MARSILIUS FICINUS: DE VITA TRIPLICI

 

iii, 26

 

Cap. XXVI: Quomodo per inferiora superioribus exposita deducantur superiora, et per mundanas materias mundana potissimum dona. Kap. 26: Wie durch Tieferes, Höherem ausgesetzt, Höheres und durch kosmische Materien vor allem kosmische Geschenke herabgeführt werden.
1 Sed ne longius digrediamur ab eo, quod interpretantes Plotinum instituimus ab initio, breviter ita collige: 2 mundus ab ipso bono (ut Plato una cum Timaeo Pythagorico docet), quam optimus effici poterat, est effectus. 3 Est igitur non solum corporeus, sed vitae insuper et intelligentiae particeps. 1 Um aber nicht weiter von dem abzuschweifen, was wir als Plotin-Interpreten von Anfang an verfolgt haben, fasse es folgendermaßen zusammen: 2 die Welt ist vom Guten selbst (wie Platon zusammen mit dem Pythagoräer Timaios lehrt) möglichst gut eingerichtet. 3 Sie ist also nicht nur körperlich, sondern hat auch obendrein Teil am Leben und der Intelligenz.
4 Quamobrem praeter corpus hoc mundi sensibus familiariter manifestum latet in eo spiritus corpus quoddam excedens caduci sensus capacitatem. 
5 In spiritu viget anima; 6 in anima fulget intelligentia. 7 Atque sicut sub Luna nec miscetur aer cum terra, nisi per aquam, nec ignis cum aqua, nisi per aerem, sic in universo esca quaedam sive fomes ad animam corpori copulandam est ille ipse, quem spiritum appellamus. 
8 Anima quoque fomes quidam est in spiritu corporeque mundi ad intelligentiam divinitus consequendam, quemadmodum summa quaedam in ligno siccitas ad penetraturum oleum est parata. 9 Oleum huic imbibitum pabulum est ad ignem, ad calorem dico proxime. 10 Calor ipse luminis est vehiculum, ac si lignum hoc eiusmodi sit, ut igne praesente fulgeat, non uratur, qualia quandoque vidimus. 
11 Iam hoc exemplo videbimus, utrum vel homo vel aliud quiddam sub Luna certis quibusdam praeparamentis, partim quidem naturalibus, partim arte quaesitis, vitalia atque etiam forte intellectualia quaedam bona opportune quodammodo desuper accipere possit. 
4 Deshalb befindet sich verborgen neben diesem Körper der Welt, den unsere Sinne auf vertraute Weise wahrnehmen, in ihm eine Art Körper des Atems, der das Fassungsvermögen der hinfälligen Sinneswahrnehmung übersteigt. 
5 Im Atem ist die Seele tätig; 6 in der Seele erstrahlt die Intelligenz. 7 Und so, wie unter dem Mond sich Luft mit Erde nur durch das Wasser vermischt und Feuer mit Wasser nur durch Luft, so ist im Universum gerade das, was wir "Atem" nennen, sozusagen Futter oder Zunder, um die Seele mit dem Körper zu verbinden. 
8 Auch die Seele ist eine Art Zunder im Weltatem und der Weltseele, um von Gott her die Intelligenz zu erreichen, wie größte Trockenheit im Holz für das bald eindringende Öl bereit ist. 9 Das vom Holz aufgesogene Öl ist das Futter für das Feuer, "für die Wärme" sage ich ganz ausgenutztgenau genommen. 10 Die Wärme selbst transportiert das Licht, und wenn dieses Holz so beschaffen wäre, in Anwesenheit von Feuer zu leuchten, würde es nicht verbrennen, was wir zuweilen gesehen haben. 
11 Wir werden nun an diesem Beispiel erkennen, ob der Mensch oder ein anderes Wesen unter dem Mond aufgrund bestimmter Vorkehrungen, teils natürlichen, teils methodisch erworbenen, bestimmte lebenswichtige, vielleicht sogar den Intellekt betreffende Güter zeitrichtig irgendwie von oben erhalten kann.
