AISOPOS - ÄSOP

 

Katalogangabe (Michel): <Ausgabedatum> 5. März 1987; <Anlass> Die Fabeln Äsops; <Bildinformation> Der Hirsch an der Quelle und der Löwe

Der Hirsch an der Quelle

Ein Hirsch hatte Durst und kam zu einer Quelle. Während er trank und sein eigenes Spiegelbild im Wasser sah, gefiel ihm sein Geweih besonders gut. Er blickte bewundernd auf seine Größe und Vielfalt. Über seine Beine aber ärgerte er sich, weil sie ihm dünn und schwach vorkamen. Als er noch darüber nachdachte, tauchte ein Löwe auf und griff ihn an. Der Hirsch wandte sich zur Flucht und gewann einen großen Vorsprung. Solange es sich um eine baumlose Ebene handelte, konnte der Hirsch laufen und in Sicherheit bleiben. Als er aber in waldiges Gelände kam, da passierte es, dass er nicht mehr weiter laufen konnte und vom Löwen gepackt wurde, weil sich sein Geweih in den Zweigen verfing. Kurz vor seinem Tode sagte er zu sich selbst: »Ich bin wirklich zu bedauern! Denn ich konnte mich mit dem retten, wodurch ich mich verraten fühlte. Umgekommen bin ich aber durch das, worauf ich besonders vertraute.«

So sind oft schon Freunde, denen man nicht besonders vertraut, zu Rettern geworden, während sich diejenigen, denen man mehr vertraute, als Verräter erwiesen.

Quelle: http://www.fabelnundanderes.at/html/body_asopfabeln_1.html