MARSILIUS FICINUS: DE VITA TRIPLICI
ii, 9
Cap. VIIII: Naturae aromatum et cordialium necessariae; et rursum qualis senum victus. | Kapitel 9: Notwendiges Wesen von Gewürzen und Magenmitteln; noch einmal: Nahrung der Alten |
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Scito myrobalanis varias inesse
virtutes: 2 unam, quae mirabiliter superfluum exsiccat humorem, unde canitiem
prohibet; 3 secundam, quae humorem colligit naturalem et a corruptione simul
et inflammatione tuetur, unde vitam producit in longum; 4 tertiam, quae
styptica aromaticaque potentia virtutem et spiritum naturalem et animalem
congregat et fovet et roborat. 5 Hinc aliquis vitae lignum in paradiso myrobalanum forte fuisse putabit. 6 Simile quiddam ferme faciunt aurum et argentum, corallus spodiumque et pretiosi lapilli, quamvis pro aromatica virtute facultatem afferant illustrandi. |
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Wisse, dass die Myrobalanen vielfältige Kraft haben: 2 die erste, die auf
wunderbare Weise die überflüssigen Flüssigkeit austrocknet, wodurch sie graue
Haare verhindert; 3 die zweite, die natürliche Flüssigkeit sammelt und zugleich
vor Verderbnis wie Verbrennung schützt, wodurch sie für langes Leben
sorgt; 4 die dritte, die durch ihre stopfende und würzende Macht die
natürliche Kraft, den Seelen- und den Lebensatem sammelt, hegt und
stärkt. 5 Deshalb wird mancher meinen, das Lebensholz im Paradies sei vielleicht die Myrobalane gewesen. 6 Vergleichbare Wirkung haben Gold und Silber, Koralle und Metallasche und kostbare Steine, auch wenn sie anstelle der Würzkraft die Möglichkeit der Erhellung bieten. |
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Tu
vero memento aromatica tunc maxime prodesse nobis ad vitam, ut supra
significavimus, quando cum vigore quodam aromatico humida sunt pariter
atque calida, lentoremque pinguem habent, commodum augmento. 8 Quales sunt imprimis radices beeniae, albae similiter atque rubentes, praesertim recentes; 9 aut saltem quando cum virtute quadam subtili odorifera et acuta substantiam densam habeant et stypticam valde proprietatem. 10 Qualis utique compositio inter cordialia frigida primum myrobalanis inesse videtur et succino, deinde rosis et succo et semini citri, tertio sandalis et coriandris atque myrto ceterisque similibus; 11 inter calida vero cordialia zedoariae, ligno aloes, citri cortici et gariophylis, nuci muscatae, maci, olibano, mastici atque doronico, qualem etiam salviae experimur inesse. |
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Denke du aber daran, dass Gewürze uns dann fürs Leben am meisten
nützen, wie wir oben gezeigt haben, wenn sie in Verbindung mit einer
bestimmten Würzkraft feucht und zugleich warm sind, wenn sie eine fette
Zähigkeit haben, förderlich fürs Wachstum. 8 So beschaffen sind vor allem Beenwurzeln, weiße ebenso wie rote, vor allem frische; 9 oder wenn sie wenigstens zusammen mit einer feinen Kraft als duftende und scharfe eine dichte Substanz haben und eine sehr stopfende Eigenschaft. 10 Eine solche Zusammensetzung scheinen jedenfalls unter den kalten Magenmitteln erstens die Myrobalanen und der Bernstein zu enthalten, dann Rosen und Saft und Samen von Zitronen, drittens Sandelholz, Koriander, Myrte und andere ähnliche Stoffe; 11 bei den warmen Magenmitteln scheinen Zittwern, Aloeholz, Zitronenrinde und Gartennelke, Muskatnuss, Muskatblüte, Weihrauch, Mastix und Gemsenwurz diese Zusammensetzung zu enthalten, die - wie wir durch Erfahrung wissen - auch im Salbei enthalten ist. |
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Tradunt
ambram et muscum stypticam habere virtutem. 13 Zinziber autem ob quandam eius humiditatem, praesertim recens et conditum, senibus saepe prodest. 14 Sed hoc et gariophylus propter caloris vehementiam caute videtur accipiendum; 15 zedoaria quoque caute, tametsi theriacae similis iudicatur et stypticam simul atque pinguem naturam habet, senibus commodissimam. 16 Ambra propter calorem quasi temperatum tuto ferme sumitur, ac propter lentorem cum styptica subtilitate mixtum praerogativam habet ad vitam in membris et spiritibus confirmandam. 17 Tum vero, si ex ea fiat aqua cutisque lavetur, digestionem quartam restituit ac morbos eius defectu contingentes expellit. |
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Ambra und Bisam sollen stopfende Wirkung haben. 13 Ingwer nützt wegen seiner gewissen Feuchtigkeit, vor allem wenn frisch und gewürzt, den Alten oft. 14 Aber Ingwer und Gartennelke scheinen wegen der Heftigkeit der Wärme nur vorsichtig genommen werden zu dürfen; 15 ebenso Zittwer, auch wenn sie theriak-ähnlich beurteilt wird und eine stopfende und zugleich fette Natur hat, die den Alten sehr angenehm ist. 16 Ambra nimmt man wegen seiner gleichsam gemäßigten Wärme in der Regel sicher, und wegen seiner mit stopfender Feinheit gemischten Zähigkeit hat es den Vorrang bei der Lebensstärkung in Gliedern und Seelenatem. 17 Dann aber, wenn aus ihm ein Wasser entsteht und die Haut gewaschen wird, stellt es die vierte Verdauung wieder her und vertreibt die Krankheiten, die durch seinen Mangel entstehen. |
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Aromatica vero, quae subtilem admodum
substantiam habent, qualem cinnamomum atque crocus, cordialibus frigidis
et durioribus sunt miscenda. 19 Nam aromatica, si tantum calida subtiliaque
sunt et sola sumantur, naturalem calorem nimis excitant humoremque
dissolvunt. 20 Necessaria tamen sunt tum frigidioribus et humidioribus epulis
concoquendis, tum cordialibus duris ad praecordia transferendis. 21 Te namque
latere non debet, humorem ipsum vitae necessarium primas in corde sedes
habere et arteriis venisque eiusdem, quod Isaach perspicue docet; 22 atque, ut
Avicenna probat, hic humor naturali ceterorum membrorum humore frequenter
irrigatur atque fovetur. 23 Quapropter cavendum est, ne membri ullius humor casu quopiam arefiat, multoque magis, ne praecordiorum humor comminuatur. 24 Atque ut nutrimenta vel fomenta et cordialia omnia per angustos meatus ad praecordia latissime perferantur, his insere crocum; 25 ut vero sistantur ibi, myrobalanos adhibe; 26 ut autem consequaris utrunque, accipe inter calida muscum atque ambram, inter frigida rosas atque myrtum. |
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Gewürze aber, die eine ganz feine Substanz haben, wie Zimt und Safran,
muss man den kalten und allzu harten Magenmitteln beimengen. 19 Denn wenn
Gewürze nur warm und fein sind und allein eingenommen werden, entfachen
sie die natürliche Wärme zu sehr und lösen die Feuchtigkeit auf. 20
Trotzdem sind sie notwendig, einerseits zur Verdauung von allzu kalten und
feuchten Speisen, andererseits beim Transport der harten Magenmittel zum
Zwerchfell. 21 Es darf dir nämlich nicht verborgen bleiben, dass die notwendige
Lebensflüssigkeit selbst im Herzen ihre erste Wohnung hat und in den
Arterien und Venen desselben, was Isaak deutlich lehrt; 22 und, wie
Avicenna bestätigt, diese Flüssigkeit wird von der natürlichen
Feuchtigkeit der anderen
Glieder häufig benetzt und erwärmt. 23 Deshalb muss man vermeiden, dass die Feuchtigkeit irgendeines Gliedes durch irgendeinen Zufall austrocknet, und noch viel mehr, dass die Herzensflüssigkeit gemindert wird. 24 Und damit alle Nahrung, Stärkung und alle Magenmittel durch die engen Gänge zum Zwerchfell möglichst breit gebracht werden, füge diesen Safran bei. 25 damit sie aber dort bleiben, wende Myrobalanen an; 26 um aber beides zu erreichen, nimm mit dem Warmen Bisam und Ambra, mit dem Kalten Rosen und Myrten. |
27 Memento dulce
marathrum senibus profuturum, nam et nutrimentum per membra diffundit, et
qua facultate lac, eadem humorem auget naturalem. 28
Unde
Dioscorides marathro serpentes ait annuam exuere senectutem. 29 Probamus et salviam, haec enim naturae virtutem temperate calefacit et firmat, paralysim propulsat. 30 Probamus et moderatum conditi zinziberis usum, habet enim cum calore pinguedinem. |
27 Denke daran, dass süßer Fenchel den Alten nützt,
denn einerseits verteilt er die Nahrung durch die Glieder, andererseits
vermehrt er die natürliche Flüssigkeit mit derselben Leichtigkeit, wie es Milch
tut. 28 Deshalb sagt Dioskorides, durch Fenchel legen die Schlangen ihr jährliches
Alter ab. 29 Auch Salbei findet unsere Anerkennung, denn dieser wärmt und festigt die Kraft der Natur in Maßen und vertreibt den Schlaganfall. 30 Wir empfehlen auch den maßvollen Gebrauch von gewürztem Ingwer, er besitzt nämlich neben der Wärme Fettigkeit. |