MARSILIUS FICINUS: DE VITA TRIPLICI

 

iii, 6

 

Cap. VI: De virtute in nobis naturali, vitali, animali, et per quos planetas adiuventur, et quomodo per aspectum Lunae ad Solem et Venerem, maxime vero ad Iovem. Kap. 6: Über natürliche, vitale und seelische Kraft in uns; und von welchen Planeten sie unterstützt werden und wie durch den Aspekt der Luna zu Sol und Venus, am meisten aber zu Jupiter.
1 Praecipua vero disciplina est recte tenere, quem spiritum, quam vim, quam rem potissimum hi planetae significant.  1 Hauptlehrinhalt ist es aber, richtig Bescheid zu wissen, welchen Atem, welche Kraft, welchen Sachverhalt vor allem diese Planeten bezeichnen.
2 Luna ergo Venusque vim et spiritum naturalem atque genitalem et, quae hunc augent.  2 Luna also und Venus bezeichnen die natürliche und zeugefähige Kraft und den Seelenatem und das, was diesen Seelenatem fördert.
3 Iuppiter eadem, sed efficacius, heparque et stomachum, habetque non mediocrem partem in corde et spiritu virtuteque vitali, quatenus suapte natura cum Sole consentit – immo et per se ipsum, alioquin cor vitalem spiritum non proprie in mense Iovis acciperet. 
4 Unde Iovem Graeci appellant vitam et per quem vita. 5 Habere quoque in animali spiritu potestatem testantur astrologi, dicentes Iovem ad philosophiam et veritatem inveniendam religionemque conferre. 6 Et Plato, ubi ait ab Iove philosophos proficisci. 7 Quod etiam significavit Homerus antiquorum opinione dicens: 8 "Talis est mens hominibus, qualem in dies adducit pater hominum atque deorum." 9 Nusquam vero numen aliquod ita cognominat praeter Iovem. 
3 Jupiter bezeichnet dasselbe, aber wirkungsvoller, und die Leber und den Magen, und er hat keinen geringen Anteil am Herzen und dem vitalen Atem und der vitalen Kraft, soweit er durch sein eigenes Wesen mit Sol übereinstimmt - nein, vielmehr auch aus eigener Kraft, sonst bekäme das Herz seinen vitalen Atem ja nicht speziell in Jupiters Monat. 
4 Deshalb nennen die Griechen Jupiter "das Leben" und den "durch den das Leben". 5 Dass er auch beim Seelenatem Macht hat, bezeugen die Astrologen, indem sie sagen, Jupiter nütze dabei, die Philosophie, die Wahrheit und die Religion zu finden. 6 Ebenso Plato, wo er sagt, die Philosophen nähmen ihren Ausgang von Jupiter. 7 Das besagte auch Homer, wenn er nach der Meinung der Alten formulierte: 8 "So ist der Geist der Menschen, wie ihn von Tag zu Tag der Vater der Menschen und Götter eingibt." 9 Keine andere Gottheit benennt er aber irgendwo so wie Jupiter.
10 Sol spiritum vitalem praecipue corque significat, et habet nonnihil, immo non parum, in capite propter sensum atque motum, cuius est ipse dominus; neque vim deserit naturalem. 
11 Mercurius cerebrum et instrumenta sensuum ideoque spiritum animalem. 
10 Sol bezeichnet vor allem den vitalen Atem und das Herz, und er hat etwas Macht, und zwar nicht wenig, im Kopf wegen der Sinneswahrnehmung und der Bewegung, deren Herr er ja selbst ist; und er lässt die natürliche Kraft nicht im Stich.
11 Merkur bezeichnet das Hirn und die Organe der Sinneswahrnehmungen und deshalb den Seelenatem.
12 Proinde tutissima via erit nihil sine Lunae beneficio facere, quandoquidem coelestia communiter et frequenter atque facile ad inferiora demittit. 
13 Quam alterum Solem nominant, quolibet mense quattuor anni tempora facientem. 14 In prima enim sui quarta Peripatetici putant esse calidam atque humidam, in secunda calidam et siccam, in tertia frigidam atque siccam, in quarta frigidam atque humidam. 
12 Deshalb ist es das sicherste Verfahren, nichts ohne Lunas Wohltat zu machen, da sie ja das Himmlische im allgemeinen, häufig und leicht zum Tieferstehenden hinabschickt. 
13 Diese nennen sie "zweiten Sol", da sie ja in jedem beliebigen Monat vier Jahreszeiten bewirkt. 14 Denn in ihrem ersten Viertel ist sie nach Meinung der Peripatetiker warm und feucht, im zweiten warm und trocken, im dritten kalt und trocken und im vierten kalt und feucht.
15 Lumenque eius proculdubio Solis esse lumen; 16 humores generationemque regere, omnesque mutationes foetus ipsius in alvo conversionibus suis metiri; 17 et quotiens Soli iungitur, vivificam ab eo virtutem recipere, quam infundat humori, atque ibidem a Mercurio vim humores commiscentem. 
18 Quam vim Mercurius et transformatione in omnes sua et gyris multiplicibus affert. 
19 Ibidem mox a Venere vim, quae conducat ad formas geniturae convenientes. 
15 Ihr Licht sei zweifelsohne das Sols; 16 sie lenke die Säfte und die Zeugung, und alle Veränderungen gerade der Leibesfrucht bemesse sie im Mutterleib nach ihren Veränderungen; 17 und sooft sie sich mit Sol verbinde, erhalte sie von ihm lebensspendende Kraft, die sie in den Saft gieße, und ebendort erhalte sie von Merkur Kraft, die die Säfte vermische. 
18 Diese Kraft bringt Merkur einerseits durch seine Verwandlung in alle Formen, andererseits durch seine vielfachen Kreisbewegungen herbei. 
19 Ebendort erhält sie bald von Venus Kraft, die bei den Formen hilft, die zur Zeugung passen.
20 Operae pretium vero fuerit meminisse diurnum Lunae cursum in quattuor distribui quartas. 
21 In prima quidem ab oriente ad medium ascendit coelum atque interim humorem et spiritum auget naturalem. 
22 In secunda a coeli medio petit occasum efficitque in nobis oppositum. 
23 Tertia ab occasu coelum subter medium adit iterumque spiritum illum auget et humorem. 
24 Quarta cadit inde versus ortum minuitque vicissim. 25 Quod maxime in Oceani ripis apparet, ubi ad hunc cursum mare manifestius accedit atque recedit, eodemque ordine vigor in aegrotantibus. 
26 Probabile etiam est Solem per easdem sui quartas calorem naturalem et spiritum vitalem augere vel diminuere; 27 animalem quoque, quatenus Mercurium habet comitem. 
28 His cognitis poterit medicus pro humore et calore naturali et quolibet spiritu recreando tempora opportuniora servare. 29 Sed nunc de Luna satis.
20 Es wäre aber der Mühe wert, sich daran zu erinnern, dass sich der tägliche Lauf des Mondes in vier Viertel teilen lässt. 
21 Im ersten steigt er von Osten zur Himmelsmitte und vermehrt in dieser Zeit den natürlichen Saft und Atem. 
22 Im zweiten strebt er von der Himmelsmitte nach Westen und bewirkt in uns das Gegenteil. 
23 Im dritten geht er vom Westen hinunter zur Mitte und vermehrt wiederum jenen Atem und Saft. 
24 Im vierten stürzt er dann Richtung Osten und vermindert wieder. 25 Das zeigt sich vor allem an den Ufern des Ozeans, wo diesem Lauf entsprechend das Meer ziemlich deutlich hin- und zurückgeht, und in derselben Reihenfolge wechselt die Kraft in den Kranken. 
26 Es ist auch wahrscheinlich, dass die Sonne durch ihre selben Viertel die natürliche Wärme und den vitalen Atem mehrt und vermindert; 27 auch den Seelenatem, soweit er Merkur als Begleiter hat. 
28 Hat ein Arzt dieses Wissen, kann er zur Erneuerung des Saftes, der natürlichen Wärme und jedes beliebigen Atems die günstigeren Zeiten einhalten. 29 Aber das soll von Luna reichen.
30 Neque dimittere decet Iovem, in cuius mense altero quidem vitam accepimus, altero autem communiter et felicius nati sumus. 31 Et qui inter Solem atque Venerem, item inter Solem atque Lunam est qualitate effectuque medius ideoque complectitur omnia.  30 Man darf auch Jupiter nicht übergehen, in dessen einem Monat wir das Leben erhalten haben, in dessen anderem aber wir alle und glücklicher geboren wurden. 31 Ihn auch, der nach Beschaffenheit und Wirkung sowohl mitten zwischen Sol und Venus und ebenso zwischen Sol und Luna steht und deshalb alles umfasst.
32 Solem vero ipsum praetermittere coeli dominum nefas atque periculosum existimamus, nisi forte quis dixerit eum, qui Iovem habet, in Iove Solem iam habere, illic potissimum ad homines temperatum. 
33 In Sole certe omnes coelestium esse virtutes, non solum Iamblichus Iulianusque, sed omnes affirmant. 34 Et Proculus ait ad Solis aspectum omnes omnium coelestium virtutes congregari in unum atque colligi. 
35 Iovem vero esse Solem quendam ad nos temperatum nemo negabit. 
32 Vor allem Sol als den Herrn des Himmels zu übergehen, das halten wir für Unrecht und gefährlich, es sei denn, jemand behauptet, dass der, der Jupiter habe, in Jupiter auch schon den Sol habe, dort besonders im richtigen Maß für die Menschen. 
33 Dass in Sol gewiss alle Kräfte der Himmlischen seien, das bestätigen nicht nur Iamblichus und Julian, sondern alle. 34 Und Proklos sagt, in einem Aspekt des Sol würden alle Kräfte aller Himmlischen sich zu einer Einheit sammeln und versammeln. 
35 Aber keiner wird leugnen, dass Jupiter gleichsam eine Art für uns gemäßigter Sol ist. 
36 Lunam quoque temperatam ad Venerem ne neglexeris. 37 Multum enim ad validam prosperamque vitam adiuvat, siquidem Venus fecundat hominem facitque laetum. 38 Hanc igitur observabis. 39 Quanquam si Lunam Veneri similem, scilicet humore prorsus aequalem et vix minus calidam, cum Iove rite misceas aut Sole, propemodum iam Venerem habes. 
40 Quid ergo? 
41 Ut tutissima omnium et commodissima simul incedas via, Lunam observa, quando Solem aspicit coitque cum Iove, vel saltem Iovem simul aspicit atque Solem, aut certe quando post aspectum Solis mox ad Iovis coitum progreditur vel aspectum.
42 Atque eo ipso tempore compone invicem vel adhibe tibi Solaria Ioviaque simul atque Venerea. 
36 Beachte auch, dass Luna zur Venus hin gemäßigt ist. 37 Viel hilft es nämlich für ein gesundes, glückliches Leben, wenn Venus den Menschen befruchtet und froh macht. 38 Diese wirst du also beachten. 39 Doch wenn du die der Venus ähnliche Luna, d. h. hinsichtlich des Saftes ganz gleich und kaum weniger warm, richtig mit Jupiter oder Sol mischst, hast du fast schon die Venus.
40 Was also? 
41 Um auf dem allersichersten und bequemsten Weg zu gehen, beobachte Luna, wenn sie den Sol anschaut und mit Jupiter zusammengeht, oder wenn sie wenigstens Jupiter und zugleich den Sol anschaut, oder sicherlich wenn sie nach einem Sol-Aspekt bald zur Konjunktion oder einem Aspekt mit Jupiter voranschreitet.
42 Und stelle zu genau dieser Zeit dir Sonnenmäßiges und zugleich Jupitermäßiges und Venusmäßiges zusammen oder wende es an.
43 Quod si te ad unum ex magnis confugere necessitas urgeat vel negotium, ad Iovem ipsum vel potius ad Lunam simul Iovemque confugito. 44 Nulla enim stella naturales in nobis vires, immo et omnes, magis quam Iuppiter fovet atque corroborat; 45 nulla rursum pollicetur prosperiora simul atque plura. 
46 Et ubique hunc accipere faustum est; 47 Solem vero accipere forsitan non ubique tutum. 48 Semper enim ille iuvat, hic saepe nocere videtur. 49 Venus autem quasi debilis. 50 Ideo solus ille iuvans pater est appellatus. 
51 Id autem comprobat Ptolemaeus, ubi ait pharmacum vix quicquam movere naturam duntaxat, quando Luna cum Iove congreditur. 52 Usque adeo illinc proprie totam putat universi corporis corroborari naturam. 53 Expertus sum quinetiam Luna coniuncta cum Venere medicinam vix movere. 
43 Wenn dich aber eine Notlage oder ein Geschäft drängt, bei nur einem dieser Großen Zuflucht zu nehmen, dann fliehe gerade zu Jupiter oder lieber zu Luna und zugleich zu Jupiter. 44 Denn kein Stern hegt und kräftigt in uns die natürlichen, nein, alle Kräfte mehr als Jupiter; 45 keiner verspricht außerdem Günstigeres und zugleich mehr. 
46 Und diesen aufzunehmen ist überall ein Glück; 47 aber Sol aufzunehmen ist vielleicht nicht überall sicher. 48 Denn jener hilft immer, dieser scheint oft zu schaden. 49 Venus aber ist gleichsam schwach. 50 Deshalb nennt man nur jenen "helfenden Vater". 
51 Das aber bestätigt Ptolemaeus, wenn er sagt, kein Heilmittel bewege die Natur mehr, als wenn Luna mit Jupiter zusammentreffe. 52 So sehr, glaubt er, werde in dieser Konjunktion besonders die Natur des gesamten Weltkörpers gekräftigt. 53 Ja, ich habe auch selbst erfahren, dass bei Konjunktion von Luna nur mit Venus Medizin kaum wirkt. 
54 Quamvis autem ubi pituitam valde timemus, Lunam praecipue observemus ad Solem, ubi vero bilem exsiccationemque eiusmodi, ad Venerem – 55 tamen directio Lunae ad Iovem et ad haec omnia quodammodo confert et praecipue ad atram bilem expellendam, necnon ad communem hominum complexionem instaurandam atque firmandam. 
56 Sicut enim glycyrrhiza et oleum rosaceum frigidiora calefacit, calidiora refrigerat, vinumque similiter, quod insuper humectat sicca, humidiora siccat, ita Iuppiter humano congruus calori, ut vinum, oleum rosaceum, camomilla, glycyrrhiza. 
57 Ubi igitur audis Albumasar dicentem: 58 "Non est vita viventibus praeter Deum, nisi per Solem et Lunam," id intellige, quantum ad communem omnibus spectat influxum. 59 Proprius autem homini accommodatissimusque influxus est ab Iove. 
54 Doch auch wenn wir den Schleim sehr fürchten und deshalb Luna bei Sol besonders beachten und wenn wir aber die Galle und derartige Austrocknung fürchten und dann die Luna bei Venus beachten - 55 trotzdem nützt die gerade Linie von Luna zu Jupiter irgendwie bei all diesem und besonders zur Vertreibung der schwarzen Galle, und vor allem um die allgemeine Verfassung der Menschen wiederherzustellen und zu kräftigen.
56 So, wie nämlich Süßholz und Rosenöl allzu Kaltes erwärmt, zu Warmes abkühlt, und ebenso Wein, der obendrein Trockenes befeuchtet, allzu Feuchtes austrocknet, so wirkt Jupiter, der der menschlichen Wärme entspricht, wie Wein, Rosenöl, Kamille und Süßholz. 
57 Wenn man also Albumasar sagen hört: 58 "Es gibt für die Lebenden Leben außer Gott nur durch Sol und Luna", so verstehe es, soweit es den allen gemeinsamen Einfluss betrifft. 59 Dem Menschen gemäß und ganz passend ist aber der Einfluss von Jupiter.
60 Sunt autem in natura corporis vires attrahendi, retinendi, coquendi, expellendi. 
61 Has igitur omnes Iuppiter ipse iuvat, potissimum vero coquendi sive digerendi virtutem atque generandi et nutriendi simul et augendi propter humorem eius aerium atque multum et calorem eiusmodi amplum, humori mediocriter dominantem. 
62 Profecto per radios Iovis semper usque quaque diffusos lumen Solis proprium ad salutem hominum maxime temperatur, radiis interim Veneris ad idem assidue conferentibus atque similiter transferente Luna. 63 Radii quidem Veneris atque Lunae tanquam humidiores quodam indigent temperante, sicut et Solis radii tanquam calidiores humidioris cuiusdam temperiem exigunt. 64 Radii autem Iovis temperamentum nullum desiderant. 65 Quid enim aliud Iuppiter est, nisi Sol quidam ad salutem rerum praecipue humanarum ab initio temperatus? 66 Quid rursus aliud, nisi Luna Venusque facta tamen calidior atque potentior? 
67 Ideo astrologi ab Iove auspicantur annum fertilem, serenum, salubrem, et ab eo imminentium morborum remedia sperant. 68 Atque Empedocles, ubi propria unicuique planetarum munera tribuit, Iovem solum generationis principem nominat, Orpheum imitatus.
60 Es gibt aber in der Natur des Körpers Kräfte der Anziehung und des Festhaltens, des Verdauens und des Ausstoßens. 
61 Alle diese also unterstützt Jupiter selbst, vor allem aber die Kraft des Verdauens oder Abführens und die des
Zeugens und zugleich des Nährens und Vermehrens wegen seines starken luftigen Safts und seiner großen derartigen Wärme, die den Saft ein wenig übersteigt.
62 Tatsächlich wird durch die in einem fort ständig ausgegossenen Strahlen des Jupiter Sols eigenes Licht zum Heil der Menschen am meisten gemäßigt, wobei die Strahlen der Venus gleichzeitig beständig zum selben beitragen und Luna ähnlich beiträgt. 63 Die Strahlen der Venus und der Luna bedürfen, weil gleichsam allzu feucht, einer gewissen Mäßigung, so wie auch die Sonnenstrahlen, weil gleichsam allzu warm, die Mäßigung durch etwas Feuchteres verlangen. 64 Jupiters Strahlen brauchen aber keine Mäßigung. 65 Denn was ist Jupiter anderes als eine Art Sol, von Anfang an vor allem zum Heil der menschlichen Angelegenheiten gemäßigt? 66 Was außerdem anderes als Luna und Venus, nur wärmer und machtvoller?
67 Deshalb erwarten die Astrologen von Jupiter ein fruchtbares, heiteres, gesundes Jahr, und sie erhoffen sich von ihm Mittel gegen drohende Krankheiten. 68 Und Empedokles nennt, wo er jedem einzelnen Planeten seine charakteristischen Gaben zuweist, in Nachahmung von Orpheus Jupiter allein "Herrn der Zeugung".
69 Praeter Iovem praecipiunt Lunam diligenter in omnibus operibus observandam tanquam medium inter coelestia competens atque terrena. 
70 Sit ergo Luna in gradu situque et aspectu ad opus optatum conveniente.  
69 Sie schreiben vor, außer Jupiter Luna sorgfältig bei allen Tätigkeiten zu beachten, weil sie gleichsam die passende Mitte zwischen Himmlischem und Irdischem ist. 
70 Luna soll also in dem Grad, in der Position und in dem Aspekt sein, der zum gewünschten Werk passt. 
71 Non sit in eclyptica nec sub radiis Solis per gradus duodecim ultra citraque, nisi forte sit in eodem minuto cum Sole. 72 Plerique vero volunt omnes planetas fore fortes, quando in unitate Solis extiterint; 73 unitatem vero metiuntur minutis duobus atque triginta, ut xvi quidem citra, xvi vero ultra connumerentur. 
74 Non impediatur a Saturno vel Marte. 
75 Non descendat in latitudine meridionali, quando duodecim dictos gradus egreditur. 
76 Non sit opposita Soli nec lumine minuatur, nec tarda cursu, quando scilicet die uno duodecim non peragit gradus. 
77 Non sit in via combusta a gradu Librae xxviii ad tertium Scorpionis, nec in octava, nec in ascendente, nec in finibus Martis vel Saturni. 
78
Quidam vero nec in sexta, duodecima, nona, quarta Lunam volunt. 79 In ceteris vero coeli plagis approbant.
71 Sie soll sich mit der Sonne nicht decken, auch nicht diesseits und jenseits näher als 12° unter der Sonne sein, außer sie ist mit Sol in derselben Minute. 72 Die meisten aber wollen, dass alle Planeten stark sind, wenn sie mit der Sonne vereint sind; 73 die Vereinigung messen sie mit 32 Minuten, so dass sie beidseits je 16 Minuten zählen. 
74 Luna soll nicht von Saturn oder Mars behindert werden. 
75 Sie soll in der südlichen Breite nicht absteigen, wenn sie die genannten 12 Grad verlässt. 
76 Sie soll nicht in Opposition zu Sol stehen und nicht verfinstert werden, sie soll nicht langsam im Lauf sein, d. h. wenn sie an einem einzigen Tag die 12 Grad nicht durchläuft. 
77 Sie soll auf ihrem Weg nicht verbrannt sein vom 28. Grad der Libra bis zum dritten Grad des Scorpions, sie soll nicht im achten Ort, nicht im Aszendenten, nicht im Gebiet von Mars oder Saturn sein. 
78 Manche aber wollen die Luna weder im sechsten noch zwölften, weder im neunten noch vierten Ort haben. 79 An den anderen Himmelsörtern akzeptieren sie sie aber.
80 Ubi haec omnia complecti non potes, Iovem saltem expecta vel Venerem in ascendente vel decima, sic enim subveniunt detrimentis Lunae. 
81 Nec ab re fuerit recordari, quatenus Luna lumine augetur, eatenus et nobis non solum humorem, sed spiritum etiam virtutemque augeri, atque haec ad circumferentiam dilatari, maxime in secunda eius quarta. 82 Quando vero minuitur, contra contingere, praesertim in ultima quarta. 
83 Primum eius ad Solem trinum praeesse secundo; 84 hunc sextili primo; 85 hunc sextili secundo. 
86 Lunam quatenus lumine, eatenus repleri calore. 87 Videntur ergo quidam non tam observare, quomodo aspiciat Luna Solem (semper enim aspicit) quam ut plurimum lumen habeat, praesertim dum augetur. 88 Aspiciat vero interim trino vel sextili Iovem aut Venerem. 
80 Wenn du das alles nicht behalten kannst, erwarte wenigstens den Jupiter oder die Venus im Aszendenten oder im zehnten Ort, so nämlich helfen sie gegen die Mängel der Luna. 
81 Und es ist wohl zweckdienlich, daran zu denken, dass, soweit Luna an Licht zunimmt, auch für uns nicht nur der Saft, sondern auch Seelenatem und Kraft gefördert werden, und dass diese Dinge bis zum Umkreis zunehmen, am meisten in ihrem zweiten Viertel. 82 Nimmt sie aber ab, geschehe das Gegenteil, am meisten im letzten Viertel. 
83 Der erste Trigonalaspekt zur Sonne sei besser als der zweite, 84 dieser sei besser als der erste Hexagonalaspekt, 85 und der wieder besser als der zweite. 
86 So sehr Luna an Licht zunehme, so sehr nehme sie auch an Wärme zu. 87 Gewisse Leute scheinen also weniger zu beachten, wie Luna Sol anschaut - sie schaut ihn nämlich immer an -, als dass sie möglichst viel Licht hat, vor allem wenn sie zunimmt. 88 Sie soll dabei aber den Trigonal- oder Hexagonalaspekt zu Jupiter oder Venus haben.
89 Proinde virtutem attractivam ignea iuvant, retentivam terrea, digestivam aeria, expulsivam aquea. 
90 Si tu has omnes in te adiuvare volueris, attractivam quidem per ignea maxime roborabis, quando Luna in signis vel stationibus igneis constituta Iovem aspicit, scilicet Ariete, Leone, Sagittario
91 Retentivam per terrea, potissimum quando intuetur eundem in signis vel stationibus terreis collocata, Tauro, Virgine, Capricorno.
92 Digestivam generativamque per aeria, scilicet Geminos, Libram, Aquarium, quotiens sub aeriis Iovem suspicit aut subit. 
93 Expulsivam per aquea, Cancrum, Pisces, Scorpium, quando sub aqueis ipsa posita Iovis radiis illustratur. 
94 Maxime vero in his omnibus consequeris optata, si Iuppiter eadem vel similia vel saltem non dissimillima signa mansionesve possederit.
89 Feuriges unterstützt also die anziehende Kraft, Erdiges die behaltende, Luftiges die verdauende, Wässriges die ausstoßende.
90 Wenn du alle diese Kräfte in dir unterstützen willst, dann wirst du die anziehende am meisten durch Feuriges kräftigen, wenn Luna in den feurigen Zeichen oder Stationen steht und Jupiter anschaut, d. h. im Aries, Leo und Sagittarius. 
91 Die festhaltende Kraft wirst du durch Erdiges stärken, vor allem wenn Luna Jupiter anschaut in erdigen Zeichen oder Stationen, dem Taurus, der Virgo und dem Capricornus. 
92 Die verdauende und zeugende Kraft stärkst du durch Luftiges, d. h. durch die Gemini, die Libra und den Aquarius, sooft Luna Jupiter unter den luftigen Zeichen erblickt oder ihn aufnimmt. 
93 Die ausstoßende stärkst du durch Wässriges, Cancer, Pisces und Scorpio, wenn Luna selbst unter den wässrigen Zeichen steht und von Jupiters Strahlen beleuchtet wird.
94 Deine Ziele wirst du bei all diesem aber am besten erreichen, wenn Jupiter dieselben oder ähnliche oder wenigstens nicht die verschiedenen Zeichen oder Häuser besitzt.
95 Citaturus alvum solidis medicinis, accipe Pisces
96 liquidis Scorpionem
97 mediis vero Cancrum
98 Per inferiora purgaturus, Pisces et Scorpium; 
99 per superiora Cancrum. 
100 Malum Saturni vel Martis ad Lunam devitabis aspectum; 101 ille enim vexat stomachum, hic intestina dissolvit. 
102 Capricornum evitabis et Taurum, nauseam enim afferunt. 
103 Scis membrum irritandum non esse, quando Luna signum occupat membro praefectum (humores namque movet), sed potius esse fovendum. 
95 Wenn du den Bauch mit fester Arznei beschleunigen willst, nimm die Pisces; 
96 wenn mit flüssigen, den Scorpio; 
97 wenn mit denen dazwischen, dann den Cancer. 
98 Willst du durch die unteren Teile reinigen, nimm Pisces und Scorpio; 
99 wenn durch die oberen, dann den Cancer. 
100 Vermeide einen bösen Aspekt von Saturn oder Mars zu Luna; 101 jener plagt nämlich den Magen, dieser löst die Eingeweide auf.
102 Meide Capricornus und Taurus, sie bringen nämlich Übelkeit.
103 Du weißt, dass man kein Glied reizen soll, wenn Luna das dem Glied übergeordnete Zeichen besetzt - sie bringt dann nämlich die Säfte in Bewegung, sondern man soll es dann eher hegen.
104 Haec vero de virtute et spiritu naturali in iecore praecipue dominantibus, quae in quattuor officia, quae narravimus, dividuntur, dicta sufficiant. 
105 De virtute vero spirituque vitali in corde vigente quidnam monemus? 
106 Satis id ferme significatum est. 
107
Nam per res imprimis igneas et quodammodo simul aerias haec adiuvantur, quando Luna in domiciliis mansionibusve consimilibus suspicit Iovem, praecipue si Iovem complectatur et Solem. 108 Virtutem quoque animalem per sensum et motum in capite dominantem confirmare potes per aeria imprimis, subiunctis igneis, quando Luna in domiciliis vel sedibus consimilibus Iovem suspicit, praesertim si Iovem propemodum Mercuriumque complectitur. 
104 Diese Ausführungen über natürliche Kraft und natürlichen Atem, die vor allem in der Leber dominieren und die in die vier genannten Aufgaben unterteilt werden, sollen aber reichen. 
105 Welchen Rat sollen wir bezüglich der vitalen Kraft und des vitalen Atems, die im Herzen wirken, erteilen? 
106 Da ist schon fast genug gesagt. 
107 Denn diese werden vor allem mittels Feurigem und irgendwie zugleich Luftigem unterstützt, wenn Luna in ähnlichen Häusern oder Bleiben Jupiter anschaut, besonders wenn sie Jupiter und Sol umarmt. 108 Auch die Seelenkraft, die durch Sinneswahrnehmung und Bewegung im Kopf regiert, kannst du besonders durch Luftiges, verbunden mit Feurigem, stärken, wenn Luna in ähnlichen Häusern und Wohnsitzen den Jupiter anschaut, vor allem wenn sie Jupiter beinahe und Merkur umarmt.
109 Hic vero te moneo, ne Mercurium putes aqueum esse vel terreum (quod et ego aliquando suspicatus sum), alioquin motibus celeritatique ingenii non conferret, sed quodammodo aerium esse scias. 
110 Nam et ob eandem causam tam mobilis est, tam facile convertibilis, tantum ingenio confert, praesertim in Aquario plurimum aerio constitutus. 111 Humor quidem in eo temperatus est, calor exiguus. 112 Sub Sole positus dicitur exsiccare; 113 longior autem a Sole factus humectare putatur. 114 Ibi quidem calefacere multum ex natura Solis; 115 hic vero calefacere parum admodum et humefacere magis suapte natura. 116 Calore forsan non cedit Veneri, Lunam superat; 117 humore vero cedit utrisque.
118 Haly probat Mercurium qualitates coelestium commiscere, quoniam facillime permutetur tum in qualitatem termini, quem subit, tum in naturam stellae, quam aspicit. 119 Ego igitur hunc tam facile permutari puto, quia nec excellentem potestatem quam Iuppiter habet, nec excedentem qualitatem, quam pleraque coelestia, per quam alterationi resistat. 120 Denique probabile est Mercurium, assiduum Solis Achatem, multas illius vires habere ideoque sperari Solaria quaedam a Mercurio posse. 
109 Hier aber ermahne ich dich, nicht zu glauben, Merkur sei wässrig oder erdig - was auch ich früher vermutet habe -, sonst würde er nichts zu Bewegungen und Schnelligkeit des Geistes beitragen, sondern glaube, dass er irgendwie luftig ist. 
110 Denn auch deswegen ist er so beweglich, so leicht veränderlich, so hilfreich für den Geist, zumal wenn er im ganz luftigen Aquarius steht. 111 Saft ist in diesem gemäßigt, Wärme gering. 112 Steht er unter der Sonne, soll er austrocknen; 113 weiter von der Sonne entfernt, meint man, er befeuchte. 114 Dort soll er zwar zum Großteil infolge der Natur der Sonne wärmen; 115 hier aber soll er nur ganz wenig wärmen und mehr durch seine eigene Natur feucht machen. 116 An Wärme steht er wohl der Venus nicht nach, er übertrifft aber Luna; 117 an Feuchtigkeit aber steht er beiden nach. 
118 Haly bestätigt, dass Merkur die Qualitäten der Himmlischen vermischt, da er sich sehr leicht ändert, einerseits in die Qualität des Gebiets, dem er sich nähert, andererseits in die Natur des Sterns, den er anschaut. 119 Ich also glaube, dass dieser sich so leicht verändert, da er weder die hervorragende Macht wie Jupiter hat, noch die außergewöhnliche Qualität, die die meisten Himmlischen haben, durch die er der Veränderung Widerstand leisten könnte. 120 Schließlich ist es wahrscheinlich, dass Merkur, Sols ständiger Achates, viele von seinen Kräften hat und deswegen bestimmte Sonnengaben von Merkur erhofft werden können.
121 Aliquando vero et Martem tradunt Solem in quibusdam muneribus imitari, ac Venerem, quae ad Lunam pertinent, elargiri. 122 Haec igitur in agendo memineris. 123 Neque negligas unquam terminos. 124 Aiunt enim planetas in diversis terminis ceu lucidis atque tenebrosis opposita facere. 
125 Denique ubi Martem times, oppone Venerem. 126 Ubi Saturnum, adhibe Iovem. 127 Ac da operam, ut in perpetuo quodam pro viribus motu verseris, tantum defatigatione vitata, ut et proprium motum externis motibus clam nocituris opponas et coelestem actum pro viribus imiteris. 128 Quod si poteris spatia motibus ampliora peragere, sic et coelum potius imitaberis et plures coelestium vires passim diffusas attinges. 
121 Manchmal überliefern sie aber, dass Mars die Sonne bei bestimmten Gaben nachahme und Venus reichlich das spende, was zu Luna gehört. 122 Denke also daran beim Handeln. 123 Und beachte immer die Gebiete. 124 Man sagt nämlich, dass die Planeten in unterschiedlichen Gebieten, wie hellen und dunklen, das Gegenteil machen.
125 Schließlich, wenn du Mars fürchtest, setze Venus dagegen. 126 Fürchtest du Saturn, ziehe Jupiter hinzu. 127 Und gib dir Mühe, dass du dich deinen Kräften entsprechend in gewisser ständiger Bewegung hältst und die Ermüdung so sehr vermeidest, dass du deine eigene Bewegung den heimlich schadenden Bewegungen von außen entgegenstellst und himmlisches Handeln nach Kräften nachahmst. 128 Wenn du aber mit deinen Bewegungen weitere Räume durchwandern kannst, dann wirst du einerseits den Himmel besser nachahmen und andererseits mehr Kräfte der Himmlischen, die sich überall verbreiten, berühren.

 

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