Johann Wolfgang von Goethe
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Zum
150. Todestag, am 25. August 1982, gab die ungarische Post eine Serie von 10
Postkarten mit Motiven der Römischen Elegien Goethes heraus. Die
Markeneindrucke haben denselben Nennwert von 1,40 Filler;
fünf sind bräunlich oliv, die fünf anderen blau.
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Eine Welt
für sich ist Rom, doch ohne das Feuer der Liebe ist selbst die Welt nicht die
Welt, Rom nicht Rom für mich.
Übersetzung von Vas
Istvan (Deutsch von Daniel Schmidt)
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Wie wir einst so glücklich waren,
Müssens jetzt durch euch erfahren.
1.
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Saget,
Steine, mir an, o sprecht, ihr hohen Paläste!
Straßen, redet ein Wort! Genius, regst du dich nicht?
Ja, es ist alles beseelt in deinen heiligen Mauern,
Ewige Roma; nur mir schweiget noch alles so still.
O wer flüstert mir zu, an welchem Fenster erblick ich
Einst das holde Geschöpf, das mich versengend erquickt?
Ahn ich die Wege noch nicht, durch die ich immer und immer
Zu ihr und von ihr zu gehn, opfre die köstliche
Zeit?
Noch betracht ich Kirch und Palast, Ruinen und
Säulen,
Wie ein bedächtiger Mann schicklich die Reise benutzt.
Doch bald ist es vorbei: dann wird ein einziger Tempel
Amors Tempel nur sein, der den Geweihten empfängt.
Eine Welt zwar bist du, o Rom; doch
ohne die Liebe
Wäre die Welt nicht die Welt, wäre denn Rom auch nicht Rom.
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3.
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Laß dich, Geliebte,
nicht reun, daß du mir
so schnell dich ergeben!
Glaub es, ich denke nicht frech, denke nicht niedrig von dir.
Vielfach wirken die Pfeile des Amors: einige
ritzen,
Und vom schleichenden Gift kranket auf Jahre das Herz.
Aber mächtig befiedert, mit frisch geschliffener Schärfe
Dringen die andern ins Mark, zünden behende das Blut.
In der heroischen Zeit, da Götter und Göttinnen liebten,
Folgte Begierde dem Blick, folgte Genuß der
Begier.
Glaubst du, es habe sich lang die Göttin der Liebe besonnen,
Als im Idäischen Hain einst ihr Anchises gefiel?
Hätte Luna gesäumt, den schönen Schläfer zu küssen,
O, so hätt ihn geschwind, neidend, Aurora geweckt.
Hero erblickte Leandern am lauten Fest, und behende
Stürzte der Liebende sich heiß in die nächtliche Flut.
Rhea Silvia wandert, die fürstliche Jungfrau, den Tiber,
Wasser zu schöpfen, hinab, und sie ergreifet der Gott.
So erzeugte die Söhne sich Mars! – Die Zwillinge tränket
Eine Wölfin, und Rom nennt sich die Fürstin der Welt.
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Bereue nur
niemals, dass die Hingabe deiner selbst so schnell war, glaube, meine Liebe,
ich verurteile dich dafür nicht.
Übersetzung von Vas
Istvan (Deutsch von Daniel Schmidt)
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Ich erkannte
nicht mal, deshalb ergriff ich die Vorbeieilende und sie erwiderte die
Umarmung, und ihre Lippen berührten auf der Stelle die Meinen.
Übersetzung von Vidor
Miklos (Deutsch von Daniel Schmidt)
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4.
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Fromm
sind wir Liebende, still verehren wir alle Dämonen,
Wünschen uns jeglichen Gott, jegliche Göttin geneigt.
Und so gleichen wir euch, o römische Sieger! Den Göttern
Aller Völker der Welt bietet ihr Wohnungen an,
Habe sie schwarz und streng aus altem Basalt der
Ägypter,
Oder ein Grieche sie weiß, reizend, aus Marmor
geformt.
Doch verdrießet es nicht die Ewigen, wenn wir besonders
Weihrauch köstlicher Art einer der Göttlichen streun.
