PAGINA CARIONIS
JOHANNES CARION AN HERZOG ALBRECHT VON
PREUSSEN,
27. Dezember 1535
1,1 Durchleuchtigster Houchgeborner
Furst Gnedigster her, 2 mein Arm
willig vnd vnuordrosßenn dienst seyhen zu alln Zeyten .e.f.g. zuuoran
bereydt. |
1,1 Erlauchtester,
hochgeborner Furst, gnädigster Herr, 2 mein armer, williger, fleißiger
Dienst stehe alle Zeit Eurer fürstlichen Gnade bereit! |
2,1 Gnedigster herr. 2 Jch weiß gentzlichs nichtz newes e
f g zu schreiben, 3 Dann allein
das Jch mich einer emporung mit der Zeyt Jm landt zu würtenberg forchte, wie
mir denn Meine freundt Mehrmals geschriben, 4 dann es weicht vil ansehenlichs volks vom adel vnd burgern Auß
dem landt, 5 Vnd seyhen vil
Zwinglische vnd widertauffer allenthalben Jm landt, 6 got welle sein gnad verleyhen das nicht ein pluotbad
darauff werd. 7 Doctor Schnepff
vnd doctor plärer predigen hefftig wider sie. 8 Aber es hilfft nicht, wie wol es gelarter menner Zwen seyhen. |
2,1 Gnädigster Herr! 2 Ich weiß Eurer fürstlichen
Gnade gar nichts Neues zu schreiben, 3 außer dass ich im Laufe der
Zeit einen Aufstand im Land Württemberg befürchte, wie mir meine Freunde
mehrmals geschrieben haben, 4 denn viele angesehene Leute vom Adel und
Bürgertum wandern aus; 5 es gibt auch überall viele Zwinglianer und
Wiedertäufer im Land. 6 Gott gebe seine Gnade, dass daraus kein
Blutbad entstehe! 7 Doktor Schnepf und Doktor Blarer predigen heftig
gegen sie; 8 aber es hilft nichts, obwohl es zwei gelehrte Männer
sind. |
3,1 Es hat vor acht tagen Magister
philip melancton mir geschriben vnd meinen Rat gebeten, wie Jchs vor gut
ansehe, 2 Ob ich Jm rathe (dhweil
der hertzog Jm geschriben) Ehr soll sich j Jar oder ij hinauß wenden vnd die
vniuersitet zu tibingen restituiern, so lang bis sie Jn ein schwanck khomm. 3 Als dann wolle Ehr Jm wider
erlauben, gen wittenberg zu Ziehen etc. 4
Aber magister philippus hat kein lust darzu. 5 So will Jme auch der Churfurst von sachßen nicht erleuben. |
3,1 Vor acht
Tagen hat mir Magister Philipp Melanchthon geschrieben und meinen Rat
erbeten, ob es mir gut erscheint, 2 ob ich ihm rate (weil der Herzog
ihm geschrieben hat), für ein oder zwei Jahre fortzugehen und die Universität
Tübingen zu restituieren, bis sie wieder in die Gänge kommt. 3 Danach wolle er ihm wieder erlauben, nach
Wittenberg zu ziehen. 4 Aber Magister Philippus hat keine Lust dazu, 5
außerdem will es ihm der Kurfürst von Sachsen nicht erlauben. |
4,1 Ytz aber vor iiij tagen ongefar Jst
ehr hinauß zum Lantgraffen gen Zapffenburg gezogen, wurt ongefar vor
pureficationis Marie wider khomen. |
4,1 Jetzt
aber ist er vor etwa vier Tagen zum Landgrafen nach Zapfenburg hinausgezogen;
er wird ungefähr vor Mariae Reinigung <2. Februar> zurückkommen. |
5,1 Auß holstein haben wyr nicht
andere Zeytung, Dan wie die sach vertragen seyhe: 2 vnd ligen vil Knecht Vnd buchßenmeister vnd des gesindes Jn
lübeck, 3 Jst die sag, man woll Jn
Nur halben sold geben. 4 So macht
sich das sel gesinnichen vnutz. 5 Vnd
vermeinen Jhr etlich, so widerkomen, es mocht bellum Jntestinum darauß
werden. 6 Dann der boefel ist dem
Rath vnd andern vornemen nicht seer gut. |
5,1 Aus
Holstein haben wir nur die Nachricht, wie der Streit entschieden wurde. 2
Es liegen viele Büchsenmeister und Gesinde in Lübeck; 3 man sagt, man
wolle ihnen nur den halben Sold geben.
4 So macht
sich das sel gesinnichen vnutz. 5 Etliche von denen, die zurückkehren, meinen, daraus
entstehe ein Bürgerkrieg. 6 Denn
der Pöbel ist dem Rat und den andern Vornehmen schlecht gesonnen. |
6,1 Jch handel noch teglichs mit
Doctorj Ambrosio des hinein ziehens halben, 2 so enthelt Jn ein megtlin, des apoteken dochter, die will man
Jme freyhen. 3 Jch halt aber, ehr
soll sich darein begeben vnd Jn Kurtzem hinein Ziehen. |
6,1 Ich
verhandle noch täglich mit Doktor Ambrosius wegen seines Umzugs. 2 Aber
ein Mädchen, die Apotheken-Tochter, hält ihn fest; man will sie mit ihm
verheiraten. 3 Ich denke aber, er wird sich fügen und bald umziehen. |
7,1 Die Materialien will Jch e f g
bestelln, vnd was frischer, 2 Jch hab
nicht Eher konnen darzu thun <länger Einfügung am Rand; s. u.> 3 Die Mindelheimer soln auch gefalln.
4 Will es euch fürstlich gnaden
Zuschicken. |
7,1 Die
Materialien will ich Eurer fürstlichen Gnade bestellen, und was frischer. 2
Ich habe es nicht früher erledigen können. <s. u.> 3 Die
Mindelheimer sollen auch gefallen. 4 Ich will es Euch, fürstliche
Gnade, zuschicken. |
8,1 Auch gnedigster furst vnd her bit
Jch e f g gantz vnderthoniglich, 2 Dhweil
vnd Jch Neben e f g vast der erste bin, der zu diser heyrad geraten vnd
vorschleg gethon, e f g wollen m Jungen gnedigen hern schreiben, das mich
sein f. g. nicht aufschließ, sonder weiter Jn solchen geschefften brauchen,
das Jch es genießen mage. 3 Jch will doch alle werbung der
maßen latinisch anstellen, das es m g h vnd e f g soll ein Eehr sein etc. |
8,1 Außerdem,
gnädigster Fürst und Herr, bitte ich untertänigst, 2 weil ich neben
Eurer fürstlichen Gnade fast der erste bin, der zu dieser Heirat geraten und
dazu Vorschläge gemacht hat, Eure fürstliche Gnade wollen meinem jungen
gnädigen Herrn schreiben, dass mich seine fürstliche Gnade nicht ausschließt,
sondern weiter in solchen Geschäften brauchen wolle, damit ich auch einen
Vorteil davon habe. 3 Ich will die ganze Werbung dermaßen lateinisch
anstellen, dass es für meinen gnädigen Herrn und Eure fürstliche Gnade eine
Ehre wird. |
9,1 Befhil mich e f g als Jren willigen
diener. 2 Datum Berlin am tag Johanis
euangelistes Anno etc xxxv. 3 E f G williger
vnd gantz gehorsamer diener Johan
Carion |
9,1 Ich
empfehle mich Eurer fürstlichen Gnade als willigen Diener. 2 Gegeben zu Berlin am Tag
des Evangelisten Johannes <27. Dezember> 1535 3 Eurer fürstlichen Gnade williger
und ganz gehorsamer Diener Johann
Carion |
Nachtrag
auf dem linken Rand des ersten Blattes: |
|
10,1 Jch besorg, Jch muß sie e f g mit
einem eignen boten schicken. 2 Man
mag so vil darauff wenden. 3 Jch
hab sie heut Dato von Nürnberg bekommen, 4
e f g solln die in iij wochen bekomen. |
10,1 Ich fürchte, ich muss sie Eurer
fürstlichen Gnade mit einem eigenen Boten schicken. 2 Man kann sich darum bemühen. 3 Ich habe sie heutigen Datums von Nürnberg bekommen, 4 Eure fürstliche Gnade soll sie in
drei Wochen bekommen. |
Auf
einem – anscheinend beigelegten - Zettel über dem rechten unteren Ende steht: |
|
11,1 Die Compaß seyhen noch nicht
fertig. |
11,1 Die Kompasse sind noch nicht
fertig. |
Buchstaben-
und zeilengerechte Transkription (Lesung: Reinhard Hirth) 1. Durchleuchtigster
Houchgeborner Furst Gnedigste[r] her mein 2. Arm
willig vnd vnuordrosßenn dienst seyhenn zu 3. allnn
Zeytenn .e.f.g. zuuoran bereydt. Gnedigster 4. herr.
