MARSILIUS FICINUS: DE VITA TRIPLICI

 

iii, 15

 

Cap. XV: De virtute imaginum secundum antiquos atque medicinarum; et quomodo medicinae sint longe validiores quam imagines. Kap. 15: Über die Kraft von Amuletten und Arzneien gemäß den Alten; und wie die Arzneien weit stärker sind als die Amulette.
1 Si lapillos, quos paulo ante Phoebeos narravimus, nactus fueris, nihil opus erit imagines eis imprimere. 
2 Suspendes itaque collo comprehensos auro crocei serici filis, quando Sol sub Ariete vel Leone percurrit ascenditque, vel medium tenet coelum aspicitque Lunam. 
1 Wenn du Steine, die wir gerade eben als phöbeisch bezeichnet haben, erhalten hast, musst du ihnen keine Bilder einprägen. 
2 Hänge sie also, in Gold gefasst, an Fäden aus safrangelber Seide um den Hals, wenn Sol unter dem Aries oder Leo durchläuft und aufgeht oder im Zenit steht und Luna anschaut. 
3 Multo vero potentiores in serie Lunae lapillos narrat Proculus primum quidem selinitim, qui non modo figura Lunam imitetur, sed et motu circumeatque cum Luna. 4 Hunc si forte reppereris et argento circumdatum argenteo filo collo suspenderis, Luna Cancrum vel Taurum subeunte angulosque tenente sibi convenientes, spiritum inde tuum reddes postremo Lunarem, dum videlicet calefactus abs te lapillus ipse Lunaris virtutem suam tuis assidue spiritibus inserit. 
5 Alterum vero recenset lapillum helioselinon cognomento, qui Solis Lunaeque coniunctae Soli naturaliter habet imaginem. 6 Hunc ergo quisquis argento inclusum deaurato similibus collo filis admoverit, quando Luna in domicilio suo vel Solis in eodem minuto cum Sole congreditur suosque teneat angulos, Solarem simul atque Lunarem spiritum reportabit, aut saltem talem, qualis evadit Luna per centrum copulata Soli. 7 Hic vero tu vides dispersas Phoebi dotes velut Osyridis membra sororem eius Phoebem velut Isidem congregare.
3 Proklos erzählt, dass Steine in der Reihe der Luna aber noch viel mächtiger seien, an erster Stelle der Mondstein, der nicht nur durch seine Gestalt Luna nachahme, sondern auch durch seine Bewegung und mit Luna herumgehe. 4 Wenn du den zufällig gefunden und ihn, mit Silber gefasst, mit silbernem Faden an den Hals gehängt hast, wenn Luna im Cancer oder Taurus steht und ihr zustehende Eckpunkte einnimmt, dann machst du deinen Seelenatem dadurch letztlich mondmäßig, da natürlich der Luna-Stein, von dir erwärmt, seine Kraft beständig deinen Atemformen einflößt.
5 Als zweiten Stein bespricht Proklos den, der "Helioselinon" heißt, der von Natur aus das Aussehen hat von Sonne und Mond in Konjunktion mit der Sonne. 6 Wer also diesen Stein, in vergoldetem Silber gefasst, sich mit ebensolchen Fäden um den Hals gehängt hat, wenn Luna in ihrem oder Sols Haus in derselben Minute sich mit Sol trifft und ihre Eckpunkte einnimmt, der trägt zugleich sonnen- und mondmäßigen Seelenatem davon, oder wenigstens so einen, wie entsteht, wenn Luna sich durchs Zentrum mit Sol innig verbunden hat. 7 Hier aber siehst du Phöbe, die Schwester, die versprengten Gaben des Phöbus sammeln wie Isis die Glieder des Osiris.
8 Sed utinam Solarem alicubi lapidem facile reperiremus vel Lunarem adeo in eorum ordine praepotentem, quemadmodum sub serie septentrionalis poli magnetem habemus et ferrum. 