12 Verum quod hic ad religionem spectat, discutiemus alibi, ubi Plotinus in medium haec adducet. 
13 Quod vero ad naturales spectat influxus, qualescunque sint, desuper venientes, scito eos in nobis materiisque nostris ita demum per artem comparari posse, quando fomenta nobis nostrisque ad illos natura suggesserit coelumque ad eosdem opportunius conspiraverit. 
14 Nonne in ipso fetu natura, fetus ipsius artifex, cum certo quodam pacto corpusculum affecerit figuraveritque hoc ipso statim praeparamento velut esca quadam, spiritum ab universo deducit? 15 Perque hunc velut fomitem vitam haurit atque animam? 16 Ac denique per certam animae speciem dispositionemque corpus ita vivens dignum est praesentia mentis tandem donatae divinitus. 
17 Ubique igitur natura maga est, ut inquit Plotinus atque Synesius, videlicet certa quaedam pabulis ubique certis inescans, non aliter quam centro terrae gravia trahens, Lunae concavo levia, calore folia, humore radices, ceteraque similiter. 
12 Was aber hier in den Bereich der Religion gehört, werden wir an anderer Stelle diskutieren, dort, wo Plotin diese Dinge anspricht. 
13 Was aber zu den natürlichen Einflüssen von oben gehört, wie auch immer diese sein mögen, so wisse, dass diese in uns und unseren materiellen Gegebenheiten dann erst methodisch erworben werden können, wenn uns und unseren Gegebenheiten die Natur für jene "Zündstoff" gegeben hat und der Himmel im Bezug auf diese Einflüsse ganz zeitrichtig mitwirkt. 
14 Führt nicht die Natur den Atem vom Universum gerade im Embryo herab, sie, die kunstvolle Verfertigerin des Embryos, wenn sie das Körperchen auf eine bestimmte Weise sofort gerade mit dieser Ausrüstung wie mit einer Art Futter versieht und gestaltet? 15 Und schöpft nicht der Embryo durch diesen Atem wie durch Zunder sein Leben und seine Seele? 16 Und schließlich ist der Körper, wenn er durch eine bestimmte Gestalt und Ordnung der Seele so lebt, würdig der Anwesenheit eines endlich von Gott verliehenen Geistes. 
17 Überall ist die Natur also eine Magierin, wie Plotin und Synesius sagen, d. h. sie lockt bestimmte Dinge überall durch bestimmtes "Futter" hervor, gerade so, wie sie mit dem Zentrum der Erde Schweres anzieht, Leichtes durch die Krümmung des Mondes, Blätter durch Wärme und Wurzeln durch Feuchtigkeit und den Rest auf gleiche Weise.
18 Quo quidem attractu secum ipso devinciri mundum testantur sapientes Indi, dicentes mundum esse animal passim masculum simul atque feminam, mutuoque membrorum suorum amore ubique coire secum, atque ita constare; 19 vinculum vero membrorum inesse per insitam sibi mentem, quae totam infusa per artus agitat molem, et magno se corpore miscet.
20 Hinc Orpheus naturam ipsam mundi Iovemque mundanum marem appellat et feminam. 21 Usque adeo mutui partium suarum coniugii ubique mundus est avidus. 
22 Esse vero masculinum sexum feminino ubique commixtum, declarat illinc quidem ordo signorum, ubi praecedens perpetuo deinceps ordine masculinum est, subsequens femininum; 23 hinc vero arbores atque herbae, quae etiam sicut animalia utrunque sexum habent. 24 Mitto, quod ignis ad aerem, aqua ad terram masculi vicem tenet ad feminam; 25 ut non mirum sit membra inter se mundana et omnes eius articulos mutuum coniugium concupiscere. 26 Quod et planetae conciliant, partim quidem mares, partim vero feminae, praecipue vero Mercurius masculus atque femina, Hermaphroditi pater. 
