" (die Schriftgebildeten als Verehrer der Musen) vor allem zum Dienst für Apoll, also Sol, auf; schließlich habe ihnen die Phöbusschwester Phöbe vor allem Sol-Atem eingeflößt (10f.).
Aufgrund dieser Herkunft seien derartige Menschen sehr stark vom Seelenatem bestimmt; deshalb kämen bei diesen Menschen noch vier feine Elemente vor, von denen sie sich ernährten: Wein, Weinduft, Gesang und Licht (12 - 16).
Da Ficinus - wie er sagt: "nescio, quomodo" (ich weiß nicht, wie) - unversehens beim Thema "Wein" gelandet ist, schließt dieses Kapitel mit der Betrachtung des Zusammenhangs von Apoll/Sol und Bacchus, dem Gott des Weines (17 - 26).
Am Ende verabschiedet sich Ficinus von seinen Brüdern, das heißt den Lesern als Brüdern in Apoll und Bacchus (27f.)
<Dem hymnischen Gehalt nach, dazu aufgrund der Abschiedsformel "Ergo valete!" (Lebt also wohl!) war dieses Kapitel wohl das ursprüngliche Buchende; es liegt jetzt ja auch ein sehr schöner Rahmen zum Anfang, der doppelten Geburt des Bacchus, ja zum ersten Wort des Prooemiums: "Bacchum poetae ..." vor.>
iii, 25 Astronomische Sorgfalt beim Kinderzeugen, bei der Vorbereitung von Festmählern, beim Bauen, Wohnen und der Kleidung; und wieweit man dafür sorgen darf.
  <Wieder einmal eine etwas unklare Zusammenfassung.>
Nachdem Ficinus sein Buch mit dem letzten Kapitel eigentlich schon beendet hat, folgt mit diesem Kapitel im Grunde schon die erste Apologie, vor der, die er nachher unter dem eigentlichen Namen anhängt.. Er spricht dazu den potenziellen Vertreter der Inquisition, also einer Instanz, die die Rechtgläubigkeit seines Buches bewerten wird, mit "antistes" (Oberpriester) an und sichert diesem zunächst ihre Übereinstimmung in zentralen Fragen, d. h. vor allem der Verehrung des einen Gottes, zu (1 - 6).
Sein Gegenüber scheint Probleme zu sehen, Ficinus' Auffassung der "Wahl der günstigen Stunden" ("horas opportunas eligere") zu akzeptieren, weil sie der Auffassung des freien Willens zuwiderlaufe. Hier verweist Ficinus kurz auf Albertus Magnus, will aber weiter nicht auf seinem Standpunkt beharren (7 - 10).
Da sein Gegenüber offensichtlich die Beobachtungen von Mondphasen in der Landwirtschaft akzeptiert, tue man doch auch beim Kinderzeugen gut daran, auf die Mondphasen zu achten; sich selbst nimmt Ficinus - weil zölibatärer Priester - dabei aus (11 - 14).
Beobachtung der Sterne bei der Weinlese und beim Brotbacken kann - so Ficinus - nur der ablehnen, der im Leben nur noch völlige Knechtschaft erkennen kann (15 - 19).
Lebensziel neben der Gottesverehrung soll es sein, ein gesundes Leben lange zu erhalten - darin sieht Ficinus sich mit seinem Gegenüber einig (20 - 22).
Auch bei der Kleidung erweise sich astrologische Achtsamkeit als sinnvoll (23 - 30).
Wenn einem am "Leben des Volkes" ("populi vita") liegt, muss man die Astrologie akzeptieren; wenn man das Leben im Diesseits aber vernachlässigen soll, dann könne sich Ficinus auch dieser Meinung im Vertrauen auf ein besseres Leben ("melioris vitae fiducia fretus") anschließen (31 - 34).
iii, 26 Wie durch Tieferes, Höherem ausgesetzt, Höheres und durch kosmische Materien vor allem kosmische Geschenke herabgeführt werden.
  Am Schluss geht Ficinus noch einmal zurück und versucht noch einmal mit Argumenten seiner philosophischen Autoritäten zu begründen, weswegen materielle Amulette wirken können.
Ausgangsthese ist - nach Platon - unsere Welt als die beste Möglichkeit; deshalb habe sie auch Teil an der Intelligenz (1 - 3).
Deshalb gibt es parallel zur materiellen Welt den Körper des Seelenatems ("corpus spiritus"), der unsere Sinneswelt übersteige; infolge dieses Zusammenhangs könne der Mensch auch Güter von oben ("bona ... desuper") erhalten (4 - 11).
Wieder zeigt Ficinus, dass wir in unserer materiellen Gegebenheit von oben kommende natürliche Einflüsse aufnehmen können (12 - 17).
Die innere Anziehungskraft des Kosmos bringt Ficinus dazu, "indischen Weisen" und "Orpheus" folgend, die Welt als männlich-weibliche Einheit zu sehen (18 - 26). Diese Erkenntnis werde von der "Agricultura", von Ärzten und Philosophen ausgenutzt, um das Höhere ("superiora") zu gewinnen (27 - 31); dabei finden sich schöne Beispiele: etwa Normalposition beim Geschlechtsverkehr, Ausbrüten der Eier.
Das Thema "Eier" leitet zur Zeugung ohne Tiere, nur mit Einfluss von oben, über (32 - 34).
Mit diesem Gedankengang habe Plotin die Herstellung wirksamer Amulette erklärt (35f.). Und damit ist Ficinus beim Thema "Dämonen".
Dämonen seien die Ursache für Amulettwirkungen; ägyptische Priester hätten sogar, um ihr Volk zum Götterglauben zu bringen, dämonenbesessene Statuen verwendet (37 - 39). Es folgt eine Besprechung der Meinung des Jamblichus (40f.).
Über den Hebräer Samuel kommt Ficinus zu David Bil, der Urheber einer abenteuerlichen Amulett-Rezeptur sei (42 - 49).
Zu dieser Rezeptur entwickelt Ficinus dann seine eigene Meinung, die er zum Teil auf  Thomas von Aquin stützt (50 - 54).
Ficinus referiert weiter, warum nach Plotin und Hermes Trismegistos der Einfluss der "superiora", des Höheren, möglich sein soll (55 - 61).
Zum Schluss kündigt Ficinus ein weiteres Buch an, das sich mit dem am Ende besprochenen Thema beschäftigen wird (62).
Apologia Eine Art Verteidigungsschrift, in der von Medizin, Astrologie, Leben der Welt und ebenso von den Magiern gesprochen wird, die den neugeborenen Christus begrüßten.
  Nach einer launigen Begrüßung seiner drei Freunde namens "Peter" (1 - 10) führt Ficinus die drei Einwände (10 - 17) gegen sein Werk an, deren Widerlegung er jeweils einem Freund  - fiktiv - anvertraut.
Der erste Einwand (21 - 34) betrifft die Verträglichkeit von Priester und Arzt. - Altes Amt von Priestern sei es gewesen zu heilen; und Christus selbst sei zum Heilen gekommen und habe zum Heilen aufgefordert. Und Gott selbst teile den Tieren richtige Heilmethoden mit.
Der zweite (35 - 58) betrifft die Vereinbarkeit von Christ und Magier. - Der Begriff "Magus" sei seit der Geburtsgeschichte Jesu geheiligt und klinge auch eher nach "Weisem" und "Priester". Danach wird zwischen Magie als Dämonenbeschwörung und sogenannter "natürlicher Magie" unterschieden, die ihrerseits wieder in zwei Arten zerfällt, die "curiosa" und "necessaria" (53). Ficinus selbst lässt nur letztere als ernstzunehmende Möglichkeit zu (56).
Der dritte Einwand (59 - 78) stellt das Leben des Himmels in Frage. - Hier versucht Ficinus, die Absurdität des Gedankens zu vermitteln, dass man zwar an Leben im kleinsten Lebewesen glaubt, aber das Leben dessen, der Leben spendet (Argument vor allem die Sonne: 74ff.), bestreitet.
Am Ende lässt er seine drei Peter-Freunde jeweils noch eine mit Ficinus befreundete Berühmtheit zu Hilfe rufen: Christophoro Landino, Poliziano und Pico della Mirandola (79 - 93).
Mit dem Appell, für seine Bücher-Kinder zu sorgen, schließt die Apologie (95f.).
Epilog Warum fürs Leben Sicherheit und Seelenruhe notwendig sind.
  Auch diesen Epilog beginnt Ficinus mit Wortspielen, die er an die Namen seiner Freunde anhängt: Sie seien "canes" (Hunde) und "cursores" (Läufer) in der Jagd der Philosophie (1 - 7). Deshalb kann Ficinus sie in seiner Akademie brauchen zur Verteidigung seiner Kinder gegen die Wölfe (8 - 16).
Ab 17 beginnt dann das eigentliche Thema: das Freisein von Sorge als Quell der Freude.
Ficinus geht aus von einem Spruch seines Freundes Carnacci, etwa "tempora deglutire est saluberrimum" (~ bestes Mittel zur Gesundheit ist es, die Flasche der Zeit "ex" zu saufen) - (17 - 22). Über den Gedanken der Zeit als einer Art Flüssigkeit kommt Ficinus zum Gegensatz eng : weit ("latus") - (23 - 37), was die Brücke zum wichtigen Thema zu sein scheint (lati/laeti): 36f. Ab 38 (bis zum Ende) verfolgt Ficinus den Zusammenhang von Sorglosigkeit (erst "securitas", am Ende "negligentia") mit Lebensfreude ("laetitia"); die "negligentia" erscheint am Ende als "Gelassenheit" und bildet damit den Kern der Heilkunst.

Im Anhang (49) folgen noch drei Distichen seines Freundes Corsini, die die Leistungen des Ficinus-Freundeskreises gegenüber "De vita" zusammenfassen.

Hier geht's nach oben:    

 

Astrologische Grundlagen

Die Astrologie kann man - so hier - als ein interessantes Spiel mit komplizierten Regeln betrachten; sie war aber für manchen bitterer Ernst und konnte zur seelischen Erschütterung führen (s. Ficinus mit seinem Horoskop), für den Gläubigen (vielleicht auch den, der Glauben nur heuchelt) ist sie sicherlich eine - auch materiell - wichtige Angelegenheit. Siehe auch Ausführungen von Krünitz im Artikel "Sterndeuterey".

Hier die für den Ficinus-Text (De Vita Triplici, besonders das dritte Buch "De Vita Coelitus Comparanda") wichtigen Begriffe und ihr Zusammenhang (Vorlage: Kaske, Abschnitt "Traditional Material and Innovations", bes. S. 32 - 36):

1. Der astronomische Hintergrund

Das ganze astrologische Denksystem beruht auf dem geozentrischen, man sollte lieber sagen, einem topozentrischen Weltbild; topozentrisch meint, alles ist bezogen auf einen ganz bestimmten geographischen Ort.
Die Fixsterne dienen als feststehender Rahmen; ihre Sphäre ist praktisch die Bühne, auf der sich das ganze Geschehen, vor allem die Planetenbewegungen, abspielt. Zur Illustration des Zusammenhangs diene die "Ander scheyb" des Apian, auf der er den Zodiakus und 16 Fixsterne eingetragen hat; zum Großteil sind sie identisch mit den Radikalsternen, die Ficinus im Kapitel iii, 8 ausführlich vorstellt. Zur räumlichen Vorstellung dieser hier plan wiedergegebenen Konstellation s. auch das Apian-Bild dort.

Für Planeten und Zodia (die Tierkreisbilder im Tierkreis, dem Zodiakus), entscheidend ist die Ekliptik, d. h. die scheinbare Sonnenbahn durch die Fixsterne im Laufe eines Jahres. Der Zodiakus ist der Gürtel beidseits der Ekliptik mit einem Maximalabstand von 8° zur Ekliptik. Der Zodiakus ist in zwölf gleiche Teile eingeteilt, die Zodia (Tierkreisbilder: "signa", auch "figurae"), in der Reihenfolge der Tabelle:

Tabelle (1) über den Zusammenhang von Zodia und Planeten 


Prag, Altstädter Turmuhr: Innenkreis mit Zodiak, Außenkreis mit Monatsarbeiten

ZODIA MENSES ARBEIT TEMPORA HAUS PLANET TAG SPHÄRE
ARIES MARTIUS Rebenschnitt   Nacht Mars    
TAURUS APRILIS Mann mit Blumen VER Nacht Venus    
GEMINI MAIUS Reiten   Nacht Mercurius    
CANCER IUNIUS Mähen   Nacht LUNA Montag

1

LEO IULIUS Getreideschnitt AESTAS Tag SOL Sonntag 4
VIRGO AUGUSTUS Dreschen   Tag MERCURIUS Mittwoch 2
LIBRA SEPTEMBER Keltern   Tag VENUS Freitag 3
SCORPIO OCTOBER   AUTUMNUS Tag MARS Dienstag 5
SAGITTARIUS NOVEMBER Holz hacken   Tag JUPITER Donnerstag 6
CAPRICORNUS DECEMBER Schweineschlachten   Tag SATURNUS Samstag 7
AQUARIUS IANUARIUS Mann am Tisch HIEMS Nacht Saturnus    
PISCES FEBRUARIUS Mann wärmt sich   Nacht Jupiter    

Bei den Zodia sind die Hauptzeichen jeweils fett gedruckt. Saftkombinationen der Zodia entsprechend den Jahreszeiten! Die Arbeiten folgen dem Schema des Straßburger Münsters (Gewände des südlichen Westportals).
Wie an der Reihenfolge erkennbar, scheint dem System der Wochentage eine andere Überlegung zugrunde zu liegen als der Kombination mit den Monaten.

Jedes Zodion (Tierkreiszeichen) umfasst also 30°; es kann jeweils gedrittelt werden; ein Drittel (10°) ist ein Dekan ("facies": iii, 9, 36 - 41); auch die Dekane sind den Planeten zugewiesen.

Zur Vorstellung des Zodiakus und seines Mythos siehe meine Seite: 

Zwischen Erde und Fixsternhimmel befinden sich die Planetensphären, und zwar in folgender Reihenfolge ("ordo Chaldaeus": iii, 9, 38); wenn es um astrologische Beziehungen geht, verwende ich bei Zodia und Planeten bevorzugt die lateinischen Namen: 
Mond (LUNA), Merkur (MERCURIUS), Venus (VENUS), Sonne (SOL), Mars (MARS), Jupiter (JUPITER, genau genommen: IUPPITER), Saturn (SATURNUS).

2. Der astrologische Vordergrund

Durch eine Reihe von Überlegungen, z. B. mythologischen Vorstellungen und daraus - spekulativ - entwickelten Analogien, ergaben sich viele Kombinationen, die zum Teil aus folgender Tabelle erkennbar werden:

Tabelle (2) der Planetenbeziehungen

Planet Kombination KÖRPERSAFT Temperament ELEMENT LEBENSALTER TAGESZEIT JAHRESZEIT Wert
LUNA kalt/feucht Schleim Phlegmatiker Wasser Greisenalter Nacht Winter  
MERCURIUS                
VENUS (schwankt)             kleines Glück
SOL                
MARS warm/trocken Gelbe Galle Choleriker Feuer Jugend Mittag Sommer kleines Unglück
JUPITER warm/feucht Blut Sanguiniker Luft Kindheit Morgen Frühling großes Glück
SATURNUS kalt/trocken Schwarze Galle Melancholiker Erde Mannesalter Abend Herbst großes Unglück

Die Beziehungen zwischen Planeten und den vier Qualitäten (heiß : kalt, trocken : feucht) stellt Ficinus in iii,12, 2 - 9, allerdings wesentlich komplizierter dar.

Fürs astrologische Denken sind nun die wechselseitigen Beziehungen ganz wichtig; dabei handelt es sich einmal um die KONJUNKTION (nominal: "coitus", "coniunctio"; verbal: "coire", synonym: "congredi" oder Formen von "coniungere"; in iii, 6, 72f.: "in unitate esse", in iii, 6, 92: "aliquem subire", in iii, 6, 107: "aliquem complecti"). Die Himmelskörper decken sich (Eclipsis, bei Ficinus: "eclyptica"), haben dieselbe Länge oder ziehen in bestimmtem Abständen aneinander vorbei.
Planeten in Sonnennähe, in Konjunktion (weniger als 12° Sonnenentfernung; Ficinus iii, 6, 71) mit der Sonne, sind "unter den Sonnenstrahlen" ("sub radiis solis"), bzw. sie "verbrennen" (verbal: "comburere", nominal: "combustio").

Die Winkelbeziehungen, in denen die Himmelskörper stehen, sind wichtig; dabei ist nicht alles sichtbar, sondern an entsprechenden Tabellen ablesbar. Diese Beziehungen sind die ASPEKTE ("A aspicit/suspicit B"); dabei sind Trigonalaspekt (aspectus "trinus") und Hexagonalaspekt (aspectus "sextilis") günstig, Tetragonalaspekt (aspectus "quadratus": iii, 10, 21) und Opposition ("oppositus aspectus": iii, 10, 20) sind ungünstig:


Trigonalaspekt


Hexagonalaspekt


Tetragonalaspekt/Quadratur

Die beiden günstigen Aspekte definiert Ficinus in iii, 4, 39f. wie folgt: "39 Sextilem vero aspectum intellige, quando planetae duo inter se signorum duorum spatio <= 60 °> distant; 40 trinum autem, quando quattuor signorum discrepant intervallo <= 120°>.", d. h. er nennt die Zodia-Abstände, um die Aspekte zu bestimmen.

Krünitz gibt einen noch ausführlicheren Überblick über die möglichen Aspekte.

Über den Trigonalaspekt ergeben sich bei den Zodia auch bestimmte Kombinationen, die ihrerseits wieder mit den Elementen verbunden sind; so ergeben sich:

wässrige Zeichen (signa aquea): CANCER - SCORPIO - PISCES;

feurige Zeichen (signa ignea): ARIES - LEO - SAGITTARIUS;

luftige Zeichen (signa aerea): GEMINI - LIBRA - AQUARIUS;

erdige Zeichen (signa terrea): TAURUS - VIRGO - CAPRICORNUS.

Steht ein Planet in einem Zodion der dem Planeten zugeordneten Gruppe (s. iii, 9, 15 - 18), so hat er seine "triplicitas":
Sol nur in Feuerzeichen;
Merkur nur in Luftzeichen;
Saturn und Jupiter in Feuer- und Luftzeichen;
Mars, Venus und Luna in Wasser- und Erdzeichen.

Aus der Kombination der 12 Zodia mit den sieben Planeten entsteht die Lehre von den HÄUSERN ("domicilia", auch: "domus", "habitaculum", "aedes", "sedes": iii, 9, 1 - 14); s. Tabelle (1). 
Dabei ist zu beachten, dass Sol nur ein Taghaus und Luna nur ein Nachthaus hat; alle anderen Planeten haben zwei Häuser. 
Dabei kann ein Planet auch Gast eines anderen sein; er kann in dessen Haus aufgenommen ("recipere"/"suscipere") sein - auch ohne dass der "Hausherr" anwesend ist. Die mildernde Wirkung dieses Gast-Seins spricht Ficinus in iii, 10, 22 an.

