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Michel-Nummer 340

Emblem der Vereinten Nationen, Erdkugel, Taube und Ähre

7. September 1970: 25 Jahre Vereinte Nationen (UN)

UN,

Abkürzung für englisch United Nations (Vereinte Nationen), Abkürzung UNO für englisch United Nations Organization zur Bezeichnung der »Organisation der UN«, deutsche Abkürzung VN für Vereinte Nationen, französische Abkürzung ONU für Organisation des Nations Unies, eine Staatenverbindung zur Sicherung des Weltfriedens und zur Förderung der internationalen Zusammenarbeit; 1945 als Nachfolgeorganisation des Völkerbundes gegründet. Die UN sind mit internationaler Rechtspersönlichkeit ausgestattet; sie und ihre Beamten genießen besondere Vorrechte und Immunitäten. Ihr Hauptsitz ist New York, daneben Genf und Wien. Zu den UN gehörende Spezialorgane und Sonderorganisationen haben ihren Sitz an verschiedenen Orten. Die Arbeitssprachen sind Englisch und Französisch; offizielle Sprachen sind daneben Russisch, Spanisch, Chinesisch und Arabisch.

Den UN gehören (2000) 189 Mitgliedstaaten an, das heißt alle Staaten außer der Schweiz, Taiwan, Vatikanstadt und Westsahara (DARS); die Mitgliedschaft der Bundesrepublik Jugoslawien wurde 1992 suspendiert. Nach der Satzung (Charta) der UN steht die Aufnahme in die UN allen friedliebenden Staaten offen (Universalitätsprinzip), die für sich die Pflichten der Satzung anerkennen. Über die Aufnahme beschließt die Generalversammlung. Ausschluss und Suspendierung eines Mitglieds sind möglich; der Austritt wird für möglich angesehen. Neben der Vollmitgliedschaft gibt es die Mitgliedschaft in Spezialorganen oder Sonderorganisationen.

Ziele der UN sind die Erhaltung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit, die friedliche Schlichtung aller Streitigkeiten, die freundschaftliche Zusammenarbeit der Mitglieder sowie der Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Die UN bekennen sich zu den Grundsätzen Gleichheit der Staaten, Vertragstreue, Verzicht auf Gewaltanwendung in internationalen Beziehungen sowie Selbstbestimmungsrecht der Völker. Die Mitglieder sind verpflichtet, die Ziele der UN sowie die von ihnen angeordneten Zwangsmaßnahmen zu unterstützen. In die ihrem Wesen nach zur innerstaatlichen Zuständigkeit gehörenden Fragen eines Mitgliedsstaates dürfen die UN nicht eingreifen.

Besondere Aufmerksamkeit widmen die UN dem Schutz der Menschenrechte, so u. a. durch die Menschenrechtskommission, den Hohen Kommissar der UN für Menschenrechte sowie das Menschenrechtszentrum. Ferner treten die UN für die Fortentwicklung des Völkerrechts, für die Lage der Flüchtlinge und die Verfolgung von Kriegsverbrechen (Kriegsverbrechertribunal) ein. Die erforderlichen Maßnahmen zur Friedenssicherung und Konfliktverhütung, besonders nach dem Ende des Kalten Krieges, haben die UN jedoch vor neue vielfältige Aufgaben gestellt. Um den Anforderungen der internationalen Gemeinschaft besser gerecht werden zu können und um den Herausforderungen des neuen Jahrhunderts wirksamer und effizienter zu begegnen, schlug 1997 Generalsekretär Annan deshalb ein Reformprogramm zur Erneuerung der UN vor.

Die Hauptorgane der UN sind die Generalversammlung, der Sicherheitsrat, das Sekretariat, der Wirtschafts- und Sozialrat, der Treuhandrat (Tätigkeit seit 1994 suspendiert) und der Internationale Gerichtshof.

Generalversammlung und Sicherheitsrat: In der Generalversammlung (Vollversammlung) treten sämtliche Mitglieder der UN mindestens einmal im Jahr zusammen; sie wählt für jede Tagung ihren Präsidenten. Jedes Land hat eine Delegation von höchstens fünf Mitgliedern, jedoch nur eine Stimme. Die Generalversammlung kann über alle Gegenstände beraten, die durch die Charta erfasst werden, und über alle Fragen verhandeln, die Zuständigkeit und Funktionen anderer UN-Organe betreffen. Sie kann auch jede Angelegenheit im Bereich der Zuständigkeit des Sicherheitsrats erörtern, die die internationale Sicherheit oder die Aufrechterhaltung des Friedens betrifft. Abstimmungen in »wichtigen Fragen« (z. B. Empfehlungen zur Aufrechterhaltung von Frieden und Sicherheit, die Wahl der nichtständigen Mitglieder des Sicherheitsrates, die Aufnahme oder der Ausschluss von Mitgliedern) bedürfen der Zweidrittelmehrheit der Anwesenden; in anderen Fragen genügt einfache Mehrheit. Beschlüsse, die nach außen gerichtet sind, haben den Charakter von Empfehlungen, das heißt, sie sind nicht bindend. Ihre Wirkung hängt daher v. a. von der moralischen Kraft der öffentlichen Weltmeinung ab. Anders verhält es sich mit Beschlüssen, mit denen das Völkerrecht fortgebildet wird oder Fragen der internationalen Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen berührt sind. Die Generalversammlung bereitet ihre Beschlüsse zum Teil in Ausschüssen oder Unterkommissionen vor, teils arbeitet sie auch mit anderen Organen direkt zusammen.

