PLANETENKINDER

 

HINTERGRUND

Ich möchte hier - in Erinnerung an Anton Hauber - den Hintergrund der "Planetenkinder" vorstellen und das Wesen der einzelnen "Kindschaften" .

 

Inhalt:

Vorwort von Anton Hauber zu seinem grundlegenden Werk
Hervorhebung der Tübinger Handschrift M. d. 2 als Ausgangspunkt
Begriff des "Planetenkindes" und
Vorstellung der Planetenkinder mit zeitgenössischen Texten
Systematik am Beispiel von Harmen Jansz Muller
Entwicklung der Planetenkinddarstellungen (Salzburger Handschrift bis Jan Saendredam)

Um zum Hintergrund der Planetenkinder und deren Bilder hinzuführen, möchte ich hier das Vorwort Anton Haubers vorausschicken:

"VORWORT

Was sind Planetenkinder und Planetenkinderbilder? werden sich die meisten Leser mit Recht fragen. Eine ausreichende Antwort gibt eine altdeutsche Handschrift der Heidelberger Universitätsbibliothek, Cod. Pal. Germ. 226, Blatt 25r: Der mensche ist des planeten kind. Da der geborn wirdet oder in syner muoter lib empfangen wirdet, so der planet gewalt hat oder von orient uf steet, und ob der planeten vil sind, die den gewalt hant, oder dann von orient uf steent, welcher dann der gewaltigst ist, der eignet im daz kind und gibt im eigenschaft nach syner natur. Es geschicht aber selten, daz ein planet allen gewalt oder herrschaft habe, und darum gibt er im so vil syner eigenschaft, als er mag. Und die andern planeten gebent im auch ire eigenschaft darnach, als sie kraft hand. Und darum hat ein mensche nit allein eins planeten eigenschaft, etlicher dryer, etlicher aller sament; von iglichem planeten etwas luetzel oder vil. Doch heisset der mensche des planeten kind, von dem er die allermeist eigenschaft hat. – Ungefähr mit den gleichen Worten steht sie auch in unserer Tübinger Handschrift M.d. 2 geschrieben.

Eine Geschichte der Planetenkinderbilder ist zugleich ein Ueberblick über die Geschichte der Entwicklung der exakten Wissenschaften, der naturwissenschaftlichen Kenntnisse des Mittelalters, über die Kunde von den Sternen, von den Naturanschauungen, überhaupt von der ganzen Vorstellungswelt, die sich die Menschen vom Kosmos gemacht. Der Boden, der uns dies Material liefert, ist das Buch- und Illustrationswesen des späten Mittelalters.

Von der Buchmalerei sind aus dem Mittelalter unverhältnismäßig mehr Beispiele auf uns gekommen als von der Monumental- und Tafelmalerei und auch von plastischen Darstellungen. Das ist eigentlich auch selbstverständlich, denn ein Buch kann sich an einem trockenen, geschützten Orte durch viele Jahrhunderte erhalten, weil es kaum einem natürlichen Vernichtungsprozeß unterworfen ist, während eine Holztafel oder noch mehr eine Mauer viel leichter der Veränderung und dem Untergang anheimfällt. Deshalb sind für die Erklärung und Bestimmung des Zeitcharakters die Produkte der Miniaturmalerei viel ergiebiger; denn sie kann Augenblickseinfällen nachgehen, sie braucht nicht so auf die Kritik der großen Oeffentlichkeit Rücksicht zu nehmen, auch kann sie mehr subjektiv und individuell sein. Sie spiegelt in der Regel das öffentliche und private Leben der Zeit, auch die lokalen Färbungen und Eigentümlichkeiten viel heller und deutlicher wieder (sic!).

Die Grundlage für diese ganze Veröffentlichung bildet die Handschrift M.d. 2 der Universitätsbibliothek Tübingen aus dem beginnenden 15. Jahrhundert. Sie war mir seit Jahren als wertvoll bekannt; doch ahnte ich ihre Beziehungen zum Mittelalterlichen Hausbuch nicht. Eine Studienreise im Auftrag der Kgl. Preußischen Akademie der Wissenschaften, Abteilung Deutsche Kommission, für Zwecke des Gesamtkatalogs der deutschen Handschriften führte mich im Sommer 1913 in Ulm auch in die unter der Obhut von Professor C. Müller stehende Schermarsche Bibliothek, die schon Jahrhunderte im linken Seitenturm des Münsters ihren Standort hat. Hier fand ich unter den nicht zahlreichen Handschriften die Libri Med. 8 und 9. Die eine hat wieder die siebenteilige Bilderfolge, abgesehen von vielem anderen Material; von der anderen kommen nur kleinere Teile in Betracht. Die Bitte des Vereins für Kunst und Altertum in Ulm und Oberschwaben um einen, am 7. November 1913 gehaltenen, Vortrag über diese Funde veranlassten mich, die Miniaturen dieser Handschriften mit den Bildern des Hausbuchs zu vergleichen. So erwuchs vorliegende Arbeit. Bald fand ich auch die von R. Kautzsch beschriebene Kasseler Handschrift, ebenso Kyesers Bellifortis. Alle weiteren Manuskripte lernte ich kennen durch die kollegiale Hilfe der kulturwissenschaftlichen Bibliothek von Prof. Dr. Warburg in Hamburg. Er hat in jahrzehntelanger, selbstloser Arbeit das umfangreiche Material über dieses ganze Gebiet menschlichen Wissens und Irrens gesammelt. Es ist mir nicht möglich, an jeder einzelnen Stelle anzugeben, was ich ihm verdanke, es wären zu viele; ich möchte ihn bitten, meinen herzlichsten Dank insgesamt für persönliche Mithülfe, für die langfristige Überlassung der Photographien wie manches sehr seltenen Buches aus seiner kostbaren Bibliothek entgegenzunehmen.

Die Beschreibung aller herangezogenen Handschriften bildet den ersten Teil der Arbeit. Der zweite besteht aus zwei Abschnitten: einer Beschreibung der bekannten Planetenkinderserien; ferner einer selbstverständlich nicht alles vorhandene Material seit dem Altertum umfassenden Ikonographie des Planeten- und Sternbildhimmels. Im dritten, im zusammenfassenden Teil, war nicht beabsichtigt, eine ganze Geschichte der Astrologie und der verwandten in Betracht kommenden Gebiete, wie der Astronomie und der Kosmologie, zu geben, sondern nur soviel, als zur ausreichenden Entwicklung und Erläuterung der Begriffe notwendig war.