Durch andere Kombinationen kommt man zu der ERHÖHUNG ("exaltatio": iii, 9, 1 - 14; auch: regnum) oder Erniedrigung eines Planeten; so hat Sol seine Erhöhung bei Aries 19°, seine Erniedrigung in Libra 19°, Venus ihre Erhöhung in Pisces 27° und ihre Erniedrigung in Virgo 27°. Seltsamerweise spricht Ficinus nie von der Erniedrigung.

Zwei andere Kombinationen sind die der "fines" und die der "facies". 
Die Planeten haben in den Zodia bestimmte Gebiete ("fines"), die Ficinus in iii, 9, 19 - 35 zuweist; dabei entsteht ein etwas irrationaler Flickenteppich, bis auf Sol und Luna, die den Zodiakus schlicht unter sich aufteilen. 
Rationaler ist die Aufteilung des Zodiakus bei den "facies", d. h. den Dekanen (jeweils ein Drittel - 10° - eines Zodions); hier beginnt die Zuweisung bei Aries, 1. Dekan an Mars, dann geht es schön der Reihe (ordo Chaldaeus) nach weiter, wobei man immer vom Mond zum Saturn springen muss (iii, 9, 36 - 41).

Zu diesen kreisförmig sich ständig ändernden Beziehungen kommt nun noch die ortsbezogene Einteilung des Himmels und die dadurch entstehenden Himmelsregionen, die PLAGAE (Örter)
Der Beginn ist der Osthorizont; ein Himmelskörper oder Bild, das den Osthorizont passiert, geht auf: hat seinen ASZENDENTEN ("ascendere"). Weiter nach Norden kommt der Nadir ("imum coeli"), es folgt der Westhorizont (Deszendent: "descendere") und der Zenit ("medium coeli"): das sind die vier "anguli", (auch "cardines") sozusagen "Eckpunkte" des Himmelsraums. 
Der gesamte Kreis lässt sich in zwölf Abschnitte, die "plagae", einteilen; diese Einteilung beschreibt Ficinus in iii, 10, 8 - 12; mit diesen "plagae" kann man festhalten, wo sich ein bestimmter Himmelskörper zu einem bestimmten Zeitpunkt befunden hat, und kann daraus seine (weissagenden) Schlüsse ziehen. 
Diese Himmelsörter ("plagae"/"domus") sind nun inhaltlich festgelegt und bezeichnen:
I: Leben ("domus vitae") und Charakter, II: Wohlstand, III: Freunde und Geschwister, IV: Eltern, V: Kinder, VI: Diener, Gesundheit und Krankheit,
VII: Ehe, VIII: Angst und Tod, IX: Reisen, Träume, Ausbildung, Religion (s. iii, 26, 44: "vaticinium designans" (Seherkunst bezeichnend)), bei Ficinus vorher als "Haus der Weisheit" ("domus sapientiae") bezeichnet: i, 8, 13; X: Könige, Ehre und Karriere, XI: Freunde und Wohltaten, XII: Feinde und Unglück, bei Ficinus auch: Gefängnis (s. i, 7, 30). 
Plaga II, VI, VIII und XII gelten wieder als üble Örter (dazu Ficinus: iii, 6, 78), plaga V und XI als günstige wegen der Aspekte zum Aszendenten (dazu Ficinus: iii, 23, 39f.). 
Fallende Örter ("plagae cadentes") sind jeweils die vor einem cardo: III, VI, IX und XII (dazu Ficinus: iii, 10, 8ff. und  iii, 23, 41ff.)

Anordnung und Bedeutung der 12 Plagae
(astrologische Häuser, domus coelestes)

4 Eckpunkte (Cardines):
HOR - linke Spitze von Haus I = Ascendens
IC - untere Spitze von Haus IV = Imum Coeli
OCC - rechte Spitze von Haus VI = Descendens
MC - obere Spitze von Haus X = Medium Coeli

Hierarchie der Häuser:
domus primariae/angulares = I, IV, VII, X;
domus succedentes = II, V, VII, XI;
domus cadentes = III, VI, IX, XII.

 

 

Quelle: Reisinger, S. 60ff.

Anwendung solch eines Schemas s. Bericht über Reisingers Auswertung des Horoskops für Albrecht VI. Scheurl auf meiner Carion-Seite.

Hier geht's nach oben:    

3. Der mythologische Hintergrund der Planeten

Name Sprachliches Mythos Astrologie/Astronomie
SOL

Bild:

Sol, Solis m.
Adjektiv: Solaris, e
Ü: "solar",
sonnenmäßig,
sol-typisch

Da "Phoibos Apollon" mit Sol gleichgesetzt wurde, verwendet auch Ficinus "Phoebus" als Synonym zu "Sol" und dementsprechend auch das Adjektiv "Phoebeus" als Synonym von "Solaris", s. z. B. iii, 14, 4. Eine ganz große Rolle spielt diese Überschneidung in iii, 21, 51ff.

Helios [griech., »Sonne«], der jugendliche, strahlende, gewaltige Sonnengott der Griechen (lat. Sol), Sohn der Titanen Hyperion und Theia, daher auch selbst als Titan oder auch als Hyperion (»der in der Höhe Wohnende«) bezeichnet. Seine Schwestern waren Eos und Selene, seine Kinder Aietes, Kirke und Pasiphaë. Mit seinen feurigen Sonnenrossen (gewöhnlich 4) führte er den Sonnenwagen aus dem Okeanos über den Himmel. Nachts kehrte er im Sonnenbecher zum Ausgangspunkt zurück. Sein Sohn Phaëthon kam bei der Lenkung des Wagens um. Die auf Trinakria weidenden Sonnenrinder des Helios wurden von den Gefährten des Odysseus geschlachtet. Helios wurde zum Schwurzeugen angerufen, da er alles sah und hörte. Er wurde häufig mit der Strahlenkrone dargestellt. 
Die Griechen der klassischen Zeit empfanden den Sonnenkult als fremd. Die Stoa sah in der Sonne den höchsten Lenker des Weltalls. Im Hellenismus öffneten sich die Griechen unter dem Einfluß östlicher Astrologie dem Sonnenkult, nachdem Helios schon vorher auf Rhodos kultisch verehrt wurde (Koloß von Rhodos). Sonnentheologie und Sonnenkult spielten in den antiken und späteren Gesellschaftsutopien eine bedeutende Rolle. 
[Lexikon der Antike: Helios, S. 1. Digitale Bibliothek Band 18: Lexikon der Antike, S. 2296 (vgl. LDA, S. 236)]

Sol [lat., »Sonne«], römischer Sonnengott, schon früh kultisch verehrt, dem griechischen Helios entsprechend. Er schützte beim Wettrennen im Zirkus die Viergespanne (Quadrigae), in der Kaiserzeit wurde er mit orientalischen Gottheiten (besonders mit dem pers. Lichtgott Mithras) gleichgesetzt. Kaiser Elagabalus überführte einen Steinfetisch als Sol invictus (unbesiegbaren Sonnengott) 218 aus seiner Heimat Emesa nach Rom; Kaiser Aurelianus führte 274 den Kult des Deus Sol Invictus (des unbesiegten Sonnengottes) in Rom ein; dessen Stiftungstag war der 25. Dezember.
[Lexikon der Antike: Sol, S. 1. Digitale Bibliothek Band 18: Lexikon der Antike, S. 5342 (vgl. LDA, S. 548)]

Apollon, lat. Apollo, auch Phoibos (lat. Phoebus), der schöne, junge griechische Gott des Lichtes, auch mit dem Sonnengott Helios gleichgesetzt; Sohn des Zeus und der Leto, Zwillingsbruder der Artemis, auf Delos geboren. Die Bedeutung seines Namens ist ungeklärt; in seiner Gestalt sind griechische Züge mit einer anatolisch-mediterranen (lykischen?) Komponente verschmolzen. 
Als Gott der Weissagung verlieh er den Menschen, z. B. Kassandra, die gleiche Gabe. Er tötete den Drachen Python bei Delphi <Anspielung in Apologia 90> und richtete dort sein Heiligtum ein (daher Pythischer Apollon). Seine dort von ihm inspirierte Priesterin, die Pythia, gab Weissagungen (Orakel). Als der bedeutendste Orakelgott besaß Apollon viele Orakelstätten in Griechenland und Kleinasien. 
Apollon war der Gott der Ordnung und Klarheit, des geistigen Lebens und der Künste, bes. der Musik und des Gesangs; daher oft mit der Leier dargestellt, die er von Hermes erhielt. Apollon war Herr der Musen (Musaget = Musenführer), er bestrafte den Marsyas, der sich mit ihm messen wollte. Ackerbau (als Apollon Smintheus, »Mäuseabwehrer«) und Viehzucht standen unter seinem Schutz; er galt als Übelabwehrer und Gott der Heilkunst. Sein Sohn von Koronis ist der Heilgott Asklepios. 
Als strafender Bogenschütze nahm er Rache an Niobe und Tityos und sandte die Pest in das Lager der Griechen vor Troja. Der Lorbeer (griechisch Daphne) war ihm heilig. Der Apollonkult kam im 5. Jh. v. u. Z. nach Rom. Besonders der Kaiser Augustus pflegte den Kult des Apollon als den seines Schutzgottes.  Be
[Lexikon der Antike: Apollon, S. 1 ff. Digitale Bibliothek Band 18: Lexikon der Antike, S. 448 (vgl. LDA, S. 47 ff.)]

Nach dem geozentrischen Weltbild der Planet der 4. Sphäre.

Über Sol-Kinder bzw. Sol-Menschen lässt sich Ficinus in iii, 14, 8 aus.

Welch große Rolle bei der Zuordnung der irdischen Dinge zu Sol die Etymologie spielt, wird etwa in iii, 14, 17 - 24 schön deutlich.

Zur Vorstellung Sols und seiner Kinder:

Deutsche Prosa: HS-Tübingen/Hauber.

Lat. Prosa: Muller

Lat. Hexameter: Saenredam

Lat. sapphische Strophen: de Passe

Texte im Vergleich


Apollon vom Trierer Schloss: Sonnenbild auf der Brust (= Sol), Instrument in der Hand (= Apoll)

LUNA

Bild:

Luna, Lunae f.
Adjektiv: Lunaris, e
Ü: "lunar",
mondmäßig,
luna-typisch
Selene, griechische Mondgöttin (lat. Luna), meist Tochter des Hyperion und der Theia, Schwester (Gemahlin oder Tochter) des Helios und der Eos. Ihr Geliebter war Endymion. Mit dem Ab- und Zunehmen des Mondes brachte man irdische Ereignisse in Zusammenhang, in der Zauberei spielte sie eine große Rolle. Sie wurde später mit Artemis und Hekate <vgl. iii, 13, 10> gleichgesetzt.
[Lexikon der Antike: Selene, S. 1. Digitale Bibliothek Band 18: Lexikon der Antike, S. 5188 (vgl. LDA, S. 534)]

Artemis, griechische Göttin, Tochter des Zeus und der Leto, Zwillingsschwester des Apollon, auf Delos geboren. In Artemis sind die Vorstellungen von verschiedenen Gottheiten, darunter auch vorgriechischer, zusammengeflossen. Sie war die jungfräuliche Göttin der Jagd und des Naturlebens. Ihr Kult war dem Baumkult verwandt. Als Herrin der Tiere war sie besonders mit Hirsch und Bär verbunden, Nymphen erschienen in ihrem Gefolge. Wurde ihr Bruder dem Sonnengott gleichgesetzt, so war Artemis die entsprechende Mondgöttin, die oft mit Selene identifiziert wurde. Einerseits Göttin der Keuschheit, wurde sie andrerseits als Vegetations- oder Fruchtbarkeitsgöttin verehrt. ...  Als Göttin der Eheschließung und Geburt wurde Artemis von den Frauen bei der Entbindung angerufen und oft mit Eileithyia gleichgesetzt. <Lucina, altrömische Göttin der Geburt, der griechischen Eileithyia gleichgesetzt. Juno wurde als Iuno Lucina, Diana als Diana Lucina verehrt. Bei Ficinus - in iii, 12, 31 - ist Lucina Verbindung von Luna und Venus.
[Lexikon der Antike: Artemis, S. 1. Digitale Bibliothek Band 18: Lexikon der Antike, S. 606 (vgl. LDA, S. 62)]

Diana, römische Göttin, der griechischen Artemis gleichgesetzt. Als Frauen- und Fruchtbarkeitsgöttin schützte sie die Geburt. Bei Aricia besaß sie eine berühmte Kultstätte; ihr Heiligtum in Rom befand sich auf dem Aventin. Der Stiftungstag ihres Tempels (13. 8.) war ein Feiertag der Sklaven. Die Göttin wurde unter dem Namen Diana oder Artemis von vielen bedeutenden Malern dargestellt. 
[Lexikon der Antike: Diana, S. 1. Digitale Bibliothek Band 18: Lexikon der Antike, S. 1351 (vgl. LDA, S. 137)]

Hekate, lat. Hecate, Tochter des Titanen Perses, aus Karien stammende Gottheit, deren Kult in Griechenland, besonders im Volk, verbreitet war; in Hesiods Theogonie eine hilfreiche Göttin von allumfassender Macht. Sie galt vorwiegend als Göttin des Zaubers und der Gespenster, die nachts in Begleitung von Hunden die Geister anführte. Sie war Mondgöttin, hielt sich an Begräbnisstätten und Kreuzwegen auf (daher griechisch Trioditis, lat. Trivia »Göttin der Dreiwege«). Hekate wurde besonders mit Artemis und als chthonische Göttin mit Persephone gleichgesetzt. Man opferte ihr Speisen und Hunde; ihre Attribute waren Fackel, Geißel und Schlangen. 
[Lexikon der Antike: Hekate, S. 1. Digitale Bibliothek Band 18: Lexikon der Antike, S. 2281 (vgl. LDA, S. 235)]

Nach dem geozentrischen Weltbild der Planet der 1. Sphäre.

Zur Vorstellung Lunas und ihrer Kinder:

Deutsche Prosa: HS-Tübingen/Hauber.

Lat. Prosa: Muller

Lat. Hexameter: Saenredam

Lat. sapphische Strophen: de Passe

Texte im Vergleich

 

MARS

Bild:

Mars, Martis m.
Adjektiv: Martialis, e
Ü: "martial",
marsmäßig,
mars-typisch
Ares, griechischer Kriegsgott, Sohn des Zeus und der Hera; als wilder Gott des zerstörenden, leidvollen Krieges wenig beliebt, war er sogar den Göttern verhaßt (im Unterschied zu dem römischen Mars, dem Vater des Romulus und Remus, dem er später gleichgesetzt wurde). Er war der Geliebte der Aphrodite; beider Sohn ist Eros. Ares stammt aus Thrakien, ist schon in mykenischer Zeit nachweisbar, wohl aus dem bronzezeitlichen Kriegsgott erwachsen, der unter thrakischem Einfluß mykenisiert wurde.
[Lexikon der Antike: Ares, S. 1. Digitale Bibliothek Band 18: Lexikon der Antike, S. 535 (vgl. LDA, S. 56)]

Mars, auch Mavors, Marmar, Marspiter, alter römischer Kriegsgott, später dem griechischen Ares gleichgesetzt, doch wesentlich bedeutender. In altitalischer Zeit war er auch ein Vegetationsgott, der in Beziehung zum Gedeihen des Viehs, zu Erntesegen, zu Verwüstung und Mißwuchs stand und der Unheil erzeugen und fernhalten konnte. Nach ihm wurde der 1. Monat des Jahres März genannt (Mensis Martius). Seine Priester, die Salier, zogen im März mit dem Ancile durch die Stadt. Das Marsfeld, Campus Martius, mit einem Altar des Mars war der Versammlungsplatz der Römer. Dort erfolgte das Lustrum. Augustus weihte dem Mars Ultor, dem »Rächer« des Mordes an Cäsar, 2 v. u. Z. einen Tempel. 
Wolf und Specht waren dem Mars heilig. Mit Rhea Silvia zeugte Mars die Zwillinge Romulus und Remus. Von seinem Namen ist »martialisch« = kriegerisch, wild, abgeleitet.
[Lexikon der Antike: Mars, S. 1. Digitale Bibliothek Band 18: Lexikon der Antike, S. 3507 (vgl. LDA, S. 356)]

Nach dem geozentrischen Weltbild der Planet der 5. Sphäre.

Zur Vorstellung des Mars und seiner Kinder:

Deutsche Prosa: HS-Tübingen/Hauber.

Lat. Prosa: Muller

Lat. Hexameter: Saenredam

Lat. sapphische Strophen: de Passe

Texte im Vergleich

MERCURIUS

Bild:

Mercurius, i m.
Adjektiv: Mercurialis, e
Ü: "merkurial",
merkurmäßig,
merkur-typisch
Hermes, lat. Hermes, Sohn des Zeus und der Maia, auf der Kyllene in Arkadien geboren (daher sein Beiname Kyllenios), der Gott im Steinhaufen, in dem sich ein aufgerichteter Stein oder eine Herme befand; einer der ältesten und vielseitigsten Götter. 
Als Gott der Herden förderte er das Wachstum der Tiere, er wurde deshalb oft mit einem Widder auf den Schultern dargestellt (Kriophoros, zum Symbol des Guten Hirten geworden). Da die Steinhaufen zur Wegmarkierung verwendet wurden, war Hermes auch Gott der Wege, Schutzherr der Wanderer, und wurde selbst mit Reisehut und Flügelschuhen dargestellt. Als Gott des Handels und Marktes schützte er die Kaufleute, ihm als dem Gott des Glückes schrieb man den nach ihm genannten Glücksfund (Hermaion) zu. Er war der schnelle, junge Götterbote, geleitete die Götter und erledigte deren Botendienste; als Herold trug er einen Heroldstab. Dieser Stab (Caduceus), eigentlich ein Zauberstab, diente ihm auch zum Einschläfern (z. B. bei Argos), daher galt Hermes als Gott des Schlafes und der Träume. 
Er war auch der schlaue Gott der Diebe und Betrüger, der seinen Sohn Autolykos das Stehlen lehrte. Er selbst hatte als Säugling mit List Apollons Rinder entführt und Apollon dafür die von ihm aus einem Schildkrötenpanzer gefertigte Lyra überlassen (dargestellt im homerischen Hermeshymnus und in dem Satyrspiel »Die Spürhunde« des Sophokles). Als immer einen Ausweg Findender war er der Gott der Redekunst und des Denkens und als solcher Schutzgott der Schulen und der Palaistra. Als Hermes Psychopompos (Seelengeleiter) führte er die Verstorbenen in die Unterwelt. Hermes war Vater des Pan und des Hermaphroditos. Ihm entsprach der römische Mercurius. - Unterschiedslos in der Namensform Hermes oder Mercurius wurde der Gott von der Antike an häufig in der Plastik (Praxiteles, Thorvaldsen, R. Begas) und in der Malerei dargestellt (Wanddekoration im Haus der Livia. Be
[Lexikon der Antike: Hermes, S. 1 ff. Digitale Bibliothek Band 18: Lexikon der Antike, S. 2345 (vgl. LDA, S. 242 ff.)]

