Annan erhöht den Druck auf Zyprer

UN-Generalsekretär will Einigung der beiden Volksgruppen bis Ende März

 

Von Gerd Höhler

 

ATHEN.  Mit direkten Verhandlungen der Führer der beiden zyprischen Volksgruppen gehen die Bemühungen um eine Lösung der Zypernfrage diese Woche in die entscheidende Phase.  UN-Generalsekretär Kofi Anna sieht eine Wiedervereinigung der seit drei Jahrzehnten geteilten Insel "endlich in Reichweite".  Annan macht Druck: Bis Ende März will er eine Lösung des Konflikts erreichen.

Unter Annans Vermittlung, aber auch wachsendem internationalem Druck hatten sich der türkisch-zyprische Volksgruppenchef Rauf Denktasch und der griechisch-zyprische Präsident Tassos Papadopoulos in New York darauf verständigt, die im März vergangenen Jahres abgebrochenen Verhandlungen über eine neue Verfassungsordnung für die geteilte Insel wieder aufzunehmen.

Als Grundlage der angestrebten Lösung akzeptierten sie den Einigungsplan des UN-Generalsekretärs.  Annan setzt den beiden Konfliktparteien jetzt präzise und knapp bemessene zeitliche Vorgaben: Die Verhandlungen sollen am Donnerstag beginnen und möglichst bis zum 22.  März abgeschlossen werden.  Können sich die beiden Volksgruppenführer bis zu diesem Termin nicht einigen, sollen die Regierungen Griechenlands und der Türkei in die Verhandlungen eingeschaltet werden.  Ergibt sich auch dann binnen einer Woche keine Einigung, will Annan die noch strittigen Punkte nach eigenem Ermessen entscheiden und seinen Einigungsplan am 21.  April der Bevölkerung in beiden Teilen Zyperns zu getrennten Volksabstimmungen vorlegen.  Wird er angenommen, würde sich auch für die türkischen Zyprer die Tür zur EU öffnen.

Ihr treten die Inselgriechen am 1. Mai im Rahmen der Osterweiterung bei.  Die Einigung auf dieses Verfahren kam nach einem zwölfstündigen Verhandlungsmarathon am Sitz der UN zu Stande.  Telefonisch schalteten sich auch die Außenminister der USA und Großbritanniens in die Gespräche ein.  Streit gab es bis zuletzt um die Rolle der EU bei den bevorstehenden Verhandlungen.

Während die Zyperngriechen darauf drangen, einen Vertreter der EU ständig an den Gesprächen zu beteiligen, lehnte die Türkei eine Beteiligung Brüssels zunächst völlig ab.  Hinter der griechischen Forderung verbarg sich der Wunsch nach einer möglichst weit gehenden Stärkung der geplanten gemeinsamen Zentralregierung, die Zypern nach außen und damit auch in der EU vertreten soll.  Schließlich einigte man sich auf eine von Annan vorgeschlagene Kompromissformel.  Die EU soll bei den Gesprächen technische Unterstützung leisten.

 

Stuttgarter Zeitung, Montag, der 16. Februar 2004, Seite 1