Der Druck zog sich fast anderthalb Jahre hin, beeinflusst durch den Weltkrieg, Straßburg als Verlagsort, meine Einberufung zum Militär am 22. September 1915, wodurch ich veranlasst wurde, meist an Sonn- und Feiertagen und des Nachts zu arbeiten, solange ich in der Kaserne war. Weiter machte das durch Warburg beigesteuerte umfangreiche Material eine Erweiterung des ursprünglichen Rahmens  und eine Umarbeitung und Kürzung notwendig. All diese Gründe erschwerten die endgültige Fertigstellung der Arbeit überaus, zumal bei der Entfernung von den notwendigsten Büchern, und brachten auch etliche Unregelmäßigkeiten mit sich; ich bitte, sie mir nicht übel nehmen zu wollen. Die Form Albumasar entspricht nicht dem arabischen Wortlaut, es ist die namentlich im späteren abendländischen Mittelalter gebräuchliche. Ich bin mir selber auch der Mängel meiner Arbeit vollauf bewusst; aber bei der Astrologie, diesem Grenzgebiete, kommen eben zu viele Fächer der Wissenschaft in Betracht, mehr als ein einzelner beherrschen kann: klassische, germanische und orientalische Philologie; allgemeine-, Kunst- und Religionsgeschichte und Handschriftenkunde."

Es folgen ausführliche Danksagungen; Hauber schließt dann mit der Unterschrift:

"Tübingen/Ulm, den 2. Dezember 1916; Anton Hauber; Gefreiter E. L. 122."

Das war das Vorwort zu diesem Werk:

Anton Hauber: PLANETENKINDERBILDER UND STERNBILDER,

Zur Geschichte des menschlichen Glaubens und Irrens, Strassburg 1916

In der Liste der "Bibliothekare und Mitarbeiter im Wissenschaftlichen Dienst der Universitätsbibliothek Tübingen seit 1895" wird über Hauber ausgeführt:

Anton Hauber (1879-1917)

Dr. phil., 1908-1915

Seit 1915 im Kriegsdienst, zuletzt als Dolmetscher für Türkisch im Großen Generalstab in Berlin.

Zwei Gesichtspunkte von Haubers Vorwort möchte ich besonders hervorheben: Zum einen weist er auf die Tübinger Handschrift M.d. 2 als den Ausgangspunkt seines Forschens hin, zum anderen zeigt er, wie er eigentlich zufällig in ein Forschungsgebiet hineingeriet, das ihn dann aber faszinierte, das immer wieder neue Fragen hervorrief, die einer allein gar nicht beantworten konnte und kann. 

Der Faszination möchte ich mich anschließen. Und die Erfordernis der Teamarbeit wird dann im Werk von Klibansky-Panofsky-Saxl "Saturn und Melancholie" bestätigt.

Hier geht's nach oben:

Für das Verständnis des Begriffs "Planetenkind" ist ein von Hauber oben zitierter Satz ganz wichtig: "Doch heisset der mensche des planeten kind, von dem er die allermeist eigenschaft hat." (Der Mensch wird Kind desjenigen Planeten genannt, der seine Eigenschaften am meisten geprägt hat.)

Klibansky-Panofsky-Saxl (Nachweis auf meiner Gerung-Seite) zeigen in ihrem Werk "Saturn und Melancholie" am Beispiel des Saturn, wie die Vorstellungen eines Saturn-Kindes entstanden sind. Im Kapitel "Kronos-Saturn in der antiken Astrologie" (S. 219ff.) stellen sie dar, wie nach der Beschreibung des Vettius Valens, eines Astrologen des 2. Jahrhunderts n. Chr., die Planeten "eine Fülle disparater Menschentypen" (S. 223) nicht nur beherrschen, sondern sogar erzeugen. Die Zuordnung der Charaktermerkmale der Menschen erfolge nach drei Überlegungen. "Ein Teil dieser Zuordnungen ... lässt sich ohne weiteres aus dem echten mythologischen Kern der Gesamtvorstellung ableiten" (S. 223), d. h. so, wie sich die Gestalt im Mythos verhält, muss sich auch das Menschenkind verhalten; da Kronos/Saturn im Mythos seine Kinder gefressen hat, muss auch ein Saturnkind mindestens griesgrämig sein; da Saturn (im römischen Bereich) Gott der Saaten ist, sind seine Kinder auch bestens zur Landarbeit geeignet. Diese mythenbestimmten Vorstellungen werden nun mit "rein natürlichen Vorstellungen", also den "astronomischen und physikalischen Eigenschaften" (S. 224) des Planeten als eines Himmelskörpers verbunden, d. h. beim Beispiel des Saturn, dass seine Kinder träge sein müssen, da er ja die längste Umlaufzeit der damals bekannten Planeten hat. Aus diesen Merkmalen werden nun Folgen erschlossen, z. B. verursache Saturn bestimmte Krankheiten wie Wassersucht und Rheumatismus, da ihm Kälte (aus naturwissenschaftlichem Grund) und Feuchtigkeit (aus mythologischem Grund) zugeschrieben werde. Und zum Endpunkt dieser Entwicklung führen KPS aus: "Durch dieses Mittel indirekter Analogisierung konnte nun die Saturnvorstellung der Astrologie eine dritte Gruppe von Bestimmungen in sich aufnehmen, die an und für sich weder mit mythischen noch mit astrophysikalischen Gegebenheiten in Verbindung stehen, sondern gleichsam irdischen Ursprungs sind, in unserem Zusammenhang aber eine ganz besondere Bedeutung besitzen. Gemeint ist das von der Sternkunde gänzlich unabhängige Gebiet des Wissens, das Physiognomik, Charakterlehre und Popular-Ethik bereitstellen." (S. 224f.)

Hier geht's nach oben:

Überblick über die "Vorstellungen" der Planetenkinder (Texte der Tübinger Handschrift, Texte zu Muller (lat. Prosa), Saenredam (lat. Hexameter) und de Passe (vierstrophige lat. Gedichte in der Form sapphischer Oden)):

Planet Text der Tübinger Handschrift Lateinische Texte (Prosa - Hexameter - sapphische Ode)
Quelle: Katalog der Ausstellung "Der Welt Lauf", Stuttgart 1997
Sol

"Sol (Blatt 269 v) 

Sol die Sonne ist allernest under Mars und durchleufet die 12 zeichen in eym jare und ist in eym iglichen zeichen eyn manet als vor geseit ist und hat grossen gewalt in dem wieder, want er ist der sonnen erhohunge und hat noch grossern gewalt in dem lewen, want er ist sin huß und hat unglucke und lutzel gewalts in der woge und noch myner gewalts in dem wassermon.