18 Die indischen Weisen bezeugen, dass die Welt sich gerade durch diese Anziehung mit sich selbst fessele, indem sie sagen, die Welt sei ein Lebewesen, das überall gleichzeitig männlich und weiblich sei, und in gegenseitiger Liebe ihrer Glieder habe sie überall mit sich Geschlechtsverkehr und habe so Bestand; 19 das Band der Glieder existiere aber im Inneren durch einen ihr eingepflanzten Geist, der "hineingeflossen in die Glieder die ganze Masse vorantreibt  und sich mit dem großen Körper mischt".
20 Deshalb nennt Orpheus die Natur der Welt und den kosmischen Jupiter "Mann und Frau". 21 So sehr ist die Welt überall gierig auf wechselseitiges Ehebündnis ihrer Teile. 
22 Dass das männliche Geschlecht aber mit dem weiblichen überall vermischt ist, zeigt die Reihenfolge der Zodia damit, dass das vorausgehende in ewiger Reihe dann männlich, das nachfolgende weiblich ist; 23 dann aber die Bäume und Pflanzen, die auch wie die Tiere beide Geschlechter haben. 24 Ich übergehe, dass Feuer für Luft - und Wasser für Erde die Rolle des Mannes für die Frau spielen; 25 deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die Teile der Welt untereinander und alle ihre Glieder ein wechselseitiges Bündnis wünschen. 26 Darauf weisen auch die Planeten hin, teils Männer, teils Frauen, besonders aber Merkur, der Mann ist und Frau und Vater des Hermaphroditus.
27 Quod sane animadvertens agricultura praeparat agrum seminaque ad coelestia dona et insitionibus quibusdam vitam plantae propagat et ad speciem alteram melioremque perducit. 
28 Similia quaedam efficit medicus et physicus et chirurgicus in corpore nostro tum ad nostram fovendam, tum ad universi naturam uberius comparandam. 
29 Idem quoque philosophus naturalium rerum astrorumque peritus, quem proprie Magum appellare solemus, certis quibusdam illecebris coelestia terrenis opportune quidem nec aliter inserens quam insitionis studiosus agricola veteri recentem stipiti surculum.
30 Quod et Ptolemaeus valde probat, affirmans eiusmodi sapientem sic astrorum opus adiuvare posse, quemadmodum agricola terrae virtutem. 
31 Subicit Magus terrena coelestibus, immo inferiora passim superioribus, ut proprias ubique feminas suis maribus fecundandas, ut ferrum magneti trahendum, ut camphoram aeri ferventi sugendam, ut crystallum Soli illuminandum, ut sulphur et sublimem liquorem accendendum flammae, ut ovi testam vacuam et impletam rore Soli elevandam, immo ut ovum ipsum gallinae fovendum. 
27 Das freilich nimmt die Agricultura wahr und bereitet Feld und Samen für die himmlischen Geschenke vor und verlängert durch gewisse Pfropfungen das Leben einer Pflanze und bringt sie zu anderem und besserem Aussehen. 
28 Vergleichbares bewirkt ein Arzt und ein Wissenschaftler und ein Chirurg in unserem Körper, um entweder unsere eigene Natur zu fördern oder die Natur des Universums reichlicher zu beschaffen.
29 Dasselbe macht auch ein Philosoph, der die natürlichen Vorgänge und die Sterne kennt, den wir mit Eigennamen gewöhnlich "Magier" benennen, indem er mit bestimmten Lockmitteln Himmlisches dem Irdischen zeitrichtig genau so einpflanzt wie ein um Pfropfung bemühter Bauer einem alten Stamm ein frisches
Reis einsetzt. 
30 Das billigt auch Ptolemäus sehr, indem er versichert, ein derartiger Weiser könne so dem Werk der Sterne nachhelfen wie ein Bauer der Kraft der Erde. 
