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JOHANNES VOIGT: BRIEFWECHSEL CARIONS MIT HERZOG ALBRECHT VON PREUSSEN

Auf den Seiten 139 bis 160 dieser Schrift behandelt Johannes Voigt den Briefwechsel Carions mit Herzog Albrecht von Preussen. Dabei wählt Voigt die interessanten Passagen aus den Texten aus, referiert sie teilweise in einer leicht modernisierten Gestalt (Rechtschreibung und Satzbau), behält aber den Wortlaut in aller Regel bei; manches wird auch nur inhaltlich zusammengefasst wiedergegeben, wie z. B. die "Revolution" für 1529.

Der hier gebotene Text folgt genau der oben angegebenen Quelle, hebt aber die Briefe Carions (rosa unterlegt) und die Briefe des Herzogs (grün unterlegt) hervor. Meine Änderungen stehen in spitzigen Klammern; vor allem: <Seite bei Voigt>.

<139> Johann Carion, geboren zu Bietigheim im Wirtenbergischen im J. 1499, widmete sich schon frühzeitig den freien Künsten und studirte auf mehren Deutschen Universitäten. Alles Wissenswürdige fand in seinem leichtauffassenden Geiste bald lebendigen Anklang; am meisten aber beschäftigten ihn schon in seinen Jünglingsjahren die mathematischen Studien, deren Professur er nachher auf der Universität zu Frankfurt a. d. O. vorstand, wo Melanchthon sein Schüler gewesen  seyn soll. Obgleich er aber im J. 1527 schon kurbrandenburgischer Hofastronom war und als solcher zwei astrologische Werke schrieb, seine Practicae astrologicae und Ephemerides aliquot annorum etc., so haben doch diese seinem Namen wenig Ruhm gebracht. Weit bekannter wurde er als chronologischer Geschichtschreiber. Als nämlich einst der Kurfürst Philipp von der Pfalz mehre Gelehrte, unter andern Rudolf Agricola und Johann Dalberg, Bischof von Worms, an seinem Hofe hatte und diese im Gespräch über Staatsangelegenheiten häufig Beispiele aus der Persischen, Griechischen und Römischen Geschichte anführten, äußerte der Fürst <140> den Wunsch, daß die erwähnten Gelehrten einen kurzen Abriß der vornehmsten Weltereignisse der vier Weltmonarchien abfassen möchten. Dieser Wunsch ging in Erfüllung; es wurde ein solches Werk geschrieben. Dadurch nun soll auch Johann Carion, der sich immer schon mit geschichtlichen Studien beschäftigt hatte, angeregt worden seyn, ein ähnliches Werk unter dem Titel Chronicon abzufassen, welches dann auch, nachdem er es zuvor Melanchthon zur Durchsicht zugesandt, von diesem vielfach verbessert und vervollständigt, im Druck erschien und im 16ten Jahrhundert mit außerordentlichem Beifall gelesen und häufig bearbeitet wurde [1]. Es behielt Carions Namen, weil er den ersten Anlaß und die erste Form gegeben hatte; was ihm aber den Beifall des Jahrhunderts erwarb, das war Melanchthons Geist und sein weitgefeierter Ruhm.
Auch mit Herzog Albrecht von Preussen stand Carion vom J. 1527 an bis an seinen Tod in vielfachen Verbindungen. Bekanntlich war auch dieser Fürst, wie selbst viele der Gebildetsten und Gelehrtesten seiner Zeit für Nativitätsstellerei, Revolutionsdeuteleien und Prognostiken sehr eingenommen. Ein Mann also, wie Johann Carion, der sich so viel hiemit beschäftigte und die astrologischen Studien von jeher mit ganz besonderem Eifer betrieben, auch darin sich einen großen Ruf erworben hatte [2], mußte für ihn ein großes Gewicht und Interesse gewinnen. Beide scheinen sich im Jahre 1527 irgendwo mündlich über solche Dinge gesprochen zu haben, denn wir ersehen aus dem ersten Briefe, den Carion an den Herzog schrieb, daß dieser sich bei ihm eine s. g. Revolution oder Constellation in Beziehung auf Preussen bestellt hatte. Es mag, so zu sagen, als ein Farben- <141> -strich zum Gemälde des Geistes dieser Zeit dienen, wenn wir die wunderliche Zuschrift Carions an den Herzog, die außen die Aufschrift hat, "Verständniß des Quadranten, Carions Fantasey oder Zauberei", hier mittheilen.
Nachdem E. F. G. es mit mir verlassen haben, daß ich E. F. G. eine solche Verfertigung zusenden möchte, so schicke ich allhier ein wahrhaftiges und rechtes Gesicht, welches E. F. G. auch mögen in Cristall oder Spiegel brauchen; auch sende ich daneben ein Verständniß über den Quadranten und Baculum Jacobs. So verhieß ich E. F. G. eine Figur zu senden, welche derselben Revolution antreffe; wie die Figur gemalt ist, also werden sich die Thiere gegen Preussen und ihren Herrn halten, es sey Adler, Leu, Fuchs, Bär, Wolf oder Schwan, wie denn die gemeinen Adelswappen in Germanien sind. Schriftlich will ich die Revolution in ganz kurzer Zeit übersenden, denn mir gebrechen die Tabulä Revolutionum und habe allein die der Nativitäten mit mir, will deshalb E. F. G. nicht verziehen, sondern mit der ersten Botschaft übersenden. Ich bitte deshalb, E. F. G. wollen mein gnädiger Herr in allem seyn und wenn böse Mäuler es anders vorbrächten, weil ich in meines gnädigen Herrn des Kurfürsten Dienst bin, so wolle E. F. G. dem nicht Glauben schenken, denn ich  werde meine gelobte Treue und Eid, den ich dem Burggrafen anstatt E. F. G. gethan habe, treulich und ohne alle Gefähr halten; deshalb E. F. G. auch heimlich oder öffentlich mit mir handeln lassen mögen, nicht allein in Sachen die Astronomie betreffend, sondern auch in allen andern Geschäften, in Verschickungen, oder wenn sie etwas bei etlichen Ständen hieraußen zu schaffen hätten und es nicht gerne schriftlich oder durch Boten ausrichten wollten. Ich versehe mich, alle Geschäfte mit keinem Nachtheil auszurichten, doch so die Reisen lang wären, auf E. F. G. Zehrung. - Diese gegenwärtige Figur sehe E. F. G. mit Fleiß an, denn diese Thiere werden alle auf Euere fürstl. Durchlaucht die Zähne blecken; Gott der Allmächtige gebe, daß <142> sie es umsonst thun, wiewohl sie begehren werden, Schaden zu thun und die zween Adler zu vertilgen oder zu legen, wie sie gesetzt sind [3].
In zweierlei Hinsichten also wollte Carion sich in des Herzogs Diensten thätig beweisen: in astrologischen Arbeiten, die von ihm verlangt waren, und in Besorgung von Staatsgeschäften, die man ihm übertragen werde, denn wie wir aus dem mitgetheilten Briefe ersehen, war er als Geschäftsträger förmlich durch Eid und Pflicht in des Herzogs Dienst getreten. In jener Beziehung leistete er dem Herzog seine ersten Dienste. Er sandte ihm mit jenem Briefe zwei kleine geschriebene Schriften zu, wovon wir nur die eine hier näher kennen lernen wollen, weil sich in ihr gewissermaßen "der Astronom" jener Zeit abspiegelt. Sie hat außen auf dem ersten Blatte ein großes, langes Kreuz und lautet also:
