MARSILIUS FICINUS: DE VITA TRIPLICI
iii, prooemium
Prooemium in Librum De Vita Coelitus Comparanda | Vorwort zum Buch "Über Lebenserwerb mit Kräften des Himmels" |
1 Marsilius Ficinus Florentinus Serenissimo Pannoniae Regi Semper Invicto. | 1 Marsilius Ficinus aus Florenz entbietet dem durchlauchtigsten, immer unbesiegten König von Pannonien seinen Gruß. |
2 Philosophi veteres, rex omnium felicissime, coelestium vires inferiorumque
naturas diligentissime perscrutati, cum existimarent hominem frustra
sapere, qui non sibi sapit, totam merito perscrutationem suam imprimis ad
vitam sibi coelitus comparandam retulisse videntur; 3 iudicantes (ut
arbitror) tum elementa et quae ex his componuntur, frustra sibi cognita
fore, tum motus coelestium et influxus temere nimium observatos, nisi haec
una cum illis cognita simul atque coniuncta aliquando sibi ad vitam
felicitatemque conducerent. 4 Profluit autem illis, ut videtur, eiusmodi contemplatio ad vitam primo praesentem. 5 Nam Pythagoras et Democritus Apolloniusque Theaneus et quicunque ad id potissimum studuerunt, rerum sibi cognitarum usu prosperam valetudinem consecuti sunt vitamque longaevam. 6 Contulit insuper ad futuram vitam, tum per gloriam apud posteros propagandam, tum apud Deum in aeternitate fruendam, siquidem ex mirabili mundi totius ordine eius tandem cognovere rectorem et ante omnia cognitum amaverunt. |
2 Die alten Philosophen erforschten, o glücklichster aller Könige, die
Kräfte der himmlischen Wesen und die Eigenschaften der Dinge auf der Erde
äußerst sorgfältig, da sie meinten, dass der Mensch umsonst weise sei,
wenn er nicht zu seinen Gunsten weise sei; deshalb scheinen sie zu Recht
ihre ganze Forschung besonders darauf gerichtet zu haben, sich das Leben
mit Kräften des Himmels zu erwerben. 3 Sie waren der Meinung, wie ich
glaube, dass bald die Elemente und was aus ihnen besteht, umsonst
von ihnen erkannt würden, dass bald die Bewegungen der
Himmelsphänomene und ihre Einflüsse allzu ziellos beobachtet seien, wenn
nicht die letzteren zusammen mit den ersteren zugleich erkannt und in
Verbindung gesetzt würden und endlich ihnen zu Leben und Glück verhelfen
würden. 4 Anscheinend nützte jenen aber eine derartige Betrachtung zunächst fürs gegenwärtige Leben. 5 Denn Pythagoras, Demokrit, Apollonius von Tyana und alle, die sich vor allem darum bemühten, erreichten durch den Gebrauch der Dinge, die sie zu ihrem Nutzen erkannten, gute Gesundheit und langes Leben. 6 Es half obendrein beim künftigen Leben, einerseits durch die Verbreitung von Ruhm bei den Nachfahren, andererseits durch den Genuss von Ruhm bei Gott in Ewigkeit, da sie an der wunderbaren Ordnung der gesamten Welt endlich ihren Lenker erkannt haben und ihn, vor allem erkannt, liebgewonnen haben. |
7 Tibi vero
gloriam per saecula cuncta futuram magnanimitas, magnificentia, victoria
perpetua pollicentur. 8 Vitam quoque apud Deum in aevo beatam divina clementia insigni pietati tuae iustitiaeque promittit. 9 Vitam denique prosperam inter mortales satisque longam, quantum ex indiciis quibusdam mihi licuit coniectare, felicia tibi sidera decreverunt. 10 Ut autem, quod pollicentur, id et praestent firmissima fide et cumulo insuper prorogent pleniore, diligentia tua et medicorum astrologorumque cura efficere proculdubio potest. 11 Iam vero id posse scientia et prudentia fieri doctissimi quique astrologi ac medici confitentur. |
7 Deine Großmut, deine Güte und dein beständiger
Sieg verheißen dir aber durch alle Jahrhunderte währenden Ruhm. 8 Auch ewig glückliches Leben bei Gott verspricht die göttliche Milde deiner ausgezeichneten Frömmigkeit und Gerechtigkeit. 9 Glückliches und ausreichend langes Leben schließlich unter den Menschen haben dir, soweit ich das aus gewissen Anzeichen vermuten durfte, glückliche Gestirne bestimmt. 10 Dass sie aber ihr Versprechen ganz zuverlässig einhalten und es obendrein mit der volleren Schar verlängern, das kann deine Achtsamkeit und die Sorgfalt von Ärzten und Astrologen zweifelsohne bewerkstelligen. 11 Dass das aber durch Wissen und Klugheit möglich ist, das bekennen gerade die gelehrtesten Astrologen und Ärzte. |
12 Cum igitur inter Plotini libros magno
Laurentio Medici
destinatos in librum Plotini de favore coelitus hauriendo tractantem nuper
commentarium composuissem, inter cetera in eum nostra commentaria
numeratum, id quidem seligere nunc, Laurentio quidem ipso probante, atque
maiestati tuae potissimum dedicare decrevi. 13 Spero equidem, dum vitae tuae prosperitatique consulam, vitae interim et splendori saeculi nostri et humani generis consulturum. 14 Atque ut valetudini prosperitatique regiae validius haec nostra prodessent, per Valorem ipsum mittenda putavi. 15 Hunc tu igitur Valorem nostrum, clementissime rex, complectere, precor. 16 Tantum enim natura, virtus, auctoritas tua valet, ut absque te nequeat vel Valor ipse valere. |
12 Nachdem ich also unter den Büchern des Plotin, die
für den großen Lorenzo de Medici bestimmt sind, fürs Buch des Plotin,
das vom Gnadenerwerb vom Himmel her handelt, neulich einen Kommentar
geschrieben habe, der unter unsere übrigen Kommentare über ihn gerechnet
wird, so habe ich beschlossen, den nun, mit der persönlichen Einwilligung
des Lorenzo, auszuwählen und ihn vor allem deiner Majestät zu widmen. 13 Ich hoffe nämlich, durch Fürsorge für dein Leben und Glück fürs Leben und den Glanz unserer Epoche und den der Menschheit zu sorgen. 14 Und damit mein Beitrag deiner königlichen Gesundheit und deinem Glück stärker nützen kann, glaubte ich, ihn durch Valori selbst schicken zu sollen. 15 Umarme also, mildester König, bitte, diesen unseren Valori. 16 So viel vermag nämlich deine natürliche Anlage, deine Tugend und dein Ansehen, dass ohne dich nicht einmal Valori mehr etwas vermag. |
X Iulii, MCCCCLXXXIX Florentiae. | Florenz, 10. Juli 1489 |