Mercurius, dt. Merkur, römischer Gott des Handels, des Warenverkehrs und des Gewinns, dem schon früh (495 v. u. Z.) bei beginnendem Handel ein Tempel geweiht wurde. Er entsprach dem griechischen Hermes. Als Götterbote wurde er mit Heroldsstab (Caduceus) und Flügelhut dargestellt. Im germanisch-keltischem Gebiet wurde eine weit verbreitete Gottheit dem Merkur gleichgesetzt. 
[Lexikon der Antike: Mercurius, S. 1. Digitale Bibliothek Band 18: Lexikon der Antike, S. 3621 (vgl. LDA, S. 369)]

Nach dem geozentrischen Weltbild der Planet der 2. Sphäre.

Zur Vorstellung Merkurs und seiner Kinder:

Deutsche Prosa: HS-Tübingen/Hauber.

Lat. Prosa: Muller

Lat. Hexameter: Saenredam

Lat. sapphische Strophen: de Passe

Texte im Vergleich

JUPITER

Bild:

Iuppiter, Iovis m.
Adjektiv: Iovialis, e
Ü: "jovial",
jupitermäßig,
jupiter-typisch
Zeus, höchster griechischer Gott (römisch Jupiter), der indo-europäische Himmelsgott, Vater der Götter und Menschen, Götterkönig nach dem Vorbild der menschlichen Gesellschaft, jüngster Sohn des Kronos  (daher Kronide oder Kronion genannt) und der Rhea. Als sein Geburtsort galt teils Kreta, auch soll er vor seinem Vater Kronos versteckt in einer Höhle auf Kreta aufgezogen und von Amaltheia genährt worden sein. Herangewachsen, beraubte er seinen Vater der Herrschaft. Mit seinen Brüdern Poseidon und Hades sich in die Welt teilend, erhielt er den Himmel als Herrschaftsbereich. Als sein Sitz galt der Olymp, daher hieß er der Olympier. 
Durch seine erste Gemahlin Metis wurde er Vater der Athena; auch Dione nannte man Gemahlin des Zeus. Allgemein galt jedoch Hera, die Schwester des Zeus, als seine Gemahlin. Beider Kinder waren Ares, Hebe, Hephaistos und Eileithyia. Zeus bezwang alle seine Feinde (Giganten, Typhon). 
Mit vielen Göttinnen und Sterblichen zeugte er Kinder: mit Dione Aphrodite, mit Themis die Horen, mit Mnemosyne die Musen, mit Leto Apollon und Artemis, mit Demeter Persephone, mit Eurynome die Chariten, mit Maia Hermes, mit Semele Dionysos, mit Danae Perseus, mit Leda Helene und die Dioskuren, mit Alkmene Herakles, mit Aigina Aiakos, mit Europe Minos, Rhadamanthys und Sarpedon, mit Antiope Amphion und Zethos, mit Io Epaphos mit Kallisto Arkas. 
Zeus war der im Himmelsraum oder auf einem Berg thronende Wettergott, der Wolkensammler, der Regen schickte, der Herr von Blitz und Donner. Als Zeus Herkeios (herkos, »Umzäunung«) behütete er das Hauswesen, als Ktesios (»Erwerber«) schützte er den Vorrat und galt als Reichtumspender; dem Zeus Meilichios, dem »Sanften«, dem durch Sühnung gütig gestimmten Gott, feierte man in Athen die Diasia (abgeleitet vom Genetiv Dios). Zeus Xenios schützte den Fremden (xenos, »Fremder«), Zeus Hikesios die an seinem Altar Schutz Suchenden (hiketes, »Schutzflehender«). Eid (horkos) und Schwur waren dem Zeus Horkios heilig, da er als Hüter der Rechtsordnung über die Gesetze wachte, als Zeus Eleutherios (eleutheria, »Freiheit«) die Freiheit schützte. Als Zeus Soter war er der »Retter« für Einzelwesen und Staat. In Dodona besaß Zeus als Gott der Mantik ein hochgeehrtes Orakel; er schickte auch Blitz, Donner, Meteore, Träume u. a. als Vorzeichen. Dem Zeus Lykaios waren auf dem Lykaion (Arkadien) Menschenopfer dargebracht worden. Eiche und Adler waren Zeus heilig. Zeus wurde mit Adler, Zepter und Blitzbündel, z. T. thronend, dargestellt. Berühmt war die Goldelfenbeinstatue des Pheidias in Olympia, von der nur Münzbilder einen Eindruck vermitteln. 
[Lexikon der Antike: Zeus, S. 1 ff. Digitale Bibliothek Band 18: Lexikon der Antike, S. 6236 (vgl. LDA, S. 642 ff.)]

Iup(p)iter, Genitiv Iovis, dt. Jupiter, alter italischer Gott, oberste Gottheit der Römer (griechisch Zeus), Gemahl der Juno; ursprünglich Herr des Himmels und des Lichtes (daher waren ihm die Iden = Vollmondtage heilig). Als Wettergott wurde er besonders auf Bergen verehrt. Er schickte Regen, Donner (Iuppiter Tonans) und Blitz (Iuppiter Fulgur). Im römischen Staatskult wurde er als der Hauptgott Iuppiter Optimus Maximus (»der Beste und Größte«) genannt. Sein Tempel stand auf dem Kapitol (Iuppiter Capitolinus), dort bildete er mit Juno und Minerva die kapitolinische Trias (die 3 bedeutendsten Götter auf dem Kapitol). Als Iuppiter Victor brachte er Sieg. Auf dem Albaner Berg stand das Heiligtum des Iuppiter Latiaris, des Gottes des Latinerbundes. Dem Iuppiter Dapalis opferte man vor der Aussaat, dem Iuppiter Feretrius weihte man die Spolia opima (die Waffen, die der siegreiche Feldherr dem besiegten Feldherrn im Kampf abgenommen hatte). Wichtige Akte des staatlichen Lebens fanden im Tempel des kapitolinischen Iuppiter statt (Opfer, Auszug der Feldherren zum Kampf im Anschluß an ein dort abgelegtes Gelübde, Gelübde der neuen Konsuln, erste Senatsberatungen im neuen Amtsjahr). Der Triumphzug eines siegreichen Feldherren endete auf dem Kapitol, wo der Sieger in der Tracht des Iuppiter den Siegeslorbeer im Tempel des Iuppiter niederlegte. In der Kunst wurde Iuppiter wie Zeus würdig und bärtig dargestellt, z. T. thronend und mit Adler. Seine Attribute sind Blitz und Zepter. Iuppiter wurde in der späteren Zeit mit vielen anderen Göttern identifiziert (Iuppiter Ammon, Iuppiter Sarapis); als Iuppiter Dolichenus war er ursprünglich Ortsgott (Baal) von Doliche in Kommagene und wurde als Himmels- und Kriegsgott durch syrische Soldaten über das Römische Reich verbreitet und auf zahlreichen Denkmälern dargestellt. - In der nachantiken Kunst wurde unterschiedslos die Namensform Iuppiter oder Zeus verwendet. Be
[Lexikon der Antike: Iup(p)iter, S. 1 ff. Digitale Bibliothek Band 18: Lexikon der Antike, S. 2688 (vgl. LDA, S. 274 ff.)]

Nach dem geozentrischen Weltbild der Planet der 6. Sphäre.

Zur Vorstellung Jupiters und seiner Kinder:

Deutsche Prosa: HS-Tübingen/Hauber.

Lat. Prosa: Muller

Lat. Hexameter: Saenredam

Lat. sapphische Strophen: de Passe

Texte im Vergleich

VENUS

Bild:

Venus, Veneris f.
Adjektiv: Venereus, a, um
Ü: "venerisch",
venusmäßig,
venus-typisch
Aphrodite, griechische Göttin der Liebe und Schönheit (römisch Venus); bei Homer Tochter des Zeus und der Dione, nach Hesiod aus dem Schaum des Meeres entstanden (daher die Schaumgeborene), Gemahlin des Hephaistos, den sie mit Ares betrog. Ihr Sohn von Ares war der Liebesgott Eros (römisch Amor). Der Tod ihres Geliebten Adonis verursachte ihr großes Leid. Durch Anchises wurde sie Mutter des Aeneas. In dem durch Eris verursachten Streit um den Preis der Schönheit erhielt sie von Paris den Apfel und verhalf ihm dafür zum Besitz der Helene. Sie beteiligte sich in dem deswegen entbrannten Krieg auf trojanischer Seite. - 
Aphrodite ist eine nichtgriechische Göttin, die aus dem Orient übers Meer nach Griechenland kam. In ihrer Gestalt vereinigen sich Züge der semitischen Fruchtbarkeits-, Liebes- und Himmelsgöttin Astarte mit der Gestalt der kleinasiatischen Muttergottheit; die Tempelprostitution der Hierodulen im Kult der Aphrodite in Korinth und auf dem Eryx ist orientalischen Ursprungs. Unter den zahlreichen Kultstätten der Aphrodite hatten besondere Bedeutung: Zypern - Kypros (daher ihr Beiname Kypris), Kythera (daher der Beiname Kythereia) und der Berg Eryx auf Sizilien (daher der Beiname Erykine, lat. Erycina). Myrte, Taube, Sperling und Hase waren ihr heilig. - Be
[Lexikon der Antike: Aphrodite, S. 1 ff. Digitale Bibliothek Band 18: Lexikon der Antike, S. 436 (vgl. LDA, S. 45 ff.)]

Venus, römische Göttin der Liebe, mit der griechischen Aphrodite gleichgesetzt. Sie erhielt 295 v. u. Z. einen Staatskult in Rom. Der Venus Erycina (Venus vom Berg Eryx in Sizilien) weihten die Römer 215 v. u. Z. einen Tempel. Im 1. Jh. v. u. Z. wurde der Kult der Venus in den Dienst der Politik gestellt. Sulla verehrte Venus als glückbringend und siegverheißend, Cäsar weihte der Venus Genetrix als der »Ahnherrin« des Geschlechts der Iulier einen Tempel, den Kult der Venus Genetrix ließ auch Augustus, der Adoptivsohn Cäsars, sich angelegen sein. Im Zusammenhang mit Aeneas, der als der Sohn der Venus = Aphrodite galt, wurde Venus zur Stammherrin der Römer überhaupt. - In der nachantiken Kunst und Literatur wurden die griechische Liebesgöttin Aphrodite und ihre Sagen meist mit dem Namen ihrer lateinischen Entsprechung Venus bezeichnet
[Lexikon der Antike: Venus, S. 1. Digitale Bibliothek Band 18: Lexikon der Antike, S. 5996 (vgl. LDA, S. 615-616)]

Nach dem geozentrischen Weltbild der Planet der 3. Sphäre.

Zur Vorstellung der Venus und ihrer Kinder:

Deutsche Prosa: HS-Tübingen/Hauber.; leider ist der Text zu Venus in der Tübinger Handschrift nicht erhalten.

Lat. Prosa: Muller

Lat. Hexameter: Saenredam

Lat. sapphische Strophen: de Passe

Texte im Vergleich

SATURNUS

Bild:

Saturnus, i m.
Adjektiv: Saturnius, a, um
Ü: "saturnisch",
saturnmäßig,
saturn-typisch
Kronos, jüngster, gewaltigster Sohn des Uranos und der Gaia, Titan; stürzte Uranos. Seine Kinder waren Hestia, Demeter, Hera, Hades, Poseidon und Zeus. Er verschlang sie sogleich, als Rhea sie ihm geboren hatte, um sich die Herrschaft über die Götter zu erhalten. Anstelle des zuletzt geborenen Zeus gab ihm Rhea einen in Windeln gewickelten Stein. Zeus besiegte Kronos später, <kastrierte seinen Vater: s. Bild!> übernahm die Herrschaft und verbannte ihn in den Tartaros. Die Herrschaftszeit des Kronos galt als glückselige Zeit, als Goldenes Zeitalter. <Hintergrund von iii, 22, 24> Später machte man Kronos zum Herrn der Gefilde der Seligen. Die Römer setzen ihn früh mit Saturnus gleich. - Kronos spielte im griechischen Kult kaum eine Rolle; er galt als gütiger Erntegott, sein Attribut war die Sichel, ihm feierte man die Kronien, ein heiteres Erntefest.
[Lexikon der Antike: Kronos, S. 1. Digitale Bibliothek Band 18: Lexikon der Antike, S. 3094 (vgl. LDA, S. 317)]

Saturnus, alter römischer Bauern- und Erntegott, Vater des Jupiter, früh mit dem griechischen Gott Kronos gleichgesetzt. Wie dieser galt auch Saturn als der gerechte, freundliche Herrscher im Goldenen Zeitalter (Saturnia regna), das in Italien herrschte, als Saturn = Kronos sich vor Jupiter = Zeus dorthin gerettet hatte. Im Keller des Saturntempels wurde der röm. Staatsschatz aufbewahrt. Dem Saturn feierte man die Saturnalia. 
[Lexikon der Antike: Saturnus, S. 1. Digitale Bibliothek Band 18: Lexikon der Antike, S. 5053 (vgl. LDA, S. 517)]

Nach dem geozentrischen Weltbild der Planet der 7. Sphäre.

Zur Vorstellung Saturns und seiner Kinder:

Deutsche Prosa: HS-Tübingen/Hauber.

Lat. Prosa: Muller

Lat. Hexameter: Saenredam

Lat. sapphische Strophen: de Passe

Texte im Vergleich

Weitere Informationen und Illustrationen zum Mythos siehe meine Seite:

Hier geht's nach oben:    

Meine Übersetzung

1. Herkunft des Textes

Den lateinischen Text habe ich von Bivio, der "Bibliotheca Virtuale On-Line" der Scuola Normale Superiore di Pisa, bezogen; Adresse:
http://bivio.signum.sns.it/bvWorkTOC.php?authorSign=FicinoMarsilio&titleSign=DeVita

Der Text ist vermutlich eingescannt; er weist typische Scan-Lesefehler auf, z. B. in apologia 54 "canique" statt "eamque".
Ich habe den Text anhand von Kaske überprüft und korrigiert. Diese Korrekturen sind im Text nicht nachgewiesen. Außerdem habe ich - wieder ohne Nachweis - die Interpunktion tendenziell, nicht prinzipiell der deutschen Rechtschreibung angepasst, d. h. ich habe die Nebensätze konsequent abgetrennt und störende Kommas bei manchen Aufzählungen entfernt.

In folgenden Fällen habe ich den Text von Kaske geändert; diese Änderungen sind rot gekennzeichnet:
i, 7, 1 "unde" statt "inde";
i, 17, 4 "compositum" statt "compositam";
i, 23, 13 "dulce" statt "dulcem";
ii, 3, 2 "infudi" statt "infundi";
ii, 10, 6 "subtilissimis" statt "subtillissimis";
iii, 13, 20 "unam" statt "unum";
iii, 14, 34 "daemonon" statt "daemon";
iii, 15, 48 "progreditur" statt "progeditur";
iii, 18, 74 "ad" eingefügt;
iii, 19, 52 scheint verderbt: "ut ... sortiri"; keine Lösung.
iii, 23, 23 "ceperit" statt "coeperit";
apologia 60: "Tolerabisne": ein Wort;
epilogus 17: "illa" statt "ille".

Zur besseren Vergleichbarkeit der beiden Sprachfassungen habe ich beide gleich durchnummeriert nach dem Muster des Cäsartextes; dabei habe ich mich in aller Regel an die Interpunktion der Vorlage (Bivio) gehalten, d. h. bei Semikolon weitergezählt.

2. Übersetzung

Den lateinischen Text habe ich zunächst eigenständig übersetzt, in einem zweiten Schritt mit Clark/Kaske verglichen und dann bei Bedarf korrigiert. Hier möchte ich den beiden Vorgängern, Herrn John R. Clark und Frau Carol V. Kaske, ausdrücklich danken, dass sie in jahrelanger Bemühung den englischen Text erstellt und mir über manche Verstehenshürde hinweggeholfen haben.
Bei meiner Übersetzung habe ich gemerkt, dass die Übersetzung ins Englische etwas einfacher sein muss als die ins Deutsche, da eine englischsprachige Übersetzung viele lateinische Wörter einfach endungslos oder in leichter Abwandlung stehen lassen kann; ich möchte hier nur auf den schwierigen Fall des "spiritus" verweisen; im Englischen blieb da einfach "spirit" stehen, bei der deutschen Übersetzung ist es wesentlich schwieriger: "Atem" trifft den Sinn meist nicht, "Sprit" schon gar nicht, "spiritus" stehen zu lassen ist keine Lösung. Ich habe mich deshalb für den "Seelenatem" entschieden, um dieses Bindeglied zwischen materiellem Körper und geistiger Seele zu bezeichnen. Jetzt hat bei Ficinus der "spiritus" drei Aspekte: naturalis, vitalis und animalis; außerdem verwendet er häufig den Plural, wohl um deren Gesamtheit anzusprechen ...
An einem weiteren Beispiel ("prolixus") möchte ich das englischsprachige Verfahren illustrieren. Das Wort kommt in "De vita" dreimal vor, zweimal wurde es übersetzt (ii, 15, 1: "she might have still gone on chatting at greater length" und iii, 10, 38: "too lengthy"), einmal blieb es einfach stehen: iii, 18, 55: "It would be prolix ...". Indeed!

Die Übersetzung liegt einmal als htm-Datei vor; dort sind die Links einfacher. Zum zweiten habe ich die ersten beiden Bücher und Teile des dritten auch als Word-Datei ins Netz gestellt, damit man sich bei Bedarf ein Kapitel ausdrucken und dann handschriftlich bearbeiten kann.

3. Meine Kommentierung

Auf der Textseite (= http://www.pascua.de/ficinus/inhalt-devita.htm) befinden sich zwei Hilfsseiten, mein "Lexikon" und mein "Kommentar". Der Hintergrund des Lexikons war ursprünglich, die im Georges nicht vorhandenen Wörter zu klären; daraus hat sich dann eine Sammlung der Wörter, aber auch der Personen und der astronomisch-astrologischen Angaben entwickelt. Im "Lexikon" sollen Erklärungen gegeben sein, die nicht nur eine Stelle betreffen. Hier wird mit mindestens einer Stelle das Vorkommen bei Ficinus nachgewiesen; kam der Begriff öfters (mehr als dreimal) vor, habe ich mit einem "passim" darauf verwiesen und keine weiteren Stellen mehr angegeben. Bei Bedarf hilft hier Benesch mit seinem Glossar.
Als Erklärungen der Personen finden sich meist die Angaben aus dem "Lexikon der Antike"; der Nachweis ist jeweils beim Stichwort geliefert. Gab es deutliche Verwendungen einer bestimmten Information bei Ficinus, so habe ich den
<Hinweis> in dieser Weise eingefügt. "Aristoteles" und "Platon" habe ich nicht aufgenommen. - Bei den vielen - mir - unbekannten Pflanzen habe ich meist auf Krünitz zurückgegriffen, manchmal auch auf Zedler; auch hier finden sich die Nachweise jeweils am Ort. Krünitz mag zwar in manchen Fällen etwas weitschweifig, also: "prolix" sein, er gibt aber einen guten Einblick in die Medizin-Diskussion früherer Zeiten und vermittelt so modernen Menschen, die in aller Regel in der Apotheke ein Päckchen einer Pharma-Firma kaufen, einen Eindruck von der früheren Herstellung von Arzneimitteln.

