DEMOKRIT

DEMOKRITOS AUS ABDERA (460 - 371 v. Chr.)

Katalogangabe (Michel): <Ausgabedatum> 31. Juli 1961; <Anlass> Kernforschungsinstitut "Demokrit"; <Bildinformation> Demokrit (Demokritos von Abdera) (um 460 v. Chr.), Philosoph: Atommodell mit Olivenzweigen

Demokritos aus Abdera, dt. Demokrit, 460-371 v. u. Z., griechischer Philosoph, Hauptvertreter der antiken Atomistik und der Philosophenschule von Abdera, das damals eine reiche Handelsstadt mit hoher Kultur war; Schüler des Leukippos; Repräsentant demokratischer Kräfte. Er unternahm weite Reisen, hinterließ eine Fülle philosophischer und naturwissenschaftlicher Schriften und war von enzyklopädischer Gelehrsamkeit. Von seinen Werken sind nur Fragmente erhalten. 
Nach Demokrit besteht die Welt aus den Atomen und dem ebenso real existierenden Leeren, das die Voraussetzung dafür ist, dass die Atome überhaupt vereinzelt existieren (ohne die Leere gäbe es keine Zwischenräume), sich bewegen, untereinander verbinden und voneinander trennen und eine bestimmte Lage zueinander einnehmen können. Die rein quantitativen Zustände, Verhältnisse und Bewegungen der Atome sind Ursache und Grund der qualitativ vielfältigen und bewegten Erscheinungswelt. Demokrit unterscheidet Eigenschaften, die den Dingen an sich zukommen (Größe, Gestalt, Masse, Bewegung, Härte), und solche, die sich aus deren Wechselwirkungen mit unseren Sinnesorganen ergeben (Farben, Helligkeit, Töne, Geschmack, Geruch usw.). Die Erscheinungswelt wird durch die sinnliche Wahrnehmung erfasst. Die Dinge wirken durch Ausflüsse, die Eidola (Bildchen), auf die Sinnesorgane und dadurch schließlich auf die Feueratome der Seele ein. Die so entstehenden Wahrnehmungen über die Erscheinungswelt bilden den Ausgangspunkt für das Denken, das allein in der Lage ist, zur Erkenntnis der atomaren Struktur der Welt vorzudringen. Demokrit versuchte so, den Zusammenhang zwischen der sinnlichen und der höheren, rationalen Stufe der Erkenntnis zu fassen. Nach Demokrit sind auch die biologischen Erscheinungen und sogar das Denken materiell und aus bestimmten Atomen, Atomverbindungen und -bewegungen zu erklären. Die Seele z. B. besteht aus feinen, glatten und runden Atomen gleich denen des Feuers. Da sie die beweglichsten Atome sind. können sie den ganzen menschlichen Körper durchdringen und so die Lebensprozesse bewirken. Die Atome beeinflussen einander durch Druck und Stoß. Alles geschieht mit fatalistischer und mechanischer Notwendigkeit, auch die Entstehung der Welten (durch Aufeinanderstoßen der unterschiedlich schnell fallenden Atome im leeren Raum und der daraus resultierenden Wirbelbewegungen), deren es unzählige, in verschiedensten Entwicklungsstadien befindliche gibt, oder der organischen Wesen. 
Demokrits Philosophie ist ein Markstein in der Geschichte des Atheismus. Demokrit trat gegen die Volksreligion auf; die Götter waren für ihn nur Verkörperung von Naturerscheinungen oder menschlicher Eigenschaften - so Zeus eine solche der Sonne und Athena der menschlichen Vernunft. Auf dem Gebiet der Logik scheint Demokrit bes. inhaltliche Bestimmungen gegeben und solche Fragen wie die der Induktion, der Analogie und der Hypothese untersucht zu haben. Aristoteles bezeichnet Demokrit jedenfalls als seinen Vorläufer auf diesem Feld. 
Auf ästhetischem Gebiet war Demokrit Verfechter eines naiven Realismus, der in der Kunst eine Nachahmung der Natur sieht. 
Seine ethischen Auffassungen sind eng mit seiner erkenntnistheoretischen und atomistischen Grundhaltung verbunden. Wie die Wahrnehmung entstammt auch die Lust der Sinneserregung. Das wahre Glück, die Eudämonie, die Zweck und Maß des Menschenlebens sein soll, kann jedoch nicht aus äußeren Gütern und sinnlicher Befriedigung erwachsen, sondern nur aus der sanften, leichten Bewegung der Feueratome, welche die rechte Einsicht gestattet. 
Nach antiker Überlieferung hat Demokrit auch eine Fülle von Arbeiten zur Mathematik geschrieben, z. B. über mathematische Musiktheorie und über Perspektive. Von diesen Schriften ist nur ein Fragment erhalten geblieben, in dem Demokrit auf Grund seiner atomistischen Auffassung (wahrscheinlich durch die Methode der Schichtzerlegung) als erster den Rauminhalt von Pyramide und Kegel anzugeben, allerdings noch nicht streng zu beweisen vermochte. 
Die Auffassungen Demokrits stellen den Höhepunkt des materialistischen und naturwissenschaftlichen Denkens der Antike dar und haben auf die Nachwelt, u. a. auf Epikur, Lukrez, Gassendi, Galilei, Leibniz und die moderne Atomphysik, großen und nachhaltigen Einfluss ausgeübt. Die Doktordissertation von Karl Marx (1840/41) hat die »Differenz der demokrit. und epikureischen Naturphilosophie« zum Gegenstand. Gu <Hervorhebung des letzten Satzes von mir.>
[Lexikon der Antike: Demokritos, S. 1 ff. Digitale Bibliothek Band 18: Lexikon der Antike, S. 1319 (vgl. LDA, S. 133 ff.)]