9 Solarem profecto ferunt invenisse apud Indos Apollonium Theaneum lapidem scilicet nomine pantauram, ignis instar micantem, sub terra passus quattuor nascentem, cui tantum spiritus insit, ut tumeat et plerunque scindatur terra, ubi eiusmodi lapis concipitur; 10 ita ceteros ad se lapillos trahens, sicut magnes ferrum. 
11 Sed lapis hic Herculeus ad se contemplandum vehementius adhuc nos impraesentia rapit. 
12 Videmus in specula nautarum, indice poli, libratum acum affectum in extremitate magnete moveri ad Ursam, illuc videlicet trahente magnete, quoniam et in lapide hoc praevalet virtus Ursae et hinc transfertur in ferrum et ad Ursam trahit utrunque. 13 Virtus autem eiusmodi tum ab initio infusa est, tum continue Ursae radiis vegetatur. 14 Forsitan ita se habet succinum ad polum alterum et ad paleas.
8 Aber o wenn wir doch irgendwo einen Sol-Stein leicht fänden oder einen Luna-Stein, der in der jeweiligen Reihe übermächtig wäre, wie wir in der Reihe des Nordpols den Magnetstein und das Eisen haben! 
9 Es heißt, Apollonius von Tyana habe einen Sol-Stein bei den Indern gefunden namens "Pantaura", der funkelt wie Feuer und vier Schritt unter der Erde entsteht, der so viel Seelenatem in sich habe, dass die Erde anschwelle und meistens berste, wo sie einen derartigen Stein empfange; 10 er zieht die anderen Steine so an wie Magnetstein das Eisen. 
11 Aber dieser herkulische Stein reißt uns im Moment allzu sehr zu seiner Betrachtung: 
12 Wir sehen in einer Warte der Seeleute, dass mit Anzeige des Pols eine ausgewogene Nadel, deren Ende vom Magnetstein beeinflusst wurde, sich zur Ursa bewegt, wobei natürlich der Magnetstein dorthin zieht, da in diesem Stein die Kraft der Ursa übermächtig ist, sie von hier aufs Eisen übertragen wird und sie beides zur Ursa hinzieht. 13 Eine derartige Kraft ist von Anfang an im Stein angelegt und wird ständig von den Strahlen der Ursa belebt. 14 Vielleicht  verhält sich Bernstein so zum anderen Pol und zum Stroh. 
15 Sed dic interea, cur magnes trahat ubique ferrum – non quia simile, alioquin et magnetem magnes traheret multo magis ferrumque ferrum; 16 non quia superior in ordine corporum, immo superius est lapillo metallum. 17 Quid ergo? 
18 Ambo quidem ordine Ursam sequente clauduntur, sed superiorem in ipsa Ursae proprietate gradum tenet magnes, inferiorem vero ferrum. 
19 Superius autem in eodem rerum contextu trahit quidem, quod est inferius, et ad se convertit vel aliter quomodolibet agitat aut afficit virtute prius infusa. 
20 Inferius vicissim eadem ad superius infusione convertitur vel aliter agitatur vel prorsus afficitur.
15 Aber sag jetzt, warum der Magnetstein überall das Eisen anzieht - nicht wegen der Ähnlichkeit, sonst würde ein Magnetstein einen anderen Magnetstein viel mehr anziehen und Eisen das Eisen; 16 auch nicht weil er in der Reihe der Körper höher steht, nein, höher als der Stein steht das Metall. 17 Wo liegt die Lösung des Rätsels? 
18 Beide gehören in die Reihenfolge der Ursa, aber den höheren Platz im Eigentum der Ursa hat der Magnetstein, den tieferen aber das Eisen. 
19 Das Höhere in derselben Reihe der Dinge zieht allerdings das Untere an, richtet es auf sich aus oder beeinflusst es auf irgendeine andere Weise oder versieht es mit der früher eingeflossenen Kraft.