Der Sonnen kynt hat eyn breit schon antlitz und ist senftmutiger und guter synne und ungelernig, wolgespreche schoner rede, wise, gerne fragen, grosser heren amptman, frauwen heymlich liep, schones hare, eyeründe styrne, gefuge brawen und augen, eyn slechte nasen nit zu lang in mytten clein hoch, eyns runden kynnes, schoner roselechten farben, eyn münt nit zu groß noch zu cleyn, sin lefzen cleyn hoch, sin halß ist slecht, eyn schonen bart, grosse fuße und grosse beyn, eyn grosse stymne <Anmerkung Haubers: "Wohl = Stirne, kaum = Stimme">. Bescheiden und senftmütig, vast wise frolich und wol gemüt und hat gern gut kostlich gewant liep. Und die sonne ist eyn planet by andern planeten ungluckhaftig und bose und mit angesichte der planeten auch gut."

(Sol, die Sonne, ist die nächste unter dem Mars und durchläuft die 12 Zodiakalzeichen in einem Jahr und befindet sich in jedem Zeichen einen Monat lang, wie eben gesagt wurde. Sie hat große Macht im Widder, denn der ist die Erhöhung der Sonne, und noch größere im Löwen, denn das ist ihr Haus; sie hat Unglück und wenig Macht in der Waage und noch weniger im Wassermann.
Das Sonnenkind hat ein breites, schönes Antlitz, ist sanftmütig und frohgemut, hat wenig Lust zum Lernen, pflegt gerne schöne Gespräche, ist weise, interessiert, ist im Dienste großer Herren, insgeheim ein Frauenverehrer, hat schönes Haar, eine ovale Stirn, schöne Brauen und Augen, eine kleine Nase, nicht zu lange, in der Mitte, hochgezogen, hat ein rundes Kinn, einen rosigen Teint, einen Mund, nicht zu groß und nicht zu klein, seine Lippen sind klein und hoch, der Hals einfach, er hat einen schönen Bart, große Füße und große Beine, eine große Stirne. Er ist bescheiden und sanftmütig, fest, weise, fröhlich und wohlgemut und kleidet sich gerne gut und kostbar. Und die Sonne ist ein Planet, bei anderen Planeten ohne Glück und böse, im Angesicht der Planeten auch gut.)

(Hauber S. 25)

SOL - GESAMT

Sol vita viventium, dat nato felicitatem in omnibus rebus, agilitatem in rebus agendis, alacres et sani ut plurimum vitae huius curriculum citra morborum affectiones finientes.

Übersetzung:

"Sol, Leben der Lebendigen, gibt dem (unter ihm) Geborenen Glück in allen Dingen, Beweglichkeit in allem Beginnen; munter sind sie und gesund, beenden, wie es häufig geschieht, diesen Lebenslauf ohne Einwirkung von Krankheiten."

SOL - GESAMT

Sum decus astrorum, convexi gloria coeli,
Me summi prona venerantur mente monarches.

Übersetzung der beiden Hexameter:

Ich bin die Zierde der Sterne, der Ruhm des gewölbten Himmels:
Mich verehren mit geneigtem Sinn die höchsten Herrscher.

SOL - GESAMT

Signa per bis sex moderatur orbem
Corniger Titan, sed amat Leonem.
Caeteris non sic in amore clausis,
Est Leo carus.

En rotis currunt nivei iugales, 
Et vehunt Solem, simul et triumphos
Solis oste(ndun)t, volitant trophaea
Solis ubique.

Namque Solares agitant alumni
Bellicam molem. sine clade laeti.
Hostis et supra statuunt trophaea
Funus acerbum.

Aureus Sol est et habetur auri
Praeses, utque auro nihil in metallis
Antefers, nec sic homini sub isto
Sydere nato.

Übersetzung:

"Durch zweimal sechs Zeichen lenkt er seine Kreisbahn, / der gehörnte Titan, aber er liebt den Löwen. / Die übrigen sind von ihm nicht so in seine Liebe eingeschlossen: / Es ist (ihm) der Löwe teuer. / 
Siehe: Mit den Rädern läuft das schneeweiße Gespann / und zieht Sol; zugleich lassen sie auch die Triumphe / Sols sehen; es fliegen einher überall / die Siegeszeichen Sols. / 
Denn die Sonnenzöglinge betreiben eifrig / den mühevollen Krieg, (und zwar) ohne Niederlage, frohgemut, / und hoch oben errichten sie als Siegeszeichen / des Feindes bitteres Leichenbegängnis. /
Golden ist Sol, und man hält ihn für des Goldes / Schirmherrn; und wie du dem Gold nichts unter den Metallen / vorziehst, so auch nicht dem Menschen, der unter diesem / Gestirn geboren."

Luna LUNA - GESAMT

"Luna (Blatt 271 v) 

Luna der Mone ist der nyderste planete und uns aller neste und leuft durch die 12 zeichen in 27 tagen und ist in eym iglichen zeichen 2 tage 6 stunden 38 mynuten und hat grossen gewalt in dem wieder, want er ist sin erhounge <sic!> und hat noch großern gewalt in dem krebs, wan er ist sin huß und hat unglucke und wenig gewalts in dem tarrant <Anmerkung Haubers: "Darrant, tarant (tarr ..), Skorpion, Tarantel."> und in dem steynbocke. Der mone ist uns zugefuget alles gestyrnes und aller planeten influße, want er uns allernest ist mit synem lauf aller snellichste.

Myn kint ist unstede als der Mone und blibet selten an eyner stat und fahet vil an, er ist lugenhaftig, wiser rede, kalter nature, lichtlich ungesunt, umb cleyne ding zornig und ungemut und wirt selten 60 jar alt, und ist gern eyn kaufman eyn schiffman ein leufer oder bote. Sin antlitz ist rünt bleich und clare, sin styrne breit, eyn auge grosser dan das ander nyder nase mit wyten naselochern, eyn dicken münt, sin antlitz hat dicke zeichen und wirt bezitlich gra und hat selten glucke."

(Luna, der Mond, ist der unterste Planet, uns der allernächste und läuft durch die 12 Zodiakalzeichen in 27 Tagen, verweilt in jedem Zeichen 2 Tage, 6 Stunden und 38 Minuten. Er hat große Macht im Widder, seiner Erhöhung, und noch größere Macht im Krebs, seinem Haus; er hat Unglück und wenig Macht im Skorpion und im Steinbock. Der Mond unterliegt wie wir dem Einfluss aller Sterne und Planeten, denn er ist mit seinem schnellsten Lauf ganz nahe bei uns.
Mein Kind ist unbeständig wie der Mond und bleibt selten an einer Stelle, es fängt vieles an, lügt zwar gerne, verfügt aber über weise Rede, hat ein kaltes Wesen, gerne ungesund, gerät wegen kleinen Dingen in Zorn und wird ungemütlich. Ein Mond-Kind wird selten 60 Jahre alt. Lieblingsberufe sind Kaufmann, Schiffer, Läufer oder Bote. Sein Gesicht ist rund, bleich und hell, seine Stirne breit, ein Auge ist größer als das andere, es hat eine kurze Nase mit weiten Nasenlöchern, einen dicken Mund, sein Gesicht weist häufig Flecken auf; er wird frühzeitig grau und hat selten Glück.)

(Hauber S. 26)

LUNA - GESAMT

Qui Luna(m) habent geniturae dominam, ob innatam illis humiditatem vitam fere in aquis degunt, nauticam exercentes, aut piscationibus operam dantes. Paralysi obnoxii sunt.

Übersetzung:

"Die als Herrin ihrer Geburtsstunde Luna haben, verbringen wegen der ihnen angeborenen feuchten Beschaffenheit das Leben in der Regel auf dem Wasser und fahren zur See oder verwenden ihre Arbeitskraft aufs Fischen. Der Gicht sind sie preisgegeben."

LUNA - GESAMT

Vasta procellosi mihi parent aequora ponti,
Diverso stabiles renovanti lumine cursus.

Übersetzung der beiden Hexameter:

Die wüsten Flächen des stürmischen Meeres gehorchen mir, die ich mit unterschiedlichem Licht zuverlässige Bahnen neu durchfahre.

LUNA - GESAMT

Luna nocturnos radios ministrat
Albido curru variatque menses
Cornibus plenis modo semiplenis,
Aut vacuatis.

Consulit somnum genetrix inanis
Somnii, quamvis ea spumat undis,
Attamen fervens sequitur calentis
Sydera Cancri.

Filii Lunae tibi Luna parent:
Nam tuae vires superant potentes;
Principum sub te studium virescit,
Aurea Phoebe.

Imperas, Phoebe, nitido metallo.
Dicis argentum, tibi grex tuorum
Est huic multum similis metallo
Cynthia pernox.

Übersetzung:

"Luna reicht dar die nächtlichen Strahlen / mit ihrem bleichen Wagen und gestaltet mannigfaltig die Monde / mit gefüllten Hörnern, bald darauf mit halb gefüllten / oder entleerten. /
Sie trägt Sorge für den Schlaf, sie die Mutter des nichtigen / Traums; obgleich sie mit Schaum bedeckt ist von den Wogen, / folgt sie dennoch voll Hitze den Sternen des / glühenden Krebses. /
Die Mondsöhne gehorchen dir, Luna:/ denn  deine Kräfte überwältigen die Mächtigen; / der Fürsten eifriges Streben beginnt unter dir Früchte zu tragen, / goldene Phoebe./
Du gebietest, Phoebe (Leuchtende), über glänzendes Metall./ Du bestimmst für dich das Silber: Die Schar der Deinen / ist diesem Metall sehr ähnlich, / Cynthia, nachtdurchwachende." 

Mars MARS - GESAMT

"Mars (Blatt 268 v).

Mars steht allernest nach Jupiter und durchleuft die 12 zeichen in zweyn jaren und ist in eynem iglichen zeichen 2 monet und hat grossen gewalt in dem wieder und im scorpion, want die zwey zeichen sint sin huser, der steynbocke ist sine erhohunge, und hat unglucke und wenig glucks oder gewalts oder keynen in der woge in dem stiere und in dem krebes. Der planete ist böse und ist heißer und druckener naturen.

Syn kynt ist synnerich zornig eyns scharfen angesicht, eyner brünen farben oder eyner roten, als die an der sonnen verbrant sint mit roten sprunkelin an dem antlitz, eyn lange styrn, slechte brauwen, cleyn scharfe augen und diefe, ein langes antlitz und eyn lange nasen und hoch, eyn grossen münt das merteil offen, lange zende kleffig mager und eyn güder sins guts, gach zornig und lat nichts ungerochen, alzit wetig und ungestymme, geneiget zu unfrieden, eyn betrupsamer der friedlichen, giftig, eyn berümer siner bozheit und ander syner werke, eyns krommen libes und mag nit wol slafen, syn heupt dut ime gern wee. Er ist eyn harte unbarmherzig mensche und begert der mynne und mag doch nit also vil. Er ist gern da der lude vil by eynander sint und wirt gewonlich nit alt."

(Mars ist der nächste hinter Jupiter; er durchläuft die 12 Zodiakalzeichen in zwei Jahren und bleibt in jedem Zeichen 2 Monate. Er hat große Macht im Widder und im Skorpion, denn die beiden sind seine Häuser, der Steinbock ist seine Erhöhung. Er hat Unglück und wenig Glück und Macht oder keine in der Waage, im Stier und im Krebs. Der Planet ist böse und hat ein heißes und trockenes Wesen.
Sein Kind ist sinnreich, zornig, hat scharfe Gesichtszüge mit einer braunen oder roten Farbe, so, wie die, die an der Sonne verbrannt sind, mit roten Sommersprossen im Gesicht. Er hat eine lange Stirn, kurze Augenbrauen, kleine, scharfe und tiefsitzende Augen, ein längliches Gesicht und eine lange und hohe Nase, einen großen, meist offenen Mund, lange Zähne mit Lücken, er ist mager, verschwendet seinen Besitz, ist jähzornig, lässt nichts ungerächt, ist ständig voller Wut und Ungestüm, stiftet gerne Unfrieden, bekümmert die Friedfertigen, ist giftig, prahlt mit seiner Boshaftigkeit und anderen derartigen Werken. Er hat einen krummen Leib, schläft schlecht, leidet unter Kopfweh. Er ist ein harter, unbarmherziger Mensch, will Liebe haben, ist dort aber nicht leistungsfähig. Er ist gerne unter den Leuten und wird gewöhnlich nicht alt.)

(Hauber S. 24f.)

MARS - GESAMT

Mars facit potentes, bellaces, versutos, validos, stolidae ferocitatis, insanos, indomitos, ob levissimam caussam se periculis obiicientes, promptos, alacres, prodigos, iracundos, tirannos.

Übersetzung:

"Mars bringt die Mächtigen, Kriegerischen, Gerissenen, Starken hervor, die von einfältiger Kampfeswut sind, die Rasenden, Unbezähmbaren, die sich auf leiseste Veranlassung in die Gefahr stürzen,  die schnell zur Hand sind, die Feurigen, Verschwenderischen, Aufbrausenden, die Gewaltherrscher."

MARS - GESAMT

Cernitur in dubio mea magna potentia bello,
Per me mors tristis, per me victoria laeta.

Übersetzung der beiden Hexameter:

Geschaut wird meine große Macht im ungewissen Krieg; durch mich (gibt es) traurigen Tod, durch mich frohen Sieg.

MARS - GESAMT

Terror o mundi, furibunde Mavors,
Bellicae gentis decus atque ductor,
Biga profertur tua vi citorum
Quadrupedantum.

Corniger stellas Aries ministrat
Sub tuo ductu. Furiale sydus
Fert minas orbi tibi subiugato
Scorpius astro.

Editi sub te populi Gradivum
Viribus semper sapiunt potentem,
Bella si cessant, simulacra belli
Vana sequunter.

Te chalybs, ferri genus omne spectat,
Martis et pulli referunt acerbi
Ferreas mentes chalybumque dextris
Corpora cusa  .

Übersetzung:

"O Schrecken der Welt, rasender Mars, / Zierde des Kriegervolks und sein Führer. / Dein Zweigespann wird vorangetrieben durch die Kraft / schneller Rosse.
Der gehörnte Widder bietet seine Sterne dar / unter deiner Führung. Das wütende Gestirn bringt Drohungen dem dir als seinem Himmelskörper unterworfenen / Erdteil dar, der Skorpion.
Unter dir geborene Völker finden stets Geschmack am / Krieg, dem in seiner Urgewalt mächtigen. / Wenn die Kriege (einmal) aufhören, folgen sie nichtigen Schattenbildern des Kriegs. / 
Nach dir trachtet der Stahl, (trachtet) jede Art von Eisen; / sie bringen des dunklen und bittern Marsjüngers / eisernen Sinn und Körper aus Stahl, geschmiedet mit / der Rechten, hervor."

Merkur MERKUR - GESAMT

"Merkur Blatt 270 v). 

Mercurius ist under Venus allerneste und hat grossen gewalt in dem zwylinge, wan das ist sin huß und hat noch grossern gewalt und glucke in der junffrauwen, want sie ist sin erhohunge und hat keynen gewalt in dein <sic!> schutzen noch in dem fische. Mercurius ist gut by den guten und bose mit den bosen und ist doch gut von syner naturen. 

Syn kynt ist wolgespreche und meisterlich und rümet sich gern und fraget gern nach grossen sachen und künsten und ist eyn meister siner reden und hubscher fremder kunste bisunder in den sachen, dar inne man kunftige dinge befindet und in allen naturlichen sachen und eyn meister hubscher reden und dichtens und grosser rechenongen, snytzen, graben, malen, urgelmachen, sie hant (!) wunderlich betrachtunge uf die kunst und eynen unmüssigen synne und begriffet an leren was er will und behelt es lange und ist unstede und bewegelich und wandert gern in fremde lant. Syn stirn ist breit, sin brawen lang, syn augen swarz, sin nase slecht, syn antlitz clare bleich, sin lefzen groß, syn zende glych, sin kynne gespalten, syn finger lang; er achtet nit vil uf frauwen und treit gern grawes gewant und hat vil fründe und auch zu keynem glucke. Und hat lange beyn und etliche sagen, er habe eynen langen halß und eyn geringes gemute und eyn dynne har und ist unstete."

(Merkur ist der nächste nach der Venus; er hat große Macht in den Zwillingen, denn die sind sein Haus, und noch größere Macht und Glück in der Jungfrau, seiner Erhöhung. Er hat keine Macht im Schützen und in den Fischen. Merkur ist gut bei Guten und böse mit den Bösen, aber von Natur aus gut.
Sein Kind ist gesprächig, sehr fähig, voll Eigenlob, interessiert an großen Themen und an den Künsten, ist ein Meister in seinen Reden und in schönen fremden Künsten, besonders in den Bereichen, die auf Zukünftiges schließen lassen, er ist ein Meister in schönen Reden und im Dichten und bei schwierigen Berechnungen, im Schnitzen, im Gravieren, im Malen und beim Orgelbau. Er stellt staunenswerte Betrachtungen über die Kunst an, ist immer in Aktion, hat bei dem, was ihn interessiert, eine schnelle Auffassungsgabe und behält das auch lange. Er ist unbeständig, beweglich und bereist gerne fremde Länder. Seine Stirn ist breit, seine Brauen lang, seine Augen dunkel, seine Nase kurz, sein Gesicht hell und bleich, seine Lippen groß, seine Zähne gleichmäßig, sein Kinn gespalten, seine Finger lang. Frauen sind für ihn bedeutungslos; er trägt gerne graue Kleider, hat viele Freunde, aber bei keinem Glück. Er hat lange Beine, und manche sagen, er habe einen langen Hals, sei kleinmütig, habe dünnes Haar und sei unbeständig.)

(Hauber S. 25f.)

 
MERCURIUS - GESAMT

Mercurius filios facit intelligentes, sagaces, aemulatores, beneficos, mathematicos, voti compotes, coniectore(s), corpore graciles, pallentes, oculorum intuitu honestos, et potus temperantia mirabiles.

Übersetzung:

"Merkur macht seine Söhne zu verständig (sic!), gewitzt, zu Nacheiferern, Wohltätern, Mathematikern, (zu Leuten,) die das Ziel ihrer Wünsche erreichen, zu Traumdeutern, zu schlank gebauten, blassen, dem Augenschein nach ehrenhaften und im Trinken erstaunlich enthaltsamen (Menschen):"

MERCURIUS - GESAMT

Me Dys commendat facundae gratia linguae,
Et varias rudibus monstro mortalibus artes.

Übersetzung der beiden Hexameter:

Mich empfiehlt den Göttern die Anmut meiner beredten Zunge, und den ungeschliffenen Sterblichen zeige ich mannigfaltige Künste.

MERCURIUS - GESAMT

Mercuri praepes Volucri galero
Aliger talo celerisque bigae
Sessor, est alis tua virga compta,
Spirat et angue.

Alites inter tibi servit Oscen,
Antesignanus tibi lucis astat
Gallus; Astraeum Geminosque vultu
Semper oberras.

Tu pater furum, Deus eloquentum,
Numen in scaena, Dominus virorum,
Qui plagas mundi peragrant et aequor.
Merce potentes.

Vivis argentum, quod habere vivum,
Estque Cyllenes tibi gnatus auctor;
Volucris motum cito; sic et omnis
Mercurialis.

Übersetzung:

"Merkur, dahinfliegend mit geflügelter Kappe, / mit Flügeln am Knöchel und des flinken Zweigespanns / Lenker; mit Schwingen ist dein Stab geschmückt, / und er zischt mit Schlangen. / 
Unter den Vögeln dient dir ein Weissagevogel, als Vorkämpfer des Lichts steht dir zur Seite / der Hahn; Astraea und die Zwillinge umschwebst du stets / mit deinem Antlitz. / 
Du Vater der Diebe, Gott der Beredten, / Gottheit auf der Bühne, Herr der Reisenden, / die die Länder der Welt durchstreifen und das Meer, / durch ihre Waren mächtig. /
Du, das (sic!) du für lebendiges Silber gehalten wirst, lebst (tatsächlich), / und Ursache ist für dich der Sohn Kyllenes. / Des Vogels Bewegung führe ich an: So ist auch jeder / Jünger Merkurs."

Jupiter IUPPITER - GESAMT

"Jupiter (Blatt 267 v) 

Jupiter stet under Saturno allernest und laufet durch die 12 zeichen in 12 jaren und ist in iglichem zeichen eyn jare und hat ser grossen gewalt im schutzen und in dem fisch wan die 2 zeichen sint sin huser. Er hat auch grossen gewalt in dem krebse, want das zeichen ist sin erhohunge, und hat unglucke in dem zwyling und in der junfffrauwen und in dem steynbocke und er frauwet sich in dem schutzen. Der planete ist gut und darumb ist er der erste nach Saturno, das er ym sin boßheit beneme.

Jupiters kint ist eyn gut mensch mit eynem ründen bart und hat schon augen und grosse brawen gebogen, schon von gestalt, eyner mitteler masse, eyn breite styrn, zuchtlichs gesiechts, eyn slecht nase und eyn lang antlitz und münt, nit zu groß noch zu cleyn, rot leftzen, eyn schon antlitz, slechter glieder, eyns zuchtigen wandels und hat gerechtickeit liep, nyemant schedelich und hat frauwen heymlich liep und gerechte lude hat er auch liep und hasset bose lude. Die zwen forderen zendhe sint ime breiter dan die andern und eyn teil gespalten und hat lange hare. Er ist vast barmherzig und werdent gewonlichen rich und selten arme, eyn myttlerer und ein furer des rechten gerichts und dunket sich selber schon. Er ist wise fruntlich und frolich und gefelt den luden gemeynlich wol mit synem wesen und wandel."

(Jupiter ist der allernächste unter Saturn und läuft in 12 Jahren durch durch die Zodiakalzeichen, wobei er in jedem Zeichen ein Jahr bleibt. Im Schützen und den Fischen hat er sehr große Macht, weil die beiden seine Häuser sind. Große Macht hat er auch im Krebs, denn das ist seine Erhöhung. Er hat Unglück in den Zwillingen, der Jungfrau und dem Steinbock, und er freut sich im Schützen. Dieser Planet ist gutartig, und er ist deshalb der erste nach Saturn, um diesem seine Bosheit zu nehmen.
Ein Jupiter-Kind ist ein guter Mensch mit einem runden Bart, schönen Augen und großen, gebogenen Brauen; er ist schön von Gestalt, hat Normalgewicht, eine breite Stirn, ein angenehmes Gesicht, eine kleine Nase, eine längliche Gesichtsform mit einem Mund in der richtigen Größe, rote Lippen, ein schönes Gesicht, kurze Glieder. Sein Lebenswandel ist ordentlich, er liebt die Gerechtigkeit, schadet niemandem, er liebt heimlich die Frauen, liebt aber auch gerechte Leute und hasst die bösen. Die Schneidezähne sind bei ihm breiter als die anderen, ein Teil ist gespalten <bei Merkur ist hier vom "gespaltenen Kinn" die Rede!> und er hat lange Haare. Er ist fest, barmherzig und wird gewöhnlich reich, selten arm, ein Mann der Mitte, setzt sich als Richter für Gerechtigkeit ein, er ist sich seiner Schönheit bewusst. Er ist weise, freundlich und fröhlich und gefällt den Leuten normalerweise gut mit seinem Wesen und seinem Lebenswandel.)

(Hauber S. 23 f.)

IUPPITER - GESAMT

Iovem qui dominum habent, iusti sunt, honesti, philalethes, amicitiae (,) studiosi, in fratres cognatos et pauperes pii, natura temperatissimi, erga omnes benigni.

Übersetzung:

"Die Jupiter als Herrn haben, sind gerecht, ehrenhaft, wahrheitsliebend, um Freundschaft bemüht, sich ihrer Verpflichtung gegen die blutsverwandten Brüder und die Armen bewußt, von Natur äußerst maßvoll, gegen alle wohltätig."

IUPPITER - GESAMT

Artibus exorno variis ego Jupiter orbem,
Omnis et e nostro manat sapientia fonte.

Übersetzung der beiden Hexameter:

Mit mannigfaltigen Künsten statte ich, Jupiter, den Erdkreis aus, und alle Weisheit entspringt aus meiner Quelle.

IUPPITER - GESAMT

En Iovis currus aquilae gubernant.
Jupiter velox aquilas gubernat,
Armiger magni Iovis est hic ales
Fulmina gestans.

Huic potens arcu iuvenis per astra
Semivir currens et equo biformis
Obvius nudum trahit acer arcum.
Astra secunda

Sint tibi pisces, subeunte signo;
Jupiter magnis dabit orsa rebus,
Quas poli, tellus, mare quasque versant
Atria Regum.

Est Iovis stannum, speciosa massa,
Multiplex usu: Jovialis omnis
Usibus multis valet, atque punctum
Tollit hic omne.

Übersetzung:

"Siehe, Jupiters Wagen steuern Adler; / Jupiter steuert behende die Adler: / Waffenträger des großen Jupiter ist dieser Vogel, / weil er die Blitze mit sich führt. 
Ihm läuft der mit seinem Bogen gewaltige Jüngling / durch die Sterne entgegen, halb Mann und mit seinem Pferdeleib/ zweigestaltig, und spannt ungestüm den bloßen Bogen. / Glückbringende Sterne / 
mögen dir die Fische sein beim Untergang ihres Zeichens; / Jupiter wird den Anfang schenken zu den gewaltigen Dingen, / die Himmel, Erde, Meer und die Hallen der Könige / herumtreiben. /
Es ist Jupiters das Zinn, die schimmernde Masse, / vielseitig im Gebrauch. Jeder Jupitermensch erweist / in vielen Bereichen seine Stärke und macht hier / jeden Punkt."

Venus Text zu Venus fehlt in der Tübinger Handschrift.
VENUS - GESAMT

Venus inter salutaria sydera numeratur; qui sub ea nati fuerint, gratiosi erunt, et mulierum gratia celebres, genio indulgentes, laborabunt stomacho, et malis potionibus obnoxii erunt.

Übersetzung:

"Venus zählt man zu den segenbringenden Gestirnen; die unter ihr Geborenen werden beliebt sein, mit der Gunst der Frauen reich beschenkt, und es sich gut gehen lassen; sie werden Magenbeschwerden haben, und üblem Trinken werden sie preisgegeben sein."

VENUS - GESAMT

Accendo iuvenum curas ego mater amoris,
Adiuvat et natus vibrans sua tela Cupido.

Übersetzung der beiden Hexameter:

Ich entfache der Jünglinge Sehnsucht, ich, die Mutter der Liebe; es hilft (dabei) auch mein Sohn und schleudert seine Geschosse, Cupido.

VENUS - GESAMT

Seminum mater Venus aeviterna,
Diva faecundo gremio, lepore
Blanda, caelestum facilis voluptas
Terrigenumque

Chaonis, currum moderatur ales,
Teque tutamen resonant olores,
In sinum ludens volitat Cupido,
Ductor Amorum.

Sydus auratum regis ad bilancis
Pondus aequatae, regis ad libellam.
A tuis Taurus minitante cornu
Cornibus haeret.

Aureas dicunt Veneres ab auro.
Aereas dicant Veneres ab aere:
Aes subest Divae et quod ab aere factum
Gaudia confert.

Übersetzung:

"Der Geschlechter Mutter, Venus, ewige, / Göttin mit fruchtbarem Schoß, in Anmut / lockend, der Himmlischen behagliche Wonne / und die der Erdgeborenen. / 
Der Vogel aus Dodona <Taube!> lenkt deinen Wagen / und dich, ihre Beschützerin, besingen die Schwäne; / in deinen Schoß flattert im Spiel Cupido, / der Anführer der Eroten. /
Dein goldgeschmücktes Gestirn lenkst du zum Gewicht der im Gleichgewicht befindlichen Waagschalen, lenkst du zur Waage. / An deinem Mantelsaum klebt mit drohendem / Horn der Stier. /
Golden nennt man die Venusmenschen nach dem Gold. / Kupfern sollte man die Venusmenschen nennen nach dem Kupfer: / (Denn) das Kupfer untersteht der Göttin und, was, aus Kupfer geschaffen, Freude bringt."

Saturn SATURN - GESAMT

"Saturn (Blatt 266 v) 

Saturnus ist der oberste planete und leuft durch die 12 zeichen in 30 jaren 2 ½ jare, und hat ser großen gewalt in der woge, want es ist sin erhohunge und hat noch grossern in dem steynbocke und in dem wasserman, want die zeichen sint sine huser, doch hat er in dem wassermon (!) mer gewalt dan in dem steynbocke und hat unglucke in dem krebse in dem lewen und in dem wieder und frauwet sich in dem wassermont. der planete ist bose und wederwirtig der naturen und allen lebendigen dingen. Und sunderlich so er richset (!) und gewalt hat, so verderbet er alle lebendige dinge mit hunger dot und arbeit. 

Syn kynder sint brüne und hant eynen dynnen bart eyn synnewels heupt bleicher farben und wonent gern by wasser oder in der erde. Er lachet selten. Geschrunden (!) füße, eyn cleyn hertze cleyn brust grosse lange brawen. Von natur eyn diep, cleffig hessig lugenhaft, richtig in zorne, nyt gut zu erzurnen und doch nach zorn mulich zu versünen; sins eigen guts karg, fremdes guts mylt frech, mit durftigen augen als eyn morder, eyns ungestymmen hyrns, boses willen, ungerne by den luden und treit gern unsuber bose gewant, swartze farbe und grawet schiere und hat eyn bose gestalt. Er hat nit lust des libes, listig hessig und ungetruwe, trege langsinn in allen dingen und hat nit lusts mit wiben. Er hat alzit sorge und anxst und gedenket und redet zu im selbst; und so er gat, so ist sin angesicht alles geneigt zu der erden. Er ist wol gespreche und nympt selten eyn gut ende, syn kinder werdent gewonlichen erhangen. Die nature haben sie von dem planeten Saturno."

(Saturn ist der oberste Planet, und er läuft durch die 12 Zodiakalzeichen in 32 1/2 Jahren. Er hat sehr große Macht in der Waage, denn das ist seine Erhöhung, und noch größere im Steinbock und im Wassermann, denn diese Zeichen sind seine Häuser, aber er hat im Wassermann mehr Macht als im Steinbock. Er hat Unglück im Krebs, im Löwen und im Widder und er freut sich im Wassermonat. Der Planet ist böse und der Natur und allen Lebewesen gegenüber widerwärtig. Vor allem, wenn er herrscht und Macht hat, verdirbt er alles Lebendige mit Hunger, Tod und Not.
Seine Kinder sind braun, haben einen dünnen Bart, einen runden Kopf, sind blass. Sie wohnen gern am Wasser oder in der Erde. Selten lacht er. Er hat Füße mit Schrunden, ein kleines Herz, eine kleine Brust, große, lange Brauen. Von Natur aus ist er ein Dieb, geschwätzig, feindselig, lügenhaft, geradewegs im Zorn, schwer zu erzürnen und doch nach dem Zorn kaum zu versöhnen. Mit seinem Besitz verfährt er sparsam, mit fremdem Gut freigebig und dreist. Er hat gierige Augen wie ein Mörder, ein ungestümes Hirn, einen bösen Willen; er ist ungern unter den Leuten und trägt gerne unsaubere, wertlose Kleidung in schwarzer Farbe, wird bald grau und hat ein gemeines Aussehen. Er hat am Körper keine Freude, ist listig, feindselig und unzuverlässig, träge, braucht lange zu allem und hat keinen Spaß mit Frauen. Ständig besorgt und ängstlich, ist er in Gedanken versunken und spricht mit sich selbst. Beim Gehen schaut er beständig auf den Boden. Er ist gesprächig, aber es nimmt selten ein gutes Ende mit ihm; Saturnkinder werden gewöhnlich gehenkt. Dieses Wesen haben sie vom Planeten Saturn.)

(Hauber S. 22f.)

SATURNUS - GESAMT

Saturnini sunt invidi, pigri, tristes, avari, fraudulenti, is sequuntur morbi ex aqua intercute, quartana febris, carceres, mortes in aquis, venena, suffocationes.

Übersetzung:

"Saturnsprößlinge sind neidisch, faul, finster, habgierig, betrügerisch; ihnen folgen Wassersucht, Quartanfieber, Kerker, Tod im Wasser, Gift und Ersticken."

SATURNUS - GESAMT

Aurea me quondam terris regnante fuerunt
Tempora, sponte sua quaevis tellure ferente.

Übersetzung der beiden Hexameter:

Golden waren, als ich einst über die Länder herrschte, die Zeiten, als aus eigenem Antrieb alles Beliebige die Erde trug.

SATURNUS - GESAMT

Ecce Saturnus minitatur unca
Falce vel parvis sine mentis usu,
Cernis aurigam celerem Draconum
Alite curru.

Astra percurrit senior, petitque
Imbrium Regis loca Capricorni;
Praebet ast dorsum celerans Aquaeri
Cominus urnae.

Possidet Phoebi decus Occidentis
Omne terrarum; reperit fodinas.
Et magos implet genio sinistro
Ceu Deus artis.

Quod riget plumbum, quod habetque pondus,
Iura Saturni subit: huius ergo
Subditi tales animis rigentes
Corde gravescunt.

Übersetzung:

"Siehe, Saturn droht mit gekrümmter / Sichel sogar den Kleinen ohne Gebrauch des Verstandes; / du schaust den geschwinden Lenker mit seinem geflügelten / Drachengespann. / 
Die Sterne durcheilt er hochbetagt und strebt / zu den Gefilden des Herrschers über den Regen, des Steinbocks; / er bietet aber den Rücken in seiner Eile dem Krug des Wassermanns, / ganz in der Nähe. / 
Er hat jede Zierde der Länder des untergehenden Phoebus / in seinem Besitz; er findet Bergwerke auf / und erfüllt die Magier mit unheilvoller Begabung, / ganz wie der Gott der Kunstfertigkeit. / 
Blei, das starr ist und das Gewicht hat, / fügt sich den Gesetzen Saturns. Seine Untergebenen / also, in dieser Weise beschaffen, starr in ihren Gemütern, / werden folglich in ihren Herzen schwer."

Hier geht's nach oben:

 

Wie eben dargestellt, werden den Planetenkindern ganz verschiedene Merkmale zugewiesen, nicht nur die eben genannten (Trägheit, Arbeit in der Landwirtschaft oder bestimmte Krankheiten), sondern auch viele andere wie z. B. die Hautfarbe oder die Bartbeschaffenheit. Bei den bildfähigen Merkmalen (Stand und Tätigkeiten) lässt sich die Tendenz zu einem umfassenden Zeitbild erkennen, wie man etwa an den sieben Bildern von Harmen Jansz Muller sehen kann:


SOL

LUNA

MARS

MERCURIUS

IUPPITER

VENUS

SATURNUS
Sols Kinder sind die Munteren, ihm ist hier der Bereich des Sports und der Akrobatik zugeordnet. Luna herrscht über alles, was mit Wasser zu tun hat, sowohl Arbeiten als auch Freizeit. Mars - vom Mythos her klar - herrscht über Raub, Mord und derartiges im Krieg. Kunst und Wissenschaft, auch Geldwesen sind Domänen des Merkur. Herrschaft in Staat und Kirche, also die Oberschicht, ist Bereich des Jupiter. Über die Liebe und die zugehörige Musik herrscht Venus. Die Unterschicht: Bauern, Bettler, Gefangene (auch Gehenkte) sind Kinder des Saturn.
Diese Zuordnungen sind nur zum Teil stabil. Wie man an den Reihen sehen kann, sind die Bestimmungen von Kindern der Luna, des Mars, der Venus und des Saturn relativ konstant, während bei Sol, Jupiter und Merkur - erkennbar etwa beim Vergleich der drei Reihen aus der Stuttgarter Staatsgalerie: Muller, de Passe, Saendredam - die Bereiche "Herrschaft" oder "Wissenschaft" wandern können.

Hier geht's nach oben:

 

Was die Entwicklung dieser Form der Planetenkinderbilder betrifft, wird der Kern, die Entstehung im Norden, schon bei Hauber festgestellt. Klibansky-Panofsky-Saxl (S. 303ff.) geben noch den größeren Rahmen. "Orientalische Schriftsteller" hätten schon von Wandbildern in heidnischen Tempeln berichtet; in diesen Wandbildern, so KPS, haben wir "daher allen Grund zu der Vermutung, daß die von jenen Schriftstellern beschriebenen Wandbilder die ersten Vorläufer derjenigen Darstellungen waren, die der späteren Kunstgeschichte als 'Planetenkinderbilder' geläufig sind." (S. 303) In einem arabischen Manuskript von 1399 seien die Planeten zusammen mit jeweils sieben Bildern von ihren Kindern dargestellt, ähnlich seien die Bilder im Salone von Padua. Zur weiteren Entwicklung führen KPS aus: "Auch die 'Planetenkinder' unterliegen im Westen in zunehmendem Maße realistischer 'Modernisierung'. ... Dies bedeutete einerseits eine Einschränkung der chaotischen Mannigfaltigkeit, wie sie in den ursprünglichen 'Tabellen' auftrat, auf eine begrenzte Anzahl innerlich zusammengehöriger Typen, andererseits die Zusammenfassung dieser Typen durch eine Vereinheitlichung der Umgebung und der Perspektive." (S. 304) Man habe eine Lösung gefunden, die Abhängigkeit der Menschen von den Planeten darzustellen; dabei sehen KPS eher Parallelen zu Darstellungsformen der Himmelfahrt Christi oder des Pfingstereignisses, die Vorstellung des Triumphzuges oder der übermächtigen Statuen wird von ihnen nicht angesprochen. Aber sie kommen hier zum von Hauber genannten Ergebnis: "Diese neue Bildform entstand in der nordischen Kunst des 15. Jahrhunderts, wie Kautzsch und Warburg gezeigt haben, griff später auf die Kunst Italiens über und blieb bei aller Modifizierung im einzelnen und bei aller Verschiebung der Bedeutung bis in das 17. und 18. Jahrhundert hinein kompositorisch unverändert." (S. 305)

Diese Entwicklung möchte ich hier an zwei Reihen (Luna und Merkur) veranschaulichen; das erste Bild stammt von der Salzburger Handschrift und zeigt nur den Planeten mit seinen Häusern, es schließen sich Bilder der Schermarschen Handschrift und der Tübinger Md 2 an; nach diesen eher additiven Bildern folgen dann die deutlich gefälligere Kasseler Handschrift und danach Muller und de Passe mit der Gestaltung eines Genre-Zusammenhangs und am Ende Saendredam, bei dem wieder reduziert wird.

UB Salzburg Schermar Tübingen Kassel Muller de Passe Saendredam

Zurück zur Startseite der Planetenkinder:     ... und hier geht's zu meiner Homepage: