Zypern - Geschichte Geschichte (Quelle: (c) Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2001): Jungsteinzeit bis Mittelalter: Dank seiner geographischen Lage berührten sich seit jeher auf der Insel Zypern (griechisch Kypros, in hethitischen, akkadischen und ägyptischen Zeugnissen Alasia, hebräisch Kittim, nach der phönikischen Stadt Kition) die kulturellen und politischen Strömungen Europas und des Orients. Seit Ende der Jungsteinzeit bestimmte der Kupferbergbau (u. a. in Kalavassos) die Entwicklung der Insel: die Bezeichnung des Metalls ist aus dem Namen der Insel herzuleiten (»aes Cyprium«). Seit Beginn der Bronzezeit (etwa 2300 v. Chr.) vermittelte Zypern zwischen Griechenland, Kleinasien, Mesopotamien und Syrien sowie Ägypten. Seit etwa 1400 v. Chr. gehörte Zypern in den Kulturkreis Mykenes. Etwa ab 1200 war es von Achäern, später von Griechen aus Kleinasien (Gründung u. a. von Salamis), seit etwa dem 10. Jahrhundert von Phönikern besiedelt (Entstehung von Burgsiedlungen, die von Stadtkönigen beherrscht wurden). Ab 709 v. Chr. stand Zypern zeitweilig unter assyrischer, ab 569 v. Chr. unter ägyptischer, ab 538 v. Chr. unter persischer Oberhoheit; es fiel 333 v. Chr. (Schlacht von Issos) an Alexander den Großen, 294 v. Chr. an das Ptolemäerreich (Ägypten). Ab 58 v. Chr. römisch, gehörte Zypern zur Provinz Cilicia (Kilikien). Durch die Missionsreise des Paulus wurde Zypern 45 n. Chr. zu einem der ersten Missionsgebiete und hatte zu Beginn des 4. Jahrhunderts bereits drei Bischofssitze (die Selbstständigkeit der zypriotischen Kirche wurde 431 anerkannt). Nach Teilung des Römischen Reiches (395 n. Chr.) fiel es an Ostrom (Byzanz), nach arabisch-byzantinischen Auseinandersetzungen um Zypern (ab 647/649) stand es 688 bis 965 unter gemeinsamer Herrschaft von Byzanz und dem Kalifat, dann unter der alleinigen Oberhoheit von Byzanz. Während des 3. Kreuzzuges 1191 von Richard I. Löwenherz erobert, kam Zypern 1193 bis 1489 als Kreuzfahrerstaat unter die Herrschaft der französischen Dynastie Lusignan (Zurückdrängung des byzantinischen Einflusses, Öffnung zum Abendland), danach unter die Herrschaft Venedigs, das Zypern nach türkischer Eroberung 1570/71 im venezianisch-osmanischen Sonderfrieden 1573 an die Osmanen abtrat. Allmählich entstand eine starke türkische Minderheit. 19. bis Mitte 20. Jahrhundert: Nach dem Russisch-Türkischen Krieg (1877/78) wurde die Insel ab 4. 6. 1878 (bei formeller Anerkennung der türkischen Oberhoheit) von Großbritannien verwaltet und nach dem Eintritt des Osmanischen Reiches in den Ersten Weltkrieg am 5. 11. 1914 von Großbritannien formell annektiert; im Frieden von Lausanne, 24. 7. 1923, von der Türkei und Griechenland anerkannt und seit 1. 5. 1925 britische Kronkolonie. Unter Führung der orthodoxen Kirche seit dem 19. Jahrhundert zunehmende Forderungen nach Anschluss (»Enosis«) an Griechenland: erfolgloser Aufstand September 1931, Unruhen nach 1945 (seit 1950 unter Führung des Erzbischofs Makarios III.). Seit 1955 Guerillakampf der griechisch-nationalistischen Widerstandsorganisation E. O. K. A. unter G. Grivas gegen die britische Kolonialmacht; 19./23. 2. 1959 britisch-griechisch-türkischer Dreimächtevertrag (Zypernabkommen) über die Unabhängigkeit von Zypern und die Stationierung griechischer und türkischer Truppen. Unabhängigkeit und anhaltender Zypernkonflikt: Am 16. 8. 1960 Proklamation der Unabhängigkeit durch Staatspräsident Makarios (Beibehaltung der britischen Hoheitsrechte auf zwei militärischen Stützpunkten; ab 14. 3. 1961 Commonwealth-Mitglied). Nachdem Makarios das (durch die Verfassung von 1960 garantierte) Proporzsystem hinsichtlich Regierung und Verwaltung entsprechend dem Bevölkerungsanteil (70 zu 30) zugunsten der griechischen Bevölkerungsmehrheit ändern wollte, kam es zu blutigen Kämpfen zwischen den Volksgruppen der Griechen und Türken (21. 12. 1963; Austritt der türkischen Vertreter aus der Regierung und Rückzug der türkischen Volksgruppe in Enklaven). Im März 1964 Entsendung einer UN-Friedenstruppe; Bildung eigener Streitkräfte durch die türkischen Zyprer (Zyperntürken) als Gegengewicht gegen die griechisch-zypriotische Nationalgarde, im Dezember 1967 Errichtung der »Provisorischen türkisch-zypriotischen Verwaltung«; Juni 1968 Aufnahme von Verhandlungen zwischen R. Denktasch und G. Klerides u. a. über politisches Mitspracherecht und Selbstverwaltung der Zyperntürken. Am 15. 7. 1974 Putsch der von griechischen Offizieren befehligten Nationalgarde und Flucht Makarios' ins Ausland (bis Dezember 1974); am 20. 7. Landung türkischer Truppen an der Nordküste, die trotz eines von den USA und der ergebnislosen Genfer Zypernkonferenz (25. 7. bis 14. 8. 1974; Großbritannien, Griechenland, Türkei) vermittelten Waffenstillstandes rund 40 % des zypriotischen Territoriums im Norden und Nordosten der Insel besetzten. In der Folgezeit entstanden, v. a. durch Flucht und Vertreibung zahlreicher griechischer Zyprer (Zyperngriechen) aus dem Norden, nahezu geschlossene Siedlungsgebiete der beiden Volksgruppen. Im türkisch besetzten Teil erfolgte am 13. 2. 1975 die einseitige Proklamation des Türkischen Föderationsstaates von Zypern (nur von der Türkei anerkannt; Präsident: Denktasch, 1985, 1990, 1995 und 2000 wieder gewählt), am 15. 11. 1983 der Türkischen Republik Nordzypern. Nach Makarios' Tod wurde S. Kiprianu (1977 bis 88) Präsident der völkerrechtlich allein anerkannten Republik Zypern; die zypriotischen Türken und die Türkei betrachteten ihn aber nur als Repräsentanten des griechisch-zyprischen Teils. Er lehnte verfassungspolitische Vorschläge der zypriotischen Türken (Umwandlung Zyperns in eine Konföderation beziehungsweise zwei separate Staaten) ab. Am 22. 2. 1988 wurde G. Vassiliou zum Präsidenten gewählt; er leitete neue politische Verhandlungen mit der türkischen Volksgruppe im Norden ein. Die Parlamentswahlen im Mai 1991 festigten die Stellung der konservativen DISY unter Klerides als stärkste Partei; Klerides wurde am 14. 2. 1993 zum Präsidenten gewählt (Wiederwahl am 15. 2. 1998). Die am 5. 5. 1985 im türkisch-zyprischen Teil (Nordteil) durch Volksentscheid angenommene Verfassung hielt die Umwandlung Zyperns in einen Bundesstaat offen. In den von den UN 1984/85, 1988 bis 92 und seit 1993/94 verstärkten Vermittlungsversuchen (1997 wieder aufgenommen) zur Lösung des Zypernkonflikts (»Volksgruppengespräche«) wird die Überwindung der Teilung und der Ausgleich zwischen Zyperngriechen und Zyperntürken gefordert. Der angestrebte EU-Beitritt Zyperns (Aufnahmeantrag in die EG Juli 1990) und die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen am 31. 3. 1998 riefen zwar neue Spannungen hervor; seit 1998/99 bemühen sich beide Seiten, sowohl Griechenland als auch die Türkei, verstärkt um Versöhnung. Der türkische Norden bildete noch 1998 mit der Türkei eine Freihandelszone. Inzwischen gilt Zypern als aussichtsreichster Kandidat für die nächste EU-Erweiterung (Ende 2002); dabei drängt die EU aber auf die Überwindung der Teilung der Insel. Der UN-Sicherheitsrat forderte beide Volksgruppen (29. 6. 1999) auf, noch 1999 in Verhandlungen über zukunftsträchtige Regelungen zu treten.
Quelle: http://www.wdr5.de/funkhauseuropa/dossiers/detail.phtml?dossier_id=165 |