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40 JAHRE UN-POLIZEIMISSION
AUF ZYPERN
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Kein Friede auf der Insel
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Im April 1964 landeten österreichische
Gendarmeriebeamte mit dem 1. UNO-Zivilpolizeikontingent
auf Zypern, um die Vereinten Nationen bei ihrem Bemühen
zu unterstützen, Frieden zu erhalten.
Mit 9.251 Quadratkilometern ist Zypern etwa so groß
wie Kärnten, nach Sizilien und Sardinien die drittgrößte
Insel im Mittelmeer. 635.000 Menschen leben auf der Insel,
drei Viertel werden der griechisch-zypriotischen und ein
Viertel der türkisch-zypriotischen Bevölkerungsgruppe
zugerechnet. Die Hauptstadt Nikosia hat einschließlich
der Vororte 95.000 Bewohner. Offizielle Landessprachen
sind Griechisch und Türkisch. In allen Ämtern spricht
man auch Englisch.
Die wechselvolle Geschichte Zyperns wird durch seine
geografische Lage bestimmt. Hier bekriegten sich Phönizier,
Ägypter, Assyrer, Perser, Hellenen, Römer, Byzantiner,
Genuesen, Venezianer, Türken und Briten. Die orthodoxe
Kirche Zyperns wurde 45 nach Christi von den Aposteln
Paulus und Barnabas gegründet.
Von 1489 bis 1571 herrschten die Venezianer auf der Insel;
1570 kreuzte die türkische Flotte unter Lala Mustapha vor
der Insel und besetzte nach einem Jahr wechselvoller Kämpfe
mit Hilfe der von den Venezianern unterdrückten Zyprioten
die Insel. Obwohl die Türken 1571 von einer vereinigten
Flotte der Spanier, Venezianer und Genuesen geschlagen
wurden, gelang es nicht mehr, sie von der Insel zu
vertreiben. Pascha Lala Mustapha hatte 30.000 seiner
Soldaten auf der Insel angesiedelt.
Im Kongress von Berlin 1878, bei dem die Interessen der Mächte
Deutschland, England, Österreich und Russ-land
ausgeglichen wurden, begann der Stern der Sultane von
Konstantinopel zu sinken. Die Insel wurde während dieser
Verhandlungen britisch. England bezahlte eine jährliche
Pacht von 90.000 Pfund Sterling an die Türkei. Die hohen
Abgaben, die die Inselbewohner tragen mussten, ließ bei
den griechischen Zyprioten den Ruf nach der "Enosis"
wach werden – den Anschluss an das griechische
Mutterland. Die türkischen Zyprioten beschwerten sich
nicht, denn ihnen waren die Engländer als Pächter der
Insel freundlicher gesinnt. Das Angebot Englands an
Griechenland, im Ersten Weltkrieg Zypern zu nehmen und dafür
in den Krieg gegen die Mittelmeermächte einzutreten,
lehnten die Griechen ab. So wurde die Insel im Jahr 1925
britische Kronkolonie. Mehrere Aufstände der griechischen
Zyprioten wurden von den Truppen des britischen
Gouverneurs niedergeschlagen.
Im Jahr 1950 wurde der griechisch-orthodoxe Mönch Michael
Muskous zum Erzbischof gewählt und nahm den Namen
Makarios II. an. Er war sich der noch von Kaiser Zeno
verliehenen (weltlichen) Rechte bewusst und übernahm die
politische Führung der griechischen Zyprioten. Makarios
hatte einen Weggefährten gefunden in General Grivas, der
sein militärisches Handwerk in Athen und Paris erlernt
hatte. Er hatte das Ziel die Inselbewohner vom Joch der
britischen Krone zu befreien.
Von den Briten 1956 von der Insel verbannt, kehrte
Makarios 1959 im Triumph zurück und unterschrieb am 6.
April 1960 in London eine Verfassung, mit der Zypern zur
selbstständigen Republik wurde. Die Engländer, den Türken
freundlicher gesinnt, rangen Makarios bedeutende
Privilegien für die türkische Minderheit auf der Insel
ab. Von nun an lebten griechische und türkische Zyprioten
in einer freien Republik friedlich nebeneinander.
Bald aber machte sich zwischen den Führern der beiden
Volksgruppen Misstrauen breit. Der türkisch-zypriotische
Arzt Dr. Fazil Kuchuck, Vizepräsident der jungen
Republik, schenkte Gerüchten Glauben, wonach Präsident
Erzbischof Makarios die Absicht habe, die Türken aus
ihrer Inselheimat zu vertreiben. Beide Bevölkerungsgruppen
begannen sich auf eine Auseinandersetzung vorzubereiten.
Am 23. Dezember 1963 begann in Omorphita, einem Vorort der
Hauptstadt Nikosia, ein Kampf zwischen griechischen und türkischen
Zyprioten. 150 Menschen (unter ihnen Kinder) wurden
umgebracht.
Viele Menschen wurden vermisst und fast 900 Häuser zerstört
oder schwer beschädigt. Als zum Schutz der türkischen
Minderheit auf der Insel die Luftwaffe aus dem türkischen
Mutterland eingriff, schien ein Eingreifen Griechenlands
unvermeidlich. Es kann angenommen werden, dass die USA im
Interesse der Einheit Griechenlands und der Türkei die
beiden NATO-Länder zur Vernunft mahnten.
Friedenstruppe
Über Ersuchen von Erzbischof Makarios fasste der
UN-Sicherheitsrat den Beschluss, eine Friedenstruppe auf
die Insel zu entsenden. Dem Aufruf der UNO auf Entsendung
von Militär- und Zivilpolizeikontigenten leisteten
Australien, Dänemark, Finnland, Kanada (mit einem
Berufsheer), Neuseeland, Österreich und Schweden Folge.
Als erstes Zivilpolizeikontingent traf im Jahr 1964 das österreichische
unter dem Kommando des stellvertretenden
Landesgendarmeriekommandanten i.R von Salzburg, Oberst
Fritz Mosser, auf der Insel ein. Das österreichische
Bundesheer betrieb ein Feldlazarett.
Im Jahr 1972 folgte dem österreichischen Sanitätskontingent
eine reguläre militärische Einheit, das AUSCON (Austrian
Contingent). Die Gesamtstärke der UN-Friedenstruppe
(Militär und Zivilpolizei) betrug ursprünglich 6.500
Mann und wurde vom indischen General Thimaya befehligt.
Dem Inder, der einen Herztod auf der Insel erlitt, folgte
der finnische General Martola, dann der Pakistani Prem
Chand (späterer Chef der UN-Friedens-truppe in Namibia)
und schließlich der österreichische Generalmajor Günter
Greindl.
Inzwischen ist die UN-Friedensstreitmacht, die die
Waffenstillstandslinie zwischen griechischen und türkischen
Zyprioten überwacht, auf 1.200 Mann reduziert worden,
darunter sind etwa 300 Österreicher. Dem österreichischen
UNO-Zivilpolizeikontingent standen als Kommandanten Fritz
Mosser, die Polizei-Rittmeister Hoffmann und Hörmann,
Polizeimajor Bier, Sektionsrat Dr. Wagner,
Ministerialsekretär Dr. Heckl und Ministerialrat Mag.
Herbert Fuchs vor.
Zwischenfall in Nikosia.
Am 10. Jänner 1972 ereignete sich in Nikosia zwischen der
griechischen und der türkischen Bevölkerungsgruppe ein
Zwischenfall, in dessen Verlauf der
griechisch-zypriotische Nationalgardist Soterios
Michaelides erschossen wurde. Das österreichische
UNO-Zivilpolizeikontingent wurde vom UN-Hauptquartier
beauftragt, den Sachverhalt zu erheben.
Kontingentskommandant Dr. Wagner bestimmte Erhard Jaros,
Walter Smolle und Alois Jezek zum Untersuchungs-Team.
Wagner wurde später Chief Superintendent, war als Police
Adviser tätig und ist erst kürzlich als
Magistratsdirektor von Wiener Neustadt in den Ruhestand
getreten.
Als Ergebnis der umfangreichen Recherchen wurde dem
UN-Hauptquartier ein ausführlicher Bericht samt Skizzen
und Tatortfotos vorgelegt. Der Direktor des Büros von
UN-Generalsekretär Dr. Kurt Waldheim, Brian Urquhart,
bezeichnete diesen Bericht als "ausgezeichnete
Arbeit" und gab diese Feststellung an den Vertreter
des UN-Generalsekretärs auf Zypern, Osorio Tafall und an
den Force Commander Prem Chand, schriftlich weiter.
Erzbischof Makarios wurde im Jahr 1973 erneut zum Präsidenten
gewählt. Drei Bischöfe der griechisch-orthodoxen Kirche,
die sich die Feststellung erlaubt hatten, dass die
Stellung eines Erzbischofs mit jener des Staatsoberhauptes
nicht vereinbar sei, ließ Makarios kurzerhand absetzen.
Der Erzbischof entging nur knapp drei Anschlägen. Er
starb wenig später an Herzversagen.
Nach dem Tod des Kirchenfürsten wurde die politische
Landschaft der Insel durch den griechischen Zyprioten
George Vassiliou geprägt, der in Wien Medizin studiert
hatte, sowie durch den Führer der Inseltürken Rauf
Denktasch. Beide Politiker wollten eine neue Republik
Zypern schaffen, bestehend aus zwei Bundesstaaten; nicht
einig waren sie sich in der entscheidenden Frage, wie weit
die Föderalismusrechte beider Volksgruppen gehen sollten.
Das Bemühen von Verantwortlichen der Vereinten Nationen
seit 40 Jahren, eine Aussöhnung der beiden Volksgruppen
zu erreichen, brachte keine wesentlichen Fortschritte.
Wann es auf der Insel Frieden geben wird, wissen wohl nur
die (alten griechischen) Götter.
Walter Smolle
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