20 Das Tiefere wiederum richtet sich infolge desselben Einflusses auf das Höhere aus oder lässt sich beeinflussen oder ganz füllen. 
 21 Sic in serie Solis inferior homo admiratur superiorem, in ordine Iovio veneratur, in Martio timet, in Venereo inferior ad superiorem rapitur amoris ardore deseritque seipsum, in Mercuriali semper hic discit vel persuadetur ab illo, in Lunari motum hic ab illo saepius exorditur, in Saturnali quietem.  21 So bewundert in der Sol-Reihe der tiefer stehende Mensch den höherstehenden, in der Jupiter-Reihe verehrt er ihn, in der Mars-Reihe fürchtet er ihn und in der Venus-Reihe wird der Tieferstehende zum Höherstehenden durch das Feuer der Liebe hingerissen und gerät außer sich, in der Merkur-Reihe lernt dieser ständig oder wird von jenem überzeugt, in der Luna-Reihe übernimmt dieser von jenem öfters die Bewegung, in der Saturn-Reihe die Ruhe.
22 Ego autem cum haec explorata hactenus habuissem, admodum gratulabar cogitabamque iuvenis adhuc magneti pro viribus insculpere coelestis Ursae figuram, quando Luna melius illuc aspiciat, et ferreo tunc filo collo suspendere. 23 Sperabam equidem ita demum virtutis me sideris illius compotem fore. 24 Sed cum diutius explorassem, inveni tandem sideris illius influxus Saturnales esse plurimum atque Martiales. 22 Als ich als noch junger Mann diese Dinge soweit erforscht hatte, beglückwünschte ich mich sehr und dachte daran, dem Magnetstein, wie ich es eben konnte, die Gestalt der himmlischen Ursa einzuritzen, wenn die Luna besser dorthin schaute, und ihn mit einem Eisendraht um den Hals zu hängen. 23 Ich hoffte, so nämlich über die Kraft jenes Sterns verfügen zu können. 24 Als ich aber weiter geforscht hatte, fand ich endlich heraus, dass die Einflüsse dieses Sterns sehr saturnmäßig und marsmäßig sind.
25 Accepi a Platonicis malos daemonas plurimum septentrionales existere. 26 Quod etiam Hebraeorum astronomi confitentur, noxios Martiosque daemonas in septentrione ponentes, propitios autem et Iovios in meridie. 
27 Didici a theologis et ab Iamblicho imaginum fictores a daemonibus malis occupari saepius atque falli. 
28 Vidi equidem lapillum Florentiam advectum ex India, ibi e capite draconis erutum, rotundum ad nummi figuram, punctis ordine quam plurimis quasi stellis naturaliter insignitum, qui aceto profusus movebatur parumper in rectum, immo obliquum, mox ferebatur in gyrum, donec exhalaret vapor aceti. 
29 Existimavi equidem lapillum eiusmodi coelestis Draconis habere naturam atque quasi figuram, motum quoque illius accipere, quatenus per aceti seu vini valentioris spiritum Draconi illi sive firmamento familiarior redderetur. 30 Hunc igitur qui gestaret et aceto saepe perfunderet, vim aliquam forte Draconis illius acciperet, qui geminis anfractibus hinc quidem Ursam Maiorem implicat, inde Minorem. 
25 Von den Platonikern habe ich erfahren, dass die bösen Dämonen vor allem die nördlichen sind. 26 Das bekennen auch die hebräischen Astronomen, die die schädlichen Mars-Dämonen in den Norden stellten, die guten Jupiter-Dämonen aber in den Süden. 
27 Gelernt habe ich von den Theologen und Jamblichus, dass die Hersteller von Amuletten öfters von bösen Dämonen besessen und betrogen werden. 