Ja, wir bekennen euch gern: es bleiben unsre Gebete,
Unser täglicher Dienst Einer besonders geweiht.
Schalkhaft, munter und ernst begehen wir heimliche Feste,
Und das Schweigen geziemt allen Geweihten genau.
Eh' an die Ferse lockten wir selbst durch gräßliche
Taten
Uns die Erinnyen her, wagten es eher, des Zeus
Hartes Gericht am rollenden Rad und Felsen zu dulden,
Als dem reizenden Dienst unser Gemüt zu entziehn.
Diese Göttin, sie heißt Gelegenheit, lernet sie kennen!
Sie erscheinet euch oft, immer in andrer Gestalt.
Tochter des Proteus möchte sie sein, mit Thetis gezeuget,
Deren verwandelte List manchen Heroen betrog.
So betrügt nun die Tochter den Unerfahrnen, den
Blöden:
Schlummernde necket sie stets, Wachende fliegt sie vorbei;
Gern ergibt sie sich nur dem raschen, tätigen Manne,
Dieser findet sie zahm, spielend und zärtlich und hold.
Einst erschien sie auch mir, ein bräunliches Mädchen, die Haare
Fielen ihr dunkel und reich über die Stirne herab,
Kurze Locken ringelten sich ums zierliche Hälschen,
Ungeflochtenes Haar krauste vom Scheitel sich
auf.
Und ich verkannte sie nicht, ergriff
die Eilende: lieblich
Gab sie Umarmung und Kuß bald mir gelehrig
zurück.
O wie war ich beglückt! – Doch stille, die Zeit ist vorüber,
Und umwunden bin ich, römische Flechten, von euch.
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7.
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O
wie fühl ich in Rom mich so froh, gedenk ich der Zeiten,
Da mich ein graulicher Tag hinten im Norden umfing,
Trübe der Himmel und schwer auf meine Scheitel sich senkte,
Farb- und gestaltlos die Welt um den Ermatteten lag,
Und ich über mein Ich, des unbefriedigten Geistes
Düstre Wege zu spähn, still in Betrachtung
versank.
Nun umleuchtet der Glanz des helleren Äthers die
Stirne.
Phöbus rufet, der Gott, Formen und Farben hervor.
Sternhell glänzet die Nacht, sie
klingt von weichen Gesängen,
Und mir leuchtet der Mond heller als nordischer Tag.
Welche Seligkeit ward mir Sterblichem! Träum ich? Empfänget
Dein ambrosisches Haus, Jupiter Vater, den Gast?
Ach, hier lieg ich und strecke nach deinen Knieen
die Hände
Flehend aus. O vernimm, Jupiter Xenius, mich!
Wie ich hereingekommen, ich kanns nicht sagen: es
faßte
Hebe den Wandrer und zog mich in die Hallen heran.
Hast du ihr einen Heroen herauf zu führen geboten?
Irrte die Schöne? Vergib! Laß mir des Irrtums
Gewinn!
Deine Tochter Fortuna, sie auch! die herrlichsten Gaben
Teilt als ein Mädchen sie aus, wie es die Laune gebeut.
Bist du der wirtliche Gott? O dann so verstoße den Gastfreund
Nicht von deinem Olymp wieder zur Erde hinab!
»Dichter! Wohin versteigest du dich?« – Vergib
mir: der hohe
Kapitolinische Berg ist dir ein zweiter Olymp.
Dulde mich, Jupiter, hier, und Hermes führe mich später
Cestius Mal vorbei, leise zum Orkus hinab.
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Sternenleuchtend
die Nacht, meine weiche Melodie füllt sie klingend, hier scheint der Mond,
wie jener nördliche Tag.
Übersetzung von Hajnal
Gabor (Deutsch von Daniel Schmidt)
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Genieße also
unser von Liebe geheiztes Nest, bevor noch dein Bein in des Flusses Lethe
schreckliche Wasser sinkt.
Übersetzung von Vidor
Miklos (Deutsch von Daniel Schmidt)
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10.
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Alexander
und Cäsar und Heinrich und Friedrich, die Großen,
Gäben die Hälfte mir gern ihres erworbenen Ruhms,
Könnt ich auf eine Nacht dies Lager jedem vergönnen;
Aber die Armen, sie hält strenge des Orkus Gewalt.
Freue dich also, Lebendger,
der lieberwärmeten Stätte,
Ehe den fliehenden Fuß schauerlich Lethe dir netzt.
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12.
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Hörest du, Liebchen, das muntre Geschrei den
Flaminischen Weg her?
Schnitter sind es; sie ziehn wieder nach Hause
zurück,
Weit hinweg. Sie haben des Römers Ernte
vollendet,
Der für Ceres den Kranz selber zu flechten verschmäht.
Keine Feste sind mehr der großen Göttin gewidmet,
Die, statt Eicheln, zur Kost goldenen Weizen verlieh.
Laß uns beide das Fest im stillen
freudig begehen!
Sind zwei Liebende doch sich ein versammeltes Volk.
Hast du wohl je gehört von jener mystischen Feier,
Die von Eleusis hieher
frühe dem Sieger gefolgt?
Griechen stifteten sie, und immer riefen nur Griechen,
Selbst in den Mauern Roms: »Kommt zur geheiligten Nacht!«
Fern entwich der Profane; da bebte der wartende Neuling,
Den ein weißes Gewand, Zeichen der Reinheit, umgab.
Wunderlich irrte darauf der Eingeführte durch Kreise
Seltner Gestalten; im Traum schien er zu wallen:
denn hier
Wanden sich Schlangen am Boden umher, verschlossene Kästchen,
Reich mit Ähren umkränzt, trugen hier Mädchen vorbei,
Vielbedeutend gebärdeten sich die Priester und summten;
Ungeduldig und bang harrte der Lehrling auf Licht.
Erst nach mancherlei Proben und Prüfungen ward ihm enthüllet,
Was der geheiligte Kreis seltsam in Bildern verbarg.
Und was war das Geheimnis? als daß Demeter, die
große,
Sich gefällig einmal auch einem Helden bequemt,
Als sie Jasion einst, dem rüstigen König der
Kreter,
Ihres unsterblichen Leibs holdes Verborgne
gegönnt.
Das war Kreta beglückt! das Hochzeitsbette der Göttin
Schwoll von Ähren, und reich drückte den Acker die Saat.
Aber die übrige Welt verschmachtete; denn es versäumte
Über der Liebe Genuß Ceres den schönen Beruf.
Voll Erstaunen vernahm der Eingeweihte das Märchen,
Winkte der Liebsten – Verstehst du nun, Geliebte, den Wink?
Jene buschige Myrte beschattet ein heiliges Plätzchen!
Unsre Zufriedenheit bringt keine Gefährde der Welt.
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Hörst du,
Süße, das fröhliche Lärmen sich erheben auf Flaminius' Straße? Dorthin ziehen
sie, sieh, zurück in ihre Häuser die fröhlichen Schnitter (Erntenden)
Übersetzung von Devecser
Gabor (Deutsch von Daniel Schmidt)
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Neben mir
spüre ich des Mädchens dichte Locken, und sein Köpfchen ruhend drückt meinen
Arm, welcher sich an seinen Hals schmiegt.
Übersetzung von Janos Istvan (Deutsch
von Daniel Schmidt)
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13.
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Amor
bleibet ein Schalk, und wer ihm vertraut, ist betrogen!
Heuchelnd kam er zu mir: »Diesmal nur traue mir noch.
Redlich mein ichs mit dir: du hast dein Leben und
Dichten,
Dankbar erkenn ich es wohl, meiner Verehrung geweiht.
Siehe, dir bin ich nun gar nach Rom gefolget! Ich
möchte
Dir im fremden Gebiet gern was Gefälliges tun.
Jeder Reisende klagt, er finde schlechte Bewirtung;
Welchen Amor empfiehlt, köstlich bewirtet ist er.
Du betrachtest mit Staunen die Trümmer alter Gebäude
Und durchwandelst mit Sinn diesen geheiligten
Raum.
Du verehrest noch mehr die werten Reste des Bildens
Einziger Künstler, die stets ich in der Werkstatt besucht.
Diese Gestalten, ich formte sie selbst! Verzeih mir, ich prahle
Diesmal nicht; du gestehst, was ich dir sage, sei wahr.
Nun du mir lässiger dienst, wo sind die schönen Gestalten,
Wo die Farben, der Glanz deiner Erfindungen hin?
Denkst du nun wieder zu bilden, Freund? Die Schule der Griechen
Blieb noch offen, das Tor schlossen die Jahre nicht zu.
Ich, der Lehrer, bin ewig jung und liebe die Jungen.
Altklug lieb ich dich nicht! Munter! Begreife mich wohl!
War das Antike doch neu, da jene Glücklichen lebten!
Lebe glücklich, und so lebe die Vorzeit in dir!
Stoff zum Liede, wo nimmst du ihn her? Ich muß
ihn dir geben,
Und den höheren Stil lehret die Liebe dich nur.«
Also sprach der Sophist. Wer widerspricht ihm? und leider
Bin ich zu folgen gewöhnt, wenn der Gebieter
befiehlt. –
Nun, verräterisch hält er sein Wort, gibt Stoff zu Gesängen,
Ach, und raubt mir die Zeit, Kraft und Besinnung zugleich;
Blick und Händedruck, und Küsse, gemütliche Worte,
Silben köstlichen Sinns wechselt ein liebendes Paar.
Da wird Lispeln Geschwätz, wird Stottern liebliche Rede:
Solch ein Hymnus verhallt ohne prosodisches Maß.
Dich, Aurora, wie kannt ich dich sonst als
Freundin der Musen!
Hat, Aurora, dich auch Amor, der lose, verführt?
Du erscheinest mir nun als seine Freundin und weckest
Mich an seinem Altar wieder zum festlichen Tag.
Find ich die Fülle der Locken an
meinem Busen! das Köpfchen
Ruhet und drücket den Arm, der sich dem Halse
bequemt.
Welch ein freudig Erwachen, erhieltet ihr, ruhige Stunden,
Mir das Denkmal der Lust, die in den Schlaf uns gewiegt! –
Sie bewegt sich im Schlummer und sinkt auf die Breite des Lagers,
Weggewendet; und doch läßt sie mir Hand noch in
Hand.
Herzliche Liebe verbindet uns stets und treues Verlangen,
Und den Wechsel behielt nur die Begierde sich vor.
Einen Druck der Hand, ich sehe die himmlischen Augen
Wieder offen. – O nein! Laßt auf der Bildung mich
ruhn!
Bleibt geschlossen! Ihr macht mich verwirrt und trunken, ihr raubet
Mir den stillen Genuß reiner Betrachtung zu früh.
Diese Formen, wie groß! Wie edel gewendet die Glieder!
Schlief Ariadne so schön: Theseus, du konntest entfliehn?
Diesen Lippen ein einziger Kuß! O Theseus, nun scheide!
Blick ihr ins Auge! Sie wacht! – Ewig nun hält sie dich fest.
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16.
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»Warum bist du, Geliebter, nicht heute zur Vigne gekommen?
Einsam, wie ich versprach, wartet ich oben auf dich.«
–
Beste, schon war ich hinein; da sah ich zum Glücke den Oheim
Neben den Stöcken, bemüht, hin sich und her sich zu drehn.
Schleichend eilt ich hinaus! – »O welch ein Irrtum
ergriff dich!
Eine Scheuche nur wars, was dich vertrieb! Die
Gestalt
Flickten wir emsig zusammen aus alten Kleidern und Rohren,
Emsig half ich daran, selbst mir zu schaden bemüht.« –
Nun, des Alten Wunsch ist erfüllt: den losesten Vogel
Scheucht' er heute, der ihm Gärtchen und Nichte bestiehlt.
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"Warum
kamst du heute nicht zum Weinberg, mein Kleiner\meine Kleine, sag? Ich
erwartete dich oben allein, wie ich es zuvor versprochen hatte."
Übersetzung von Vidor
Miklos (Deutsch von Daniel Schmidt)
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Alles eilte:
und glaubte dies einmal des Schelmen Wort, glaubte er scherzte nicht: und Fama
entsprang ihnen nacheilend.
Übersetzung von Vidor
Miklos (Deutsch von Daniel Schmidt)
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19.
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Schwer
erhalten wir uns den guten Namen, denn Fama
Steht mit Amorn, ich weiß, meinem Gebieter, in
Streit.
Wißt ihr auch, woher es entsprang, daß beide sich hassen?
Alte Geschichten sind das, und ich erzähle sie wohl.
Immer die mächtige Göttin, doch war sie für die Gesellschaft
Unerträglich, denn gern führt sie das herrschende Wort;
Und so war sie von je, bei allen Göttergelagen,
Mit der Stimme von Erz, Großen und Kleinen verhaßt.
So berühmte sie einst sich übermütig, sie habe
Jovis herrlichen Sohn ganz sich zum Sklaven gemacht.
»Meinen Herkules führ ich dereinst, o Vater der Götter«,
Rief triumphierend sie aus, »wiedergeboren dir zu.
Herkules ist es nicht mehr, den dir Alkmene
geboren:
Seine Verehrung für mich macht ihn auf Erden zum Gott.
Schaut er nach dem Olymp, so glaubst du, er schaue nach deinen
Mächtigen Knieen – vergib! nur in den Äther nach
mir
Blickt der würdigste Mann, nur mich zu verdienen, durchschreitet
Leicht sein mächtiger Fuß Bahnen, die keiner betrat;
Aber auch ich begegn ihm auf seinen Wegen und
preise
Seinen Namen voraus, eh er die Tat noch beginnt.
Mich vermählst du ihm einst: der Amazonen Besieger
Werd auch meiner, und ihn nenn ich mit Freuden Gemahl!«
Alles schwieg; sie mochten nicht gern die Prahlerin reizen:
Denn sie denkt sich, erzürnt, leicht was Gehässiges aus.
Amorn bemerkte sie nicht: er schlich beiseite;
den Helden
Bracht er mit weniger Kunst unter der Schönsten Gewalt.
Nun vermummt er sein Paar: ihr hängt er die Bürde des Löwen
Über die Schultern und lehnt mühsam die Keule dazu,
Drauf bespickt er mit Blumen des Helden sträubende Haare,
Reichet den Rocken der Faust, die sich dem Scherze bequemt.
So vollendet er bald die neckische Gruppe; dann läuft er,
Ruft durch den ganzen Olymp: »Herrliche Taten geschehn!
Nie hat Erd und Himmel, die unermüdete
Sonne
Hat auf der ewigen Bahn keines der Wunder erblickt.«
Alles eilte: sie glaubten dem losen
Knaben, denn ernstlich
Hatt er gesprochen; und auch Fama, sie blieb
nicht zurück.
Wer sich freute, den Mann so tief erniedrigt zu sehen,
Denkt ihr? Juno. Es galt Amorn ein freundlich Gesicht.
Fama daneben, wie stand sie beschämt, verlegen, verzweifelnd!
Anfangs lachte sie nur: »Masken, ihr Götter, sind das!
Meinen Helden, ich kenn ihn zu gut! Es haben Tragöden
Uns zum besten!« Doch bald sah sie mit Schmerzen:
er wars! –
Nicht den tausendsten Teil verdroß es Vulkanen,
sein Weibchen
Mit dem rüstigen Freund unter den Maschen zu sehn,
Als das verständige Netz im rechten Moment sie umfaßte,
Rasch die Verschlungnen umschlang, fest die
Genießenden hielt.
Wie sich die Jünglinge freuten, Merkur und Bacchus! sie beide
Mußten gestehn: es sei,
über dem Busen zu ruhn
Dieses herrlichen Weibes, ein schöner Gedanke. Sie baten:
Löse, Vulkan, sie noch nicht! Laß sie noch einmal
besehn!