31 Es unterwirft der Magier das Irdische dem Himmlischen, besser: das Untere immer dem Oberen, wie die eigenen Frauen überall ihren Männern zum Schwängern, wie Eisen dem Magneten zur Anziehung, wie Kampher der heißen Luft zum Aufsaugen, wie einen Kristall der Sonne zum Beleuchten, wie Schwefel und feine Flüssigkeit dem Feuer zum Entzünden, wie eine leere und dann mit Tau gefüllte Eierschale der Sonne zur Verminderung, ja sogar, wie ein Ei selbst der Henne zum Ausbrüten.
32 Praeterea sicut nonnulli foventes ova etiam sine animalibus vitam illis ex universo conciliant et, saepe materias quasdam opportune parantes, absque ovis manifestisque seminibus animalia procreant, ut ex ocimo scorpionem, apes ex bove, ex salvia avem merulae similem, vitam videlicet a mundo materiis certis opportunisque temporibus adhibentes; 33 sic et ille sapiens, ubi cognovit, quae materiae sive quales partim incohatae natura, partim arte perfectae, etsi sparsae fuerint, congregatae, qualem coelitus influxum suscipere possint, has eo regnante potissimum colligit, praeparat, adhibet sibique per eas coelestia vendicat. 34 Ubicunque enim materia quaedam sic superis exposita est, sicut speculare vitrum vultui tuo pariesque oppositus voci, subito superne patitur ab agente videlicet potentissimo a potestate vitaque mirabili ubique praesente virtutemque passione reportat, non aliter quam et speculum imaginem repraesentat ex vultu et ex voce paries echo.  32 Außerdem, wie einige, wenn sie Eier ausbrüten, auch ohne Tiere für jene das Leben vom Universum gewinnen und oft gewisse Stoffe zeitrichtig vorbereiten und dann ohne Eier und deutlich wahrnehmbare Samen Tiere hervorbringen, z. B. aus Basilienkraut einen Skorpion, Bienen aus einem Rind, aus Salbei einen amselähnlichen Vogel, indem sie natürlich  bestimmten Stoffen und zu geeigneten Zeiten vom Kosmos her Leben hinzufügen; 33 so sammelt auch jener Weise, wenn er in Erfahrung gebracht hat, welche oder was für Stoffe - teils naturgegeben, teils künstlich hergestellt, auch wenn sie zerstreut waren, dann wieder zusammengebracht - welchen Einfluss vom Himmel her aufnehmen können, diese Stoffe, vor allem, wenn der Himmel herrscht, bereitet die Stoffe vor, wendet sie an und fordert durch sie für sich Himmlisches. 34 Denn überall, wo ein bestimmter Stoff dem Einfluss von oben so ausgesetzt ist wie ein Spiegelglas deinem Gesicht und eine im Weg stehende Wand deiner Stimme, erleidet der Stoff unvermittelt von oben etwas infolge eines natürlich sehr mächtigen Täters von einer wunderbaren Macht und einem solchen Leben, die überall vorhanden sind, und trägt von diesem Erleiden eine Wirkung davon, genau wie ein Spiegel ein Bild wiedergibt von einem Gesicht oder von einer Stimme eine Wand ein Echo.
35 His ferme exemplis ipse Plotinus utitur, ubi Mercurium imitatus ait, veteres sacerdotes sive Magos in statuis sacrificiisque sensibilibus divinum aliquid et mirandum suscipere solitos. 
36 Vult autem una cum Trismegisto per materialia haec non proprie suscipi numina penitus a materia segregata, sed mundana tantum, ut ab initio dixi et Synesius approbat – mundana, inquam, id est, vitam quandam vel vitale aliquid ex anima mundi et sphaerarum animis atque stellarum, vel etiam motum quendam et vitalem quasi praesentiam ex daemonibus. 
