PAGINA CARIONIS

JOHANNES CARION AN HERZOG ALBRECHT VON PREUSSEN,
10. September 1531

1,1 Durchleuchtigster Houchgeborner Furst, gnedigster her,

2 mit Erbiethung meiner pflichtigen vnd gantz willigen diensten alzeit zuvoran gegen Euer fürstlich Gnaden etc.

1,1 Durchlauchtester, hochgeborener Fürst, gnädigster Herr! 

2 Ich erbiete Eurer fürstlichen Gnade allezeit meine pflichtgemäßen, ganz willigen Dienste wie immer usw. 

2,1 Gnedigster Her

2 Ongefar 8 tag nach mein ersten Brieffen begab es sich, das mein gnädiger Herr, der Churfürst, mit mir zu reden worden von Euer fürstlich Gnaden. 3 Diße Meynungen, wie Euer fürstlich Gnaden jüngst an seine Gnaden geschriben, wie die selben bericht würden, das seine Gnaden die wolten hie in dem Lande offentlich anschlahen lassen, 4 welchs dann seiner Gnaden gantz verdrüsslich zu horen gewesen vnd noch vil mehr verdrieslicher, dhweil Euer fürstlich Gnaden etwa vnendlichen Leuten glouben geben, 5 hat der halben mich vnd andere dazumal vff das hochst ermanen lassen, ob vnser einer solchs gehort oder zum wenigsten ein Geruchte darvon im Lande wehr, 6 welchs keiner nie gehort, welchs ich ouch bey Eyd vnd Pflichten, mit welchen ich Euer fürstlich Gnaden verwandt, erhalten mag, 7 das ich es von meinem gnedigen Herrn oder andern nie erfaren, ouch kein Gerücht der halben hie zuo landt gewesen.

2,1 Gnädigster Herr!

2 Ungefähr acht Tage nach meinen ersten Briefen begab es sich, dass mein gnädiger Herr, der Kurfürst, mit mir auf Eure fürstliche Gnade zu sprechen kam. 3 Es ging um folgendes: Eure fürstliche Gnade habe vor kurzem an seine Gnade geschrieben, Sie seien berichtet worden, seine Gnade wolle hier im Land öffentlich anschlagen lassen. 4 Das zu hören war seiner Gnade schon unangenehm, aber noch viel unangenehmer war der Umstand, dass Eure fürstliche Gnade zu vielen Leuten Glauben schenkte. 5 Seine Gnade hat damals mich und andere dringlich befragt, ob jemand von uns so etwas gehört habe oder ob wenigstens ein Gerücht darüber im Lande sei. 6 Keiner hatte etwas gehört, was ich auch eidlich und entsprechend meiner Pflicht, mit der ich Eurer fürstlichen Gnade verbunden bin, versichern möchte. 7 Ich habe es von meinem gnädigen Herrn oder anderen nie erfahren, es bestand auch darüber hierzulande kein Gerücht.

3,1 Der halben mich der Churfurst, mein gnädiger Herr, gebeten, das ich solchs im geheym mit meiner eygen Handtgeschrifft Euer fürstlich Gnaden solte anzeugen vnd seine churfürstlich Gnaden hyerin gegen Euer fürstlich Gnaden entschuldigen vnd vertreten, dann in solchem allem seyhen Euer fürstlich Gnaden vil zu mildt bericht worden, vnd ziehen solchs Euer fürstlich Gnaden hoch zu hertzen.

3,1 In dieser Angelegenheit hat mich der Kurfürst, mein gnädiger Herr, gebeten, dieses geheim mit eigenhändigem Schreiben Eurer fürstlichen Gnade anzuzeigen und seine kurfürstliche Gnade bei Eurer fürstlichen Gnade in Vertretung zu entschuldigen, da Eure fürstliche Gnade in der ganzen Angelegenheit viel zu ungenau informiert worden sei und sie zu hoch bewerte.

4,1 Vnd des zu schleuniger ze glauben, haben mir seine churfürstliche Gnaden angezeugt, wie auff vergangnem Reichstag zu Augspurg sich die Handlung zwischen Her Walter von Cronbergen, erweltem Meister Teutsch Ordens, verloffen, das solch Handlung gar wenigen offenbar gewesen, 2 noch dannost haben sein churfürstlich Gnaden aus plutverwanter Sipschafft nicht vnderwegen mogen lassen, sonder mit List vnd clugen anschlegen so vil zewegen gebracht, das seine churfürstlich Gnaden solche meinem gnädigen Herrn Markgraff Jorgen von Brandenburg etc., Euer fürstlich Gnaden Herrn vnd Brudern, mit sampt aller Handlungen, so sich in solch Sach verloffen vnd muglich zu erfaren gewesen, angezeugt, ouch darbey gedachten Euer fürstlich Gnaden Herrn vnd Bruder gebetten, solchs Jorgen Klingenbeck zuzustellen, damit es Euer fürstlich Gnaden ze wissen hab.