Ein ganz edel, gewisses und sicheres Gesicht in dem Nagel eines Kindes, es sey männlichen oder weiblichen Geschlechts. Man nehme ein Kind von 12 Jahren, schabe ihm seinen rechten Daumennagel, beschmiere den mit gutem Oele, kehre ihm sein Angesicht gegen Aufgang der Sonne und spreche nachfolgende Conjuration in Lateinischen Worten: Coniuro vos et invoco vos Egippia. Benahan. Benacke. Habe. Kaysin. Syka. Nenokin. per haec sanctissima nomina dei. Jochetin. Medeysin. Halvea. Honckesi. Terbanna. Swio. Haden. Syly. Hely, quod in hanc unguem istius pueri N. descendatis per eum, qui lucem voluit. Sic absque nube ac velamine sine impedimento et nocumento et non in propria forma, sed in pulcri hominis forma. Appareatis mihi revelando et manifestando, quae interrogavero per presentem puerum <143> N. et haec fiant potentia Dei Creatoris altissimi. Nun fragt man das Kind, ob es einen oder zwei sehe oder wie viele ihrer sind, und wenn ihrer nicht sieben sind, so muß man die Conjuration so oft repetieren, bis es sieben sieht. Darnach soll man den Daumen mit einem rothen seidenen Fädelein umwickeln unterhalb des Nagels und soll in der Sprache, daß es das Kind versteht, also reden: E. B. B. H. K. S. N. durch diese allerhöchsten Worte und im Namen Gottes des Allmächtigen J. M. H. H. T. S. H. S. H., daß ihr diesem gegenwärtigen Kinde macht ein recht wahrhaft, gründlich und lauter Gesicht, als so wahr als Gott ist das ewige Licht, also wahr und ohne Falschheit sey auch dieß Gesicht, nämlich wie, wenn und was Gestalt ob es wahr sey, daß die Schlacht geschehen sey, daß ihr anzeigt, wer gewonnen habe u. s. w. oder wo der Diebstahl sey, wo das verlorene Gut hin gekommen sey, wer der Dieb oder Thäter sey, was die Person mache, ob sie todt oder lebendig sey u. s. w. Und wenn man nun alle Sachen wohl und recht erforscht hat, thue man den Faden wieder ab, wische das Oel weg und spreche also: Coniuro vos E. B. B. H. K. S. N. per omnem praedictam coniurationem, ut pacifice recedatis ad loca vestra, unde venistis et cum vos iterum vocavero, sitis mihi prompti ad me venire. Ite. Ite. Ite in requiem vestram in nomine et potentia Creatoris altissimi.
Das schrieb und sandte ein Gelehrter, ein Mann, welcher Professor der Mathematik gewesen, der Astronom eines Kurfürsten [4] im Zeitalter des Lichtes der Lehre Luthers an einen durch dasselbe Licht erleuchteten Fürsten, der gewiß nicht zu den ungebildetsten Regenten seiner Zeit gehörte. Aber so weit war noch vorerst diese Zeit im Bildungsstande; es spukte in der Nekromantie immer noch, möchte man sagen, das gespensterische Mit- <144> –telalter in das erste Helldunkel des sechszehnten Jahrhunderts herüber [5].
Die vom Herzog bestellte Revolution konnte Carion erst viel später schicken, als er sie versprochen hatte, weil er ähnliche Arbeiten für den Kurfürsten von Brandenburg anfertigen mußte, weshalb er sich beim Herzog über die Verzögerung entschuldigte. [6] Wie dieser die übersandte Arbeit aufgenommen habe, ist ungewiß; er war indeß auf Carion etwas ungehalten, weil er in Erfahrung gebracht hatte, daß dieser die Sache nicht mit der nöthigen Verschwiegenheit behandelt. Er schrieb ihm daher:
Wir können Dir nicht unangezeigt lassen, daß wir es uns wohl nicht versehen hätten, es sollte dasjenige, was du uns gemacht, deiner Zusage nach heimlicher, denn geschehen ist, bei dir geblieben und davon nicht so öffentlich, als wir berichtet sind, geredet und disputirt worden seyn; dieweil aber solches geschehen, müssen wir es auch dabei beruhen lassen. [7] 
– Wir haben die auf das Jahr 1529 gestellte Revolution noch vor uns; sie führt den Titel: Revolutio Serenissimi et Illustrissimi principis ac domini Domini Alberti Marchionis Brandenburgensis, Prutenorum, Stetinorum, Pomeranorum Ducis etc. in mense Maio die 16. Hora 14. Minuto 37. Diese Geburtszeit des Herzogs spielt natürlich in dem ganzen die wichtigste Rolle. Voran stehen auf fünf Seiten eine Anzahl mathematischer Figuren, eine Menge aneinander sich anschließender Dreiecke und Vierecke, die mit einer großen Zahl von astronomischen Zeichen der Planeten und des Thierkreises und Zahlen angefüllt sind. Darauf folgt die nähere Explication dieser Figuren und Zeichen, die mit den Worten beginnt:
Mars, ein Herr der Revolution dieses Jahres, in dem <145> elften Jahre begriffen, zeugt diesen Menschen in diesem Jahre einen unruhigen Stand in etlichen martialischen Geschäften und zuvörderst in dreien Dingen, die mit Eisen und Feuer ihre Arbeit haben. Er wird auch in diesem Jahre eine Veränderung zum Theil in seinen angeborenen Complexionen finden und besonders ein gutes Theil von Melancholie haben, angesehen daß der mehre Theil der Planeten in irdischen und melancholischen Zeichen begriffen werden. Doch was sie causiren von Krankheiten oder andern Veränderungen des Leibes wollen wir folgends nach der Ordnung anzeigen, auch dabei den Krankheiten mit nützlichen Remedien vorkommen, welche denn auf das Alter, Complex und Geschicklichkeit dieses Menschen berechnet sind. Wollen erstlich die Bedeutung der Häuser erzählen.
Häuser nämlich werden die mit Zahlen und Zeichen versehenen Dreiecke und Quadrate genannt. Das erste Haus spricht von des Menschen langem Leben, Werken und Handthierung, das zweite von seinem Gewinne und Mehrung der Substantien, das dritte von seinen Geschwistern und Freunden, das vierte von Erbfällen, Erdwucher <sic!> und heimlichen Sachen, das fünfte von seinen Kindern u. a., das sechste von seinen Krankheiten, Knechten und Hausthieren, u. s. w. Das letzte zwölfte Haus spricht von seinen Feinden, Gefängniß, Kummer und Sorgen. Darauf folgt dann eine Erklärung der Bedeutung der Planeten in den Häusern und der Zeichen des Thierkreises. Das Jahr wird in sieben Zeiten getheilt, in deren jeder ein Planet eine bestimmte Gestaltung der Dinge erzeugt. An diese Erklärung schließt sich eine andere über die Farben an Pferden und Kleidung an und es wird angegeben, welche Farben gut, mittelmäßig oder böse sind, ebenso welche Tage der Woche, welche Metalle und Edelsteine eine gute, mittelmäßige oder böse Bedeutung haben. Darauf werden "die verworfenen Tage des Jahres 1529" genannt und gesagt: solche Tage mag er allewege meiden. Endlich hatte Carion auch noch eine Anzahl Recepten, "Anthidota auf seinen Leib und Complexion verificirt", <146> für verschiedene Krankheiten, von denen der Herzog in diesem Jahre befallen werden könnte, hinzugefügt, z. B. wenn er mit Melancholie beladen oder etwa ohne Ursache traurig würde oder wenn ihm der Stuhl vergangen sey u. s. w.
Lange harrte Carion vergebens einer Antwort des Herzogs auf mehre diesem zugesandte Briefe, in denen er sich namentlich auch gegen die Beschuldigung gerechtfertigt hatte, daß er über solche Dinge, die der Herzog verschwiegen haben wolle, sich zu öffentlich ausgelassen habe. Er schrieb ihm daher im J. 1529 von neuem in Beziehung auf jene Beschuldigung:
Was jene gemeine Landschaften in Deutschland und Welschland betreffend ist, da schweig ich nicht, was die Influxiones berührt und lasse es selbst im Druck ausgehen. Was aber einen Fürsten oder sonst einen guten Gesellen betrifft, weiß ich mich nach aller Gebühr und Redlichkeit wohl zu halten in steter Verschwiegenheit. Es werden es auch E. F. G. nimmermehr erfahren, daß ich ein solcher Lästermann sey; ich bitte deshalb, sie wollen mich auch nicht dafür halten und mein gnädiger Herr in dem und anderem seyn. Ich versehe mich auch, E. F. G. werden in kurzem erfahren, ob ich es mit Treue oder Untreue meine. Daß ich über etliche Anschläge, die da etliche vorgenommen hatten, E. F. G. und dem Lande zu gut mein Gutdünken gesagt, darüber zürnt, hoffe ich, E. G. nicht; ich wollte wohl gerne etwas Gutes darum geben, daß E. F. G. die Wölfe vor den Schafen am Hofe erkennete. [8]
