|
"Nur
der Protokollführer" Der
UN-Zypernbeauftragte de Soto gibt sich bescheiden
Viele
Diplomaten haben sich an der Zypernfrage die Zähne ausgebissen.
Alvaro de Soto will schaffen, was den anderen misslang.
Kein Diplomat kennt das Problem der Insel so gut wie er.
Von
Gerd Höhler, Athen
Alvaro
de Soto wehrt heftig ab, wenn man ihn als Vermittler bezeichnet.
Ein Protokollführer sei er, mehr nicht.
Viele hundert Seiten muss der peruanische Diplomat voll geschrieben
haben, seit die Volksgruppengespräche auf Zypern im Januar 2002 erstmals in
Gang kamen. Sie fanden seitdem bis
zu dreimal pro Woche im leer stehenden Empfangsgebäude des seit 1974
stillgelegten Flughafens von Nikosia statt.
Das Ergebnis ist der Annan-Plan. Der
Autor ist de Soto. Nachdem
die Zypernverhandlungen im März 2003 gescheitert schienen, ernannte Annan de
Soto, der seit 22 Jahren in den Diensten der Vereinten Nationen steht, zu
seinem Sonderbeauftragten für die Westsahara.
Der türkische Volksgruppenchef Rauf Denktasch hätte den Peruaner gern
auf Dauer in die Wüste geschickt. Er
ist auf de Soto schlecht zu, sprechen, seit dieser ihm vor einem Jahr
öffentlich die Hauptschuld am Scheitern der damaligen Verhandlungen gab.
Auf Drängen von Denktasch versuchte nun der türkische
Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, de Soto rauszukegeln.
Ein Vermittler aus einem "neutralen Land" sollte sich in die
Gespräche einschalten, schlug Erdogan vor und brachte US-Außenminister Colin
Powell ins Gespräch. Dieser, so
kalkulierte Erdogan, würde mehr Verständnis für die türkische Position
mitbringen. Doch
Kofi Annan wollte davon nichts wissen. Er hielt an de Soto fest.
Der Peruaner hat sich bei der Bewältigung von Krisen bewährt. Er half, den Bürgerkrieg in EI Salvador zu beenden und
vermittelte zwischen Indien und Pakistan. Jetzt kehrt der Diplomat auf die
geteilte Insel zurück. Der stets
modisch gekleidete, hoch gewachsene Diplomat ist ein notorischer Optimist.
Das muss man in seiner Rolle auch sein.
Immer wieder in seinen fünf Jahren als Zypernbeauftragter sah er eine
Lösung in Reichweite. Diesmal könnte er Recht behalten. "Wir stehen vor dem Endspiel", bekannte er am
Dienstag. Nicht nur inhaltlich,
auch nervlich ist er gut vorbereitet: In seinem Büro hat er eine Boxbirne.
Stuttgarter
Zeitung, Donnerstag, 19. Februar 2004, S. 4
|