PAGINA CARIONIS

PHILIPP MELANCHTHON AN JOACHIM CAMERARIUS, 2. NOVEMBER 1531

Viro optimo Ioachimo Camerario , Noribergae

 

S. D.

Dem besten Mann, Joachim Camerarius in Nürnberg.

 

Ich grüße Dich.

1,1 Nihil a te literarum accepi, postquam discipulus tuus Hofmanus huc advenit. 2 Id propterea scribo, ut si quid forte misisti, scias me non accepisse.
3 Mitto tibi cuiusdam Sarmatae iudicium de Cometa, quod mihi videtur erudite scriptum esse, praesertim in uno atque altero loco.
2,1 Fama huc affertur de pugna ad Turegum facta, in qua dicitur et Cinglius periisse, si quid habes comperti, totam historiam velim te mihi perscribere, non ut Germanorum scriptores solent, qui nullas causas, nullas occasiones, nulla consilia, nullas
peristaseiV exponunt. 2 Suspicor occasionem huic tumultui praebuisse illum Musium, cui aestate superiore Helvetii bellum intulere. 3 Nam accipio affuisse mille Hispanos in hac Turegensi pugna. 4 HrakleidhV nondum scripsit de ea re, quod sane miror. 5 Et vix ille quiescet, hoc excitatus classico.
3,1
peri thV polewV umeteraV polla akouw, quae non libet scribere. 2 Egregium habent homines aqeoi praetextum hoc tempore, qui nullas volunt habere religiones, qui volunt omnia vincula excutere, simulant se recipere rwmaikhn didachn abiecta nostra, sed Deus his rebus repudium ostendet. 3 Hic annus afferet, ut ego spero vel katastrofhn vel paraskeuhn thV katastrofhV. 4 Bene vale cum coniuge et liberis. 5 Postrid. Cal. Novemb.

FilippoV.

1,1 Nichts Briefliches habe ich von dir erhalten, seit dein Schüler Hofmann hier angekommen ist. 2 Das schreibe ich deshalb, damit du weißt, dass ich nichts erhalten habe, falls du mir etwas geschickt hast.
3 Ich schicke dir das Gutachten eines gewissen Sarmaten über den Kometen, das, wie mir scheint, gebildet geschrieben ist, besonders an der einen oder anderen Stelle.
2,1 Das Gerücht über die Schlacht von Zürich kam hierher, das besagt, Zwingli sei tot; wenn du etwas erfahren hast, schreib mir bitte genau die ganze Geschichte, aber nicht nach Art der deutschen Schreiber, die keine Gründe, keine Möglichkeiten, keine Absichten, keine Umstände angeben. 2 Ich vermute, den Anlass zu diesem Tumult hat jener Musius geboten, den die Schweizer im vorigen Sommer angegriffen haben. 3 Denn ich höre, tausend Spnier hätten an dieser Schlacht teilgenommen. 4 Der Heraklesspross hat – sehr erstaunlich - darüber noch nicht gechrieben. 5 Und jener wird kaum Ruhe halten, aufgescheucht von diesem Alarmsignal.
3,1 Von eurer Stadt höre ich viel, was ich nicht schreiben will. 2 Die Atheisten haben derzeit einen prächtigen Vorwand, die keine Religionen haben wollen, die alle Fesseln zerschlagen wollen; sie geben vor, sie nähmen die römische Lehre an nach der Ablegung der unseren; aber Gott wird diesen Umtrieben die rote Karte zeigen. 3 dieses Jahr wird, wie ich hoffe, entweder die Katastrophe oder die Vorbereitung der Katastrophe bringen. 4 Leb mit Frau und Kindern wohl! 5 Am 2. November.

 

<[1] Seit [Hieronymus] Hofmanns Ankunft hat M. keinen Brief von C. erhalten. M. schickt die Abhandlung eines polnischen Gelehrten [NN] über den [Halley'schen] Kometen.
[2] Gerücht über eine Schlacht bei Zürich [Kappel] und über Zwinglis Tod. Bitte um Nachrichten. M. erblickt einen Anlaß in dem im Sommer von den Schweizern bekriegten [Gian Giacomo de Medici, Kastellan] von Musso [‛Müsserkrieg‛], denn [bei Kappel] sollen tausend Spanier mitgekämpft haben. [Lgf. Philipp von Hessen] hat erstaunlicherweise noch nichts darüber geschrieben.
[3] Anspielung auf unerfreuliches Geschehen in Nürnberg. Klage über die gottlosen Menschen, die es in den gegenwärtigen Wirren leicht haben, jede religiöse Bindung zu lösen. Hoffnung auf baldige Klärung der Lage. Gruß an Frau [Anna] und Kinder [Anna, Magdalena, Johannes].>

<Klage über die deutschen Geschichtsschreiber in Carions Chronik: 7,13,27 + 7,43,15.>

Corpus Reformatorum II, Sp. 551f., "No. 1015"

<Dickdruck von mir.>

 

 

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