35 Diese Beispiele etwa verwendet Plotin, wenn er in Nachahmung des Hermes Trismegistos sagt, die alten Priester oder Magier hätten gewöhnlich in Statuen und empfindungsfähigen Opfertieren etwas Göttliches und Wunderbares aufgenommen. 
36 Er will aber zusammen mit Trismegistos behaupten, dass durch Materielles diese Wesen, die ja nicht eigentlich göttlich, völlig von der Materie geschieden, sondern nur kosmisch sind, aufgenommen werden, wie ich am Anfang gesagt habe und wobei mir Synesius zustimmt - kosmisch, sage ich, d. h. ein bestimmtes Leben oder etwas Lebensfähiges von der Weltseele und den Seelen der Sphären und Sterne, oder auch eine bestimmte Bewegung und gleichsam eine lebendige Anwesenheit von Dämonen her. 
37 Immo interdum ipsos daemonas eiusmodi adesse materiis Mercurius ipse, quem Plotinus sequitur, inquit – daemonas aerios, non coelestes, nedum sublimiores – statuasque Mercurius ipse componit ex herbis, arboribus, lapillibus, aromatis naturalem vim divinitatis (ut ipse ait) in se habentibus. 
38 Adiungit cantus coelestibus similes, quibus ait eos delectari, statuisque sic adesse diutius et prodesse hominibus vel obesse. 
39 Addit sapientes quondam Aegyptios, qui et sacerdotes erant, cum non possent rationibus persuadere populo esse deos, id est, spiritus aliquos super homines, excogitasse magicum hoc illicium, quo daemonas allicientes in statuas esse numina declararent. 
37 Ja, es hat sogar Hermes selbst gesagt, dem Plotin folgt, dass derartige Dämonen manchmal der Materie helfen - luftige Dämonen, keine himmlischen, geschweige denn höhere - und Hermes stellt selbst Statuen her aus Kräutern, Bäumen, Steinchen, Gewürzen, die die natürliche Kraft der Gottheit - wie er selbst sagt - in sich haben. 
38 Er fügt Gesänge, den Himmlischen ähnlich, hinzu, an denen sich, wie er sagt, die Himmlischen erfreuen, und so könnten sie den Statuen länger helfen und den Menschen nützen oder schaden. 
39 Er fügt hinzu, ägyptische Weise, die auch Priester waren, hätten einst, da sie das Volk nicht mit Gründen von der Existenz von Göttern, d. h. irgendwelchen Geistern über den Menschen, hätten überzeugen können, dieses magische Lockmittel ausgedacht, mit dem sie Dämonen in Statuen gelockt und so erklärt hätten, Götter würden existieren. 
40 Sed Iamblichus damnat Aegyptios, quod daemonas non solum ut gradus quosdam ad superiores deos investigandos acceperint, sed plurimum adoraverint. 
41 Chaldaeos vero daemonibus non occupatos Aegyptiis anteponit - Chaldaeos, inquam, religionis antistites, nam astrologos tam Chaldaeorum quam Aegyptiorum quodammodo tentavisse daemonas per harmoniam coelestem in statuas fictiles trahere suspicamur. 
40 Aber Jamblichus verdammt die Ägypter, weil sie die Dämonen nicht nur als Stufen, um die höheren Götter aufzuspüren, angenommen, sondern sie in hohem Maße angebetet hätten. 
41 Die Chaldäer aber, die von Dämonen nicht besessen seien, zieht er den Ägyptern vor, die Chaldäer, sage ich, die führenden Leute in Sachen "Religion", denn wir vermuten, dass ebenso die Astrologen der Chaldäer wie die der Ägypter irgendwie versuchten, Dämonen mittels der Weltharmonie in geformte Statuen hineinzubringen. 
42 Quod significare videtur astrologus Samuel Hebraeus auctoritate Davidis Bil astrologi fretus, antiquos videlicet fictores imaginum fecisse statuas futura pronuntiantes. 