Jch weiß genntzlichs nichtz newes e f g zuschreib[e]n 5. Dann
allein das Jch mich einer emporu[n]g mit d[er] Zeyt 6. Jm
landt zu würtenberg forchte, wie mir denn 7. Meine
freundt Mehrmals geschrib[en] dan[n] es weicht 8. vil
ansehenlichs volks vom adel vnd burgernn 9. Auß
dem landt, Vnd seyhen vil Zwinglische 10. vnd
widertauffer allenthalb[en] Jm landt, got welle 11. sein
gnad verleyh[en] das nicht ein pluotbad darauff werd 12. Doctor
Schnepff vnd doctor plärer p[re]dig[en] hefftig 13. wider
sie. Aber es hilfft nicht, wie wol es 14. gelarter
menne[r] Zwen seyh[en]. Es hat vor acht tag[en] 15. M[a]g[iste]r
philip melancton mir geschrib[en] vnd meine[n] 16. Rat
gebeten. wie Jchs vor gut ansehe, Ob ich Jm 17. rathe
(.dhweil d[er] hertzog Jm geschrib[en].) Ehr soll sich 18. j
Jar od[er] ij hinauß <am Rande: "wend[en]"> vnd die
vniuersitet zu tibing[en] 19. restituiernn.
so lang bis sie Jn ein schwanck khom[m] 20. Als
dan[n] wolle Ehr Jm wider erlauben. genn witte[n]b[er]g 21. zu
Ziehenn. etc Aber m[a]g[iste]r philipp[us] hat kein lust 22. darzu.
So will Jme auch der Churfurst von sachßen 23. nicht
erleubenn.. ytz aber vor iiij tag[en] ongefar 24. Jst
ehr hinauß zum Lantg[ra]ff[en] gen <Zapsch korrigiert zu:> Zapffenburg
gezog[en] 25. wurt
ongefar vor pureficationis Marie wid[er] khomen 26. Auß
holstein hab[e]n wyr nicht andere Zeytung 27. Dan
wie die sach vertrag[en] seyhe: vnd lig[en] vil Knecht 28. Vnd
buchßennmeist[er] vnd des gesindes Jn lübeck 29. Jst
die sag ma[n] woll Jn Nur halb[en] sold gebenn. 30. So
macht sich das sel gesinnichen vnutz. Vnd 31. vermeine[n]
Jhr etlich so widerkome[n] es mocht bellum 32. Jntestinu[m]
darauß werden. Dan[n] der boefel ist 33. dem
Rath vnd andern vorneme[n] nicht seer gutt <ein Wort unleserlich> 34. Jch
handel noch teglichs mit Doctorj Ambrosio des hinein 35. ziehens
halb[en] so enthelt Jn ein megtlin des apoteken 36. dochter
die will ma[n] Jme freyhen. Jch halt 37. aber
ehr soll sich darein begeb[en] vnd Jn Kurtzem 38. hinein
Ziehenn. Die Materialien will Jch 39. <gestrichen:
"von <unleserlich>"> e f g bestelln. vnd was frischer, Jch 40. hab
nicht Eher konne[n] darzu thun <länger Einfügung am Rand; s. u.> Die
< gestrichen "Compaßs> 41. Mindelheime[r]
solnn auch <gestrichen: "einmal"> gefallnn. will 42. es
euch <darüber geschrieben: "f<ürstlich>"> g[naden]
Zuschickenn, Auch gnedigste[r] furst vnd her 43. bit
Jch e f g gantz vnderthoniglich.
Dhweil vnd Jch 44. Neben
e f g vast der erste bin der zu diser heyrad 45. gerat[en].
vnd vorschleg gethon. e f g woll[e]n m Jung[en] 46. gnedig[en]
hern[n] schreib[en] das mich sein .f.g. nicht aufschließ 47. sonnd[er]
weiter Jnn solchenn geschefft[en] brauch[en] das Jch 48. es
genießen mage. Jch will doch <Wort gestrichen> alle werbung 49. d[er]
maßen latinisch anstell[e]n. das es m g h vnd e f g 50. soll
ein Eehr sein. etc befhil mich e f g als Jren 51. willig[en]
diener. Dat[um] Berlin am tag Johanis eua[n]gelistes 52. Anno
etc xxxv 53. E
f G 54. willig[er]
vnd gantz 55. gehorsame[r]
diene[r] 56. Johan
Carion Nachtrag auf dem linken
Rand des ersten Blattes: 1.
Jch besorg Jch 2.
muß sie e f g 3.
mit eine[m] eig[nen] 4.
bot[en] schick[en]. ma[n] 5.
mag so vil darauff 6.
wennd[en]. Jch hab sie heut 7.
Dato vo[n] Nürnberg be- 8.
komme[n], e f g sollnn 9.
die in iij woche[n] bekome[n] Auf einem – anscheinend
beigelegten - Zettel über dem rechten unteren Ende steht: Die
Compaß seyh[en] noch nicht fertig |