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CiG 11 vom 13. März 2005:

 

Zum Festtag der "Grünen Wiese"

 

Überwindet ein "Heiliger der Steuersünder" Zyperns Spaltung?

 

 

Brüssel hatte am 1. Mai 2004 von Zypern nur die international anerkannte Republik im Süden der Insel in die Europäische Union aufgenommen. Der durch die Türkei vor über dreißig Jahren besetzte und von den Zyperntürken verwaltete Norden blieb draußen, ein Gebiet, das ursprünglich mit großer Mehrheit von orthodoxen, aber auch katholischen und evangelischen Christen bewohnt war. Sie haben diese türkische Besatzungszone seinerzeit entweder sofort oder im Lauf der Jahre fast zur Gänze verlassen, haben aber die Hoffnung auf Rückkehr nie aufgegeben.

Eine Hoffnung, die sich schließlich ganz auf eine Wiedervereinigung Zyperns im Rahmen der EU konzentrierte. Als diese ausblieb, gab es Stimmen, die vom endgültigen Verlust Nordzyperns an den Islam sprachen. Diese Befürchtungen haben sich nicht bewahrheitet. Im Gegenteil finden Christen und Muslime wieder erfreulich zusammen.     

Die zyperntürkische Führung unternimmt verschiedene Schritte, um über Südzypern selber stärker an die EU heranzurücken. Es handelt sich meist um wirtschaftliche Maßnahmen. Aber auch der von den Türken quer durch Zypern und seine Hauptstadt gezogene Sperrwall, Europas letzte "Mauer" und Zonengrenze, ist endlich durchlässig geworden - und dies nicht nur für Zyperngriechen verschiedener Konfessionen, die endlich wenigstens für ein paar Tage heimkehren dürfen.

Es wird jetzt ganz gezielt gestattet, die verlassenen Kirchen des Nordens zu besuchen und in ihnen wieder Gottesdienste zu feiern. Immer mehr griechisch-orthodoxe Gemeinden, oft mit ihren Bischöfen an der Spitze, machen von diesem Zugeständnis Gebrauch. Der Anfang wurde 2004 im Kloster des Heiligen Mamas beim nordzyprischen Morphou gemacht, das heute auf türkisch Yesilyurt heißt, was "Grüne Wiese« bedeutet. Zum Festtag des Heiligen kamen nicht nur griechische Christen aus dem Süden, sondern viele türkische Nordzyprer: Dieser Patron der Steuersünder wird seit alters her auch von Muslimen in ihren Nöten mit dem Finanzamt angerufen. Es handelt sich um einen Einsiedler aus dem Mittelalter, der auf allen Besitz anfangs weniger Gott zuliebe als auf der Flucht vor den Steuereintreibern verzichtet hatte. Jetzt wird Hagios Mamas zum Schutzheiligen eines neuen Zusammenfindens von Christen und Muslimen auf Zypern nach über dreißigjähriger Trennung.

Auch Nordzyperns rund 10 000 Katholiken wird mit diesem Festtagstourismus erstmals seit langem eine Heimkehr zu den Pfarrkirchen und Wallfahrtsorten ihrer verlassenen Dörfer ermöglicht. Immer mehr von ihnen bleiben jetzt sogar wieder auf Dauer im Norden. Sie wurden nie wie die Griechisch-Orthodoxen vertrieben. Das war sicher ein Zugeständnis der Türken an den Vatikan, hing aber in erster Linie damit zusammen, daß diese Katholiken keine Griechen, sondern Nachkommen von meist schon im Mittelalter aus dem Libanon zugewanderte Maroniten sind. Sie verließen ihren Hauptort Kormakiti und das restliche Siedlungsgebiet erst in den achtziger und neunziger Jahren. Ihre Schulen, ihre Geschäfte und auch ihr Bischof befinden sich südlich der Demarkationslinie in Nikosia. Als die innerzyprische Grenze undurchlässig geworden war, zogen die meisten Familien mit ihren Kindern in die Hauptstadt. Nur die ganz Alten blieben zurück, betreut von einem Seelsorger und zwei Ordensschwestern. jetzt zieht wieder Leben in die vereinsamten Dörfer mit ihren Kirchen ein. Seit Öffnung der Grenze ist es kein Problem mehr, Tag für Tag die wenigen Kilometer zum Arbeitsplatz oder in die Schule hin und her zu fahren.

Die den Christen aus dem Süden gewährte Freizügigkeit kommt aber umgekehrt auch den nordzyprischen Muslimen zugute. Die Grenzen zwischen Türkisch- und Griechisch-Zypern wurden 1974 nicht nach der Verbreitung der Volksgruppen und Religionsgemeinschaften, sondern unter rein militärischen Gesichtspunkten gezogen. So sind ausgerechnet die wichtigsten islamischen Heiligtümer verlorengegangen. An ihrer Spitze die Moschee und das Derwischkloster von Hala Sultan Tekke bei Larnaka. Es handelt sich über Zypern hinaus um die ehrwürdigste Stätte des Weltislam nach Mekka, Medina und Jerusalem.

Dort konnten türkische Muslime aus dem Norden in diesen Tagen zum ersten Mal seit 1974 wieder das Bairamfest zur Erinnerung an das Opfer Abrahams begehen. In ihrer Mitte Nordzyperns Regierungschef Mehmet Ali Talat. Er beschwor mit eindringlichen Worten eine hoffentlich bald wieder gemeinsame und geschwisterliche Zukunft von Muslimen und Christen auf der vielgeprüften Insel Zypern.   

Heinz Gstrein