43 Harmoniam vero coelestium his accommodatam esse tradit: 44 metallum fundere ad hominis pulchri formam die Mercurii, hora tertia scilicet Saturni, quando Mercurius Saturnum in Aquario subit, in nona coeli plaga vaticinium designante; 45 ascenditque Geminorum sidus, significans prophetas (ut aiunt), Mars a Sole comburitur, nec Mercurium intuetur; 46 Sol tamen aspicit coniunctionis illius locum; 47 Venus interea aliquem obtinet angulum, occidentalis est et potens; 48 Luna ex trigono gradum aspicit ascendentem, similiterque Saturnus. 49 Haec illi. 
42 Das scheint der jüdische Astrologe Samuel im Vertrauen auf die Autorität des David Bilia damit zu meinen, wenn er sagt, die alten Bildhandwerker hätten Statuen hergestellt, die die Zukunft vorhersagten. 
43 Er überliefert aber, die Harmonie der Himmlischen sei durch folgendes erreicht worden: 44 Metall zu gießen zu einer Form eines schönen Menschen am Tag des Merkur, natürlich zur dritten Stunde des Saturn, wenn Merkur im Aquarius auf Saturn trifft, im neunten Himmelsort, der die Wahrsagekunst bezeichnet; 45 und es geht das Gestirn der Gemini auf, das - wie sie sagen - die Propheten bezeichnet, Mars wird von der Sonne verbrannt und schaut Merkur nicht an; 46 Sol schaut trotzdem auf den Ort jener Konjunktion; 47 Venus nimmt zur gleichen Zeit eine Himmelsecke ein, steht im Westen und ist mächtig; 48 Luna schaut im Trigonalaspekt auf den aufsteigenden Grad, ebenso Saturn. 49 Das meinen jene.
50 Ego autem 
primo quidem ex beati Thomae sententia puto, si modo statuas loquentes effecerint, non simplicem ipsum stellarum influxum ibi formavisse verba, sed daemonas
51 Deinde si forte contigerit eos in eiusmodi statuas ingredi, non arbitror hos ibi per coelestem influxum fuisse devinctos, sed sponte potius suis cultoribus obsecutos, denique decepturos. 52 Nam et natura superior ab inferiore conciliatur quidem aliquando, sed cohiberi nequit. 53 Et dispositio illa siderum paulo ante descripta concurrere forte non potest. 
54 Quamvis autem daemones astronomica ratione statuis non includantur, tamen ubi per cultum eis exhibitum praesentes extiterint, Porphyrius ait eos regulis astronomicis oracula reddidisse, atque ideo frequenter ambigua – et merito, quoniam Iamblichus probat prophetiam veram atque certam nec malis daemonibus convenire, nec humanis artibus vel natura, sed spiratione divina purgatis mentibus provenire. 
50 Ich aber glaube 
erstens, der Meinung des Heiligen Thomas entsprechend, dass, falls sie überhaupt sprechende Statuen herstellen konnten, dass nicht einfacher Einfluss der Sterne dort die Worte geformt hat, sondern dass es Dämonen waren. 
51 Zweitens, wenn es vielleicht gelang, dass die Dämonen in derartige Statuen hineingingen, dann glaube ich nicht, dass diese dort durch himmlischen Einfluss geknebelt wurden, sondern dass sie eher freiwillig ihren Verehrern gehorchten, um sie schließlich zu verführen. 52 Denn zum einen lässt sich eine höhere Natur von einer niedrigeren zwar manchmal gewinnen, aber sie kann nicht gezwungen werden. 53 Und zum anderen kann jene kurz vorher beschriebene Konstellation wohl nie eintreten. 