28 Ich habe einen Stein gesehen, den man aus Indien nach Florenz brachte, der dort aus einem Drachenkopf zu Tage gefördert worden war, der Stein war rund wie eine Münze, von möglichst vielen Punkten in einer Reihe wie von Sternen von Natur aus bezeichnet. Dieser Stein wurde mit Essig übergossen, bewegte sich ein wenig zur Vertikalen, nein in schräger Richtung, bewegte sich bald kreisförmig, bis der Essigdampf sich verflüchtigt hatte. 
29 Ich war der Meinung, so ein Stein habe die Natur des himmlischen Draco und gleichsam seine Gestalt, erhalte auch seine Bewegung, da er durch den Geist des Essigs oder eines stärkeren Weins jenem Draco oder dem Firmament vertrauter wurde. 30 Wer also diesen Stein tragen und ihn oft mit Essig übergießen würde, der bekäme vielleicht  eine bestimmte Kraft von jenem Draco, der in doppelter Krümmung hier die Ursa Maior, dort die Ursa Minor umfasst. 
31 Extat et prope Scorpionem Serpentarius, quasi homo serpente cinctus, manu dextra caput serpentis tenens, sinistra caudam, genibus quasi flexis, capite paulum resupino. 32 Legi equidem Magos Persarum regi consuluisse, ut imaginem hanc lapidi imprimeret haematiti, quem aureo clauderet anulo ita tamen, ut inter lapillum atque aurum serpentariae radicem insereret. 33 Hoc enim anulo gestantem contra venenum morbosque venenosos tutum fore, videlicet si Luna Serpentarium aspiciente feceris. 34 Hanc imaginem Petrus Aponensis confirmavit. 
35 Ego vero, si hanc anulus ille vim habet, arbitror non tam per figuram quam per materias eiusmodi et hoc pacto temporeque compositas sibi coelitus vendicare. 
31 Es gibt auch in der Nähe des Scorpio den Schlangenträger, gleichsam einen von einer Schlange umgebenen Menschen, der in seiner Rechten den Kopf der Schlange, in seiner Linken den Schwanz hält, seine Knie sind gleichsam gebogen, sein Kopf ein wenig nach hinten gelehnt. 32 Ich habe gelesen, die Magier hätten einem Perserkönig geraten, dieses Bild einem Hämatit einzuprägen und diesen mit einem Goldring so zu fassen, dass er doch zwischen Stein und Gold die Wurzel von Schlangenkraut einfügen könne. 33 Wenn man diesen Ring trage, sei man dadurch gegen Gift und vom Gift kommende Krankheiten geschützt, natürlich, wenn man das mache, wenn Luna den Schlangenträger anschaue. 34 Pietro d'Abano bestätigte die Wirkung dieses Bildes. 
35 Ich aber glaube, dass jener Ring, wenn er diese Kraft hat, sie sich vom Himmel weniger durch die Gestalt als durch die Stoffe, die so beschaffen sind und auf diese Weise und zu dieser Zeit zusammengefügt wurden, erwirbt.
36 Memento lapillos nascentes in animalibus, nec inde languentibus, ut in dracone, gallo, hirundine ceterisque, efficaces existere ferme ut lapilli in terra nascentes, atque ad easdem referri stellas, ad quas haec animalia pertinent.  36 Denke daran, dass Steine, die in Tieren entstehen, ohne dass die dadurch erschlaffen, wie z. B. in einem Drachen, Hahn, einer Schwalbe oder anderen, in der Regel ebenso wirksam werden wie Steine, die in der Erde entstehen, und dass sie zu denselben Sternen in Beziehung stehen wie diese Tiere.
37 Hinc alectorius ex ventriculo galli veteris tractus pollet potestate Solari, per quam Dioscorides ait saepe compertum esse, eum pugnare invictum, qui lapillum hunc ore gestaret. 
38 Idem ait chelidonium erutum ex hirundine rufum curare melancholicum et amabilem idoneumque reddere. 39 Quod quidem habet ex Iove per ea, quae diximus: 40 scilicet res ubique infra Lunam stellares existere. 