Der Sicherheitsrat (Weltsicherheitsrat) trägt die Hauptverantwortung für die Einleitung und Durchführung von Verfahren, mit denen internationale Streitigkeiten friedlich beigelegt, friedlicher Ausgleich oder eine Politik der friedlichen Veränderung herbeigeführt werden sollen. Im Rahmen der Charta sind die Mitglieder seinen Entscheidungen unterworfen. Dem Rat gehören (1999) fünf ständige Mitglieder (USA, Russland, Großbritannien, Frankreich und die VR China) und zehn nichtständige Mitglieder an, die im zweijährigen Wechsel unter Berücksichtigung einer angemessenen geographischen Verteilung von der Generalversammlung gewählt werden. Eine Erweiterung des Gremiums um weitere ständige Mitglieder, v.a. um Japan und Deutschland, wird erwogen. Die ständigen Mitglieder haben die Möglichkeit, von einem Veto Gebrauch zu machen, mit dem jedes einzelne von ihnen eine Entscheidung des Rates blockieren kann. Nur in Fällen der Friedensgefährdung oder einer bereits eingetretenen Verletzung der Friedenspflicht durch Friedensbruch oder Aggression hat der Sicherheitsrat eine zwingende Anordnungsbefugnis (z. B. Sanktionen oder militärische Zwangsmaßnahmen), sonst gibt auch er nur Empfehlungen ab. Die von der Charta vorgesehene ständige internationale Streitmacht, die in Fällen des Friedensbruchs vom Sicherheitsrat eingesetzt werden kann, konnte bisher nicht bereitgestellt werden; daher können die UN zur Friedenssicherung oder -erhaltung nur militärisch eingreifen oder Beobachter entsenden, wenn einzelne Mitglieder Truppeneinheiten (»Blauhelme«; UN-Friedenstruppe) oder zivile Kommissionen freiwillig zur Verfügung stellen.

Sekretariat: Das Sekretariat ist das Verwaltungsorgan der UN. Es steht unter der Leitung des Generalsekretärs, des höchsten Verwaltungsbeamten der UN, der auf Empfehlung des Sicherheitsrats von der Generalversammlung für fünf Jahre gewählt wird (Wiederwahl ist möglich). Der Generalsekretär wie auch der Mitarbeiterstab des Sekretariats sind satzungsgemäß Einflüssen ihrer Heimatländer entzogen. Der Generalsekretär kann Fälle der Friedensbedrohung vor den Sicherheitsrat bringen, fasst im Rahmen seiner Zuständigkeit Beschlüsse im eigenen Ermessen und hat eigene diplomatische Handlungsmöglichkeiten.

Wirtschafts-, Sozial- und Treuhandrat: Der Wirtschafts- und Sozialrat (Economic and Social Council, Abkürzung ECOSOC) soll den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt sowie die umfassende friedliche Zusammenarbeit der Staaten auf allen Gebieten fördern <auf dieses Ziel weist das griechische Spruchband unterhalb der Friedenstaube des Markenbildes: EIRHNH KAI PROODOS (Frieden und Fortschritt) hin> und den Menschenrechten zur Geltung verhelfen. Er ist gegenüber der Generalversammlung verantwortlich, die auch seine 54 Mitglieder wählt (jährlich werden 18 Mitglieder für drei Jahre gewählt). Der Rat kann zu speziellen Problemen Studien anfertigen lassen, allgemeine Empfehlungen geben, internationale Abkommen entwerfen und Staatenkonferenzen einberufen.

Der Treuhandrat (Trusteeship Council) hat als verantwortliches Organ für das Treuhandsystem und die Gebiete ohne Selbstregierung (Mandatsgebiete) nach der Unabhängigkeit des letzten Treuhandgebietes (Palau) 1994 seine Tätigkeit suspendiert.

Internationaler Gerichtshof: Dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag, Nachfolgeorgan des Ständigen Internationalen Gerichtshofs des Völkerbundes, gehören 15 von der Generalversammlung und vom Sicherheitsrat auf jeweils neun Jahre gewählte Richter an. Der Gerichtshof kann nur von Staaten angerufen werden.

Spezialorgane und Sonderorganisationen: Spezialorgane (Unterorgane, Unterorganisationen) sind u. a. das Kinderhilfswerk UNICEF, der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR), die Welthandelskonferenz (UNCTAD), die Organisation für industrielle Entwicklung (UNIDO), das Entwicklungsprogramm der UN (UNDP) sowie das Umweltprogramm (UNEP).

Die Sonderorganisationen sind eigenständige internationale, mit Organen der UN durch Abkommen und Koordinierungsorgane verbundene Organisationen. Zu diesen zählen u. a. die Organisation für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation (UNESCO), die Internationale Arbeitsorganisation (ILO), die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO), die Weltgesundheitsorganisation (WHO), der Internationale Währungsfonds (IMF), die Weltbank, der Weltpostverein, die Internationale Fernmelde-Union (IFO). Mitglieder von Sonderorganisationen können auch Länder sein, die nicht Mitglied der UN sind. - Die Internationale Atomenergie-Behörde (IAEA) und die Welthandelsorganisation (WTO, seit 1996, bis dahin Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen, Abkürzung GATT) sind autonome Organisationen innerhalb des UN-Verbandes.

(c) Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2001