54 Obwohl aber Dämonen sich nicht mit astronomischem Verfahren in Statuen einschließen lassen, so geben sie dennoch nach Aussage des Porphyrius, wenn sie sich durch den ihnen erwiesenen Kult als gegenwärtig gezeigt haben, nach astronomischen Regeln Orakel, und deshalb häufig zweideutige - und mit Recht, da ja Jamblichus bestätigt, dass wahre und verlässliche Prophezeiung weder bösen Dämonen noch menschlichem Können oder der menschlichen Natur zukommt, sondern göttlichem Atmen nach Reinigung des menschlichen Geistes entspringt.
55 Sed ad Mercurium, immo ad Plotinum iam revertamur. 
56 Mercurius sacerdotes ait accepisse virtutem a mundi natura convenientem eamque miscuisse. 57 Secutus hunc Plotinus putat totum id anima mundi conciliante confici posse, quatenus illa naturalium rerum formas per seminales quasdam rationes sibi divinitus insitas generat atque movet. 
58 Quas quidem rationes appellat etiam deos, quoniam ab ideis supremae mentis nunquam destituuntur. 
59 Itaque per rationes eiusmodi animam mundi facile se applicare materiis, quas formavit ab initio per easdem, quando Magus vel sacerdos opportunis temporibus adhibuerit formas rerum rite collectas, quae rationem hanc aut illam proprie spectant, sicut magnes ferrum, reubarbarum choleram, crocus cor, eupatorium spodiumque iecur, spica muscusque cerebrum. 
60 Fieri vero posse quandoque, ut rationibus ad formas sic adhibitis sublimiora quoque dona descendant, quatenus rationes in anima mundi coniunctae sunt intellectualibus eiusdem animae formis atque per illas divinae mentis ideis. 
61 Quod et Iamblichus approbat, ubi de sacrificiis agit. 
62 Qua de re alibi nos opportunius disputabimus, ubi etiam apparebit, quam impura superstitio populi gentilis extiterit, contra vero, quam pura pietas evangelica fuerit, quod magna ex parte in libro De religione Christiana iam fecimus. 
55 Aber kehren wir nun zu Hermes Trismegistos, besser zu Plotin zurück. 
56 Hermes sagt, die Priester hätten eine von der Natur der Welt zufließende Kraft erhalten und sie gemischt. 57 Diesem folgt Plotin und meint, all dieses könne entstehen durch Vermittlung der Weltseele, soweit jene die Formen der natürlichen Dinge durch gewisse, ihr göttlicherseits eingepflanzte besamende Kräfte hervorbringt und bewegt. 
58 Diese Kräfte nun nennt er auch "Götter", da sie ja von den Ideen des Höchsten Geistes niemals im Stich gelassen werden. 
59 Deshalb verbinde sich die Weltseele durch derartige Kräfte leicht mit Materien, die sie am Anfang durch dieselben Kräfte geformt hat, wenn der Magier oder Priester zu richtigen Zeiten die richtig gesammelten Formen der Dinge anwendet, die auf diese oder jene Kraft in spezieller Weise abzielen, wie z. B. ein Magnet auf das Eisen, Rhabarber auf die Cholera, Safran auf das Herz, Odermennige und Metallasche auf die Leber und Narde und Bisam auf das Hirn. 
60 Es sei aber manchmal möglich, dass, wenn die Kräfte zu den Formen so angewandt würden, auch höhere Geschenke herabkämen, soweit die Kräfte in der Weltseele mit den intellektuellen Formen derselben Seele verbunden sind und durch jene mit den Ideen des göttlichen Geistes. 
61 Das bestätigt auch Jamblichus, wo er die Opfer behandelt. 
62 Darüber werden wir bei besserer Gelegenheit sprechen, wo auch klar wird, wie unrein der Aberglaube des heidnischen Volkes ist, und im Gegensatz dazu, wie rein der evangelische Glaube war, was wir ja im Buch "Über die christliche Religion" schon zum großen Teil gemacht haben.

FINIS

Ende des dritten Buchs

Übersetzung, Korrektur und Kommentierung abgeschlossen am 15. September 2007.

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