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Europa sagt Nordzypern Hilfe zu
Nach vereitelter Wiedervereinigung tritt nur südlicher Inselteil der EU bei - Ankara jubelt
NIKOSIA. Das Scheitern der Wiedervereinigung Zyperns ist am Wochenende weltweit mit Enttäuschung aufgenommen worden. Zugleich signalisierten die Europäische Union und die Vereinigten Staaten, sie würden die internationale Isolierung der türkischen Nordzyprer lindern. Ihre Zustimmung zum UN-Friedensplan bei der Volksabstimmung müsse gewürdigt werden.
Von Gerd Höhler
Der griechisch‑zyprische Präsident Tassos Papadopoulos will sich
trotz des Neins seiner Volksgruppe zum UN-Vereinigungsplan weiter um eine
Zypernlösung bemühen. Das kündigte er gestern an. Bei der Volksabstimmung
am Samstag votierten 76 Prozent der Inselgriechen gegen die Annahme des
Einigungsplans. Sie folgten damit einer Empfehlung des Staatspräsidenten. Im
türkischen Norden der Insel dagegen sprachen sich 65 Prozent der Wähler für
den Vorschlag aus. Dieser sah die Vereinigung der seit 30 Jahren geteilten
Insel unter dem Dach einer Zentralregierung sowie zwei Teilstaaten und weit
gehende Autonomie für die beiden Volksgruppen vor. Nun tritt de facto nur der
griechische Teil der Insel am 1. Mai der EU bei. Im Ausland löste
der Ausgang des Referendums überwiegend Enttäuschung aus. Die UN bedauerten,
dass Zypern geteilt und militarisiert bleibe. UN-Generalsekretär Kofi Annan
meinte, dass "eine einmalige und historische Chance vertan ist". Der
UN-Beauftragte auf Zypern, Alvaro de Soto, kündigte seine baldige Abreise und
die Schließung seines Büros auf der Insel an. EU-Erweiterungskommissar
Günter Verheugen sagte: "Der politische Schaden ist groß." Nun
liege ein "Schatten" über dem EU-Beitritt Zyperns. Auch
Bundesaußenminister Joschka Fischer meinte: "Es ist enttäuschend, dass
die Bürger im Süden der Insel die große Chance zur Wiedervereinigung nicht
genutzt haben." Ähnlich kommentierten die USA die Entscheidung.
Washington würdigte, dass sich die türkischen Zyprer mutig für Frieden und
Versöhnung eingesetzt hätten. Die
EU-Außenminister wollen am heutigen Montag in Luxemburg beraten, welche
Konsequenzen sich aus dem Scheitern des Referendums ergeben. Beobachter
rechnen damit, dass sich die EU nun bemühen wird, die politische und
wirtschaftliche Isolation Nordzyperns zu beenden. Bereits vor der Abstimmung
hatten führende EU-Vertreter erklärt, bei einem Nein der Zyperngriechen
dürfe man die türkische Volksgruppe "nicht in der Kälte stehen
lassen". Verheugen bekräftigte, die EU werde nach Wegen suchen, den
türkischen Teil Zyperns bei seiner wirtschaftlichen Entwicklung zu
unterstützen. Auch Präsident
Papadopoulos kündigte am Sonntag Schritte an, um den Inselnorden
wirtschaftlich zu unterstützen. Einzelheiten nannte er nicht. Der
griechisch-zyprische Staatschef unterstrich aber, das Nein in der
Volksabstimmung dürfe nicht als Nein der Inselgriechen zu einer Lösung
missverstanden werden. Er erwarte nach einer "Denkpause" schon in
naher Zukunft eine Initiative des UN-Sicherheitsrates, um neue
Zypernverhandlungen in Gang zu bringen. Der türkische
Außenminister Abdullah Gül äußerte dagegen die Einschätzung, mit dem Nein
der Zyperngriechen sei die Teilung der Insel "dauerhaft" geworden.
Ministerpräsident Tayyip Erdogan, dessen Regierung den Einigungsplan
befürwortet hatte, sprach sogar vom "erfolgreichsten Ereignis in den
vergangenen 50 Jahren türkischer Diplomatie". Der bis jetzt im Ausland
vorherrschende Eindruck, die Türken widersetzten sich einer Zypernlösung,
sei nun ausgeräumt. "Ich glaube, die Isolation Nordzyperns wird damit zu
einem Ende kommen."
Stuttgarter
Zeitung, Montag, 26. April 2004, S. 1 |