Mit Geld und guten Worten für die Wiedervereinigung

Die Türkei und Griechenland sind für Annans Zypern-Plan - Doch die Widerstände auf der Insel wachsen weiter

 

Die USA und die EU stellen Finanzhilfen für die Wiedervereinigung in Aussicht.  Ob die Inselgriechen mitspielen, ist fraglich.

 

Von Gerd Höhler, Athen

 

Die griechische Regierung hat sich für den Zypern-Einigungsplan von UN-Generalsekretär Kofi Annan ausgesprochen, will aber die Entscheidung der beiden Volksgruppen auf der Insel respektieren.  Auch die sozialistische griechische Opposition sprach sich für den UN-Plan aus.  Zuvor hatte bereits die türkische Regierung Annans Vorschlag befürwortet.  Er sieht zwei weit gehend autonome Teilstaaten unter dem Dach einer schwachen gemeinsamen Zentralregierung vor.  Die zyprischen Volksgruppen sollen am 24.  April in Volksabstimmungen über Annahme oder Ablehnung des Annan-Plans entscheiden.

"Der Vorschlag hat positive Seiten, aber auch Schwierigkeiten", sagte Griechenlands konservativer Ministerpräsident Kostas Karamanlis am Donnerstag nach einem dreistündigen Zyperngipfel der griechischen Parteiführer unter Vorsitz von Staatspräsident Kostis Stefanopoulos.  "Doch die positiven Elemente des Annan-Plans überwiegen die negativen", urteilte der Premier.  Die Entscheidung liege nun bei den griechischen Zyprern, "die wir unterstützen werden, wie auch immer sie entscheiden".  Die Aussichten auf eine Annahme des UN-Plans stehen jedoch nicht gut.  Der griechisch-zyprische Inselpräsident Tassos Papadopoulos hat sich bereits gegen den Einigungsvorschlag der UN ausgesprochen.  Nach neuesten Umfragen wollen auch 78 Prozent der Zyperngriechen bei der Volksabstimmung mit Nein stimmen.  Auch der türkische Volksgruppenchef Rauf Denktasch lehnt den Plan ab.  Umfragen zufolge wollen aber etwa 60 Prozent der Zyperntürken mit Ja stimmen.  Im türkischen Norden der Insel demonstrierten am Mittwoch zehntausende Menschen für eine Wiedervereinigung.

Für die politisch isolierten und wirtschaftlich benachteiligten Zyperntürken würde sich mit dem Einigungsplan die Tür zur EU öffnen, der die Inselgriechen am 1. Mai beitreten.  Für die Wiedervereinigung der Insel wird mit rund zwei Milliarden Euro Hilfsgeldern gerechnet, sagte der zuständige EU-Kommissar Günter Verheugen in Brüssel.  Dort fand gestern das Vorbereitungstreffen einer von der EU ausgerichteten Geberkonferenz statt. Die USA kündigten an, 400 Millionen Dollar bereitzustellen.  Weitere 300 Millionen will die EU beisteuern.  Das Geld wird vor allem für die Repatriierung zehntausender Zyprer benötigt, die während der türkischen Invasion 1974 aus ihren Heimatorten vertrieben wurden.

Scheitert der Einigungsplan, will sich die Türkei nach den Worten ihres Außenministers Abdullah Gül um eine völkerrechtliche Anerkennung der "Türkischen Republik Nordzypern" bemühen: Die türkischen Zyprer dürfen nicht dafür bestraft werden, wenn die Zyperngriechen Nein sagen."'

 

Stuttgarter Zeitung, Freitag, 16. April 2004, S. 4