Die erwähnte Angelegenheit scheint sich jedoch bald ausgeglichen zu haben, denn wir finden Johann Carion nun auch als politischen Geschäftsmann in vertraulichen Verhandlungen zwischen dem Herzog von Preussen und dem Kurfürsten von Brandenburg. Es war nämlich im J. 1531 zwischen diesen Fürsten eine gewisse Spannung eingetreten, indem dem Herzog die Nach- <147> – richt zugekommen war, der Kurfürst habe die Absicht, mehre dem Herzog nachtheilige Schriften über seine damaligen streitigen Verhältnisse mit dem Deutschen Ritterorden und namentlich mit dem Deutschmeister Walther von Kronberg öffentlich bekannt machen zu lassen; wahrscheinlich war von den heftigen Anklagen und Invectiven die Rede gewesen, welche damals der Deutschmeister, um die Achtserklärung des Herzogs zu bewirken, durch ganz Deutschland verbreiten ließ. Albrecht hatte dem Kurfürsten zu erkennen gegeben, wie sehr ihn die Nachricht befremdet habe. Dieser wiederum nahm es auch etwas empfindlich auf, daß der Herzog so wenig Vertrauen zu ihm hege und leichtfertigen Leuten und Gerüchten so leicht Glauben schenke. Er trug daher seinem Astronomen Johann Carion auf, die unangenehme Sache aufs glimpflichste zu beseitigen und dieser schrieb nun dem Herzog:
Der Kurfürst habe weder je die Absicht der Veröffentlichung der erwähnten Schriften gehabt, noch sey in seinem Lande auch nur im geringsten ein Gerücht davon im Gange gewesen; vielmehr der Kurfürst habe in sehr wohlmeinender Gesinnung auf dem letzten Reichstage zu Augsburg (1530) sich der Sache des Herzogs gegen den Deutschmeister mit besonderem Interesse angenommen. Damit E. F. G. solches um so mehr glauben, fuhr er fort, so hat mir seine kurfürstl. Gnade angezeigt, wie auf vergangenem Reichstage die Handlung zwischen Herrn Walther von Kronberg, dem Meister Deutschen Ordens, sich verlaufen hat und nur gar wenig offenbar gewesen ist. Dennoch hat es der Kurfürst aus blutsverwandter Sippschaft nicht unterwegs lassen mögen, sondern mit List und klugen Anschlägen so viel zu Wege gebracht, daß er die ganze Verhandlung, die sich in der Sache verlaufen hat und möglich zu erfahren gewesen ist, dem Markgrafen Georg von Brandenburg, E. F. G. Herrn Bruder, angezeigt und dabei diesen auch gebeten, solches alles E. F. G. wissen zu lassen, wobei E. G. wohl zu bedenken haben, was für ein Herz der Kurfürst zu derselben trage.
Carion räth daher <148> dem Herzog, durch ein Schreiben an den Kurfürsten die verdrießliche Sache zu beseitigen; er selbst müsse sehr wünschen, daß zwischen beiden Fürsten nachbarliche Freundschaft bestehe, denn, fügt er hinzu, "ich wollte dessen als ein armer Mittler auch genießen. <"> [9]
Häufig begleitete Johann Carion den Kurfürsten Joachim auch auf seinen Reisen, denn dieser fand Gefallen an des gelehrten Mannes Unterhaltung. Als z. B. der Kurfürst im J. 1533 seinem Bruder, dem Kardinal Albrecht von Mainz in Halle einen Besuch abstattete, befand sich auch Carion mit in seinem Gefolge und meldete dann auch dem Herzog Albrecht, wie es dort zugegangen sey.
E. F. G., schreibt er ihm, lasse ich wissen, wie wir vergangene Marterwoche und Osterwoche zu Halle gewesen bei dem Kardinal, nämlich mein gnädiger Herr mit den zwei Söhnen, dem Herzog Heinrich von Braunschweig, auch Herzog Heinrichs von Meißen Sohn Mauritius u. s. w., wo denn etwas in der Ehestiftung zwischen unserm jungen Herrn Markgrafen Hans und dem Fräulein von Braunschweig, Herzog Heinrichs Tochter verhandelt, aber noch nicht gar beschlossen ist. Ich hoffe aber, die Sache werde nicht Mangel haben. [10] Da haben wir große Pracht und Ceremonien gesehen; der Kardinal hat alle Aemter, als Palmenweihen, Litaneisingen, Messehalten, Taufsegnen selbst persönlich gethan, auch allen Menschen selbst persönlich das Sacrament gegeben, wer es begehrt hat. Alle Gemache waren auch mit goldnen Tüchern umhangen, goldene Bankpfühle und dergleichen. Die Ornate, so da gesehen wurden, waren seiden über die Maaßen, desgleichen Heiligthümer, Infuln <149> und goldene Kreuze, Bilder und auch silberne; ein Kreuz war da, das kostet 80,000 Gulden, kam aber erst am Osterabend hin mit zwei Brustbildern, einem Moritz und einem Stephan. Die Fürsten wurden ehrlich beschenkt, mein gnädiger alter Herr mit einem köstlichen silbernen Stücke, Markgraf Joachim mit einem kostbaren goldenen Stücke als ein Ritter und Markgraf Hans auch mit einem silbernen Stücke und darüber wurden sie noch mit etlichen Stücken Einhorn und andern Kleinodien auch beehrt, und ich (sagt der Hund) mit einem seidenen Kleid und 40 Gulden. In Summa köstlicheren Schatz mitsammt einer Credenz in dem Gemache habe ich nie gesehen. Die Credenzbank war 22 Staffel oder Grade hoch und standen in einer Staffel in die Breite ungefähr unterweilen 24 Geschirre, auch 22, auch in etlichen 26, aber in keiner unter 20, also daß der Stücke ungefähr auf der Credenz 550 waren, eitel hohe, große Staufkannen und goldene Scheuen von getriebenen Conterfecten; daneben standen zwei Einhorn, wie zwei Kerzen, jegliches von ungefähr drei Ellen lang oder länger. Der Reliquien auf dem hohen Altar waren auch wohl so viel Stücke, aber sehr groß und köstlich, ohne den Moritz, welcher in einem silbernen Küraß zwei Spannen länger ist denn ich, und einen Salvator klar silbern so lang als ich, und waren alle Stühle in der Kirche, besonders im Chor mit goldenen Tüchern köstlich behängt und in den Stühlen und auf dem Geländer goldene Kissen. In Summa kein Sammet war hier geachtet. Ich habe manchen köstlichen Prunk gesehen, aber keinen diesem gleich. Es war mit der Krönung des Kaisers und seinen Gemachen Kinderspiel gegen dieses, sage ich bei Glauben. An Essen und Trinken mancherlei, Speise war über den ganzen Hof die Fülle, Muskateller, Malvasier, Penol, Claret, Reinfall, Rheinische und Franken-Weine, alten und neuen genug, ja auch den Stallbuben. Aber wir waren nicht allzu stark da, denn mein gnädiger Herr hatte nicht mehr denn 120 Pferde mit Reisigen und Wagengäulen. Solches habe ich unterthäniger <150> Meinung E. F. G. nicht wissen zu bergen. Doctor Martin und Philipp habe ich in forma meliori gegrüßt, die sich in aller Unterthänigkeit bedanken. Ich will E. F. G. in kurzem von ihnen Briefe schicken. Von Walther von Kronberg ist kein groß Geschrei, man treibt mehr das Gespött aus ihm, als daß man ihn hoch feiert; in Summa wie ich versteh, für einen Edelmann hätte er genug, aber zu einem Herrn fehlt ihm viel, steckt auch in merklichen Schulden. Auch will ich E. F. G. nicht bergen, daß Herzog Hans, der junge Kurfürst von Sachsen, der Landgraf von Hessen, der Pfalzgraf und die von Baiern, auch Herzog Ulrich von Wirtenberg mit seinem Sohn Christoph einen Tag zu Nürnberg halten und handeln um sein Einkommen. Die von Baiern sind mit Ferdinand der Wahl halber noch nicht eins und schreiben ihn nicht Römischer König. So der Herzog von Wirtenberg das Einkommen von seiner Gemahl Leibgeding in das Land zu Baiern will folgen lassen, wollen sie stille sitzen. Der Schwäbische Bund hat sich getrennt, denn Ferdinand ist ihm schuldig noch an Besoldung 170,000 Gulden. Die Städte des Bundes sind müde; der Adel achtet seiner nicht groß und die Fürsten verdrießen die vergeblichen Unkosten, denn da der Kardinal von Mainz wider die Bauern Leute schickte und diese nur zwei Tage zu langsam kamen, mußte er zwei und dreißig tausend Gulden zur Strafe geben. Solches hat er mir selbst gesagt, und nachmals als der Landgraf seine kurfürstl. Gnade überziehen wollte, da waren weder Fürsten, Städte, noch Edelleute, die einen Rosskopf geschickt hätten. Deshalb hat er keinen Bestand mehr, es werde denn eine neue Ordnung gemacht, was ich doch nicht glaube. Die Wirtenbergischen Bauern sollen wieder aufgestanden seyn und begehren ihren alten Herrn von Herzen. Was daraus werden will, weiß Gott. Ich bitte, E. F. G. wollen mein unnützes Geschwätz nicht übel nehmen, denn was ich von wahrhaften Zeitungen erfahre, kann ich E. F. G. nicht bergen, als meinem geliebten, gnädigsten Herrn. Der Kaiser ist <151> wieder in Spanien; was er in Deutschland ausgeführt hat, weiß das Reich und die Fucker wohl. [11]
Mit dem Anfange des J. 1534 war der Zeitraum, für welchen der Herzog Carion als auswärtigen Geschäftsträger in seinen Dienst genommen, abgelaufen. Allein ein Mann, wie Carion, der beim Kurfürsten von Brandenburg in so hohem Ansehen stand, war für Albrecht am Hofe dieses Fürsten viel zu wichtig, als daß er ihn nicht von neuem für seine Dienste hätte gewinnen sollen. Er übersandte ihm daher eine neue Dienstbestallung und die Summe von funfzig Gulden für die bisher geleisteten Dienste. [12] Zunächst waren es alle Geschäfte und Verhandlungen am kurfürstlichen Hofe selbst, deren Besorgung der Herzog ihm übertrug; selbst wenn sich der Herzog Wein vom Rhein oder sonst woher bestellt hatte, der durch des Kurfürsten Land gehen mußte, so wandte er sich an Carion mit der Bitte, beim Kurfürsten sichern und zollfreien Durchgang auszuwirken. [13] Ebenso mußte Carion die Unterhandlungen führen, als der Herzog den Doctor der Medizin Ambrosius Scala zu seinem Leibarzt gewinnen wollte und so waren überhaupt die Geschäfte sehr manchfaltig, welche er für den Herzog zu besorgen hatte. Bald war es ein Compaß, bald ein Hebezeug, welche er in Nürnberg bestellen mußte; bald sandte er dem Herzog immer wieder Prognostiken und Nativitäten zu, denn damit beschäftigte sich Carion noch fort und fort. Selbst wenn er aus Padua solche zugesandt erhielt, theilte er sie seinem hohen Gönner mit. Vorzüglich aber waren es politische Nachrichten aus Deutschland, die sich der Herzog wiederholt von ihm erbat und auch hierin versäumte Carion nichts, um den Wünschen des Fürsten so viel als möglich <152> zu genügen. Gegen Ende des J. 1534 sandte er ihm solche über die damaligen verwirrten Verhältnisse im Wirtenbergischen zu. 
Ich befürchte, schrieb er ihm, mit der Zeit eine Empörung im Lande zu Wirtenberg, wie mir meine Freunde mehrmals geschrieben, denn es weicht viel ansehnliches Volk vom Adel und von Bürgern aus dem Lande und es sind im Lande viele Zwinglische und Wiedertäufer. Gott wolle seine Gnade verleihen, daß nicht ein Blutbad daraus werde. Doctor Schnepf und Doctor Plärer [14] predigen heftig wider sie; aber es hilft nicht, wiewohl es zwei gelehrte Männer sind. Es hat vor acht Tagen Magister Philipp Melanchthon mir geschrieben und meinen Rath erbeten, ob ich es für gut ansehe und ihm rathe, (weil der Herzog ihm geschrieben hat) daß er sich ein oder zwei Jahre hinauswenden und die Universität zu Tübingen restituiren solle, so lange bis sie in Schwang komme, alsdann wolle ihm der Herzog wieder erlauben, gen Wittenberg zu ziehen. Aber Magister Philipp hat keine Lust dazu und der Kurfürst von Sachsen will es ihm auch nicht erlauben. Jetzt aber vor vier Tagen ungefähr ist er hinaus zum Landgrafen gen Zapfenburg gezogen und wird etwa vor Purificationis Mariä wieder kommen. [15] 
Diesem ernsten Berichte aber fügt Carion noch den etwas jovialischen Schluß hinzu, der sich auf die Verheiratung des Markgrafen Johann von Brandenburg mit der Tochter des Herzogs Heinrich von Braunschweig bezieht:
Ich bitte auch E. F. G. ganz unterthänig, weil ich neben E. F. G. fast der Erste bin, der zu dieser Heirath geraten und Vorschläge gethan hat, E. F. G. wollen meinem jungen Herrn schreiben, daß er mich nicht ausschließe, sondern weiter in solchen Geschäften brauche, daß ich es genießen möge. Ich will alle Werbungen dermaßen lateinisch anstellen, <153> daß es meinem gnädigen Herrn und E. F. G. eine Ehre seyn soll. [16]
Auch über den damaligen s. g. Grafenkrieg bei der Wahl des Dänischen Königs Christian des Dritten, über die Eroberung Jütlands und die streitigen Verhältnisse in Dänemark überhaupt theilte Carion dem Herzog mehrmals Nachrichten mit; allein mehre dieser Briefe haben sich nicht erhalten und die, welche noch vor uns liegen, geben nur Einzelnheiten ohne festen Zusammenhang. Carion war im Frühling des J. 1535 selbst auch in Dänemark gewesen, insbesondere auch mit Aufträgen des Herzogs Albrecht versehen; er stattete dann bei seiner Rückkehr auch Bericht von seiner Reise ab; allein es befremdete diesen, daß er ihm so wenig über die Besorgung seiner Aufträge gemeldet hatte, weshalb der Herzog ihn aufforderte, ihm nähere Nachrichten hierüber, theils überhaupt über den Stand der Verhältnisse am Dänischen Hofe mitzutheilen. [17] Wir müssen aber wieder bedauern, daß sich auch dieser Bericht Carions nicht bis auf uns erhalten hat.
Darauf unternahm Carion im Winter des J. 1535 eine neue Gesandtschaftsreise an den König von Polen in Angelegenheiten des Kurfürsten von Brandenburg und des Herzogs Albrecht. Sie betraf höchst wahrscheinlich die Verbindung des Kurhauses mit Polen durch die Heirath des Kurfürsten mit der Polnischen Prinzessin Hedwig, die auch der Herzog von Preussen sehr betrieben hatte, weil im J. 1535 seine Stellung gegen den Orden in Deutschland noch ungleich bedenklicher geworden war. Carion indeß war mit den Erfolgen seiner Reise wenigstens für sich eben nicht sehr zufrieden. Er schrieb darüber dem Herzog nach seiner Rückkehr von Berlin aus:
daß E. F. G. gerne gesehen hätten, <154> wenn ich dieselbe angesprochen hätte, als ich wieder zurück gen Krakau zog, so verblieb das aus keiner andern Meinung, als daß ich E. G. nicht viel überlaufen oder beschweren möchte. So war auch das Geschenk und die Verehrung nicht dermaßen, daß ich mich hoch berühmen dürfte. Mein gnädiger Herr verbot mir auch, solches nachzusagen; ich sollte sagen: ich wäre mit etlichen goldenen seidenen Kleidern und dergleichen abgefertigt. Ich bekam aber nichts denn 16 Ellen losen schwarzen Damast, der nicht über zehn Gulden werth war; dazu schenkte mir auch den der König nicht, sondern Bonners Bruder zu Breslau gab mir an diesen Bonner eine Vorschrift und des Bonners Diener schenkte mir den von wegen seines Herrn, denn er ließ mir sagen: er hätte keinen Befehl von der königlichen Majestät, mir etwas zu schenken. Es wäre daher an E. F. G. meine unterthänige Bitte, dieselben wollten mir zu gut ein Brieflein an die königl. Majestät mit dem gegenwärtigen Boten schicken und mich gegen den König in forma meliori commendiren, wie denn E. F. G. wohl zu thun wissen. Was sollte es schaden einem so gewaltigen Könige, wenn ich auch schon Einhundert Unger. Gulden von ihm kriegte, und ich weiß, so es mit Fleiß angezeigt würde, ich bekäme sie. Können E. F. G. noch etwas Fruchtbareres darin schaffen, so will ich es um E. F. G. all mein Lebenlang verdienen. Die Ochsen stehen gar mit mir am Berge; das macht das Doctorat und mein Bauen, welches ich vergangenes Jahr schwerlich in meinem Hause gethan. O so der Guckuck anging, wäre ich ein Marter-Angst-Freiherrgeselle; bitte E. F. G. wollen einen Steinwurf thun; so ich etwas kriegte, würde es meinem gnädigen Herrn sehr wohl gefallen, auch der Königin, denn ihre Gnade ist sehr gut mit mir. Ich bedanke mich auch ganz unterthänig, daß E. F. G. nach der Nativität des jungen Königs gestanden hat. Ich habe des Königes Christian von Dänemark Nativität; es ist nichts Arges darin zu vermuthen, allein man muß der Zeit warten; das <155> nimmt vor dem zwölften Tag Augusts schwerlich überall Endschaft; ich will bald den rechten Grund schreiben, denn seiner königl. Majestät Nativität ist noch nicht ganz fertig. Weil auch E. F. G. gern wissen wollen, ob sie Dank verdient hätten bei meinem gnädigen Herrn oder nicht, so sage ich auf guten Glauben, daß es eine bessere Ehe in der Welt nicht giebt, da eins das andere so trefflich lieb hat, dermaßen daß ichs nimmermehr schreiben kann. Aber die Brüder vertragen sich nur ganz übel und der Fehl ist an meinem gnädigen Herrn dem Kurfürsten nicht ganz. [18] Markgraf Hans läßt bauen und will zu Landsberg an der Warte Hof halten. Seine Städte haben ihm jetzt fast gehuldigt. Der Kurfürst wird erst um die Ostern Huldigung nehmen, an der Pommerischen Gränze aber in den Fasten. Die Landschaft ist mit der Fürstin aus dem Grunde wohl zufrieden und es ist gewiß, daß das ganze Land einen Trost an ihr haben wird; es ist auch eine ehrliche, weidliche Heldin. Das Quartan-Fieber hat sie verlassen, aber gleichwohl hat sie am vierten Tag ein Schauchen (Schaudern) oder eine Horrigilation, doch nicht sonderlich. – Das Geschrei geht, der König von Schweden solle seine Gemahlin so hart geschlagen haben, daß sie kurz darauf gestorben und er nachmals von einem seiner Räthe erstochen sey. D. Martin und Philipp habe ich von wegen E. F. G. gegrüßt; es ist nichts sonderliches Neues von ihnen ausgegangen. Die Universität ist vor dem Sterben den ganzen Winter zu Jena gewesen. Es ist kein Anregens vonnöthen, daß ich meinem gnädigen Herrn, wie E. F. G. geschrieben, anhalte, die Fürstin wohl zu halten; er thut es mit ganzem Fleiße. Der Kurfürst trachtet auch nach einem Polnischen Prediger, der zu Wittenberg studirt hat und fein hübsch und allgemach mit der Sache umginge, denn man muß <156> im Anfange säuberlich daran. – Ich bitte nochmals, E. F. G. wolle mir, wie ich im Anfange gemeldet, mit einem Fledermäuslein aufs beste bei der königl. Majestät zu Polen behülflich seyn, denn hundert Gulden sollten mir wohl ersprießlich seyn. [19]
Der Herzog wünschte auch seiner Seits Carion eine bessere Belohnung für seine Dienste bei der Heirathsangelegenheit; allein er war nur zweifelhaft, wie er es füglich mit dem "Fledermäuslein" anfangen sollte. Er antwortete daher Carion auf sein Gesuch: 
Euch bei dem Könige von Polen zu fördern, wollten wir gar gerne willfahren, wenn wir nur Maaß und Form wüßten, wie solches füglich geschehen könnte, denn wir zweifeln gar nicht, ihr habt auf der Kostung das Polnische Wesen und Regiment wohl gesehen und gehört, wie Leute genug bei der Hand sind, die viele Dinge verhindern können, davon denn nicht vonnöthen ist mit der Feder weitern Ausstrich zu machen, denn ihr habt solches nunmehr erfahren, und wisset, es geht am Polnischen Hofe viel anders als an andern Höfen zu. Uns deucht aber gerathen, daß ihr irgend etwas zu Ehren des Königs von Polen ediren oder machen und dasselbe ihm durch irgend eine Person am Polnischen Hofe überantworten und dabei anzeigen möchtet, daß ihr der Erste gewesen, der solche Heirath weitläufig auf die Bahn gebracht hätte und daß ihr dasselbe nicht deshalb melden thätet, als wolltet ihr darum sehr gerühmt seyn, sondern vielmehr zu Lob, Ehre und Preis seiner königl. Majestät; weil ihr aber seine königl. Majestät je und allwege eines milden königlichen Gemüths gegen arme Gesellen hättet rühmen hören und euch jetzt eine Noth anstieße, so bätet ihr mit ganz unterthänigem dienstlichen Fleiße, seine königl. Majestät wolle euch mit einer Summe gnädig zu Hülfe kommen u. s. w. So wir alsdann, wenn solches überantwortet würde, etwas dazu fördern <157> könnten, wollten wir es auch nicht unterlassen, denn so bloß den Handel bei seiner königl. Majestät vorzustellen, hat viel Bedenken. Es ist auch uns nicht lieb, daß ihr in solchen Unrath gerathen seyd. – Da bei euch das Geschrei geht, als sollte der König von Schweden seine Gemahlin so hart geschlagen haben, daß sie gestorben und er von einem seiner Räthe erstochen worden sey, so wissen wir euch hierauf nicht zu bergen, daß allhier (wiewohl wir darüber noch keine Schrift bekommen) auch davon geredet wird, wir können es aber nicht glauben, weil unser geliebter Oheim, Schwager und Bruder, König zu Dänemark eben zu der Zeit, als die Königin krank geworden, in Schweden und mit dem Könige und der Königin fröhlich gewesen. Die Königin ist im Tanze aufstößig und schwach geworden und mag daher wohl seyn, daß solches Geschrei von denen, die dem Könige im Leben nicht viel Gutes gegönnt, und im Tode, wo er anders gestorben wäre, noch viel weniger Gutes nachsagen, ausgebreitet worden ist. – Daß König Christians Nativität wohl steht, aber doch vor Ausgang des Augusts das Böse nicht ganz geendet wird, muß Gott ergeben und anvertraut bleiben, welcher ein Herrscher und Regierer Himmels und der Erden, auch der Planeten und Gestirne ist. Wir begehren abermals, wenn seine Nativität fertig ist, ihr wollet uns euere Kunst auch mittheilen. [20]
Einige Wochen später wiederholte der Herzog dieses Gesuch in Betreff der Nativität des Dänischen Königes, an welcher ihm besonders viel gelegen zu seyn schien, und da er die Nachricht erhalten hatte, daß im Oberlande und am Rheinstrom sehr viel Deutsches Kriegsvolk angeworben werde, ohne einen bestimmten Herrn zu haben, so forderte er Carion auf, ihm darüber das Nähere, was er etwa erfahren könne, zu melden. [21] <158> Dieser antwortete ihm darauf im April:

Das Geschrei geht, der Kaiser lasse sich zu Rom krönen und wolle auch, nachdem sich der Französische Krieg ändert, nach Deutschland kommen. Der Graf von Fürstenberg hat etliche tausend Knechte nach Frankreich führen wollen, es hat aber der Pfalzgraf nicht weit von Weisenburg 300 erschlagen und der Graf ist entkommen, also daß dieser unsicher vor dem Kaiser und dem Franzosen ist. Als der Franzose gemustert, hat er dem obersten Hauptmanne eine Kette von 500 Kronen geschenkt, einem jeden Hauptmanne, Feldwebel, Doppelsöldner u. s. w. eine Kette von 80 Kronen und den Knechten zu einem Trinkgeld 7000 Kronen; er hat auch der Knechte nicht mehr denn 7000, ohne die Reisige. Der Landgraf hält noch stille und ist auf dem heutigen Tag beim Herzog von Würtenberg zu Aurach. Die Knechte, die im Oberland sind angenommen worden, hat fast alle der Kaiser bekommen.

Darauf meldet Carion, daß die junge Kurfürstin von Brandenburg eine Zeitlang tödtlich krank gewesen sey. Aber kurz vor Judica, fährt er fort, hat es sich immerzu gebessert und jetzt, Gottlob, ist sie hübsch und gesund. Sie war mit meinem gnädigen Herrn zu Halle, wo ich auch war, und alle Zeit gesund. Wir andern aber hatten eine solche Marterwoche und Ostern, daß keiner nüchtern zu Bette gehen konnte. Hätten wir alle Tage gefastet, es wäre uns an Leib und Seele gesünder und nützlicher gewesen. Der Kurfürst hat das Sacrament wie von Alters her genommen und möchte ich wohl leiden, daß E. F. G. ihm eine Correction schrieben, doch ohne mich zu melden. All sein Sinn und Gemüth steht jetzt zum neuen Dom, Pfafferei und anderm Narrenwerk, Glocken und Thurmbauen u. s. w. Mein Genieß ist die Weichsel hinabgeflossen und mag wohl seyn, daß ihn ein Welscher Wind verworfen hat. Ich zweifle auch nicht, daß der Welsche Wind meinem gnädigsten Fürsten entgegen sey und ihm keine Wohlfahrt und Gesundheit gönne. – Die Nativität des Königes von Dänemark habe ich demselben <159> übersandt; wie aber alle Sachen mich ansehen, so hat es keinen Mangel, denn der zwölfte August und die Tage davor werden etwas mitbringen. Die beiden Brüder [22] vertragen sich blutübel. Es hat der Kardinal wohl sechs Tage hart darein gehandelt, zwischen ihnen eine Vermittlung zu treffen; aber der Markgraf Hans hat einen Dänischen Kopf und ist hart erweicht. An dem Kurfürsten mangelt es gar nicht. – Auch will ich E. F. G. nicht bergen, daß ich jetzt auf Jubilate hinausziehe nach Wirtenberg in meine Heimath und Willens bin, da einen oder zwei Monate zu verharren. Wenn E. F. G. etwas an den Herzog wollten werben lassen, möchten Sie mir eine Credenz nachsenden. Man findet mich zu Bietigheim oder zu Stuttgart, liegt zwei Meilen von einander. [23]

Diese Reise Carions mag wohl der Grund gewesen seyn, daß im Verlaufe des J. 1536 keine Briefe weiter zwischen ihnen gewechselt wurden. Im Februar des J. 1537 sandte ihm der Herzog, weil er wußte, daß sich Carion "in seiner alten Praxis auch mit Darstellung vieler Wappen ganz seltsam gezeigt", eine Wappensammlung zu, worin ihm manche unbekannt waren, da er zweifelte, ob die Erklärung, welche ein Wappenkundiger an seinem Hofe gemacht hatte, wohl ganz richtig sey. Er bat Carion, die Sache gründlich zu untersuchen und das Mangelhafte zu verbessern. [24] Ehe der Herzog hierüber noch Antwort erhielt, kam ihm ein älterer Brief Carions zu, worin ihn dieser um ein Empfehlungsschreiben an den König von Dänemark ersuchte, weil er in Geschäften des Kurfürsten Joachim als Gesandter zu ihm abgefertigt werden sollte. Der Herzog sandte <160> ihm dieses Schreiben auch zu. [25] Allein schon im April erhielt er von Carions Wittwe Margaretha Rehm die Nachricht, daß ihr Mann mittlerweile plötzlich gestorben sey. Der Herzog bezeugte ihr sein herzliches Mitleid, da Carion ihm immer sehr theuer und werth gewesen und er eben in der schönsten Blüthe seines Alters, in seinem 38sten Lebensjahre dahingeschieden war. [26]

ORIGINAL-ANMERKUNGEN:

[1] ADAMI vitae Philosoph. p. 48. Strobels Miscellaneen literär. Inhalts S. 139-206. Dessen Neue Beiträge zur Literat. des 16. Jahrh. B. I. St. I. S. 150.

[2] Sprengel Geschichte der Arzneikunde B. III, S. 301.

[3] Schreiben des J. Carions an Herzog Albrecht, d. Donnerst. nach Octava Laurent. 1527 <22. August 1527> . Carion unterschreibt sich als Magister und Licentiat. Sein Name ist "Charion" geschrieben.

[4] Der freilich ebenfalls ein großer Freund der Astrologie war; Helwing Geschichte des Brandenburg. Staats B. I Th. II S. 592. Möhsen Geschichte der Wissensch. der Mark Brandenb. S. 431 ff.

[5] Vgl. Sprengel Geschichte der Arzneikunde B. III S. 288.

[6] Schreiben des J. Carion an Herzog Albrecht, d. am T. Simon u. Judä 1527 <28. Oktober 1527>.

[7] Schreiben des Herzogs Albrecht an J. Carion, d. 19. Nov. 1527.

[8] Schreiben des J. Carion an Herzog Albrecht, d. Donnerst. nach Reminiscere 1529 <25. Februar 1527>.

[9] Schreiben J. Carions an Herzog Albrecht, d. Sonnt. nach Nativität. Mariä 1531 <10. September 1531>.

[10] Die Vermählung zwischen dem Markgrafen Johann von Brandenburg, dem Sohne des Kurfürsten Joachim I., und der Tochter des Herzogs von Braunschweig, Katharina, kam bekanntlich wirklich zu Stande.

[11] Schreiben des J. Carion an Herzog Albrecht, d. Berlin Mittwoch nach Quasimodo. 1533 <23. April 1533>.

[12] Schreiben des Herzogs Albrecht an J. Carion, d. 18. Febr. 1534.

[13] Schreiben des Herzogs Albrecht an J. Carion, d. 12. April u. 15. Juli 1534.

[14] Darunter ist wahrscheinlich der Kostnitzer Reformator Ambrosius Blaurer gemeint. Seckendorf Historie des Lutherthums S. 1487.

[15] S. Rommel Philipp der Großmüthige. S 396.

[16] Schreiben des J. Carion an Herzog Albrecht, d. Berlin am T. Johannis Evangel. 1535 <27. Dezember 1535>.

[17] Schreiben des Herzogs Albrecht an J. Carion, d. 30. Juni 1535.

[18] Vergl. über dieses Verhältniß Helwing Geschichte des Brandenburgisch. Staats B. I Th. II S. 620 ff.

[19] Schreiben des J. Carion an Herzog Albrecht, d. Berlin am T. Vincentii 1536 <22. Januar 1536>.

[20] Schreiben des Herzogs Albrecht an J. Carion, d. 15. Februar 1536.

[21] Schreiben des Herzogs Albrecht an J. Carion, d. 28. März 1536.

[22] Der Kurfürst und der Markgraf Hans.

[23] Schreiben J. Carions an Herzog Albrecht, d. Berlin 26. April 1536.

[24] Schreiben des Herzogs Albrecht an J. Carion, d. 3. Februar 1537.

[25] Schreiben des Herzogs Albrecht an J. Carion, d. Königsb. 21. März 1537.

[26] Schreiben des Herzogs Albrecht an die Wittwe Carions, d. Königsb. 17. April 1537. Es beweist dieses Schreiben, daß das von Adami vitae Philosoph. p. 48 und bei Ersch und Gruber Encyclop. Artickel Carion angenommene Todesjahr 1538 unrichtig ist. Carion starb in der ersten Hälfte des April 1537.

 

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