Der "Kommentar" ist als Lesehilfe gedacht. Kaske kommentiert sehr ausführlich, vor allem liefert sie die Stellennachweise von Ficinus' Quellen, Zitaten oder Anspielungen. Diese Angaben habe ich nicht übernommen, da es nur ein Abschreiben bedeutet hätte. Die Lesehilfen betreffen Stellen, die mir etwas schwieriger vorkamen, zu denen mir auch eine Deutungsmöglichkeit eingefallen ist. Es war mir ein Trost, dass auch bei Clark/Kaske manchmal erkennbar war, dass sie immer noch vor einem Rätsel standen. Die ungelösten (für mich unlösbaren) Rätsel habe ich ohne Kommentar stehen gelassen. Öfters habe ich aber versucht, Ficinus' sprachliche Kunst erkennbar werden zu lassen; wenn bei Kaske schlicht auf ein "pun" (Wortspiel) verwiesen wird, habe ich versucht, rhetorische Besonderheiten etwa auch durch Farben sichtbar werden zu lassen - und da bietet Ficinus einiges!

Hier auf dieser Seite (= http://www.pascua.de/de-ficino/ficinus-start.htm) wollte ich Grundsätzliches ansprechen.

Hier geht's nach oben:    

"De Vita" im Werk "Saturn und Melancholie" von Klibansky-Panofsky-Saxl

Das Denken von Ficinus spielt zur Deutung von Dürers "Melencolia I" im angesprochenen Werk (Saturn und Melancholie. Studien zur Geschichte der Naturphilosophie und Medizin, der Religion und der Kunst. Von Raymond Klibansky, Erwin Panofsky und Fritz Saxl. suhrkamp taschenbuch wissenschaft. 1. Auflage, 1992, zitiert als: "KPS") eine ganz wichtige - über lange Strecken anscheinend die wichtigste - Rolle. Dafür sollen fünf Stellen als Beleg dienen, an denen einerseits die Hochschätzung des Ficinus durch KPS, aber auch die Interessenverschiebung hin zu einem anderen Autor deutlich wird.

1. Als Ertrag der Behandlung der Geschichte des Melancholiebegriffs und des Saturnbildes kommen KPS vor der ausführlichen Würdigung des Ficinus zu folgendem Ergebnis:
"Gerade deshalb aber hat sich die Elite der italienischen Humanisten zu Saturn und nicht zu Jupiter bekannt. Nach Pico della Mirandola  machte gerade die Möglichkeit, sowohl Gott als auch Tier zu werden, den Menschen aus; und gerade die Stellung auf dem Grat zwischen den zwei 'Abgründen', die immer deutlicher als der bestimmende Wesenszug des saturnisch-melancholischen Menschen erkannt wird, schien diese Auserwählten, durch die ihnen drohende Gefahr, über die sichere, aber ereignislose Ebene des Gewöhnlichen zu heben. So erwächst aus der geistigen Situation des Humanismus - d. h. aus dem Bewußtsein einer tragisch erlebten Freiheit - die Vorstellung eines Genies, das immer unverhohlener den Anspruch erhebt, in Leben und Leistung nicht mit dem Maßstab der normalen Moralgesetze und Kunstregeln gemessen zu werden." (KPS S. 367, Fettdruck von mir)

2. Kurz nach Beginn des ausführlichen Ficinus-Kapitels schreiben KPS:
"Doch systematisch entwickelt und psychologisch konkretisiert wurde diese Vorstellung <'des Saturn als eines Gestirns erhabener Kontemplation'>, die hier <bei Dante im XXI. Gesang des Paradiso> erst angedeutet und noch hinter allgemeinen Symbolen versteckt ist, dann aber, wie wir sahen, die Selbsterfahrung ganzer Humanistengenerationen auffangen sollte, durch einen Autor, aus dessen Schriften wir schon häufig zitiert haben, wenn es darum ging, die neue Lehre von Saturn und der Melancholie 'klassisch' formuliert zu finden. Es handelt sich um Marsilio Ficino ... Marsilio ging weit über die verstreuten Bemerkungen anderer Autoren hinaus und widmete der neuen Lehre eine vollständige Monographie."
(KPS S. 368, Fettdruck von mir)

3. Am Ende der ausdrücklichen Behandlung des Ficinus fassen KPS so zusammen:
"So gipfelt denn Ficinos Werk trotz seiner anhaltenden Angst vor dem unheimlichen alten Dämon letztlich doch in einer Glorifizierung Saturns. Der greise Gott, der die Herrschaft zugunsten der Weisheit, das Leben auf dem Olymp zugunsten eines zwischen der höchsten Himmelssphäre und dem tiefsten Erdinnern geteilten Daseins aufgegeben hat, ist schließlich der oberste Schutzpatron der Platonischen Akademie in Florenz geworden."
(KPS S. 393, Fettdruck von mir)

4. Bei der Deutung von Dürers "Melencolia I" führen KPS auf ein und derselben Seite aus:
"Das Fundament, auf dem der Dürersche Bildgedanke aufbauen konnte, wurde selbstverständlich durch die Lehre Ficinos gelegt. Die Revolution, die aus der 'pessima complexio' und der 'corruptio animi' wieder die Quelle jeder schöpferischen Leistung und aus dem 'bösesten Planeten' wieder den 'iuvans pater' des geistigen Menschen gemacht hatte, war im Florenz der Medici ausgelöst worden."
Und kurz danach:
"Doch über diesen allgemeinen, man könnte fast sagen 'atmosphärischen' Zusammenhang hinaus dürfte De vita triplici kaum Einfluss auf die Gestaltung des Stichs gehabt haben. Denn gerade der Gedanke, der für die Dürersche Konzeption der entscheidende ist, nämlich die integrale Durchdringung der Vorstellungen Melancholie und Geometrie (im weitesten Sinne), war Ficinos System nicht nur fremd, sondern steht zu ihm geradezu in Widerspruch."
(KPS S. 486, Fettdruck von mir)

5. Im weiteren Verlauf der Deutung des Dürer-Stichs kommen KPS zu folgender überraschenden Lösung:
"Es gibt kein Kunstwerk, das der Melancholievorstellung Agrippas <von Nettesheim> vollkommener entspräche als Dürers Kupferstich, und es gibt keinen Text, mit dem sich Dürers Kupferstich vollkommener in Einklang bringen ließe als die Melancholiekapitel Agrippas."
(KPS S. 504f., Fettdruck von mir)

Ficinus ist also für KPS die Quelle, um den Geniebegriff historisch herleiten zu können; er wird aber im Verlauf des Buches von den Autoren selbst vom Sockel gestoßen, auf den sie ihn vorher gestellt haben. Da stellt sich die Frage, wie KPS mit dem Text von De vita triplici eigentlich umgegangen sind. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von "Saturn und Melancholie" gab es ja keine deutsche, zumindest neue deutsche Gesamtübersetzung; deshalb habe ich des Ficinus drei Bücher übersetzt und kann die Textstellen, auf die sich KPS stützen, in ihrem Kontext anbieten. Im folgenden weise ich die zitierten Stellen in der Reihenfolge des Ficinuswerks nach.

Umgang von KPS mit Ficinus' "De vita triplici"

Im Lateintext verfahre ich wie folgt: ohne Fettdruck: Kontext; Fettdruck: zitiert und übersetzt, kursiv: zitiert, aber nicht übersetzt. Die Stellenangabe dient immer als Link zur Originalstelle.

Lateinisches Original Übersetzung Hirth Kontext und Funktion bei KPS
prooemium: S. 373 (Anm. 51):
14 Medico vero patri satis deinceps faciendum putans, librum De litteratorum valetudine curanda composui. 
15 Desiderabant praeterea post haec homines litterati non tantum bene quandoque valere, sed etiam bene valentes diu vivere. 16 His ergo deinde librum De vita longa dedi. 17 Diffidebant autem medicinis atque remediis in re tanta terrenis. 18 Adiunxi librum De vita tum valida tum longa coelitus comparanda, ut ex ipso mundi corpore vivo vita quaedam vegetior in corpus nostrum, quasi quoddam mundi membrum, velut ex vite propagaretur.
14 Auch dem Willen meines ärztlichen Vaters glaubte ich entsprechen zu müssen und verfasste das Buch "Über die Gesundheitspflege der geistig Tätigen". 
15 Danach wünschten Gebildete außerdem, nicht nur irgendwann gesund zu sein, sondern auch bei guter Gesundheit lange zu leben. 16 Diesen gab ich also darauf mein Buch "Über das lange Leben". 17 Sie misstrauten aber in einer so wichtigen Angelegenheit den irdischen Heilmitteln. 18 Ich schloss mein Buch "Über den Erwerb eines gesunden, langen Lebens mit Kräften des Himmels" an, damit aus dem lebendigen Körper der Welt gleichsam kräftigeres Leben in unseren Körper als ein gewisses Glied der Welt - wie aus einer Rebe - hineinwachse.
Das Zitat ist weder nachgewiesen noch übersetzt; statt "desiderabant" schreiben KPS "desiderant" und passen damit das Zitat ihrem gewünschten Sinn an:
"Desiderant post haec literati non tantum bene quandoque vivere, sed etiam bene valentes diu vivere."

Das Zitat soll folgenden Satz illustrieren:
"Denn nach Ficino sind die Greise aufgrund ihres Alters ebenso dem Saturn  unterworfen, wie es die 'studiosi' aufgrund ihrer Veranlagung und Tätigkeit sind, wobei Ficino auch bei seinen makrobiotischen Ausführungen in erster Linie an Gelehrte denkt:" <Es folgt das Zitat in der oben genannten, leicht entstellten Form.>

i, 2: S. 487 (Anm. 211):
3 Praeterea solers quilibet artifex instrumenta sua diligentissime curat: penicillos pictor, malleos incudesque faber aerarius, miles equos et arma, venator canes et aves, citharam citharoedus, et sua quisque similiter. 4 Soli vero Musarum sacerdotes, soli summi boni veritatisque venatores tam negligentes, pro nefas, tamque infortunati sunt, ut instrumentum illud, quo mundum universum metiri quodammodo et capere possunt, negligere penitus videantur.
5 Instrumentum eiusmodi spiritus ipse est, qui apud medicos vapor quidam sanguinis purus, subtilis, calidus et lucidus definitur.
3 Außerdem pflegt jeder beliebige geschickte Handwerker seine Werkzeuge ganz sorgfältig: ein Maler seine Pinsel, ein Goldschmied seine Hämmer und Ambosse, ein Soldat seine Pferde und seine Waffen, ein Jäger seine Hunde und Jagdvögel, seine Leier ein Sänger und in ähnlicher Weise ein jeder das seinige. 4 Allein die Priester der Musen, allein die Jäger nach dem höchsten Gut und nach der Wahrheit sind - welch ein Unrecht! - so nachlässig, so unglücklich, dass sie jenes Werkzeug, mit dem sie die ganze Welt bemessen und erfassen können, anscheinend völlig vernachlässigen.
5 Ein derartiges Werkzeug ist der Seelenatem selbst, der bei den Ärzten als reiner, feiner, warmer und heller Blutdampf definiert wird.
Bei KPS keine Übersetzung, die Stelle soll zeigen, dass "die geistig schöpferischen Menschen ... weder Mathematiker noch gar ausübende Künstler" sind.

<Intention bei Ficinus: die geistig Tätigen vernachlässigen, was sonst jeder beliebige Handwerker berücksichtigt, nämlich die Pflege seines Werkzeugs. - Intention bei KPS: Mathematiker und Künstler sind keine "Musarum sacerdotes", Priester der Musen, "geistig schöpferische Menschen".>

i, 2: S. 381 (Anm. 77):
5 Instrumentum eiusmodi spiritus ipse est, qui apud medicos vapor quidam sanguinis purus, subtilis, calidus et lucidus definitur. 6 Atque ab ipso cordis calore ex subtiliori sanguine procreatus volat ad cerebrum; 7 ibique animus ipso ad sensus tam interiores quam exteriores exercendos assidue utitur. 8 Quamobrem sanguis spiritui servit, spiritus sensibus, sensus denique rationi. 
5 Ein derartiges Werkzeug ist der Seelenatem selbst, der bei den Ärzten als reiner, feiner, warmer und heller Blutdampf definiert wird. 6 Und in der Wärme des Herzens aus dem feineren Blut entstanden, fliegt er zum Hirn; 7 und dort benutzt ihn der Geist beständig, um innere und äußere Sinneswahrnehmungen durchzuführen. 8 Deshalb dient das Blut dem Seelenatem, der Seelenatem den Sinnen, die Sinne schließlich der Vernunft. Bei KPS keine Übersetzung, nur Vorstellung des Kontextes: "Spiritus"
i, 4: S. 383 (Anm. 80)
1 Ut autem litterati sint melancholici, tres potissimum causarum species faciunt: prima coelestis, secunda naturalis, tertia est humana. 
4 Naturalis autem causa esse videtur, quod ad scientias praesertim difficiles consequendas necesse est animum ab externis ad interna tanquam a circumferentia quadam ad centrum sese recipere atque, dum speculatur, in ipso (ut ita dixerim) hominis centro stabilissime permanere.
5 Ad centrum vero a circumferentia se colligere figique in centro maxime terrae ipsius est proprium, cui quidem atra bilis persimilis est.
7 Atque ipsa mundi centro similis ad centrum rerum singularum cogit investigandum, evehitque ad altissima quaeque comprehendenda, quandoquidem cum Saturno maxime congruit altissimo planetarum. 8 Contemplatio quoque ipsa vicissim assidua quadam collectione et quasi compressione naturam atrae bili persimilem contrahit.
1 Dreierlei Gründe bewirken aber, dass Gelehrte melancholisch sind: Der erste ist ein himmlischer Grund, der zweite ein natürlicher, der dritte ein menschlicher. 
4 Ein natürlicher Grund scheint darin zu liegen, dass sich der Geist, vor allem um schwieriges Wissen zu erreichen, von außen nach innen, gleichsam vom Umkreis zum Zentrum zurückziehen und während der Betrachtung sozusagen genau im Zentrum des Menschen ganz fest verharren muss. 
5 Zum Zentrum hin sich von der Oberfläche her zu verdichten und im Zentrum fest zu werden ist vor allem das Wesen gerade der Erde, der nun die schwarze Galle sehr ähnlich ist.
7 Und sie selbst, dem Zentrum der Welt ähnlich, zwingt dazu, das Zentrum der einzelnen Dinge aufzuspüren, und sie hebt empor, gerade das Höchste zu erfassen, da sie vor allem mit Saturn, dem höchsten Planeten, übereinstimmt. 8 Auch die Betrachtung selbst zieht wiederum durch beständige Verdichtung und sozusagen durch Zusammenpressen die Natur, die der schwarzen Galle sehr ähnlich ist, zusammen.
Das Zitat wird im Text verwendet, um folgende Aussage zu erklären: "Entsprechend der dreifachen Ursache, die die Hochbegabten für die Melancholie anfällig macht, sind die Mittel, die Ficino gegen die Krankheit vorbringt, von dreierlei Art."

Nach dem Eingangszitat (1) erklären KPS: "Die himmlische Ursache besteht in dem Einfluß der trocken-kalten Planeten Merkur und, namentlich, Saturn. Die natürliche Ursache besteht darin, daß der forschende Geist sich gleichsam nach innen konzentriert <in Klammern Zitat von 4> und dadurch analog zur Erde wird <in Klammern Zitat von 5>, die ihrerseits der schwarzen Galle verwandt ist; und die schwarze Galle wiederum ... <jetzt folgt im Text das Zitat von 7f.>. Die menschliche Ursache schließlich besteht in den rein physiologischen Folgen ... "<hier also nur deutsche Zusammenfassung>.