Und der Alte war so Hahnrei, und hielt sie nur
fester. –
Aber Fama, sie floh rasch und voll Grimmes davon.
Seit der Zeit ist zwischen den Zweien der Fehde nicht Stillstand:
Wie sie sich Helden erwählt, gleich ist der Knabe danach.
Wer sie am höchsten verehrt, den weiß er am besten zu fassen,
Und den Sittlichsten greift er am gefährlichsten an.
Will ihm einer entgehn, den bringt er vom
Schlimmen ins Schlimmste.
Mädchen bietet er an: wer sie ihm töricht verschmäht,
Muß erst grimmige Pfeile von seinem Bogen
erdulden;
Mann erhitzt er auf Mann, treibt die Begierden aufs Tier,
Wer sich seiner schämt, der muß erst leiden; dem
Heuchler
Streut er bittern Genuß
unter Verbrechen und Not.
Aber auch sie, die Göttin, verfolgt ihn mit Augen und Ohren:
Sieht sie ihn einmal bei dir, gleich ist sie feindlich gesinnt,
Schreckt dich mit ernstem Blick, verachtenden Mienen, und heftig
Strenge verruft sie das Haus, das er gewöhnlich
besucht.
Und so geht es auch mir: schon leid ich ein wenig; die Göttin,
Eifersüchtig, sie forscht meinem Geheimnisse nach.
Doch es ist ein altes Gesetz: ich schweig und verehre:
Denn der Könige Zwist büßten die Griechen wie ich.
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20.
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Zieret Stärke den Mann und freies mutiges
Wesen,
O! so ziemet ihm fast tiefes Geheimnis noch mehr.
Städtebezwingerin du, Verschwiegenheit!
Fürstin der Völker!
Teure Göttin, die mich sicher durchs Leben geführt,
Welches Schicksal erfahr ich! Es löset scherzend die Muse,
Amor löset, der Schalk, mir den verschlossenen Mund.
Ach, schon wird es so schwer, der Könige Schande verbergen!
Weder die Krone bedeckt, weder ein phrygischer Bund
Midas verlängertes Ohr: der nächste Diener entdeckt es,
Und ihm ängstet und drückt gleich das Geheimnis die Brust,
In die Erde vergrüb er es gern, um sich zu erleichtern;
Doch die Erde verwahrt solche Geheimnisse nicht,
Rohre sprießen hervor und rauschen und lispeln im Winde:
Midas! Midas, der Fürst trägt ein verlängertes Ohr!
Schwerer wird es nun mir, ein schönes Geheimnis zu wahren,
Ach, den Lippen entquillt Fülle des Herzens so leicht!
Keiner Freundin darfs ich vertraun:
sie möchte mich schelten;
Keinem Freunde: vielleicht brächte der Freund mir Gefahr.
Mein Entzücken dem Hain, den schallenden Felsen zu sagen,
Bin ich endlich nicht jung, bin ich nicht einsam genug.
Dir, Hexameter, dir, Pentameter, sei es vertrauet,
Wie sie des Tags mich erfreut, wie sie des Nachts
mich beglückt.
Sie, von vielen Männern gesucht, vermeidet die Schlingen,
Die ihr der Kühnere frech, heimlich der Listige legt;
Klug und zierlich schlüpft sie vorbei und kennet die Wege,
Wo sie der Liebste gewiß lauschend begierig
empfängt.
Zaudre, Luna, sie kommt! damit sie der Nachbar nicht sehe;
Rausche, Lüftchen, im Laub! niemand vernehme den Tritt.
Und ihr, wachset und blüht, geliebte Lieder, und wieget
Euch im leisesten Hauch lauer und liebender Luft,
Und entdeckt den Quiriten, wie jene Rohre geschwätzig,
Eines glücklichen Paars schönes Geheimnis zuletzt.
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Schön in
seiner Stärke ist der Mann, wenn er mutig, offen obendrein ist, eher
verschönert ihn jedoch das Rätsel.
Übersetzung von Fodor
Jozsef (Deutsch von Daniel Schmidt)
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