4,1 Um das baldmöglichst zu bekräftigen, hat mir seine kurfürstliche Gnade mitgeteilt, wie auf dem vergangenen Reichstag zu Augsburg die Verhandlungen mit Herrn Walther von Kronberg, dem erwählten Meister des Deutschen Ordens, verliefen und dass diese nur wenigen bekannt waren. 2 Danach wollte seine kurfürstliche Gnade aus Gründen der Blutsverwandtschaft die Sache nicht übergehen, sondern hat mit List und klugen Maßnahmen es so weit gebracht, dass seine kurfürstliche Gnade die Sache meinem gnädigen Herrn, dem Markgrafen Georg von Brandenburg etc., Eurer fürstlichen Gnaden Herrn und Bruder, mitsamt allen Verhandlungen, die hier stattfanden und in Erfahrung gebracht werden konnten, mitteilte und den eben erwähnten Herrn und Bruder Eurer fürstlichen Gnade bat, die Sache Georg Klingenbeck zuzustellen, damit sie Eure fürstliche Gnade erfahre.

5,1 Darbey die wol zuo bedencken haben, was für ein Hertz seine chur fürstlich Gnaden zu den selben trag, 2 were der halben mein Rath (doch vff Verbesserung Euer fürstlich Gnaden), die selben schriben mit nechster botschafft an seine chur fürstlich Gnaden aûff ditz mein Schreiben ze antworten, 3 will ich neben Euer fürstlich Gnaden Schreiben das beste vorwenden. 4 Sollen die erfarn trostlich verhoffnungen, so es beyde Churfürstliche vnd fürstliche Gnad in freundtlicher Nachparschafft stunden (als ich doch ytz der Zeyt nicht anders weyss). 5 Jch wolt des als ein armer mitler oûch genießen, nicht das ich dem Churfürsten damit nachteylig, so syhen seine Gnad zu wenden wie man will. 6 Besorge der halben solch Vnglück müsse aus boesen Mitlern erwachsen, dann der Teuffel ye vnd ye lieb vnd Freuntschafft gehast, forcht (als vorhanden) es möchte zwischen Euer fürstlich Gnaden Freuntschafft werden.

5,1 Dabei sollten Sie wohl bedenken, wie seine kurfürstliche Gnade Ihnen gegenüber gesonnen ist. 2 Es wäre deshalb mein Rat - der von Eurer fürstlichen Gnade verbessert werden kann -, Eure fürstliche Gnade schreibe mit der nächsten Botschaft an seine kurfürstliche Gnade, um auf dieses mein Schreiben zu antworten. 3 Neben dem Schreiben Eurer fürstlichen Gnade will ich das Beste vorbringen. 4 Sie sollen tröstliche Hoffnungen erhalten, falls beide, die kurfürstliche und die fürstliche Gnade, in freundlicher Nachbarschaft stehen, aber ich weiß derzeit nichts anderes. 5 Als armer Vermittler hätte ich davon auch gerne Nutzen, aber nicht zum Nachteil des Kurfürsten; er möge seine Gnade erteilen, wie er will. 6 Ich befürchte deshalb, derartiges Unglück erwachse aus bösen Vermittlern, denn der Teufel hasst schon immer Liebe und Freundschaft und fürchtet - wozu ja Grund besteht - es könne zwischen Euren fürstlichen Gnaden Freundschaft entstehen.

6,1 Damit will ich mich Euer fürstlich Gnaden als iren willigen Diener befolhen haben.

2 Datum am Sontag nach Nativitatem Marie Anno 1531.

3 Euer fürstlich Gnaden gantz williger vnd gehorsamer
Johann Carion Magister

6,1 Damit will ich mich Eurer fürstlichen Gnade als Ihren willigen Diener befohlen haben.

2 Gegeben am Sonntag nach Mariae Geburt Anno 1531.

3 Eurer fürstlichen Gnaden ganz williger und gehorsamer
Johann Carion Magister

Zeilen- und buchstabengerechte Transkription auf der Grundlage der Lesung von Stefan Benning

  1. Dûrchleûchtigster Hoûchgeborner Fûrst gnedigster her, mit Erbiethûng
  2. meiner pflichtigenn vnd gantz willig[en] diennst[en] alzeit zûuoran geg[en]
  3. e f g, etc. Gnedigster her Ongefar .8. tag nach
  4. mein erst[en] brieff[en] begab es sich ongefar [1], das m g H d[er] Chûrfûrst
  5. mit mir zûredenn wordenn von e f g,  diß[e] Meÿnung[en]
  6. wie e f g Jûngst an .s.g. geschribenn, wie die [2] selben bericht
  7. würdenn. das .s.g. die woltenn hie Jn dem Lannde offenntlich
  8. anschlahenn lassenn, welchs dann seinen g gantz v[er]drüsslich
  9. zûhorenn gewesenn, vnd noch vil mehr verdrieslicher dhweil
  10. e f g etwa vnenndlichenn leûtenn gloûbenn geb[en], hat
  11. d[er] halben mich vnd anndere dazûmal vff das hochst ermanenn
  12. lassenn ob vnser einer solchs gehort, od[er] zûm wenigst[en] ein
  13. Gerûchte Darûon Jm lannde wehr, welchs keiner nie gehort
  14. welchs Jch oûch beÿ Eÿd vnd pflicht[en], mit welchen Jch
  15. e f g verwanndt, Erhalt[en] mag das Jch es vo[n] m g h
  16. od[er] anndernn nie erfaren [3], oûch kein gerûcht der halben hie
  17. zûo lanndt gewesen, der halbenn mich der Chûrfûrst
  18. m g h gebetenn das Jch solchs Jm geheÿm mit meiner
  19. Eÿgenn Hanndtgeschrifft .e.f.g. solte anzeug[en] vnd s c f g
  20. hÿerin geg[en] e f g enntschûldigenn, vnd vertretenn,
  21. dann Jnn solchem allem seyhenn e f g vil mildt
  22. bericht wordenn, vnd ziehenn solchs E f g hoch hertzen,
  23. Vnd des schleûniger zegloûbenn. haben mir s c f g
  24. Angezeûgt wie aûff v[er]ganngne[m] Reichstag [4] aûgspûrg [5] sich die hanndlung
  25. zwischenn her Walter vonn Cronberg[en] Erwelt[em] meister
  26. Teûtsch ordenns, v[er]loffen, das solch hanndlûng gar wenig[en]
  27. offenbar gewesenn, Noch dannost habenn sein c f g [6] auff
  28. aus plûtverwant[er] sipschafft nicht vnderweg[en] mog[en] lassenn
  29. Sonnder mit list vnd clûg[en] anschleg[en] so vil zewegenn
  30. gebracht, das s c f g solche m g h mar[k]g[ra]ff Jorgenn
  31. vonn Branndemburg etc. e f g Hernn vnd brûdernn
  32. mit sampt aller hanndlûng[en] so sich Jn solch sach verloff[en],
  33. vnd mûglich erfarenn gewesen angezeûgt, oûch darbeÿ
  34. gedachtenn e f g hernn vnd brûd[er] gebett[en], solchs Jorgenn
  35. Klingenbeck zûstellenn damit es e f g zewissen hab
  36. Darbeÿ die wol zûobedennck[en] habenn was für ein hertz
  37. s c f g zu denn selbenn trag, were der halbenn
  38. mein Rath, (.doch vff v[er]besserung e f g.) die selbenn
  39. schribenn mit nechst[er] botschafft an s c f g aûff ditz
  40. mein schreib[en] zeanntwort[en], will Jch neben e f g schreiben
  41. das beste vorwennd[en] soll[en] die Erfarn, trostlich v[er]hoffnungen
  42. so es beyde Chûrfûrstliche vnd fûrstliche gnad Jn freûntlich[er]
  43. Nachparschafft stûnd[en] (.als ich doch ÿtz d[er] Zeÿtt nicht anders weÿss.)
  44. Jch wolt des als ein armer mitler oûch genießen, Nicht
  45. das Jch dem Chûrfûrst[en] damit nachteÿlig, so syhen seine
  46. gnad zûwennd[en] wie man will. Besorge d[er] halb[en] solch
  47. Vnglûck mûsse aus boesenn mitlern Erwachse[n], dann der
  48. Teûffel ÿe vnd ÿe lieb vnd freûntschafft gehast, forcht
  49. (.als vorhannd[en].) Es mochte zwischenn e f g freuntschafft werd[en].
  50. Damitt will Jch mich e f g als Jrenn willig[en] Diener befolhen
  51. hab[en]. Dat[um] am sontag Nach Natiûitat[em] marie A[nn]o .1531.
  52. e f g
  53. gantz williger
  54. vnd gehorsamer
  55. Johann: Carion
  56. m[a]g[iste]r

Anmerkungen (Benning):

1.) "ongefar" gestrichen
2.) übergesetzt
3.) über gestrichen "gehört"
4.) durch Weiser eingefügt
5.) dito
6.) folgt gestrichen "auff"

(Rot: Änderungen Hirth)

 

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