<Es fällt auf, dass Ficinus von seinen Adressaten, den "litterati", den Gebildeten, spricht, die bei KPS aber als die "Hochbegabten", d. h. natürlich die "Genies" auftauchen. - Sinn des Fettdrucks hier!>

i, 4: S. 374 
7 Atque ipsa mundi centro similis ad centrum rerum singularum cogit investigandum, evehitque ad altissima quaeque comprehendenda, quandoquidem cum Saturno maxime congruit altissimo planetarum.
7 Und sie selbst, dem Zentrum der Welt ähnlich, zwingt dazu, das Zentrum der einzelnen Dinge aufzuspüren, und sie hebt empor, gerade das Höchste zu erfassen, da sie vor allem mit Saturn, dem höchsten Planeten, übereinstimmt. i, 4, 7 wird auf S. 374 nur in Übersetzung und ohne Nachweis geboten:
"Gerade die schwarze Galle nötigt das Denken, forschend ins Zentrum seiner Gegenstände einzudringen, weil die schwarze Galle selbst dem Zentrum der Erde verwandt ist. Ebenso erhebt sie das Denken zum Verständnis des Höchsten, weil sie dem Höchsten <sic!> unter den Planeten entspricht."
i, 4: S. 374 (Anm. 54):
17 Haec omnia melancholicum spiritum maestumque et pavidum animum efficere solent, siquidem interiores tenebrae multo magis quam exteriores maerore occupant animum atque terrent. 
18 Maxime vero litteratorum omnium hi atra bile premuntur, qui sedulo philosophiae studio dediti mentem a corpore rebusque corporeis sevocant incorporeisque coniungunt, tum quia difficilius admodum opus maiori quoque indiget mentis intentione, tum quia quatenus mentem incorporeae veritati coniungunt, eatenus a corpore disiungere compelluntur. 19 Hinc corpus eorum nonnunquam quasi semianimum redditur atque melancholicum. 20 Quod quidem Plato noster in Timaeo significat, dicens animum divina saepissime et intentissime contemplantem alimentis eiusmodi adeo adolescere potentemque evadere, ut corpus suum supra, quam natura corporis patiatur, exsuperet ipsumque vehementioribus agitationibus suis aliquando vel effugiat quodammodo vel nonnunquam quasi dissolvere videatur.
17 All diese Umstände bewirken einen melancholischen Seelenatem und einen traurigen und ängstlichen Geist, weil ja Finsternis im Inneren viel mehr als äußere Finsternis die Seele mit Trauer besetzt und sie erschreckt. 
18 Am meisten aber setzt schwarze Galle denen aus der ganzen Schar der um Wissenschaft Bemühten zu, die in fleißigem Streben nach Weisheit ihren Geist vom Körper und den körperlichen Dingen trennen und ihn mit dem Unkörperlichen verbinden, bald, weil ein schwierigeres Unterfangen auch eine größere geistige Anspannung erfordert, bald, weil sie ihren Geist so weit vom Körper trennen müssen, wie sie ihn mit der körperlosen Wahrheit verbinden. 19 Davon wird ihr Körper manchmal gleichsam halb entseelt und melancholisch. 20 Das nun meint unser Plato in seinem "Timaios", wenn er sagt, ein Geist, der das Göttliche sehr oft und sehr eifrig betrachtet, reife durch derartige Nahrung so sehr und werde so mächtig, dass er seinen Körper mehr, als die Natur des Körpers zulässt, übersteigt und ihm selbst durch seine heftigeren Bewegungen manchmal entweder irgendwie entflieht oder sich manchmal gleichsam aufzulösen scheint.
Bei KPS keine Übersetzung, Beleg für folgende Aussage: 
"Daher haben denn auch diejenigen Denker, die sich der Kontemplation und den tiefsinnigen Spekulationen ergeben, am meisten unter der Melancholie zu leiden." Diese Aussage schließt sich sofort an die Übersetzung von i, 4, 7 an; mit dem "Daher" ziehen KPS also den Schluss aus der voraus zitierten Stelle, zu Recht?
i, 4: S. 487 (Anm. 210):
18 Maxime vero litteratorum omnium hi atra bile premuntur, qui sedulo philosophiae studio dediti mentem a corpore rebusque corporeis sevocant incorporeisque coniungunt, tum quia difficilius admodum opus maiori quoque indiget mentis intentione, tum quia quatenus mentem incorporeae veritati coniungunt, eatenus a corpore disiungere compelluntur. 
18 Am meisten aber setzt schwarze Galle denen aus der ganzen Schar der um Wissenschaft Bemühten zu, die in fleißigem Streben nach Weisheit ihren Geist vom Körper und den körperlichen Dingen trennen und ihn mit dem Unkörperlichen verbinden, bald, weil ein schwierigeres Unterfangen auch eine größere geistige Anspannung erfordert, bald, weil sie ihren Geist so weit vom Körper trennen müssen, wie sie ihn mit der körperlosen Wahrheit verbinden. Der Anfang von i, 4, 18 wird noch einmal zitiert und steht im Zusammenhang mit dem Zitat aus i, 2, 3ff. (s. o.), um zu zeigen, dass es Ficinus nicht um die Künstler, sondern um die "Humanisten, die Seher und Dichter" und die Philosophen geht.
i, 5: S. 374 (Anm. 53)
1 Hactenus quam ob causam Musarum sacerdotes melancholici vel sint ab initio vel studio fiant, rationibus primo coelestibus, secundo naturalibus, tertio humanis ostendisse sufficiat.   
2 Quod quidem confirmat in libro Problematum Aristoteles; 3 omnes enim, inquit, viros in quavis facultate praestantes melancholicos extitisse. 
4 Qua in re Platonicum illud, quod in libro De scientia scribitur, confirmavit, ingeniosos videlicet plurimum concitatos furiososque esse solere. 5 Democritus quoque nullos inquit viros ingenio magnos, praeter illos, qui furore quodam perciti sunt, esse unquam posse. 6 Quod quidem Plato noster in Phaedro probare videtur, dicens poeticas fores frustra absque furore pulsari. 7 Etsi divinum furorem hic forte intelligi vult, tamen neque furor eiusmodi apud physicos aliis unquam ullis praeterquam melancholicis incitatur.
1 Damit soll ausreichend gezeigt sein, aus welchem Grund die Musenjünger von Anfang an melancholisch sind oder es durch ihr Studium werden, nämlich erstens durch himmlische, zweitens durch natürliche und drittens durch menschliche Gründe.   
2 Das bestätigt nun Aristoteles in seinem Buch der Probleme; 3 denn alle Männer, sagt er, die sich durch irgendeine Fähigkeit auszeichnen, sind Melancholiker. 
4 Damit bestätigte er jene Aussage Platos, die im Buch "Über das Wissen" steht, dass die Genialen gewöhnlich in höchstem Maße erregt sind und rasen. 5 Auch Demokrit meint, dass Geistesgrößen nur die sein könnten, die von einem Wahnsinn getrieben seien. 6 Das nun scheint unser Platon in seinem "Phaidros" zu billigen, indem er sagt, an die Tore der Poesie poche man ohne Wahnsinn vergebens. 7 Auch wenn dieser vielleicht göttlichen Wahnsinn wahrnehmen will, so wird ein derartiger Wahnsinn nach Meinung der Medizin nur bei Melancholikern entfacht.
i, 5, 1ff. soll bei KPS folgende Feststellung abstützen:
"Soweit wir sehen, war Ficino der erste Autor, der das, was 'Aristoteles' die Melancholie der geistig überragenden Menschen genannt hat, als identisch mit Platons 'göttlichem Wahn' erkannte."

Daran schließt sich sofort die Übersetzung von i, 4, 7 (s. oben) an.

i, 5: S. 153 (Anm. 67):
11 Melancholia, id est atra bilis, est duplex: 12 altera quidem naturalis a medicis appellatur, altera vero adustione contingit. 
13 Naturalis illa nihil est aliud quam densior quaedam sicciorque pars sanguinis. 
14 Adusta vero in species quattuor distribuitur: 15 aut enim naturalis melancholiae aut sanguinis purioris aut bilis aut salsae pituitae combustione concipitur.
16 Quaecunque adustione nascitur, iudicio et sapientiae nocet. 
11 Melancholie, d. h. schwarze Galle, hat zwei Erscheinungsformen: 12 Die eine Form nennen die Ärzte naturgegeben, die andere aber fällt einem durch Verbrennung zu. 
13 Jene natürliche Melancholie ist nichts anderes als der dichtere und trockenere Teil des Blutes. 
14 Die durch Verbrennung entstandene zerfällt in vier Arten: 15 Sie entsteht entweder durch Verbrennen der natürlichen schwarzen Galle oder des reineren Blutes oder der Galle oder des salzigen Schleimes. 16 Jede Form, die durch Verbrennung entsteht, schadet einem weisen Urteil. 
Im ersten Teil von "Saturn und Melancholie" ("Der Melancholiebegriff und seine historische Entwicklung") verwenden KPS vor allem das Kapitel i, 5.

i, 5, 11-15 soll zeigen, dass auch bei Ficinus der Zusammenhang der Varianten der 'adustiven' Melancholie mit den vier Grundsäften gesehen wird.

i, 5: S. 132 (Anm. 14):
20 Sola igitur atra bilis illa, quam diximus naturalem, ad iudicium nobis sapientiamque conducit, neque tamen semper. 
20 Also verhilft uns jene Melancholie, die wir als natürliche bezeichnet haben, unvermischt zu weisem Urteil, aber nicht immer. i, 5, 20 steht im Kontext der Frage, ob die Melancholie der außergewöhnlichen Männer die "melancholia naturalis" ist.
i, 5: S. 78 (Anm. 62):
38 Bilis enim atra ferri instar, quando multum ad frigus intenditur, friget ad summum; 39 quando contra ad calidum valde declinat, calet ad summum.
38 Denn die schwarze Galle ist dem Eisen vergleichbar, wenn es kalt wird, hat es Minimaltemperatur, 39 strebt es sehr zum Heißen, Maximaltemperatur.  "Bei Marsilio Ficino, dessen Gedanken für die Auffassung des Melancholiebegriffs in der Renaissance entscheidend werden sollen, heißt es später:
<Nun folgt die Übersetzung von i, 5, 38f.:>
Die schwarze Galle verhält sich nämlich wie Eisen: ist sie lange der Kälte ausgesetzt, erstarrt sie völlig, wohingegen sie, wenn sie sehr der Wärme zuneigt, zu äußerster Hitze gelangt."
i, 5: S. 80 (Anm. 64):
41 Tantam ad utrunque extremum melancholia vim habet unitate quadam stabilis fixaeque naturae. 42 Quae quidem extremitas ceteris humoribus non contingit.
41 Bei beiden Extremwerten hat die Melancholie solche Kraft, da sie eine Einheit darstellt von beständigem und festem Wesen. 42 Solch ein extremes Verhalten zeigen die anderen Säfte nicht. "An jedem ihrer beiden Extreme ist die Melancholie wirksam, aufgrund einer gewissen Einheitlichkeit ihrer beständigen und unveränderlichen Natur. Diese Polarität eignet den anderen Säften nicht."
i, 6: S. 375 (Anm. 56):
13 Congruit insuper cum Mercurio atque Saturno, quorum alter, altissimus omnium planetarum, investigantem evehit ad altissima. 14 Hinc philosophi singulares evadunt, praesertim cum animus sic ab externis motibus atque corpore proprio sevocatus, et quam proximus divinis et divinorum instrumentum efficiatur. 15 Unde divinis influxibus oraculisque ex alto repletus, nova quaedam inusitataque semper excogitat et futura praedicit. 
13 Obendrein steht er <der Geist; KPS geben hier an "sc. atra bilis"> im Einklang mit Merkur und Saturn, deren einer als höchster aller Planeten ihn beim Forschen zu den höchsten Dingen trägt. 14 Dieser Umstand bringt einzigartige Philosophen hervor, zumal da der Geist, so von äußeren Bewegungen und vom eigenen Körper geschieden, dem Göttlichen möglichst nahe kommt und Werkzeug des Göttlichen wird. 15 Deshalb erdenkt er immer, von oben erfüllt von göttlichen Einflüssen und Orakelsprüchen, Neues und Ungewohntes und sagt die Zukunft vorher.  Kontext bei KPS:
"Saturn ist es, der den Geist zu der Betrachtung höherer und geheimerer Dinge anleitet <hier wird auf die Anmerkung 56 verwiesen, in der iii, 11 - angegeben: 9 - , iii, 24 und i, 6 angesprochen werden> und der selbst, wie Ficino an mehr als einer Stelle sagt, 'die göttliche Kontemplation' bedeutet."

Das Zitat von i, 6, 13ff. soll belegen, wie "die Merkurvorstellung von der Saturnvorstellung sozusagen aufgesogen" wird.

i, 6: S. 361 (Anm. 22):
17 Quorsum haec de atrae bilis humore tam multa? 
18 Ut meminerimus, quantum atra bilis, immo candida bilis eiusmodi, quaerenda et nutrienda est tanquam optima, tantum illam, quae contra se habet (ut diximus), tanquam pessimam esse vitandam.
17 Wozu dienen nun diese vielen Worte über den Saft der schwarzen Galle? 
18 Dass wir uns erinnern, dass im gleichen Maß, in dem die schwarze Galle, nein vielmehr die derartige "weiße", gesucht und genährt werden muss als die beste, dass in diesem Maß jene andere, ihr Gegenteil, wie wir gesagt haben, als die übelste vermieden werden muss. 
KPS: "Erst jetzt wird die 'Aristotelische' Lehre von der Ambivalenz der melancholischen Natur auf die Formel gebracht:
In dem Maße wie die schwarze oder vielmehr weiße Galle dieser Art erstrebt und gepflegt werden sollte, weil sie äußerst gut ist, sollte man jene, die sie gegen sich hat, meiden, weil sie, wie gesagt, äußerst schädlich ist."
i, 7: S. 456 (Anm. 133):
58 Sexto loco a spiritibus idem ita probatur: 59 spiritus fatigatione diurna praesertim subtilissimi quique denique resolvuntur. 60 Nocte igitur pauci crassique supersunt litterarum studiis ineptissimi, ut non aliter mancis horum fretum alis ingenium volare possit quam vespertiliones atque bubones. 
58 An sechster Stelle wird derselbe Gedanke im Hinblick auf den Seelenatem so bestätigt: 59 Vor allem die ganz feinen Formen von Seelenatem lösen sich durch die Ermüdung am Tag schließlich auf. 60 Bei Nacht also ist nur wenig und dicker Seelenatem übrig, der für wissenschaftliches Denken ganz ungeeignet ist, so dass das Genie im Vertrauen auf dessen schadhafte Flügel genau so fliegen kann wie Fledermäuse und Uhus.  Bei der Erklärung von Dürers "Melencolia I" führen KPS aus:
"... bei Ficino ist sie <die Fledermaus> ein warnendes Beispiel für die aufreibende und schädliche Wirkung des nächtlichen Studiums; ..."

<Im Text wird ein Vergleich der Flugfähigkeit geboten; die Deutung im Sinne von KPS ergibt sich nicht zwingend.>

i, 8: S. 385 (Anm. 87):
1 Ex iis, quae in superioribus disputata sunt, ferme iam satis constat opportune nostra nos studia exordiri vel statim oriente sole vel hora una saltem vel duabus ad summum ante solis exortum. 
2 Sed antequam e lecto surgas, perfrica parumper suaviterque palmis corpus totum primo, deinde caput unguibus, sed id paulo levius. 3 Hac in re te Hippocrates admoneat. 4 Nam frictione, inquit, si vehemens sit, durari corpus; si levis, molliri; si multa, minui; si modica, impleri. 
5 Cum e lecto surrexeris, noli subitae lectioni meditationique prorsus incumbere, sed saltem horae dimidium cuilibet expurgationi concedito; 6 mox meditationi accingere diligenter, quam ad horam circiter unam pro viribus prorogabis. 7 Deinde remittes parumper mentis intentionem, atque interim eburneo pectine diligenter et moderate pectes caput a fronte cervicem versus quadragies pectine ducto; 8 tum cervicem panno asperiori perfrica. 9 Demum reversus ad meditandum, duas insuper horas aut saltem horam unam studio dedicato.
1 Aus dem oben Erörterten wurde fast schon hinlänglich klar, dass der rechte Zeitpunkt zum Beginn unserer Studien der Sonnenaufgang oder wenigstens eine oder höchstens zwei Stunden vor Sonnenaufgang ist.
2 Aber bevor du aus dem Bett aufstehst, massiere erst ein wenig und sanft deinen ganzen Körper mit den Händen, dann den Kopf mit den Fingernägeln, letzteres aber ein wenig leichter. 3 Dabei soll dich Hippokrates mahnen: 4 Wenn die Massage - sagt er - heftig sei, werde der Körper hart; wenn leicht, verweichliche er; wenn häufig angewandt, schwinde er, wenn im rechten Maß, werde er voll. 
5 Stürze dich nach dem Aufstehen nicht gleich in die Lektüre oder geradewegs ins Nachdenken, sondern genehmige dir mindestens eine halbe Stunde zu beliebiger Reinigung. 6 Mache dich bald sorgfältig ans Denken; das kannst du je nach Kräften bis zu einer Stunde verlängern. 7 Entspanne dich danach ein wenig, und kämme dabei mit einem Elfenbeinkamm sorgfältig und maßvoll den Kopf von der Stirn Richtung Nacken vierzig Mal; 8 dann massiere den Nacken mit einem recht rauen Tuch. 9 Kehre dann zurück zur geistigen Arbeit und widme wieder zwei oder mindestens eine Stunde dem Studium. 
Kontext des Zitats ist die Vorstellung von Ficinus' Diätetik, hier speziell "Kopf- und Körpermassagen".

<Warum gerade die Massagen und warum sie gerade in dieser Textauswahl geboten werden, erschließt sich dem Leser nicht, wird auch von KPS nicht erklärt.>

i, 9: S. 384 (Anm. 83):
8 Habitatio alta a gravi nubiloque aere remotissima.
9 Tum ignis, tum calidi odoris usu humiditas expellenda.
10 Prohibendum frigus a capite, maxime vero cervice atque pedibus, multum enim obest ingenio. 
8 Wohne oben, weit weg von schwerer und trüber Luft. 
9 Bald muss man mit Hilfe von Feuer, bald von heißem Duft die Feuchtigkeit vertreiben. 10 Schütze den Kopf vor Kälte, vor allem den Nacken und die Füße; sie schadet nämlich dem Genie sehr.
Kontext des Zitats ist die Vorstellung von Ficinus' Diätetik, hier speziell die "geeignete Wohnung".

<Interessant, dass Ficinus in diesem Kapitel eigentlich von der Schädlichkeit des Phlegmas spricht.>

ii, 15: S. 392 (Anm. 103):
45 Verum sicut in blandimentis tangendi atque gustandi cavendam vobis subdolam admonui Venerem, sic in ipsa secretiore nimisque assidua contemplativae mentis delectatione cavete Saturnum; 46 illic enim frequenter filios ipse suos devorat. 47 Nam quos sublimiorum contemplationum suarum rapit illecebris et illic agnoscit ut suos, hos interim, si modo diutius gradum ibi sistant, falce quadam e terris amputat terrenamque incautis vitam saepe surripit. 
48 Hoc saltem Venere interim indulgentior, quod Venus quidem vitam, quam tibi detrahit, donat alteri, nihil tibi pro detrimento restituens; 49 Saturnus autem pro vita terrena, a qua separatus ipse te denique separat, coelestem vitam reddit atque sempiternam. 
45 Aber ebenso wie ich euch ermahnt habe, euch bei den Verlockungen des Tastens und Schmeckens vor der hinterlistigen Venus zu hüten, hütet euch so bei der verborgeneren und allzu beständigen Freude eines kontemplativen Geistes vor Saturn; 46 dort nämlich verschlingt er häufig seine eigenen Kinder. 47 Denn die Leute, die er mit den Verlockungen seiner höheren Betrachtungen dahinreißt und dort als seine Kinder gleichsam anerkennt, diese schneidet er, wenn sie nur allzu lange dort verharren, mit einer gewissen Sichel von der Erde weg und nimmt ihnen oft, wenn sie nicht aufpassen, das irdische Leben weg.
48 In diesem Punkt ist er aber manchmal gnädiger als Venus, weil Venus das Leben, das sie dir nimmt, einem anderen schenkt und dir für den Schaden keinen Ersatz leistet; 49 Saturn aber gibt für das irdische Leben, von dem er getrennt ist und von dem er dich schließlich trennt, ewiges, himmlisches Leben zurück.
"An Stelle des irdischen Lebens, von dem er selbst geschieden ist, verleiht dir Saturn das himmlische und ewige Leben."

<Dieses Zitat haben KPS an das Zitat von iii, 22 so angehängt, dass sich ein völlig anderer Sinn, quasi Saturn als Heiland, ergibt. Im Original stellt Ficinus lediglich fest, dass Saturn in einer Hinsicht etwas gnädiger als Venus ist!>

Dem Zitat schließen KPS folgenden Schluss an:
"So gipfelt denn Ficinos Werk trotz seiner anhaltenden Angst vor dem unheimlichen alten Dämon letztlich doch in einer Glorifizierung Saturns."

ii, 16: S. 391 (Anm. 101):
4 Ecce nunc Saturnus quidem nobis in centro, Venus autem in circumferentia posuit voluptatem. 5 Voluptas vero spirituum esca quaedam est. 6 Igitur ex opposito Venus atque Saturnus spiritus nostri volatum aucupantur. 
7 Illa per voluptatem suam allicit ad externa, hic interim per suam ad intima revocat. 8 Distrahunt itaque spiritum, si ferme eodem tempore moveant, atque dissipant. 
9 Quamobrem nihil contemplatori vel curioso pestilentius quam Venereus actus, nihil vicissim hunc sectanti alienius quam cura et contemplatio esse potest. 10 Contemplatorem vero physicum religiosumque eodem in gradu connumeramus, et gradu simili quemlibet in negotiis suis valde cogitabundum gravibusque curis obnoxium. 
11 Hinc rursus efficitur, ut, si quem Saturnia vel contemplatione nimium occupatum vel cura pressum levare interim et aliter consolari velimus, per Venereos actus, ludos, iocos id tentantes, tanquam per remedia longe distantia, frustra atque etiam cum iactura conemur; 12 atque vicissim, si quem Venereo vel opere perditum vel ludo iocoque solutum moderari velimus, per Saturniam severitatem emendare non facile valeamus.
13 Optima vero disciplina est per quaedam Phoebi Iovisque, qui inter Saturnum Veneremque sunt medii, studia similiaque remedia homines ad alterutrum declinantes ad medium revocare.
4 Schau, nun setzt uns Saturn die Freude ins Zentrum, Venus aber an den Rand. 5 Freude ist aber eine Art Futter für die verschiedenen Arten von Atem. 6 Also lauern Venus und Saturn von gegensätzlichen Positionen auf den Flug unseres Seelenatems. 
7 Jene lockt durch die Freude nach außen, dieser aber durch seine Form von Freude nach innen. 8 Sie zerren also den Seelenatem, wenn sie fast zur selben Zeit angreifen, nach verschiedenen Seiten und zerstören ihn. 
9 Deshalb ist für einen Anhänger der Betrachtung oder einen Interessierten nichts verderblicher als der Venerische Akt, nichts wiederum kann für einen, der auf diesen Akt aus ist, fremder sein als sorgfältige Betrachtung. 10 Den aber, der im Bereich von Wissenschaft und Religion betrachtet, sehen wir als auf derselben Stufe stehend an, und auf ähnlicher Stufe sehen wir jeden, der in seiner Beschäftigung viel nachdenkt und in schwere Sorgen verwickelt ist. 
11 Dadurch kommt es wieder so weit, dass wir, falls wir einen, der zu sehr in Saturnischer Betrachtung steckt oder von Sorge bedrückt ist, erleichtern oder anderswie trösten wollen, dass wir das durch Venerische Akte, durch dorthin gehörende Spiele oder Scherze wie durch ganz abwegige Heilmittel vergebens und auch mit Verlust versuchen; 12 und umgekehrt, wenn wir einen, der im Venuswerk zugrunde ging oder sich in Spiel und Scherz aufgelöst hat, zur Mäßigung bringen wollen, können wir ihn wohl mit Saturnischer Strenge nur schwer verbessern.
13 Die beste Lehre aber ist es, durch gewisse Bemühungen des Phöbus und des Jupiter, die die Mitte zwischen Saturn und Venus einnehmen, und durch ähnliche Heilmittel die Menschen, die zu einem der beiden Extreme neigen, in die Mitte zurückzurufen.
Im Text (S. 390f.) führen KPS aus:
"Freilich soll der saturnische Melancholiker jede erdenkliche Vorsichtsmaßregel ergreifen, um der astralen Gefährdung seiner Gesundheit entgegenzuwirken, und insbesondere den Einfluss Jupiters herbeibeschwören, der stets als gütiger Planet und namentlich als Helfer gegen Saturn galt ... Aber letzten Endes hat das alles für Ficino nur die Bedeutung bloßer Palliativmittel."
Hier schließt die Anmerkung 101 (S. 391) an, wo es heißt:
"Ficino ... ist sehr instruktiv, denn es <sic> mahnt zur Vorsicht beim Gebrauch antisaturninischer Einflüsse. Der größte Gegensatz besteht zwischen Saturn und Venus, aber <?> es wäre falsch, einen an Saturn laborierenden Menschen mit venerischen (oder umgekehrt einen zu sehr der Venus ergebenen Menschen mit saturninischen) Mitteln heilen zu wollen.
<Es folgt das Zitat: ii, 16, 11-13.>

<Bei Licht betrachtet ergibt sich aus den Aussagen bei KPS eigentlich kein logischer Zusammenhang.>

iii, verba: S. 388 (Anm. 97):
17 Varia sane pro diversis hominum ingeniis atque naturis nostra haec officina antidota, pharmaca, fomenta, unguenta, remedia profert. 18 Si qua tibi fortasse minus placeant, mittito quidem ista; 19 cetera propterea ne respuito. 
20 Denique si non probas imagines astronomicas, alioquin pro valetudine mortalium adinventas, quas et ego non tam probo quam narro, has utique me concedente ac etiam (si vis) consulente dimittito. 
17 Unterschiedliche Gegengifte, Arzneien, Wärmemittel, Salben und Heilmittel bringt freilich diese unsere Apotheke hervor, entsprechend den verschiedenen Begabungen und natürlichen Anlagen der Menschen. 18 Wenn dir welche vielleicht zu wenig gefallen, lass diese da dann weg! 19 Verachte deshalb nicht die übrigen! 
20 Wenn du schließlich mit den astronomischen Bildern nicht einverstanden bist, die sonst zur Gesundheit der Menschen erfunden wurden, die auch ich weniger billige als nur nenne, so lass diese jedenfalls mit meiner Erlaubnis und - wenn du willst - mit meinem Rat weg! 
Die Stelle wird als Parallele zur Apologie zitiert, um folgende Aussage zu belegen:
" 'Natürliche Magie' ist ein 'Bindeglied zwischen Astrologie und Medizin' ".

<Das Zitat befindet sich am Ende der Anmerkung 97 und als Quelle wird die "Einleitung zu Buch III" angegeben.
KPS kommentieren dieses Zitat folgendermaßen:>

"Trotz dieser offensichtlich nicht ganz von Herzen kommenden Vorbehalte (die überdies laut freundlicher Mitteilung von Herrn Dr. Weil in der Handschrift, Florenz, Biblioteca Laurenziana, Cod. plut. LXXIII, 139 fehlen und aus verständlichen Gründen erst bei der Drucklegung hinzugesetzt wurden) machte Ficino selbst freilich ausgiebig Gebrauch von figürlichen Talismanen."

iii, 2: S. 245 (Anm. 105):
13 Itaque humana species ab his tribus potissimum dotes insuper ampliores ita demum sibi poterit vendicare, si per Solaria Mercurialiaque et Iovia se ipsam eis magis in dies atque magis accommodabit. 
14 De reliquis autem quid? 
15 Saturnus non facile communem significat humani generis qualitatem atque sortem, sed hominem ab aliis segregatum, divinum aut brutum, beatum aut extrema miseria pressum. 16 Mars, Luna, Venus affectus et actus homini cum ceteris animantibus aeque communes.
13 Deshalb kann die Menschheit vor allem von diesen dreien dann erst noch reichere Gaben für sich beanspruchen, wenn sie durch Sonnenmäßiges, Merkurmäßiges und Jupitermäßiges sich selbst diesen von Tag zu Tag mehr und mehr anpasst.
14 Was soll ich von den anderen sagen? 
15 Saturn bezeichnet nur schwer allgemeine Beschaffenheit oder allgemeines Los der Menschheit, sondern einen Menschen, der von anderen getrennt ist, göttlich oder stockdumm, glücklich oder bedrängt von größtem Unglück. 16 Mars, Luna und Venus zeigen dem Menschen gegenüber gleiche Gefühle und Verhaltensweisen, die denen den übrigen Lebewesen gegenüber entsprechen. 
Die Stelle steht bei KPS im Kontext der "tiefste(n) Entsprechung zwischen Saturn und Melancholie"; sie folgt auf folgende Feststellung: "Wie die Melancholie bedroht auch er <Saturn> die ihm Unterworfenen, mögen sie noch so erlauchte Geister sein, mit Schwermut oder gar Irrsinn. Saturn, um Ficino zu zitieren, 'bezeichnet selten gewöhnliche Charaktere und Schicksale, sondern Menschen, die von anderen abgesondert sind, göttliche oder tierische, glückselige oder vom tiefsten Elend darniedergebeugte'. "

<Kontext bei Ficinus war die Wesensbestimmung des Menschen, gemäß den arabischen Astrologen: Danach könne man Saturn nicht zur allgemeinen Bestimmung heranziehen, da er nur für Randexistenzen hilfreich sei. Typisch für diese Randexistenzen ist die Ambivalenz; bezeichnend für KPS, dass aus dieser Stelle wieder ein einziges Merkmal herausgegriffen wird, wenn sie an das Zitat folgende Aussage anschließen:>
"Der Zusammenhang zwischen der neuplatonischen Saturnauffassung und der Entstehung des modernen Geniebegriffs (...) wird hier schon in der sprachlichen Formulierung deutlich, denn 'divinus' wurde die typische Bezeichnung des modernen Philosophen-, Dichter- und (seit Michelangelo) auch Künstler-Genies."

<Man sieht vor allem das, was ins Geniekonzept hineinpasst.>

iii, 2: S. 366 (Anm. 34):
15 Saturnus non facile communem significat humani generis qualitatem atque sortem, sed hominem ab aliis segregatum, divinum aut brutum, beatum aut extrema miseria pressum. 16 Mars, Luna, Venus affectus et actus homini cum ceteris animantibus aeque communes.
15 Saturn bezeichnet nur schwer allgemeine Beschaffenheit oder allgemeines Los der Menschheit, sondern einen Menschen, der von anderen getrennt ist, göttlich oder stockdumm, glücklich oder bedrängt von größtem Unglück. 16 Mars, Luna und Venus zeigen dem Menschen gegenüber gleiche Gefühle und Verhaltensweisen, die denen den übrigen Lebewesen gegenüber entsprechen.  Mit fast identischem Zitat stützen KPS später die Höherwertigkeit Saturns:
"Schließlich wird eine monumentale Formel gefunden, die die Polarität des Saturn ausdrücklich zu den Wirkungen der anderen Planeten in Gegensatz stellt und die bezeichnenderweise schon wenige Jahrzehnte später zum Sprichwort geworden war. 'Saturn bezeichnet nicht leicht gewöhnliche Charaktere und Schicksale, sondern Menschen, die von den anderen abgesondert sind, göttliche oder tierische, glückselige oder vom tiefsten Elend darniedergebeugte'; ..."

<Fettdruck von mir: ein "schönes" Beispiel für die Vergewaltigung des ursprünglichen Textsinns.>

iii, 2: S. 377 (Anm. 62):
36 Ubique vero memento per affectum studiumque animi et per ipsam spiritus qualitatem nos facillime subitoque exponi planetis eundem affectum ac eiusmodi studium et qualitatem significantibus. 
37 Per separationem igitur a rebus humanis, per otium, solitudinem, firmitatem, per theologiam secretioremque philosophiam, superstitionem, magiam, agriculturam, per maerorem Saturno subicimur. 
36 Denke aber daran, dass wir uns überall durch unsere Leidenschaft, unsere Bemühung unseres Geistes und gerade durch die Beschaffenheit unseres Seelenatems sehr leicht und sofort den Planeten aussetzen, die dieselbe Leidenschaft, gleichen Eifer und gleiche Beschaffenheit bezeichnen. 
37 Durch Absonderung von menschlichen Belangen also, durch Untätigkeit, Einsamkeit, Härte, Theologie und geheimere Philosophie, Aberglaube, Magie, Ackerbau und Trauer unterwerfen wir uns dem Saturn.
Um den Gedanken, dass man Saturnkind werden kann, zu belegen, führen KPS diese Ficinusstelle - nur auf Deutsch - an:
"Bedenke immer, daß wir schon durch die Neigungen und Bestrebungen unseres Geistes und durch die bloße Beschaffenheit unseres 'spiritus' leicht und schnell unter den Einfluß der Gestirne geraten können, die diese Neigungen, Bestrebungen und Beschaffenheiten bezeichnen; daher geraten wir durch Absonderung von menschlichen Dingen, durch Muße, Einsamkeit, Festigkeit, esoterische Theologie und Philosophie, durch Aberglauben, Magie, Landbau und Trauer unter den Einfluß des Saturn."

Das Zitat wird durch die Anmerkung 62 kommentiert:
"Dieser merkwürdige Satz, dem sich entsprechende Ausführungen über die anderen Planeten anschließen und dessen disparate Zuordnungen das ganze Durcheinander des spätantik-arabischen Saturnkomplexes rekapitulieren, stammt aus Ficino, De vita tripl. III, 2 ..."

iii, 11: S. 387 (Anm. 94):
18 Inter haec diutissime diurno tempore sub divo versaberis, quatenus tuto vel commode fieri potest, in regionibus altis et serenis atque temperatis. 19 Sic enim Solis stellarumque radii expeditius puriusque undique te contingunt, spiritumque tuum complent mundi spiritu per radios uberius emicante. 
18 Unter diesen Gegebenheiten wirst du sehr lange zur Tageszeit unter freiem Himmel wandeln, solange das ungestört und bequem geschehen kann, in hoch gelegenen, heiteren und gemäßigten Gegenden. 19 So treffen dich die Sonnen- und Sternenstrahlen nämlich überall leichter und reiner und erfüllen deinen Seelenatem mit dem Atem der Welt, der recht üppig durch die Strahlen funkelt. Um den Zusammenhang von Medizin und Magie zu erläutern, führen KPS aus:
"Der eigentliche Sinn eines Spaziergangs im Freien, den Constantinus Africanus für eine rein diätetische Maßregel hält und den wir heute meist als ein weitgehend ästhetisches Erlebnis betrachten, besteht für Ficino darin, daß uns 'die Strahlen der Sonne und der Sterne von überallher in freier und ungehinderter Weise erreichen und unsere Seele mit dem 'spiritus mundanus' erfüllen, der durch diese Strahlen reicher herabströmt.' "
iii, 11: S. 375 (Anm. 56):
46 Tu igitur, quotiens spiritum aliquem studes excolere, non modo patronum suum observabis fortunatum atque potentem, sed etiam Lunam eliges ad hunc opportune directam. 
47 Non creatur autem neque recreatur aliquando proprie per influxum Saturni solum substantia spiritus, sed semper ab externis ad intima et saepe ab imis revocatur ad summa. 48 Unde ad secretiora et altiora contemplanda conducit. 
49 Potest tamen, etsi raro, vis Martis atque Saturni spiritui tanquam medicina prodesse vel calefaciendo, cum opus fuerit, et excitando atque dilatando, vel vicissim nimis volatilem coercendo. 
46 Sooft du also eine der Atemformen veredeln willst, beobachte nicht nur ihren beglückten und mächtigen Schutzherrn, sondern wähle auch die zu diesem günstig stehende Luna. 
47 Durch den besonderen Einfluss des Saturn wird also nicht nur die Substanz des Seelenatems nicht geschaffen oder wiederhergestellt, sondern wird er immer von ganz außen nach ganz innen und oft von ganz unten nach ganz oben gerufen. 48 Deshalb ist er zur Betrachtung des Geheimeren und Tieferen förderlich. 
49 Dennoch kann, wenn auch selten, die Kraft des Mars oder des Saturn dem Seelenatem gleichsam als Medizin nützen, entweder, wenn nötig, durch Wärmen und Anfeuern und Erweitern des Seelenatems oder umgekehrt durch Bändigen des allzu ungestümen. 
Falsche Angabe: Ficino, De vita tripl. III, 9 statt 11!

Das Zitat soll zusammen mit iii, 24 folgende Aussage belegen:
"Saturn ist es, der den Geist zu der Betrachtung höherer und geheimerer Dinge anleitet ..."

<Aus einem eher saturnkritischen Kontext wird wieder nur ein positives Merkmal herausgezogen.>

iii, 18: S. 387 (Anm. 95):
27 Saturni veteres imaginem ad vitae longitudinem faciebant in lapide de Feyrizech, id est sapphyro, hora Saturni, ipso ascendente atque feliciter constituto. 28 Forma erat homo senex in altiore cathedra sedens vel dracone, caput tectus panno quodam lineo fusco, manus supra caput erigens, falcem manu tenens aut pisces, fusca indutus veste. 
27 Ein Saturn-Amulett schufen die Alten gewöhnlich für ein langes Leben im Stein "Feyrizech", also einem Saphir, in der Saturnstunde, wenn er selbst aufging und glücklich stand. 28 Es hatte die Gestalt eines alten Mannes, der auf einem erhöhten Stuhl sitzt oder einem Drachen, dessen Kopf mit einem dunklen Leinentuch bedeckt ist, der die Hände über den Kopf streckt, wobei er in der einen Hand eine Sichel oder Fische hält, und der ein dunkles Gewand trägt. Um den Zusammenhang von Medizin und Magie zu erläutern, führen KPS kurz nach der Auswertung von iii, 11, 19 aus:
"Und wenn die Magier, um einen Talisman für langes Leben zu gewinnen, in der Stunde des Saturn das Bild eines Greises mit verhülltem Haupt auf einen Saphir gravieren <Anmerkung 95: Zitat - mit Hinweis auf den Kreis des Picatrix>, so bedienen sie sich letztlich nur 'natürlicher' Mittel ..."
iii, 22: S. 386 (Anm. 93):
1 Quoniam vero coelum est harmonica ratione compositum moveturque harmonice et harmonicis motibus atque sonis efficit omnia, merito per harmoniam solam non solum homines, sed inferiora haec omnia pro viribus ad capienda coelestia praeparantur.
2 Harmoniam vero capacem superiorum per septem rerum gradus in superioribus distribuimus: 
3 per imagines videlicet (ut putant) harmonice constitutas; 
4 per medicinas sua quadam consonantia temperatas; 
5 per vapores odoresque simili concinnitate confectos; 
6 per cantus musicos atque sonos, ad quorum ordinem vimque referri gestus corporis saltusque et tripudia volumus; 
1 Da aber der Himmel harmonisch geordnet ist, sich auf harmonische Weise bewegt und durch harmonische Bewegungen und Töne alles bewirkt, bereiten sich allein durch Harmonie nicht nur die Menschen, sondern all die unteren Dinge zu Recht ihren Kräften entsprechend für den Empfang des Himmlischen vor. 
2 Die Harmonie aber, die die höheren Dinge aufnehmen kann, teilen wir im Bereich über uns in sieben Inhaltsstufen ein:
3 in die Amulette, die natürlich - wie sie meinen - harmonisch gestaltet sind;
4 in Arzneien, die durch ihr eigenes Zusammenklingen wohl gemischt sind;
5 in Dämpfe und Düfte, in ähnlichem Gleichklang verfertigt;
6 in musikalische Gesänge und Töne, deren Ordnung und Kraft Körpergestik, Tänze und feierliche Dreischritt-Tänze nach unserem Willen entsprechen sollen;
7 in Eindrücke der Vorstellungskraft und wohlgefügte Bewegungen;
8 in konsequente Denkprozesse;
9 in ruhige Betrachtungen unseres Geistes.
Den Kontext der Stelle umreißen KPS folgendermaßen:
"Für ihn <Ficinus> gibt es keine eindeutige Abgrenzung zwischen den 'natürlichen' und den 'magischen' Praktiken, die man gemeinhin unterscheiden zu können glaubt. Die Wirkungen, die von den irdischen Dingen ausgehen, die Heilkraft der Medikamente, der mannigfache Einfluß des Dufts von Pflanzen, die psychologische Wirkung der Farben und selbst die Macht der Musik - all das ist in Wahrheit nicht diesen Dingen zuzuschreiben, sondern kommt nur dadurch zustande, daß der Gebrauch bestimmter Stoffe oder die Ausübung bestimmter Tätigkeiten uns, mit Ficino zu reden, denjenigen Gestirnen 'exponiert', mit deren Qualitäten die entsprechenden Stoffe gesättigt sind oder deren Natur der betreffenden Tätigkeit angeglichen ist.
<Es folgt die Übersetzung des Zitats:>
Da aber der Himmel mit harmonischer Vernunft zusammengesetzt ist und sich auch harmonisch bewegt, ... sind zu recht allein durch die Harmonie nicht nur die Menschen, sondern all die niedrigen Dinge ihren Kräften gemäß mit der Erfassung des Himmlischen ausgestattet. Eine Harmonie aber, die auch die oberen Regionen umfaßt, teilen wir in sieben diesen entsprechenden Abstufungen ein. In Bilder nämlich, von denen man annimmt, daß sie harmonisch komponiert sind. In Heilmittel, die gleichsam in ihrem Zusammenspiel wohldosiert sind. In Dünste und Düfte, die in ähnlich kunstgerechter Verbindung zusammengesetzt sind. In musische Gesänge und Klänge, nach deren Ordnung und Stärke wir körperliche Gebärden, sogar Sprünge und ausschweifende Tänze ausgerichtet wissen wollen, in entsprechenden Empfang und Verarbeitung innerer Vorstellungen, in stimmige Gedankengänge und in die ruhige Kontemplation des Geistes."
iii, 22: S. 389 (Anm. 99):
7 per imaginationis conceptus motusque concinnos; 
8
per congruas rationis discursiones;
9
per tranquillas mentis contemplationes. 
7 in Eindrücke der Vorstellungskraft und wohlgefügte Bewegungen;
8 in konsequente Denkprozesse;
9 in ruhige Betrachtungen unseres Geistes.
Das Ende der Stelle wird noch einmal (abgewandelt) zitiert in folgendem Zusammenhang:
" Als denkendes und handelndes Wesen ist der Mensch grundsätzlich frei, und er vermag sogar kraft dieser Freiheit den Einfluß der Gestirne dadurch zu lenken, daß er sich wissentlich und willentlich der Wirkung eines bestimmten Sterns aussetzt. Er kann diese Wirkung auf sich herabbeschwören nicht nur durch Anwendung jener vielfältigen äußeren Mittel, sondern auch (und wirksamer) durch eine Art psychologischer Autotherapie, durch einen bewußte Steuerung seiner Phantasie- und Denktätigkeit:
<Es folgt die Übersetzung des Zitats:>
entsprechenden Empfang und Verarbeitung innerer Vorstellungen, stimmige Gedankengänge und die ruhige Kontemplation des Geistes."

<Was bei Ficinus Gesichtspunkte der Harmonie waren, wird jetzt einfach zur "psychologischen Autotherapie"!>

iii, 22: S. 391f. (Anm. 102):
11 In anima vero nunc imaginationem, rationem, mentem ponimus. 
12 Potest utique imaginatio nostra vel propter qualitatem motumque spiritus vel per electionem nostram vel etiam utrinque ita disponi, componi, conformari Marti Solive, ut sit e vestigio proprium influxus Phoebei vel Martii susceptaculum. 
13 Similiter ratio vel per imaginationem spiritumque simul vel per deliberationem vel utrinque sic ad Iovem imitatione quadam comparare se potest, ut multo magis ob dignitatem propinquitatemque suam ipsa Iovem capiat et munera Iovis quam imaginatio sive spiritus, quemadmodum imaginatio spiritusque eadem ratione multo magis coelestia capiunt quam res et materiae quaevis inferiores. 
14 Mens denique contemplatrix, quatenus se ipsam non solum ab his, quae sentimus, verum etiam ab eis, quae imaginamur communiter moribusque argumentamur humanis, sevocat et affectu, intentione, vita ad separata se revocat, Saturno quodammodo se exponit. 
15 Huic soli propitius est Saturnus. 
16 Sicut enim Sol animalibus quidem nocturnis inimicus est, diurnis autem est amicus, ita Saturnus hominibus vel vulgarem palam vitam agentibus, vel fugientibus quidem vulgi consuetudinem, vulgares tamen affectus non dimittentibus est adversus. 17 Vitam namque communem concessit Iovi, separatam vero sibi vendicavit atque divinam. 18 Mentibus autem hominum re vera hinc pro viribus segregatis tanquam sibi cognatis quodammodo est amicus. 19 Nam et spiritibus sublimem habitantibus aerem ipse Saturnus (ut Platonice loquar) est pro Iove, sicut Iuppiter hominibus communem agentibus vitam est iuvans pater. 
20 Nullis vero Saturnus est infensior quam hominibus contemplativam vitam simulantibus quidem nec agentibus. 21 Hos enim nec Saturnus agnoscit ut suos, nec Iuppiter ipse, Saturni temperies, adiuvat eos, qui communes hominum leges moresque et commercia fugiunt. 
...
41 Contra influxum eius hominibus communiter peregrinum et quodammodo dissonum nos armat Iuppiter tum naturali qualitate sua, tum alimentis medicinisque certe suis atque (ut putant) etiam imaginibus, tum etiam moribus negotiisque et studiis atque rebus ad ipsum proprie pertinentibus. 
42 Noxium vero influxum Saturni effugiunt subeuntque propitium, non solum, qui ad Iovem confugiunt, sed etiam, qui ad divinam contemplationem ab ipso Saturno significatam tota mente se conferunt.
11 In der Seele siedeln wir Vorstellungskraft, Vernunft und Geist an. 
12 Unsere Vorstellungskraft kann jedenfalls entweder wegen der Beschaffenheit und der Bewegung des Seelenatems oder durch unsere Wahl oder auch wegen beidem sich so ordnen, aufstellen, Mars und Sol so gleichförmig werden, dass sie auf der Stelle ein besonderes Behältnis für Phöbus- oder Marseinfluss ist.
13 Gleichermaßen kann sich unsere Vernunft entweder durch die Vorstellungskraft und zugleich den Seelenatem oder durch Überlegung oder durch beides so mittels einer gewissen Nachahmung für Jupiter vorbereiten, dass gerade sie den Jupiter und seine Geschenke viel mehr aufnimmt wegen ihres eigenen Wertes und ihrer Nähe zu ihm als die Vorstellungskraft oder der Seelenatem, wie ja aus demselben Grund Vorstellungskraft und Seelenatem das Himmlische viel mehr erfassen als beliebige Dinge und Stoffe unserer irdischen Welt.
14 Unser betrachtender Geist schließlich setzt sich irgendwie dem Saturn aus, soweit er sich selbst nicht nur von unseren Wahrnehmungen, sondern auch von dem, was wir uns normalerweise vorstellen oder mit Gründen nach Menschenart darlegen, trennt und soweit er sich zum Geheimen hinruft durch sein Verlangen, seinen Willen und seinen Lebenswandel.
15 Nur diesem Leben ist Saturn gewogen. 
16 Wie nämlich Sol den Nachtlebewesen ein Feind, den Tagwesen aber ein Freund ist, so ist Saturn Gegner derer, die entweder offenkundig ein bloß normales Leben führen oder zwar die Lebensgewohnheiten des Volkes fliehen, aber seinen Leidenschaften trotzdem entsprechen. 17 Denn das normale Leben hat er Jupiter überlassen, das geheime und göttliche hat er aber für sich beansprucht. 18 Menschen aber, die sich nach Kräften wirklich vom Normalleben getrennt haben, ist er gleichsam als seinen Verwandten ein Freund. 19 Denn für elitäre Geister, die die hohe Luft bewohnen, steht Saturn selbst - platonisch gesprochen - an Jupiters Stelle, so wie Jupiter für Menschen, die ein normales Leben führen, der "helfende Vater" ist. 
20 Niemanden hasst Saturn mehr als Leute, die ein Leben in Betrachtung zwar vortäuschen, es aber nicht führen. 21 Denn diese erkennt weder Saturn als die Seinen an, noch hilft ihnen, die die normalen Gesetze, Verhaltensweisen und Umgangsformen scheuen, Jupiter selbst, der ja die den Saturn mäßigende Kraft ist. ...
41 Gegen seinen Einfluss, der den Menschen normalerweise fremd ist und irgendwie nicht passt, bewaffnet uns Jupiter einerseits mit seiner natürlichen Qualität, andererseits mit seinen Lebensmitteln und sicherlich seinen Arzneien und auch - wie sie meinen - mit seinen Amuletten, drittens auch mit Verhaltensweisen, Tätigkeiten, Bemühungen und Dingen, die zu ihm in besonderer Weise gehören.
42 Dem schädlichen Einfluss des Saturn aber entrinnen und dem günstigen unterziehen sich nicht nur die, die zu Jupiter Zuflucht nehmen, sondern auch die, die sich der göttlichen Betrachtung, die von Saturn selbst bezeichnet ist, völlig ergeben. 
Das (nur in Übersetzung gebotene) Zitat wird durch folgenden Satz vorbereitet:
"Im Grunde bleibt dem saturninischen Menschen nichts anderes - und sicherlich nichts Besseres - übrig, als sein Schicksal anzunehmen und sich mit Herz und Seele in den Willen seines Gestirns zu ergeben:
<Es folgt die Übersetzung des Zitats:>
11 Innerhalb der Seele ('anima') nehmen wir 'imaginatio', 'ratio' und 'mens' an. Es kann nun die 'imaginatio', sei es durch die Art und Bewegung des 'spiritus', sei es durch unsere Wahl, oder durch beides, so auf den Mars oder die Sonne abgestimmt werden, daß sie recht eigentlich ein Gefäß für solare und martialische Einflüsse wird. Ebenso kann sich die 'ratio', entweder durch 'imaginatio' und 'spiritus', oder durch 'deliberatio', oder durch beides, mittels einer gewissen Nachahmung so dem Jupiter angleichen, daß sie vermöge ihrer Würde und Verwandtschaft mehr von Jupiter und seinen Gaben aufnimmt als die 'imaginatio' oder der 'spiritus' (wie aus demselben Grunde 'imaginatio' und 'spiritus' einen größeren Anteil an himmlischen Gaben erhalten als irgendwelche niedrige Dinge oder Stoffe). Die kontemplative 'mens' endlich, die sich nicht nur von dem entfernt, was wir gewöhnlich wahrnehmen, sondern auch von dem, was was wir gewöhnlich imaginieren und in unseren menschlichen Gebräuchen zum Ausdruck bringen, und die sich dagegen in Neigung, Streben und Leben den Ideen zuneigt, setzt sich in gewisser Weise Saturn aus.
15 Diesem Vermögen allein ist Saturn günstig. Denn wie die Sonne den Nachttieren feind, den Tagtieren aber freund ist, so ist Saturn  ein Feind derjenigen Menschen, die offen ein gemeines Leben führen, oder zwar die Gemeinschaft des vulgären Volkes fliehen, nicht aber ihre vulgären Gedanken ablegen. Denn das gewöhnliche Leben hat er Jupiter überlassen, das abgeschiedenen und göttliche aber hat er sich vorbehalten. Menschen, die sich wahrhaft vom Diesseits absondern, ist er gewissermaßen verwandt, und sie finden in ihm einen Freund. Denn gerade Saturn ist, Platonisch zu reden, ein Jupiter den Seelen, die die erhabenen Sphären bewohnen, ebenso wie Jupiter denen, die ein gewöhnliches Leben führen, ein 'iuvans pater' ist. Am feindlichsten ist er jedoch denen, die ein der Kontemplation geweihtes Leben nur vortäuschen, aber nicht führen. Diese erkennt weder Saturn als die Seinen an, noch unterstützt sie Jupiter, der Zähmer des Saturn, weil sie die gewöhnlichen Gebräuche und Sitten der Menschen verletzen.
...
41 Gegen den saturnischen Einfluß, der den Menschen gemeinhin fremd und irgendwie inadäquat ist, bewaffnet uns Jupiter, einmal durch seine natürliche Beschaffenheit, weiterhin sicherlich durch seine Nahrungsmittel und Medikamente und, wie man glaubt, durch Zahlen-Talismane, sodann aber durch Sitten, Beschäftigungen, Studien und ganz allgemein alle Dinge, die ihrer Eigenart nach zu ihm gehören. Doch diejenigen, die dem unheilvollen Einfluß Saturns entgehen und seinen segensreichen genießen, sind nicht allein jene, die ihre Zuflucht zu Jupiter nehmen, sondern auch jene, die sich mit ganzer Seele der göttlichen Kontemplation überlassen, die gerade durch das Beispiel des Saturn ausgezeichnet wird."
<Es schließt sich im Abschnitt das Zitat von ii, 15 an.>
iii, 22: S. 373 (Anm. 52):
28 Tu vero potestatem Saturni ne negligas. 29 Hunc enim ferunt Arabes omnium potentissimum. 30 Planetas sane vires eorum subire, ad quos accedunt, omnes vero ad eum accedere potius quam vicissim, planetasque coniunctos illi natura illius agere. 31 Est enim ipse inter planetas orbis amplissimi caput. 32 Quilibet sane planeta sui orbis caput est et cor et oculus. 33 Saturnus item stellis proximus est innumeris primoque mobili quam simillimus; 34 longum agit circuitum. 35 Est altissimus planetarum, unde felicem eum vocant, cui ille feliciter aspiraverit. 
28 Du aber, verachte nicht die Macht des Saturn! 29 Die Araber sagen nämlich, er sei der Allermächtigste. 30 Die Planeten übernähmen freilich die Macht derer, zu denen sie hingehen, alle gingen aber eher zu ihm als umgekehrt, und Planeten in Konjunktion mit ihm würden nach seinem Wesen handeln. 31 Er ist nämlich unter den Planeten selbst der Kopf des weitesten Kreises. 32 Jeder Planet ist ja Kopf, Herz und Auge seines eigenen Kreises. 33 Saturn ist ebenso nächster Nachbar unzähliger Sterne und dem Ersten Beweglichen sehr ähnlich; 34 er beschreitet eine lange Umlaufbahn. 35 Er ist der oberste der Planeten, weswegen sie den glücklich nennen, dem jener auf glückliche Weise hilft. Am Beginn ihrer Darstellung von Ficinus' Bedeutung führen KPS aus:
"In diesem bemerkenswerten Werk <De vita triplici>, in dem alle Ströme zusammenfließen, die wir bisher nur gesondert verfolgen konnten, hat Ficino den zweiten der ihm offenstehenden Auswege ergriffen. Die Melancholie kommt von Saturn, aber sie ist in der Tat eine 'einzigartige und göttliche Gabe', wie Saturn nunmehr nicht nur das mächtigste, sondern auch das edelste Gestirn ist."

<Diese Aussage wird dann mit dem Zitat belegt. Auch hier muss man die vorgelegte Deutung in dieser Weise wollen.>

iii, 22: S. 375 (Anm. 57):
41 Contra influxum eius hominibus communiter peregrinum et quodammodo dissonum nos armat Iuppiter tum naturali qualitate sua, tum alimentis medicinisque certe suis atque (ut putant) etiam imaginibus, tum etiam moribus negotiisque et studiis atque rebus ad ipsum proprie pertinentibus. 
42 Noxium vero influxum Saturni effugiunt subeuntque propitium, non solum, qui ad Iovem confugiunt, sed etiam, qui ad divinam contemplationem ab ipso Saturno significatam tota mente se conferunt.
43 Hoc enim pacto malignitatem fati devitari posse Chaldaei et Aegyptii atque Platonici putant. 44 Cum enim coelestia nolint esse corpora vana, sed divinitus animata atque insuper mentibus recta divinis, nimirum illinc ad homines non solum quam plurima ad corpus et spiritum pertinentia, sed multa etiam bona quodammodo in animam redundantia proficisci volunt, non a corporibus in animam, sed ab animis, magis autem haec pluraque eiusmodi a mentibus superioribus coelo profluere.
41 Gegen seinen Einfluss, der den Menschen normalerweise fremd ist und irgendwie nicht passt, bewaffnet uns Jupiter einerseits mit seiner natürlichen Qualität, andererseits mit seinen Lebensmitteln und sicherlich seinen Arzneien und auch - wie sie meinen - mit seinen Amuletten, drittens auch mit Verhaltensweisen, Tätigkeiten, Bemühungen und Dingen, die zu ihm in besonderer Weise gehören.
42 Dem schädlichen Einfluss des Saturn aber entrinnen und dem günstigen unterziehen sich nicht nur die, die zu Jupiter Zuflucht nehmen, sondern auch die, die sich der göttlichen Betrachtung, die von Saturn selbst bezeichnet ist, völlig ergeben. 
43 Denn Chaldäer, Ägypter und Platoniker meinen, so lasse sich die Boshaftigkeit des Schicksals umgehen. 44 Denn da sie nicht gelten lassen wollen, dass Himmelskörper bedeutungslos seien, sondern meinen, dass sie göttlich beseelt und obendrein von göttlichen Geistern gelenkt seien, wollen sie haben, dass ohne Zweifel von dort sehr viel Gutes zu den Menschen ausgehe, was nicht nur Körper und Seele betreffe, sondern auch viel, das irgendwie die Seele überströme, nicht von Körpern, sondern von Seelen auf die Seele, dass aber in noch größerem Ausmaß dieses und mehr derartiges von den Geistern über dem Himmel den Seelen zufließe.
Das Zitat soll nach iii, 11 und iii, 24 den zweiten Teil der folgenden Aussage belegen:
"Saturn ist es, der den Geist zu der Betrachtung höherer und geheimerer Dinge anleitet <hier iii,11 und iii, 24> und der selbst, wie Ficino an mehr als einer Stelle sagt, 'die göttliche Kontemplation' bedeutet."

<Kontext bei Ficinus ist das richtige Verhalten gegenüber den schädlichen Einflüssen des Saturn, bei KPS der hohe Wert des Saturn - wieder ein Beispiel für die Entstellung der Aussageabsicht.>

iii, 22: S. 377 (Anm. 61):
53 Denique ubicunque dicimus coelestium ad nos dona descendere, intellige tum corporum coelestium dotes in corpora nostra venire per spiritum nostrum rite paratum, tum eadem prius etiam per radios suos influere in spiritum naturaliter vel quomodocunque illis expositum, tum etiam animarum coelestium bona partim in eundem spiritum per radios prosilire atque hinc in nostros animos redundare, partim ab animis eorum vel ab angelis in animos hominum illis expositos pervenire – expositos, inquam, non tam naturali quodam pacto quam electione arbitrii liberi vel affectu. 
53 Wann immer wir schließlich sagen, dass Geschenke der Himmlischen zu uns herabsteigen, verstehe, dass dann erstens Gaben der himmlischen Körper in unsere Körper gelangen durch unseren richtig vorbereiteten Seelenatem, dass zweitens diese Gaben früher auch durch ihre eigenen Strahlen in unseren Seelenatem einfließen, der auf natürliche oder sonst irgendeine Weise sich jenen ausgesetzt hat, dass drittens auch das Gute der himmlischen Seelen teils in denselben Seelenatem durch die Strahlen hineinspringt und von dort aus in unsere Seele gelangt, teils von ihren Seelen oder von Engeln in die jenen ausgesetzten Seelen der Menschen gelangt - in die ausgesetzten Seelen, sage ich, weniger auf bestimmte natürliche Weise als infolge der Wahl des freien Willens oder einer Leidenschaft.  Kontext ist die Saturn-Kindschaft, zu der KPS ausführen (vgl. auch iii, 2):
"Ficino ist davon überzeugt, daß nicht nur die Saturnkinder zu geistiger Arbeit qualifiziert sind, sondern daß auch umgekehrt die geistige Arbeit auf den Menschen einwirkt und ihn der Herrschaft Saturns unterwirft, wobei eine Art 'Wahlverwandtschaft' <hier Anmerkung 61> zwischen ihnen entsteht:" <Es folgt das deutsche Zitat von iii, 2, 36f.>

In der Anmerkung 61 heißt es:
"Diese Vorstellung der Wahlverwandtschaft mit den Planeten - begründet in der Lehre von der 'Konzinnität' bestimmter Tätigkeiten und bestimmter Gestirne - wird von Ficino an anderer Stelle mit fast denselben Begriffen formuliert; cf. Ficino, De vita tripl. III, 22 (Opera, p. 566): 'Expositos, inquam [sc. die Seelen der Menschen den himmlischen Gestirneinflüssen], non tam naturali quodam pacto, quam electione arbitrii liberi, vel affectu.' "

<Es geht KPS wohl nur um "electio arbitrii liberi", nicht um den Kontext bei Ficinus.>

iii, 23: S. 389 (Anm. 98):
44 Nos autem optare praeterita supervacuum arbitrati monemus easdem plagas, quas illi pro daemonibus fortunisque optabant, observari pro planetis et stellis ad opus efficiendum accommodandis, ut vel sint in angulis, aut in duabus, quas diximus, succedentibus, aut saltem in duabus duntaxat cadentibus, quas antea nominavimus. 
45 Neque enim ab re Solem nona gaudere dicunt, Lunam tertia, Iovem undecima, Venerem vero quinta; 46 hae namque gradum conspiciunt ascendentem. 
44 Wir halten es für überflüssig, in der Vergangenheit herumzuwünschen, mahnen aber, dieselben Örter, die jene für die Dämonen und das Schicksal wünschten, zu beachten, um Planeten und Sterne einem entstehenden Werk anzupassen, damit sie entweder in den Ecken oder in den zwei genannten nachrückenden Örtern oder wenigstens in nur zwei der fallenden Örter sind, die wir vorhin angegeben haben. 
45 Vollkommen berechtigt sagen sie nämlich, Sol freue sich über den neunten, Luna den dritten, Jupiter den elften und Venus über den fünften Ort; 46 denn diese haben einen Aspekt zum aufsteigenden Grad.
Im Kontext des Zusammenhangs von Medizin und Magie stellen KPS fest:
"Astrologische Prognosen werden nur insofern anerkannt, als die Kenntnis der Geburtskonstellation bzw. des 'daemon geniturae' den Weg für die iatromathematische Behandlung des Einzelfalls weist."
<In der Anmerkung wird die Textstelle zitiert, aber nicht übersetzt.>
iii, 24: S. 375 (Anm. 56):
1 Quoniam vero litterarum studiosis loquor, recordari unumquemque volo litterarum amore captum imprimis se esse Mercurialem, praeterea Solarem, quatenus ipse Mercurius est Solaris. 2 Atque haec communis his omnibus est conditio. 
3 Proprie vero praeter naturam Mercurialem, quisquis eloquii gratia, lepore, dignitate, venustate pollet, Apollinem in se agnoscat et Venerem. 
4 Qui ad leges vel naturalem communemque philosophiam est propensior, non ignoret Iovem se habere patronum. 
5 Sed qui ad secretissima quaeque curiosius perscrutanda penitus instigatur, sciat se non Mercurialem solum esse, sed Saturnium, sub cuius etiam principatu sunt omnes in quovis studio usque ad finem seduli, praesertim in rebus aliis negligentes.
6 Denique si verum est, quod nonnulli tam physici quam astronomi tradunt, animam intellectu praeditam in conceptum humanum mense Solis, id est quarto, descendere, qui plurimum intellectu vivunt, et ab initio sunt praecipue et quotidie Solares evadunt. 
1 Da ich aber für geistig Tätige spreche, will ich, dass jeder einzelne, der von Liebe zur Wissenschaft ergriffen ist, sich daran erinnert, dass er in besonderem Maße merkurmäßig, außerdem solmäßig ist, soweit Merkur selbst solmäßig ist. 2 Und dieses Los ist allen diesen gemeinsam. 
3 Jeder aber, der durch die Gabe der Beredsamkeit, durch Liebenswürdigkeit, Würde und Anmut etwas vermag, soll auf besondere Weise neben der Merkurnatur Apoll und Venus in sich erkennen. 
4 Wer mehr zu Gesetzen oder zu Natur- und Allgemeinphilosophie sich hingezogen fühlt, der soll wissen, dass er Jupiter zum Schutzherrn hat. 
5 Aber wer den starken Trieb dazu hat, gerade die größten Geheimnisse wissbegieriger zu erforschen, der soll wissen, dass er nicht nur merkurtypisch ist, sondern auch dem Saturn angehört, unter dessen Herrschaft auch alle die sind, die in beliebigem Studium bis zum Ende strebsam sind, besonders die, die sich um andere Bereiche nicht kümmern.
6 Wenn es schließlich wahr ist, was sowohl einige Wissenschaftler als auch Astronomen überliefern, dass die mit Intellekt begabte Seele in die menschliche Leibesfrucht im Sol-Monat, d. h. im vierten, gelangt, dann sind die, die am meisten mit ihrem Intellekt leben, von Anfang an besonders solmäßig und werden es täglich.
Das Zitat soll zusammen mit iii, 11 folgende Aussage belegen:
"Saturn ist es, der den Geist zu der Betrachtung höherer und geheimerer Dinge anleitet ..."

Im Verlauf der Anmerkung 56 behaupten KPS:
"Noch auch will Ficino an dem Grundsatz rütteln, daß die gemeinsame Natur aller den Wissenschaften ergebenen Männer die Merkurialische <sic!> sei. Doch innerhalb dieser allgemeinen Voraussetzung differenzieren sich die verschiedenen Typen der 'viri literati'. So soll der anmutig-witzige, würdevoll-liebliche Redner neben Merkur Apoll und Venus als Schutzherren anerkennen, der sich mit der Juristerei oder mit der 'naturalis communisque philosophia' Beschäftigende sollte neben Merkur Jupiter gelten lassen, während - und das ist das Entscheidende - der in die tiefsten Tiefen hinab- und zu den höchsten Höhen hinaufsteigende Denker 'sciat se non Mercurialem solum esse, sed Saturnium'. Ficinos Interesse und Sympathie gilt jedoch im Grunde nur diesem saturninischen Gelehrtentypus ..."

<Wenn man hier noch den Satz 6 liest und wahrnimmt, kann die letzte Aussage eigentlich nur heißen: KPS' Interesse und Sympathie gilt jedoch im Grunde nur diesem saturninischen Gelehrtentypus ... (Fettdruck von mir).>

apologia: S. 388 (Anm. 97):
35 Surge post haec et tu, Guicciardine vehemens, atque curiosis ingeniis respondeto magiam vel imagines non probari quidem a Marsilio, sed narrari, Plotinum ipsum interpretante. 36 Quod et scripta plane declarant, si aequa mente legantur. 
37 Neque de magia hic prophana, quae cultu daemonum nititur, verbum quidem ullum asseverari, sed de magia naturali, quae rebus naturalibus ad prosperam corporum valetudinem coelestium beneficia captat, effici mentionem. 
38 Quae sane facultas tam concedenda videtur ingeniis legitime utentibus, quam medicina et agricultura iure conceditur; 39 tantoque etiam magis, quanto perfectior est industria, terrenis coelestia copulans. 

48 Denique duo sunt magiae genera. 
49 Unum quidem eorum, qui certo quodam cultu daemonas sibi conciliant, quorum opera freti fabricant saepe portenta. 50 Hoc autem penitus explosum est, quando princeps huius mundi eiectus est foras. 
51 Alterum vero eorum, qui naturales materias opportune causis subiciunt naturalibus mira quadam ratione formandas. 

52 Huius quoque artificii species duae sunt: 53 altera quidem curiosa, altera necessaria. 
54 Illa sane ad ostentationem supervacua fingit prodigia, ceu quando Persarum Magi ex salvia sub fimo putrefacta, dum Sol et Luna secundam Leonis faciem occuparent eundemque gradum ibi tenerent, generabant avem merulae similem serpentina cauda eamque redactam in cinerem infundebant lampadi, unde domus statim plena serpentibus videbatur. 55 Hoc autem tanquam vanum et saluti noxium procul effugiendum. 
56 Tenenda tamen species necessaria cum astrologia copulans medicinam. 

35 Erhebe dich danach auch du, mein stürmischer Guicciardinus, und antworte den naseweisen Genialen, dass Marsilius die Magie oder die Amulette nicht billigt, sondern sie nur referiert, da er eben Plotin übersetzt. 36 Das zeigen auch die Texte deutlich, wenn man sie unvoreingenommen liest. 
37 Und sage, dass hier nicht über die gottlose Magie, die sich auf Dämonenkult stützt, ernsthaft gesprochen wird, sondern dass die natürliche Magie, die mit natürlichen Dingen Wohltaten des Himmels zur guten Gesundheit der Körper erhaschen will, zur Debatte steht. 
38 Diese Fähigkeit muss man offensichtlich den begabten Leuten, die sie rechtmäßig verwenden, ebenso zugestehen, wie man Medizin und Landwirtschaft zu Recht erlaubt; 39 und sogar desto mehr, je vollkommener der Fleiß ist, der Irdisches mit Himmlischem vereinigt.

48 Schließlich gibt es zwei Arten von Magie.
49 Die eine Art verfolgen die, die mit einem bestimmten Kult sich die Dämonen gewinnen wollen und die im Vertrauen auf deren Hilfe oft Wunderliches herstellen. 50 Das ist aber völlig ausgepfiffen worden, da der Fürst dieser Welt nach draußen gejagt worden ist.
51 Die andere aber verfolgen die, die natürliche Stoffe zeitrichtig natürlichen Gründen unterwerfen, um die Stoffe auf wunderbare Weise zu formen.
52 Auch von dieser Kunst gibt es zwei Erscheinungsformen: 53 die eine ist Sache der Neugier, die andere der Notwendigkeit.
54 Jene bildet freilich nur zur Schau überflüssige Wunder, wie einst Magier der Perser aus unter Mist verfaulendem Salbei einen amselähnlichen Vogel mit Schlangenschwanz erzeugten, während Sol und Luna den zweiten Dekan im Leo besetzten und dort auf demselben Grad standen, und eingeäschert gossen sie ihn in eine Lampe, wodurch das Haus sofort voller Schlangen zu sein schien. 55 Das aber muss man als unsinnig und dem Seelenheil schädlich weit von sich weisen.
56 Jedoch muss man an der notwendigen Form von Magie, die die Medizin mit der Astrologie verknüpft, festhalten. 

Ausgangspunkt für die in der Anmerkung zitierten Stellen ist folgender Satz im Text:
" 'Natürliche Magie' ist ein 'Bindeglied zwischen Astrologie und Medizin'."

Die Anmerkung zitiert erst 48-51, und fährt dann fort: "Auch von der letzteren gibt es zwei Arten: die 'magia curiosa' <53>, die diese natürlich-magischen Wirkungen nur zu unnötigen oder gar schädlichen Zwecken benutzt <54>, und die 'magia necessaria' <53>, die mit ihrer Hilfe Heilerfolge erzielt, 'cum Astrologia copulans Medicinam' <56>. Ferner: <und jetzt springen KPS im Text zurück:> Quae sane facultas tam concedenda videtur ingeniis legitime utentibus, quam medicina et agricultura iure conceditur; tantoque etiam magis, quanto perfectior est industria, terrenis coelestia copulans <38f.>. 
Nur hinsichtlich der figürlichen Talismane  ('imagines') ist sich Ficino offenbar nicht sicher, ob sie nicht in das Gebiet der Dämonologie gehören; er verfehlt nie, seinen Aussagen über sie ein 'ut putant', 'ut opinantur' oder 'veteres faciebant' hinzuzufügen (cf. z. B. die oben, Anm. 95, zitierte Stelle <hier iii, 18>), und verwahrt sich mehrmals formell dagegen, das Vorgetragene als seine eigene Entdeckung oder auch nur ernsthafte Meinung aufgefasst zu sehen. So auch in der Apologia ..." <Es folgt das Zitat aus 35:>
"... curiosis ingeniis respondeto magiam vel imagines non probari quidem a Marsilio, sed narrari; ..."

<Seltsame Art zu zitieren.>

apologia: S. 380 (Anm. 71)
71 Dic, amabo, nonne vides boves et asinos, o bos, o asine, qui tactu quodam ex se viventia generant, esse vivos? 72 Si ergo haec praeterea ex se viva quaedam aspectu etiam generarent, an non multo magis haec vivere iudicares, si quod modo ipse iudicium, si quam vitam habes? 
73 Coelum, terrae maritus, non tangit (ut communis est opinio) terram. 74 Cum uxore non coit, sed solis siderum suorum quasi oculorum radiis undique lustrat uxorem; 75 lustrando fecundat procreatque viventia. 76 Num ergo vitam vel intuendo largiens ipsum in se propriam nullam habet vitam? 77 Et quod dedit avi strutho vitam aspectumque vivificum, longe est hoc ipso deterius? 
78 His tandem adductis in medium, nisi persuaseris superstitiosum istum, mittito semivivum, immo vero non vivum. 
71 Sag, bitte, du Rindvieh, du Esel, siehst du nicht, dass Rindviecher und Esel, die durch eine gewisse Berührung aus sich heraus Lebendiges zeugen, lebendig sind? 72 Wenn also dieses außerdem aus sich gewisse lebendige Wesen auch durch den Anblick erzeugen würde, würdest du nicht noch viel mehr urteilen, dass dies lebe, wenn du nur selbst irgendeine Urteilsfähigkeit, wenn du nur irgendein Leben hast? 
73 Der Himmel, der Gatte der Erde, berührt - so lautet die normale Meinung - die Erde nicht. 74 Er hat mit seiner Frau keinen Geschlechtsverkehr, sondern nur mit den Strahlen seiner Sterne als gleichsam denen seiner Augen bescheint er überall seine Frau; 75 durch Bescheinen befruchtet er und bringt Lebendiges hervor. 76 Hat also genau das, was das Leben wohl durch Anschauen reichlich spendet, in sich kein eigenes Leben? 77 Und das, was dem Spatzenvogel Leben und lebendiges Aussehen gab, ist weit schlechter als dieser selbst? 
78 Wenn du das schließlich vorbringst und diesen Irrgläubigen da nicht überzeugst, dann schicke ihn halblebig, nein eigentlich: nicht lebendig fort.
Bei der Vorstellung von Ficinus' Weltbild übersetzen KPS 73-75:
73 "Der Himmel, der Bräutigam der Erde, berührt sie nicht, wie man gemeinhin denkt, noch auch umarmt er sie; er betrachtet [oder beleuchtet?] sie durch die bloßen Strahlen seiner Gestirne, die gewissermaßen seine Augen sind; und indem er sie betrachtet, befruchtet er sie und erzeugt so das Lebendige."

Noch einmal: "So gipfelt denn Ficinos Werk trotz seiner anhaltenden Angst vor dem unheimlichen alten Dämon letztlich doch in einer Glorifizierung Saturns. Der greise Gott, der die Herrschaft zugunsten der Weisheit, das Leben auf dem Olymp zugunsten eines zwischen der höchsten Himmelssphäre und dem tiefsten Erdinnern geteilten Daseins aufgegeben hat, ist schließlich der oberste Schutzpatron der Platonischen Akademie in Florenz geworden." (KPS S. 393, Fettdruck von mir) 
Wenn man den Umgang von Klibansky-Panofsky-Saxl mit den Textstellen betrachtet, fällt auf, dass sie weniger den Sinn bei Ficinus heraus- als ihre Meinung von der Hochwertigkeit Saturns hineinarbeiten wollten - ganz deutlich z. B. beim Umgang mit iii, 24 (s. o). Und kann man angesichts von iii, 24, 10: 

"Verum ad Apollinem, Musarum ducem, imprimis vos, o litterati, Musarum cultores, advoco. Quicunque igitur inter vos, dilectissimi in Musarum amore fratres, ingenio multo magis longiusque quam corpore valent, ii profecto sciant in genitura quondam sua Phoebem quidem materiam suppeditasse perpaucam, Phoebeum vero spiritum infudisse quam plurimum, immo et quotidie humores alimentaque in corpore in spiritum maxima quadam ex parte resolvere. (Aber zu Apoll, dem Führer der Musen, rufe ich besonders euch, ihr Männer der Schriften, ihr Verehrer der Musen. Jeder unter euch also, geliebte Brüder in der Liebe zu den Musen, der viel mehr durch seine Begabung  und länger etwas vermag als durch seinen Körper, soll in der Tat wissen, dass Phöbe einst bei seiner Zeugung sehr wenig Materie zur Verfügung gestellt hat, dass sie aber sehr viel Phöbus-Atem eingeflößt hat, dass sie sogar noch täglich Säfte und Nahrung im Körper für den Seelenatem sozusagen größtenteils auflöst.)"

wirklich behaupten, Saturn sei der Schutzpatron geworden?
Ficinus ist viel gespaltener, als KPS mit ihrem Plädoyer für Saturn sehen wollen - aber wesentlich vielfältiger, als sie zulassen wollen.

Motto: 
Wagner <KPS>: "Verzeiht! es ist ein groß Ergetzen,
Sich in den Geist der Zeiten zu versetzen,
Zu schauen, wie vor uns ein weiser Mann gedacht
Und wie wirs dann so herrlich weit gebracht."
Faust: "O ja, bis an die Sterne weit!
Mein Freund, die Zeiten der Vergangenheit
Sind uns ein Buch mit sieben Siegeln.
Was ihr den Geist der Zeiten heißt,
Das ist im Grund der Herren <KPS> eigner Geist,
In dem die Zeiten sich bespiegeln."
Goethe, Faust I, 570-579

Abgeschlossen am 10. Oktober 2007.

Hier geht's nach oben:    
und hier zur Übersicht über den Inhalt und zum Gesamttext (Lat/Deutsch) von "De Vita":

  ... und hier zu meiner Homepage: