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Zypern - Gesamtinformation

Fläche: 9 251 km2

Einwohner: (1998) 776 000

Hauptstadt: Nikosia

Verwaltungsgliederung: 4 Bezirke im Südteil, 2 im Nordteil

Amtssprachen: Neugriechisch beziehungsweise Türkisch

Nationalfeiertag: 1. 10.

Währung: 1 Zypernpfund (Z£) = 100 Cents (c); im türkisch besetzten Teil: 1 Türkisches Pfund/Türkische Lira (TL.) = 100 Kurus (krs.)

Zeitzone: MEZ + 1 Stunde

(Cypern, neugriechisch Kypros, amtlich neugriechisch Kypriaki Dimokratia, türkisch Kêbrês Cumhuriyeti, englisch Republic of Cyprus), Inselstaat im östlichen Mittelmeer. De facto ist Zypern geteilt in ein griechisch-zypriotisches Gebiet (5 896 km2, 620 000 Einwohner) im Süden und ein türkisch-zypriotisches Gebiet (proklamiert zur »Türkischen Republik Nordzypern«; 3 355 km2, 180 000 Einwohner) nördlich der Linie Lefka, Nikosia, Famagusta.

Staat und Recht: Nach der formal noch gültigen Verfassung von 1960 ist Zypern eine präsidiale Republik mit zwei sich selbst verwaltenden Volksgruppen; de facto besteht Zypern jedoch aus zwei politisch, wirtschaftlich und verwaltungsmäßig getrennten Teilen, dem international anerkannten griechisch-zypriotischen Südteil und dem türkisch-zypriotischen Nordteil, der als Türkische Republik Nordzypern (am 15. 11. 1983 proklamiert) nur von der Türkei anerkannt wird.

Griechisch-zypriotischer Teil: Staatsoberhaupt und oberster Inhaber der Exekutive (Regierungschef) ist der Präsident (auf fünf Jahre direkt gewählt). Er ernennt und entlässt die Mitglieder des Kabinetts. Die Legislative liegt beim Repräsentantenhaus, bestehend aus 80 Abgeordneten, auf fünf Jahre gewählt, davon 56 für den griechischen Bevölkerungsteil und 24 für die türkischen Zyprer (vakant). Einflussreichste Parteien: Demokratische Sammlung (DISY), Fortschrittspartei des werktätigen Volkes (AKEL), Demokratische Partei (DIKO), Vereinigte Demokratische Union (EDEK).

Türkisch-zypriotischer Teil: Nach der Verfassung vom 5. 5. 1985 liegt die Legislative bei der Gesetzgebenden Versammlung (50 Abgeordnete, für fünf Jahre gewählt), die Exekutive bei der Regierung unter Vorsitz des Ministerpräsidenten. Der auf fünf Jahre direkt gewählte Präsident hat als Staatsoberhaupt im Wesentlichen repräsentative Funktionen. Wichtigste Parteien: Nationale Einheitspartei (UBP), Demokratische Partei (DP), Republikanisch Türkische Partei (CTP).

Landesnatur: Zypern ist die drittgrößte Mittelmeerinsel. Im Norden erhebt sich hinter einer schmalen Küstenebene steil die Nord- oder Kyreniakette (im Kyparisso 1 024 m über dem Meeresspiegel). Südlich davon erstreckt sich eine weite Ebene (Mesaoria), das frühere Hauptanbaugebiet Zyperns. An sie schließt sich das Troodosgebirge an (im Olympos 1 951m über dem Meeresspiegel), das nach Westen, Süden und Osten allmählich in unterschiedlich breite Küstenebenen übergeht. Zypern hat typisch mediterranes Klima mit heißen, trockenen Sommern und milden, feuchten Wintern; durchschnittlich 480 mm Jahresniederschläge, im Troodos bis 1 000 mm.

Bevölkerung: Auf Zypern leben Griechen (größtenteils Orthodoxe), die mit rund 80 % in der Überzahl sind, und muslimische Türken, die etwa 18 % der Bevölkerung stellen, ferner Armenier, Maroniten u. a. Aus dem kulturell und historisch begründeten Gegensatz erwuchs die politische Krise, die zur De-facto-Teilung der Insel mit der Umsiedlung eines Teils der Bevölkerung geführt hat. In den griechisch-zypriotischen Teil kamen 1974 etwa 160 000 griechische Zyprer aus dem türkischen Nordteil, außerdem etwa 70000 Flüchtlinge aus dem Libanon. Umgekehrt flohen etwa 50 000 türkische Zyprer aus dem Süden in den türkisch-zypriotischen Teil der Insel. Außerdem wurden hier rund 80 000 Türken aus Anatolien angesiedelt und 30 000 türkische Soldaten stationiert; nur etwa 500 Griechen blieben; im griechischen Zypern dagegen leben über 90 000 türkische Zyprer. Im griechisch-zypriotischen Gebiet besteht neunjährige Schulpflicht. Die Analphabetenquote beträgt 4,8 %. Es gibt eine Universität im griechischen Teil Nikosias und vier Universitäten im türkischen Teil.

Wirtschaft, Verkehr: Im griechisch-zypriotischen Teil konnten die durch die Ereignisse von 1974 entstandenen wirtschaftlichen Verluste und Disproportionen schnell überwunden werden. Bei einer niedrigen Inflationsrate ist die ökonomische Leistungsfähigkeit höher als die der gesamten Insel vor 1974. Getreide- und Kartoffelanbau erfolgen in der zentralen Ebene, der Mesaoria, die aber künstlich bewässert werden muss. Zitruskulturen sind um Limassol, Rebflächen in den südlichen und östlichen Troodosvorbergen konzentriert. Die Industrie ist der Hauptwirtschaftszweig mit Textil-, Schuh-, Nahrungsmittel- und Getränkeherstellung sowie dem Bauwesen. Größter Betrieb ist die Erdölraffinerie in Larnaka. Der Bergbau auf Kupfer- und Chromerz wurde eingestellt, abgebaut werden u. a. noch Marmor, Bentonit, Gips. Zypern entwickelt sich zunehmend zu einem Offshorefinanzzentrum. Im internationalen Schiffsregister steht das Land an dritter Stelle. Größter Devisenbringer ist der sich ständig ausweitende Tourismus (Zentren Limassol, Larnaka, Pafos).ÿþ Der türkisch-zypriotische Teil ist ohne Wirtschaftshilfe der Türkei kaum lebensfähig, obwohl die landwirtschaftlich wertvollsten Anbaugebiete und die wichtigsten Industrieschwerpunkte nach der faktischen Teilung des Landes zum Nordteil kamen. Bei einer hohen Inflationsrate liegt das Pro-Kopf-Einkommen nur bei einem Drittel des vergleichbaren Wertes im Süden. Hauptanbau- und Hauptexportprodukte sind Zitrusfrüchte; weiterhin Anbau von Tabak und Gemüse. Die vorhandene Kapazität der Industriestandorte Nikosia, Famagusta und Kythrea wird aus Mangel an Arbeits- und Fachkräften nur zu einem Teil ausgelastet. Der ehemals bedeutende Tourismus beginnt sich wieder zu entwickeln.ÿþ Auf Zypern gibt es keine Eisenbahn. Durch die Demarkationslinie wurde das Straßennetz zerschnitten. Im griechisch-zypriotischen Teil ist das Straßennetz 9 800 km lang (davon 50 % asphaltiert), im türkisch-zypriotischen Teil 6 000 km (über 80 % asphaltiert). Der vor der Teilung als Haupthafen von Zypern geltende Hafen von Famagusta dient nur noch dem türkisch-zypriotischen Teil. Für den griechisch-zypriotischen Teil wurden Limassol und Larnaka (beide seit 1990/91 Freihäfen) als Tiefwasserhäfen ausgebaut. Da der internationale Flughafen von Nikosia auf der Demarkationslinie liegt, kann er derzeit nur von den UN benutzt werden. Im Süden wurde der Militärflughafen von Larnaka zum internationalen Flughafen ausgebaut, 1983 der von Pafos eröffnet. Im Norden wurde östlich von Nikosia der Flughafen Ercan und 1986 der von Geçitkala eingerichtet.

Geschichte:

Jungsteinzeit bis Mittelalter: Dank seiner geographischen Lage berührten sich seit jeher auf der Insel Zypern (griechisch Kypros, in hethitischen, akkadischen und ägyptischen Zeugnissen Alasia, hebräisch Kittim, nach der phönikischen Stadt Kition) die kulturellen und politischen Strömungen Europas und des Orients. Seit Ende der Jungsteinzeit bestimmte der Kupferbergbau (u. a. in Kalavassos) die Entwicklung der Insel: die Bezeichnung des Metalls ist aus dem Namen der Insel herzuleiten (»aes Cyprium«). Seit Beginn der Bronzezeit (etwa 2300 v. Chr.) vermittelte Zypern zwischen Griechenland, Kleinasien, Mesopotamien und Syrien sowie Ägypten. Seit etwa 1400 v. Chr. gehörte Zypern in den Kulturkreis Mykenes. Etwa ab 1200 war es von Achäern, später von Griechen aus Kleinasien (Gründung u. a. von Salamis), seit etwa dem 10. Jahrhundert von Phönikern besiedelt (Entstehung von Burgsiedlungen, die von Stadtkönigen beherrscht wurden). Ab 709 v. Chr. stand Zypern zeitweilig unter assyrischer, ab 569 v. Chr. unter ägyptischer, ab 538 v. Chr. unter persischer Oberhoheit; es fiel 333 v. Chr. (Schlacht von Issos) an Alexander den Großen, 294 v. Chr. an das Ptolemäerreich (Ägypten). Ab 58 v. Chr. römisch, gehörte Zypern zur Provinz Cilicia (Kilikien). Durch die Missionsreise des Paulus wurde Zypern 45 n. Chr. zu einem der ersten Missionsgebiete und hatte zu Beginn des 4. Jahrhunderts bereits drei Bischofssitze (die Selbstständigkeit der zypriotischen Kirche wurde 431 anerkannt). Nach Teilung des Römischen Reiches (395 n. Chr.) fiel es an Ostrom (Byzanz), nach arabisch-byzantinischen Auseinandersetzungen um Zypern (ab 647/649) stand es 688 bis 965 unter gemeinsamer Herrschaft von Byzanz und dem Kalifat, dann unter der alleinigen Oberhoheit von Byzanz. Während des 3.Kreuzzuges 1191 von Richard I. Löwenherz erobert, kam Zypern 1193 bis 1489 als Kreuzfahrerstaat unter die Herrschaft der französischen Dynastie Lusignan (Zurückdrängung des byzantinischen Einflusses, Öffnung zum Abendland), danach unter die Herrschaft Venedigs, das Zypern nach türkischer Eroberung 1570/71 im venezianisch-osmanischen Sonderfrieden 1573 an die Osmanen abtrat. Allmählich entstand eine starke türkische Minderheit.

19. bis Mitte 20. Jahrhundert: Nach dem Russisch-Türkischen Krieg (1877/78) wurde die Insel ab 4. 6. 1878 (bei formeller Anerkennung der türkischen Oberhoheit) von Großbritannien verwaltet und nach dem Eintritt des Osmanischen Reiches in den Ersten Weltkrieg am 5. 11. 1914 von Großbritannien formell annektiert; im Frieden von Lausanne, 24. 7. 1923, von der Türkei und Griechenland anerkannt und seit 1. 5. 1925 britische Kronkolonie. Unter Führung der orthodoxen Kirche seit dem 19. Jahrhundert zunehmende Forderungen nach Anschluss (»Enosis«) an Griechenland: erfolgloser Aufstand September 1931, Unruhen nach 1945 (seit 1950 unter Führung des Erzbischofs Makarios III.). Seit 1955 Guerillakampf der griechisch-nationalistischen Widerstandsorganisation E. O. K. A. unter G. Grivas gegen die britische Kolonialmacht; 19./23. 2. 1959 britisch-griechisch-türkischer Dreimächtevertrag (Zypernabkommen) über die Unabhängigkeit von Zypern und die Stationierung griechischer und türkischer Truppen.

Unabhängigkeit und anhaltender Zypernkonflikt: Am 16. 8. 1960 Proklamation der Unabhängigkeit durch Staatspräsident Makarios (Beibehaltung der britischen Hoheitsrechte auf zwei militärischen Stützpunkten; ab 14. 3. 1961 Commonwealth-Mitglied). Nachdem Makarios das (durch die Verfassung von 1960 garantierte) Proporzsystem hinsichtlich Regierung und Verwaltung entsprechend dem Bevölkerungsanteil (70 : 30) zugunsten der griechischen Bevölkerungsmehrheit ändern wollte, kam es zu blutigen Kämpfen zwischen den Volksgruppen der Griechen und Türken (21. 12. 1963; Austritt der türkischen Vertreter aus der Regierung und Rückzug der türkischen Volksgruppe in Enklaven). Im März 1964 Entsendung einer UN-Friedenstruppe; Bildung eigener Streitkräfte durch die türkischen Zyprer (Zyperntürken) als Gegengewicht gegen die griechisch-zypriotische Nationalgarde, im Dezember 1967 Errichtung der »Provisorischen türkisch-zypriotischen Verwaltung«; Juni 1968 Aufnahme von Verhandlungen zwischen R. Denktasch und G. Klerides u. a. über politisches Mitspracherecht und Selbstverwaltung der Zyperntürken. Am 15. 7. 1974 Putsch der von griechischen Offizieren befehligten Nationalgarde und Flucht Makarios' ins Ausland (bis Dezember 1974); am 20. 7. Landung türkischer Truppen an der Nordküste, die trotz eines von den USA und der ergebnislosen Genfer Zypernkonferenz (25. 7. bis 14. 8. 1974; Großbritannien, Griechenland, Türkei) vermittelten Waffenstillstandes rund 40 % des zypriotischen Territoriums im Norden und Nordosten der Insel besetzten. In der Folgezeit entstanden, v. a. durch Flucht und Vertreibung zahlreicher griechischer Zyprer (Zyperngriechen) aus dem Norden, nahezu geschlossene Siedlungsgebiete der beiden Volksgruppen. Im türkisch besetzten Teil erfolgte am 13. 2. 1975 die einseitige Proklamation des Türkischen Föderationsstaates von Zypern (nur von der Türkei anerkannt; Präsident: Denktasch, 1985, 1990, 1995 und 2000 wieder gewählt), am 15. 11. 1983 der Türkischen Republik Nordzypern. Nach Makarios' Tod wurde S. Kiprianu (1977 bis 88) Präsident der völkerrechtlich allein anerkannten Republik Zypern; die zypriotischen Türken und die Türkei betrachteten ihn aber nur als Repräsentanten des griechisch-zyprischen Teils. Er lehnte verfassungspolitische Vorschläge der zypriotischen Türken (Umwandlung Zyperns in eine Konföderation beziehungsweise zwei separate Staaten) ab. Am 22. 2. 1988 wurde G. Vassiliou zum Präsidenten gewählt; er leitete neue politische Verhandlungen mit der türkischen Volksgruppe im Norden ein. Die Parlamentswahlen im Mai 1991 festigten die Stellung der konservativen DISY unter Klerides als stärkste Partei; Klerides wurde am 14. 2. 1993 zum Präsidenten gewählt (Wiederwahl am 15. 2. 1998).

Die am 5. 5. 1985 im türkisch-zyprischen Teil (Nordteil) durch Volksentscheid angenommene Verfassung hielt die Umwandlung Zyperns in einen Bundesstaat offen. In den von den UN 1984/85, 1988 bis 92 und seit 1993/94 verstärkten Vermittlungsversuchen (1997 wieder aufgenommen) zur Lösung des Zypernkonflikts (»Volksgruppengespräche«) wird die Überwindung der Teilung und der Ausgleich zwischen Zyperngriechen und Zyperntürken gefordert. Der angestrebte EU-Beitritt Zyperns (Aufnahmeantrag in die EG Juli 1990) und die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen am 31. 3. 1998 riefen zwar neue Spannungen hervor; seit 1998/99 bemühen sich beide Seiten, sowohl Griechenland als auch die Türkei, verstärkt um Versöhnung. Der türkische Norden bildete noch 1998 mit der Türkei eine Freihandelszone. Inzwischen gilt Zypern als aussichtsreichster Kandidat für die nächste EU-Erweiterung (Ende 2002); dabei drängt die EU aber auf die Überwindung der Teilung der Insel. Der UN-Sicherheitsrat forderte beide Volksgruppen (29. 6. 1999) auf, noch 1999 in Verhandlungen über zukunftsträchtige Regelungen zu treten.

 

(c) Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2001