MARSILIUS FICINUS: DE VITA TRIPLICI

 

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Cap. XXIV: De nimia vigilia. Kapitel 24: Schlaflosigkeit
1 Saepe melancholicis praesertim litteratis accidere solet, ut nimium exsiccato cerebro vigiliis longis extenuentur. 2 Quoniam vero nihil atrae bilis mala magis auget quam longa vigilia, tanto malo omni studio succurrendum. 
3 Ideo lactucas post cibos alios edant una cum pane modico, pauculo croco, vinumque purum sorbeant post lactucam, neque ultra horam lucubrent. 
4 Cumque se dormitum conferunt, confectionem eiusmodi sumant, in qua seminis papaveris albi unciae duae sint, seminis lactucae uncia una, amomi, croci, scilicet utriusque pars drachmae dimidia, sacchari unciae sex. 
5 Dilue et coque omnia simul syrupo papaveris. 
6 Edant huius drachmas duas, simulque nonnihil syrupi papaveris gustent aut vini. 
1 Melancholikern, vor allem den geistig tätigen, pflegt es oft zuzustoßen, dass sie wegen eines allzu ausgetrockneten Hirns von langer Schlaflosigkeit geschwächt werden. 2 Da aber nichts die Übel der schwarzen Galle mehr vergrößert als lange Schlaflosigkeit, muss man einem so großen Übel mit jedem möglichen Eifer abhelfen.
3 Deshalb sollen sie nach den anderen Speisen Kopfsalat essen zusammen mit ein wenig Brot, einem bisschen Safran, und sie sollen nach dem Salat reinen Wein schlürfen und höchstens eine Stunde bei Licht arbeiten. 
4 Vor dem Schlafengehen sollen sie ein Mittel folgender Art nehmen, bestehend aus zwei Unzen Samen von weißem Mohn, eine Unze Kopfsalatsamen, je eine halbe Drachme Balsam und Safran, sechs Unzen Zucker.
 
5 Löse alles auf und koche es zusammen mit Mohnsirup. 
6 Sie sollen davon zwei Drachmen essen und dazu etwas Mohnsirup oder Wein kosten. 
7 Illinias eis frontem temporaque oleo ex violis et ex nenufare, adiecta camphora, item lacte oleoque amygdalino atque violaceo. 
8 Odorem croci et camphorae putaminumque dulcis mali naribus admovebis, aceti insuper modici, sed aquae rosaceae plurimae. 
9 Sternes quoque lectum plantarum foliis frigidarum. 
10 Aures gravibus cantibus sonisque delinies. 
11 Humectabis saepe caput eiusmodi lavacris, scilicet aqua, in qua cocta sint frusta papaveris, lactuca, portulaca, malva, rosarum, vitis, salicis arundinumque folia, addita camomilla. 12 Balneis quoque dulcibus ex rebus eiusmodi saepe tibia bracchiaque, saepe totum corpus est humectandum. 
13 Lac insuper bibere mixtum saccharo scilicet stomacho vacuo, si modo stomachus optime toleraverit, maxime prodest. 14 Humida haec melancholicis etiam, si satis dormiant, mirifice conferunt. 
15 Memento lac amygdalinum mensae familiarissimum esse debere.
7 Bestreiche ihnen die Stirn und die Schläfen mit Veilchen- und Seerosenöl, verbunden mit Kampfer, Milch, Mandel- und Veilchenöl.
8 Bringe den Duft von Safran, Kampfer und Schalen eines süßen Apfels an die Nase, obendrein von etwas Essig, aber von sehr viel Rosenwasser. 
9 Breite auf dem Bett Blätter von kühlen Pflanzen aus. 
10 Beruhige die Ohren mit tiefen Gesängen und Tönen.
 
11 Befeuchte den Kopf oft mit Badewasser der folgenden Art: nämlich mit Wasser, in dem aufgekocht wurden Mohnstückchen, Kopfsalat, Portulak, Malven, Blätter von Rosen, Weinrebe, Weide und Schilf, dazu Kamille. 12 Auch mit süßen Bädern aus derartigen Zutaten soll man oft Schienbein und Arme, oft auch den ganzen Körper benetzen. 
13 Sehr nützlich ist, außerdem noch nüchtern gezuckerte Milch zu trinken, wenn es der Magen sehr gut verträgt. 14 Diese Flüssigkeiten nützen den Melancholikern, wenn sie genug schlafen, erstaunlich viel. 
15 Denke daran, dass Mandelmilch auf dem Tisch stets vorhanden sein muss.

 

 

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