VERGIL-SERIE: ITALIEN 1930

Ein älterer Mann stellt einem jüngeren einen gewaltigen Zug vor, bei dem im Vordergrund ein Adler als Feldzeichen auffällt. Der Zug nähert sich einem antiken Gemäuer, über dem ein Tempel zu sehen ist. Gedacht ist wohl an einen römischen Triumphzug, der sich dem römischen Kapitol nähert. Die beiden Männer sind Aeneas und sein Vater Anchises, der ihm in der Unterwelt die wichtigen Gestalten der römischen Geschichte vorstellt. Am Ende der "Heldenschau" findet sich Vergils Wesensbestimmung des römischen Volkes - dem Anchises in den Mund gelegt: 

"Excudent alii spirantia mollius aera -
credo equidem - vivos ducent de marmore voltus;
orabunt causas melius caelique meatus
describent radio et surgentia sidera dicent:
tu regere imperio populos, Romane, memento -
hae tibi erunt artes - pacique imponere morem,
parcere subiectis et debellare superbos."
(Aeneis VI, 847-853, zitiert 851)

"Weicher werden aus Erz einst andere atmend Gebilde
treiben - ich glaube es -, formen lebendige Züge aus Marmor,
führen gewandter das Wort vor Gericht und zeichnen des Himmels
Bahnen genau mit dem Stab und künden steigende Sterne:
du aber, Römer, gedenk - so wirst du leisten dein Wesen -
Völker kraft Amtes zu lenken
und Ordnung zu stiften dem Frieden,
Unterworf'ne zu schonen und niederzukämpfen Empörer!"
(Übersetzung Johannes Götte, Tusculum-Ausgabe: Heimeran 1980)

Wissenschaft und Künste - so Anchises - sind Sache der Griechen, den Römern kommt Weltherrschaft zu, allerdings mit dem Auftrag, zum Wohle der Unterworfenen zu wirken. Der Anspruch auf Weltherrschaft ist auch Thema dieser Marke des Jahres 1930!

Die andere (ideologische) Zentralstelle der Aeneis ist Inhalt der vier Flugpostmarken, s. stellvertretend die Marke zu 9 + 2 Lire.