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CARIONIS
PHILIPP MELANCHTHON AN ABDIAS PRAETORIUS, 27. MÄRZ 1560
Abdiae Praetorio, Lectori in Acad. Francofordiana, S.
D. Clariss. vir et cariss. frater. |
An Abdias
Praetorius, Professor an der Universität zu Frankfurt. Sei
gegrüßt, hochberühmter Mann und liebster Bruder! |
1,1 Omnibus aetatibus fanatici
seu Enthusiastici hoc mormolukeion sibi induerunt, quod se nominarunt
pneumatikouV, alios
pios superbe despexerunt et literae doctores nuncuparunt. 2 Idem convicium plus millies repetit
Stenckfeldius. 3 Sic et Luthero
conviciabatur factio seditiosi hominis Monetarii.
4 Audivi ipse iactitantem Pelargum Cygneum colloquia cum angelo
Gabriele, et quis fuerit exitus Monetarii, seditione mota in Tyrigetis, non
ignoras. 5 Non enim abiiciamus
literam et rectas literae explicationes propter mormolukeion.
6 Fatemur nos esse literae
doctores, Deum autem dare incrementum. Philippus. [1]
"misi" wohl Druckfehler für "nisi". |
1,1 Zu allen Zeiten setzten sich die
Fanatiker oder Enthusiasten diese Gespenstermaske auf, dass sie sich
"geistbestimmt" nannten, die anderen Frommen aber stolz verachteten
und "Lehrer der Buchstaben" schimpften. 2 Dasselbe Schimpfwort wiederholt mehr als tausend Mal Stenkfeld.
3 So beschimpfte auch den Luther
die Partei des Aufrührers Müntzer. 4
Ich habe selbst den Pelargus Schwan sich der Gespräche mit dem Engel Gabriel
brüsten hören, und du weißt ja genau, wie Müntzer nach dem Aufruhr in
Thüringen endete. 5 Wir wollen nämlich
den Buchstaben nicht verwerfen, auch nicht die richtigen Erklärungen des
Buchstabens wegen eines Gespensts. 6
Wir bekennen uns als Lehrer des Buchstabens und meinen aber, dass Gott das
Wachstum schenkt. 7 Wenn du dein Bekenntnis fertig
hast, schicke es uns bitte. 8 Denn
wenn ich es gelesen habe, werde ich, falls ich nichts mit dir noch beraten
will, unverzüglich meine Unterschrift hinzufügen, damit es einen Beweis unserer
Übereinstimmung gibt. 9 Ich schicke dir zwei Exemplare des
zweiten Teils des Chronik-Werks, eines davon sollst du dem Sabinus geben. 10 Ich hätte sie gebunden geschickt,
wenn es die Zeit erlaubt hätte. 11 Diesem euren Boten haben wir einen
jungen Nürnberger Ritter beigesellt, der nach Stettin gehen will. 12 Da er aber den Weg nicht kennt,
schließe ihn bitte dort anderen ehrenwerten Leuten an, falls welche jetzt
nach Stettin aufbrechen wollen. 13
Wenn er keine berittenen Begleiter haben kann, dann soll umgekehrt auf seine
Kosten euer Bote mit ihm reisen und ihm den Weg zeigen. 14 Der junge Mann heißt Gabriel Meichsner von Nürnberg. 15 Joachim Camerarius kennt ihn, von
ihm wurde er mir empfohlen. 16 Er
macht die Reise, um am Hofe des Grafen von Neugarden zu sein. 17 Bitte, erfülle diese Gastpflicht
nicht ungern! 18 Leb wohl! 19 Am 27. März 1560. Philipp <[1]
Die Schwärmer nannten sich selbst Männer des Geistes und die anderen
verächtlich Lehrer des Buchstabens. M. erinnert an Schwenckfeld, an die
Schmähungen Luthers durch die Anhänger [Thomas] Müntzers, an sein Erlebnis
mit [Nikolaus] Storch und an Müntzers Ende als Aufrührer in Thüringen. Im
Gegensatz dazu bekennt sich M. als Lehrer des Buchstabens [1 Kor 3, 6f].
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Corpus Reformatorum IX, Sp. 1077f., "No. 6958" <Dickdruck von mir.> |
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