MARSILIUS FICINUS: DE VITA TRIPLICI

 

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Cap. XII: De his, quae fovent membra praecipua, vires, spiritus. Kapitel 12: Mittel für besondere Glieder, die Körperkräfte und den Seelenatem
1 Sed iam praestare videtur, ut nonnulla ex medicorum officina in medium producamus, quae stomachi, cordis, cerebri, spirituum, ingenii vires vel servent integras vel restituant, ac si vel pituita vel atra bilis excrescat vel immineat nausea, longe propellant.  1 Jetzt scheint es aber angebracht zu sein, einiges aus der Werkstatt der Ärzte an den Tag zu fördern, was die Kräfte von Magen, Herz, Hirn, Seelenatem und Geist entweder heil bewahrt oder wiederherstellt, oder wenn feuchter Schleim oder schwarze Galle überhand nehmen oder Überdruss droht, diese weit fort treibt.
2 Omnes sine controversia medici consenserunt, nihil esse salutarius theriaca fovendis confirmandisque tum singulis membris et viribus, tum spiritibus atque ingenio. 
3 Huius igitur imprimis utemur drachma dimidia aut saltem drachmae tertia parte bis qualibet hebdomada hieme atque autumno, sed aestate atque vere semel, vel sola vel, si placet, frigidis humidisque temporibus cum pauculo mero claro, suavi; 4 temporibus vero calidis siccisque, praesertim si natura vel aetas sit calidior, cum aquae rosaceae duabus unciis aut tribus stomacho scilicet vacuo sex aut septem horis ante cibum. 5 Si theriaca desit, dabimus mithridatum. 6 Sed ubi theriacam mithridatumve sumimus, eo die ab omni re calida penitus abstinendum; 7 ac si aestas aut ver fuerit, frigidis est utendum. 
2 Ohne Diskussion waren alle Ärzte der Meinung, nichts sei wirksamer für Gesundheit als Theriak, um einzelne Glieder und ihre Kräfte oder Seelenatem und Geist zu fördern und zu stärken. 
3 Davon benutzt man also besonders eine halbe Drachme oder wenigstens ein Drittel Drachme, zweimal in jeder Woche im Winter und Herbst, nur einmal aber im Sommer oder Frühling, entweder ohne Beigaben, oder wenn es recht ist, zu kalten oder feuchten Zeiten mit ein wenig hellem und süßem reinen Wein; 4 in warmen und trockenen Zeiten aber, vor allem wenn Natur oder Lebensalter recht warm ist, nehme man es mit zwei oder drei Unzen Rosenwasser ein, natürlich nüchtern, sechs oder sieben Stunden vor der Mahlzeit. 5 Fehlt Theriak, geben wir Mithridat. 6 Aber wenn man Theriak oder Mithridat nimmt, muss man sich an dem Tag jeglicher warmen Sache völlig enthalten; 7 und im Frühling oder Sommer muss man Kaltes benutzen.
8 Secundo vero loco eadem in causa probatur ab omnibus aloe rite electa atque lota. 
9 Sume myrobalanorum chebularum drachmas duas, rosarum purpurearum, sandali rubei, emblicarum, cinnamomi, croci, corticis pomi citri, been, melissae, id est citrariae, singulorum drachmam unam, aloes electae riteque ablutae drachmas duodecim. 
10 Ex his confice pilulas optimo mero, quibus hebdomada qualibet semel utaris diluculo, eo scilicet pondere, quod naturae tuae conveniat; 11 aestate quidem cum aqua rosacea, alias vero cum vino.
8 An zweiter Stelle aber empfehlen alle in dem nämlichen Falle Aloe, gehörig ausgewählt und gewaschen. 
9 Nimm zwei Drachmen Chebula-Myrobalanen, je eine Drachme dunkle Rosen, rotes Sandelholz, Emblika, Zimt, Safran, Zitronenrinde, Been, Melisse, natürlich Zitronenmelisse, von der ausgesuchten und richtig abgewaschenen Aloe zwölf Drachmen. 
10 Verfertige daraus mit bestem reinen Wein Pillen, nimm diese jede Woche einmal in der Morgendämmerung, natürlich so schwer, wie es zu deiner Natur passt; 11 im Sommer mit Rosenwasser, sonst mit Wein.
12 Quibus autem diebus neque theriacam neque pilulas assumes, utere confectione eiusmodi mane atque vespere duabus aut tribus ante cibum horis. 
13 Sume cinnami electissimi drachmas quattuor, chebularum myrobalanorum duas et totidem emblicarum, croci, rosarum purpurearum drachmam dimidiam, sandalorum rubrorum drachmas duas, corallorumque similium drachmam unam, sacchari albissimi quantum satis est. 14 Funde saccharum aqua rosacea atque succo citri vel limonum, aequalibus videlicet portionibus; coque suaviter. 15 Deinde adde musci tertiam drachmae partem atque ambrae tantundem. 16 Demum confice bolos solidos, quos morsulos vulgo nominant, auroque involve.
12 Gebrauche an den Tagen, an denen du weder Theriak noch Pillen nimmst, morgens und abends zwei oder drei Stunden vor dem Essen folgendes Mittel: 
13 Nimm vier Drachmen erlesensten Zimt, zwei Drachmen Chebula- und ebenso viel Emblika-Myrobalanen, eine halbe Drachme Safran und dunkle Rosen, zwei Drachmen rotes Sandelholz, von gleichen Korallen eine Drachme, so viel ganz weißen Zucker, wie ausreichend ist. 14 Übergieße den Zucker mit Rosenwasser und Zitronen- oder Limonensaft, natürlich im gleichen Verhältnis, koche es leicht auf. 15 Gib dann dazu ein Drittel Drachme Bisam und ebenso viel Ambra. 16 Mache daraus schließlich feste Happen, die man gemeinhin "Bisschen" nennt, und wickle sie in Gold.
17 Tria haec ipsi eo usu, quo praescripsimus, experti sumus, theriacam et aloem ita (ut diximus) temperatam confectionemque illam singulis conferre membris et viribus et spiritibus, acuere sensus atque ingenium, memoriam confirmare; 18 pituitam quoque et bilem atque atram bilem illis pilulis facile vel educi vel emendari. 19 Praeterea aetati cuilibet et naturae tria, quae diximus, familiarissima iudicantur. 17 Diese drei Mittel haben wir in der eben vorgeschriebenen Anwendung erprobt und erfahren, dass Theriak und Aloe, wie beschrieben gemischt, und jenes letzte Mittel den einzelnen Gliedern, den Körperkräften und dem Seelenatem nützt, Sinne und Geist schärft und das Gedächtnis stärkt. 18 Schleim, Galle und schwarze Galle werden - so unsere Erfahrung - durch die Pillen leicht beseitigt oder verbessert. 19 Außerdem hält man die drei Mittel, von denen wir gesprochen haben, für jedes Alter und jede Veranlagung für sehr zuträglich.

 

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