37 Deshalb hat der Hahnenstein, aus dem Bauch eines alten Hahns herausgezogen, durch die Sol-Kraft die Macht, von der Dioskorides sagt, man habe oft erfahren, dass durch sie der unbesiegt kämpfe, der diesen Stein im Mund trage. 
38 Derselbe sagt, ein fuchsroter Schwalbenstein, aus einer Schwalbe herausgeholt, sorge für einen Melancholiker und mache ihn liebenswert und lebenstauglich. 39 Diese Kraft hat er von Jupiter durch die genannten Verfahren: 40 dass nämlich überall unter der Luna Dinge mit Sternqualität entstehen. 
41 Confirmatur dictum illud valde Platonicum: 42 hanc mundi machinam ita secum esse connexam, ut et in terris coelestia sint conditione terrena et in coelo vicissim terrestria dignitate coelesti, et in occulta mundi vita menteque, regina mundi, coelestia insint, vitali tamen intellectualique proprietate simul et excellentia. 
43 Per haec insuper confirmant nonnulli etiam illud magicum: 44 per inferiora videlicet superioribus consentanea posse ad homines temporibus opportunis coelestia quodammodo trahi, atque etiam per coelestia supercoelestia nobis conciliari vel forsan prorsus insinuari. 45 Sed postremum hoc illi viderint. 
41 Bestätigt wird jenes platonische Wort sehr: 42 Dieser Mechanismus der Welt sei so in sich verbunden, dass es auf der Erde Himmlisches gebe von irdischem Wert und umgekehrt im Himmel Irdisches von himmlischem und dass im verborgenen Leben und Geist der Welt, ihrem König, Himmlisches enthalten ist, von vitaler und intellektueller Eigenschaft, aber doch zugleich hervorragend. 
43 Dadurch bestätigen manche obendrein auch jenen magischen Satz: 44 Durch Tieferes, das mit dem Höheren im Einklang stehe, könne zu den Menschen auch Himmlisches zeitrichtig geholt werden, und es könne auch durch Himmlisches Überhimmlisches für uns gewonnen und vielleicht ganz verinnerlicht werden. 45 Aber für dieses letzte sollen jene sorgen.
46 Verum illud arte quadam rite et opportune in unum plurima colligente fieri posse probabile satis (ut diximus) esse videtur, tum rationibus, quas in superioribus assignavimus, tum quia eiusmodi multa, quando apud medicum et astrologum colliguntur, contunduntur, commiscentur, concoquuntur sub sidere certo, dum ipsa per se ratione concoctionis atque fermenti novam paulatim formam subeunt, hanc ipsam acquirunt certo quodam fomento coelesti, radiis tunc intus agentibus, ideoque coelestem. 
47 Metallum vero vel lapillus, quando momento sculpitur, non videtur novam accipere qualitatem, sed figuram; 48 neque motio illa per debitos digestionis gradus, quos alteratio naturalis atque generatio solet observare, progreditur. 49 Cum vero natura coelestis tanquam inferioris naturae regula soleat tenore quodam progredi naturali et ita progredientibus aspirare, merito diffidunt plerique imagines eiusmodi coelestem aliquam virtutem habere. 
50 Ego quoque ambigo saepius ac, nisi et omnis antiquitas et omnes astrologi vim mirabilem habere putarent, habere negarem. 51 Negarem equidem non omnino, opinor enim, nisi quis aliter persuaserit, ad prosperam valetudinem saltem aliquam habere virtutem, electae praesertim ratione materiae; 52 tametsi multo maiorem inesse pharmacis arbitror et unguentis sidereo favore conflatis. 53 Quid vero voluerim, ubi modo dicebam 'electae ratione materiae', in sequentibus declarabo. 
46 Es scheint aber, wie wir gesagt haben, genug einzuleuchten, dass jenes mit einer bestimmten Methode, die richtig und zeitrichtig sehr vieles zu einer Einheit zusammensammelt, geschehen kann, einerseits aus Gründen, die wir früher angegeben haben, andererseits weil viel Derartiges, wenn es beim Arzt und Astrologen gesammelt, zerstoßen, vermischt und verkocht wird unter einem bestimmten Stern, während es selbst von sich aus durch den Prozess des Verkochens und Vergärens allmählich eine neue Gestalt annimmt, dass vieles also gerade diese Gestalt sucht, mittels einer bestimmten himmlischen Förderung, wobei die Strahlen dann im Inneren wirken, und deswegen eine himmlische Gestalt. 
47 Ein Metall aber oder ein Stein scheint, wenn er in kurzer Zeit behauen wird, keine neue Qualität, sondern nur eine neue Gestalt anzunehmen; 48 und jene Entwicklung schreitet nicht in den notwendigen Schritten der Verdauung, die natürliche Veränderung und Entstehung zu beachten pflegt, voran. 49 Da aber die himmlische Natur gleichsam als Richtschnur der tieferen Natur in einem sozusagen natürlichen Verlauf normalerweise voranschreitet und das, was so voranschreitet, begünstigt,
sind die meisten zu Recht misstrauisch, dass derartige Amulette irgendeine himmlische Kraft haben. 
50 Auch ich schwanke des öfteren und würde sagen, sie haben sie nicht, wenn nicht die gesamte Antike und alle Astrologen behaupten würden, sie hätten wunderbare Kraft. 51 Ich würde es nicht ganz verneinen, ich meine nämlich, falls nicht jemand vom Gegenteil überzeugt, dass sie zur guten Gesundheit wenigstens ein bisschen Kraft haben, vor allem aufgrund des auserlesenen Stoffes; 52 ich glaube aber, dass in Arzneien und Salben, die mit himmlischer Gunst hergestellt wurden, viel mehr Kraft enthalten ist. 53 Was ich aber damit sagen wollte, wenn ich eben von 'aufgrund des auserlesenen Stoffes' sprach, das will ich im folgenden erklären.
54 Quae vero ex Magorum vel astrologorum opinione ad Plotinum interpretandum pro imaginibus allegari possunt, deinceps breviter afferam, si te prius hic admonuero, ne putes probare me usum imaginum, sed narrare. 
55 Ego enim medicinis ad coelum temperatis, non imaginibus utor, atque ita ceteris quotidie consulo. 
56 Tu vero, si concedis Deum rebus infra Lunam mirabiles inseruisse virtutes, mirabiliores concede coelestibus. 
57 Praeterea si licere iudicas homini ad prosperam valetudinem inferioribus uti, iudica superioribus quoque licere, atque inferiora ad superiorum normam sic medicorum artificio temperare, sicut etiam a Deo sunt ab initio temperata. 
54 Was aber nach Meinung der Magier oder der Astrologen zur Deutung des Plotin zugunsten der Amulette angeführt werden kann, das will ich gleich kurz beibringen, will dich aber hier zuerst davor warnen, zu glauben, ich würde den Gebrauch der Amulette billigen; glaube aber, dass ich ihn nur referiere. 
55 Denn ich verwende nur Medizin, die dem Himmel angepasst ist, keine Amulette, und dasselbe empfehle ich täglich allen anderen. 
56 Wenn du aber zugestehst, dass Gott den Dingen unterhalb des Mondes wunderbare Kräfte verliehen hat, dann gestehe den himmlischen Dingen noch wunderbarere zu. 
57 Außerdem, wenn du meinst, der Mensch dürfe zur guten Gesundheit die Dinge der Erde verwenden, dann sei auch der Meinung, er dürfe auch die himmlischen verwenden, und er dürfe durch ärztliche Kunst so das Irdische an die Norm des Himmlischen anpassen, wie es auch von Gott von Anfang an angepasst wurde.

 

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