PAGINA CARIONIS

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Johann Christoph Adelung

Geschichte der menschlichen Narrheit oder Lebensbeschreibungen berühmter Schwartzkünstler, Goldmacher, Teufelsbanner, Zeichen- und Liniendeuter, Schwaermer, Wahrsager und anderer philosophischer Unholden

3. Theil, Leipzig 1787: Kapitel 32 über Carion

Inhaltsübersicht über das Kapitel (dient als Sprungmarke):

32, 01 Allgemeine "Würdigung"
32, 02 Carions Geburtsort
32, 03 Carions Geburtsdatum
32, 04 Jugend
32, 05 Beruflicher Werdegang
32, 06 Diskussion der Frage, ob Carion Mönch war.
32, 07 Diskussion der Frage, ob er Professor in Frankfurt war.
32, 08 Carions Stellung als Hofmathematiker
32, 09 Carions eigene und des Adelung Bewertung seiner Weissagungen
32, 10 Ausführliche Beschäftigung mit Carions Weissagung über 1530 bis 1550
32, 11 Bewertung von Carions Leistung bei seinem Chronicon
32, 12 Entstehungshintergrund des Chronicon
32, 13 Melanchthons Teil am Chronicon Carionis
32, 14 Diskussion des damaligen Forschungsstands über Melanchthons und Carions Anteile am Chronicon
32, 15 Datierung des Erstdrucks
32, 16 Beleg für die (aus Adelungs Sicht) dürftige Qualität von Carions Forschung
32, 17 Diskussion von Carions Verfasserschaft einer Sächsischen Chronik
32, 18 Carions Lebensende
32, 19 Carions Religionszugehörigkeit
32, 20 Fremde Textzeugnisse über Carion
32, 21 Verzeichnis von Carions Schriften, soweit sie Adelung bekannt sind.

<110> 32. Johannes Cario, ein Sterndeuter

Die erste Nachricht von ihm gab Heinr. Pantaleo, in seiner prosopographia Th. 2, S. 180, welche aber noch sehr kurz und mangelhaft ist. Ein wenig vollständiger ist die in Adami's Vir. Philolog. woraus auch Jöcher die seinige in dem Gel. Lex. entlehnet hat. Bayle hat von ihm gleichfalls einen Artikel, der aber bloß das unter seinem Nahmen bekannte Chronicon betrift. Jöcher führt unter den Schriften, die von ihm handeln sollen, zwar auch Becmanns Notitiam Universitatis Francofurt. an; allein es wird seiner darin mit keinem Worte gedacht, und aus dem folgenden wird erhellen, daß seiner auch nicht darinn gedacht werden können. Dan. Wilh. Mollers Disp. de Io. Carione, Altorf, 1697, 4. habe ich nicht gesehen, zweifele aber, daß sein Leben darin in ein besseres Licht gesetzt <111> worden, als bey andern. Andere Schriftsteller, welche seiner gelegentlich gedenken, oder nur einzelne Umstände von ihm anführen, werde ich im folgenden bemerken.

32, 1 Ist je ein Mann ohne, ja selbst wider sein Verdienst berühmt geworden, so ist es gewiß Cario, denn aus dem folgenden wird <111> erhellen, daß er weiter nichts als ein elender Sterndeuter gewesen, der dabey dem Trunke ergeben war, welcher auch seinen Tod beschleunigte, daher er die rühmlichen Beywörter nicht verdienet, welche ihm noch so oft beygeleget werden. Die Nachrichten von seinem Leben sind sparsam und zum Theil noch dunkel, daher ich auch keine vollständige Lebensbeschreibung von ihm versprechen kann.

32, 2 Er war 1499 zu Bietigheim im Herzogthum Würtemberg gebohren, denn das ist sein wahrer Geburtsort, den auch Küster in Bibl. Brandenb. S 422. aus Joh. Fabri alten und neuen Ministerio in dem Herzogthum Würtemberg, S 119 so angiebt. Cario selbst pflegte sich auf seinen Schriften zwar Burticamensem, oder aus Burtikaym, zu nennen; allein, wenn anders diejenigen, welche diese Titel abgeschrieben, nicht Burtikaym für Buetikaym gelesen haben; so ist das vermuthlich einer der alten Nahmen dieses Ortes, der in Urkunden auch zuweilen Butingkon und Butnigkein genannt wird;

S. Christ. Fried. Sattlers Beschreib. des Herzogth. Würtemb. S 130. f.

daher es ein Irrthum ist, wenn Jöcher und andere seinen Geburtsort Buchichheim nennen, dergleichen mir keiner in Schwaben bekannt ist; <112> denn daß er ein ehrlicher Schwabe gewesen ist, sagt Melanchthon, in einem Briefe an den Camerarius ausdrücklich.

Vir est (Cario) quantum ego quidem cognovi candidus, et Suevicae simplicitatis plurimum referens. Epist. ad Camer. S 163.

32, 3 Das Geburtsjahr 1499 geben ausser dem Pantaleo alle an. In dem Europ. Staatswahrsager und im Jöcher wird noch der 22ste März als sein Geburtstag angegeben; allein ich weiß nicht, woher sie dieses haben.
32, 4 Wer seine Eltern gewesen, finde ich nicht gemeldet. Pantaleo sagt nur, daß er von seiner ersten Jugend an dem Studieren gewidmet worden, und nachdem er die Anfangsgründe der Wissenschaften erlernet, auf verschiedenen Deutschen Universitäten, besonders aber zu Wittenberg studieret habe. Hier ward er ohne Zweifel dem Melanchthon bekannt, welche Bekanntschaft ihm in der Folge so nützlich war; allein daß sein Studieren von keiner Bedeutung gewesen, und sich bloß auf die Astrologie erstreckt habe, wird aus dem folgenden erhellen.
32, 5 Von seiner nachfolgenden Beförderung sagt Pantaleo kein Wort; Adami hingegen versichert, daß er Professor der Mathematik zu Frankfurt an der Oder gewesen, und dieses haben ihm alle, die des Cario gedenken, auf Treue und Glauben nachgeschrieben. Andere setzen <113> noch hinzu, daß er vorher ein Mönch zu Berlin, und dann erst Churf. Brandenb. Hofmathematikus und Professor zu Frankfurt geworden. es ist nothwendig, diese beyden Umstände ein wenig genauer zu untersuchen.
32, 6 Daß er ein Mönch zu Berlin gewesen, ist sehr unwahrscheinlich; und zwar nicht aus dem Umstande, weil er zu Wittenberg studiert hatte, denn aus dem folgenden wird erhellen, daß er die katholische Religion nicht verlassen hat, und es studierten um diese Zeit vermuthlich mehrere zu Wittenberg, welche um deswillen nicht gleich die Reformation annahmen. Allein es giebt Umstände, welche diesem Vorgeben allen Glauben benehmen. Er befand sich, wie aus dem folgenden erhellen wird, bereits 1522, da er folglich nicht älter als 23 Jahr seyn konnte, als Churfürstlicher Hof=Astronom zu Berlin, folglich muß er unmittelbar von Wittenberg dahin gekommen seyn; und folglich sehe ich nicht, wenn und wo er ein Mönch werden können. In Berlin, welches damahls noch ganz katholisch war, hätte er es zwar werden können; allein seine dasige Beförderung scheinet dasselbe zu widerlegen. Es kommt dazu, daß Cario auf seinen Schriften sich zwar beständig einen Churfürstlichen Diener und Mathematiker, aber nie ein Glied eines Klosterordens nennet. Ja aus seiner Zuschrift vor seiner 1529 unterzeichneten Weissagung und Offenbarung aus himmlischer Influenz <114> scheinet vielmehr zu erhellen, daß er, ungeachtet seiner Beharrlichkeit in der Römischen Religion, eben kein Freund von den Klosterorden gewesen. Er eifert darin, daß man seine Prophezeihungen mit Anhang etlicher loser Fratzen, Lotharts, Brigite, Methodii etc. nachgedruckt habe, und setzt hinzu, daß man nicht nöthig gehabt hätte, Münch= Nolbrüder= oder Nonnenträume in seine Praktik hinein zu schreiben. Er würde sich gewiß mit mehr Achtung ausgedrückt haben, wenn er selbst ein Mönch gewesen wäre.
32, 7 Daß er Professor der Mathematik zu Frankfurt an der Oder gewesen, ist wenigstens eben so unwahrscheinlich, wo nicht unstreitig ungegründet. Schon der eben angeführte Umstand, daß er sich im 23sten Jahre seines Alters bereits Churfürstl. Astronom in Berlin nennet, und von dieser Zeit an, von Jahr zu Jahre unter dieser Benennung vorkommt, macht es unwahrscheinlich. Vorher konnte er es wohl nicht geworden seyn, weil er da noch ein sehr junger Mensch war, nachher aber noch weniger, weil er seitdem bis allenfalls ein paar Jahre vor seinem Tode, nicht von Berlin weggekommen ist, sich auch nie einen Professor, sondern jederzeit nur Magister und Churfürstl. Mathematikum oder Astronom nennet. Was dieses Vorgeben noch mehr widerlegt, ist, daß in Becmanns Notitia Univers. Francof. S. 73, wo die Professores der Mathematik von der Stiftung der Universität an, nach <115> der Reihe angeführet werden, kein Cario vorkommt. Ja ich finde in dem ganzen Buche seiner mit keinem Worte gedacht, so sorgfältig ich es auch durchgeplättert <sic!> habe. Wenn also im Jöcher unter dem Artikel des Cario Becmanns Notitia angeführet wird, so ist es vermuthlich aus der irrigen Voraussetzung geschehen, daß er wirklich Professor daselbst gewesen, und daß alsdann daselbst von ihm müsse gehandelt werden.

32, 8 Cario war also weiter nichts als Kalendermacher in Berlin und dabey des Churfürsten Joachim I. Astronom oder vielmehr Astrologe. Daß er diese Stelle bereits 1522 bekleidet, erhellet aus einer in diesem Jahre von ihm gedruckten Prognosticatio, wo er auf dem Titel ausdrücklich Chrfürstlicher Astronomus heißt. Es ist dies die älteste von seinen Prophezeihungen, die mir bekannt geworden, und von dieser Zeit an hat er deren mehrere herausgegeben, die ich am Ende anzeigen werde. Besonders gab er alle Jahre die damahls üblichen Praktiken d. i. Kalender mit astrologischen Prophezeihungen heraus, daher man nicht irret, wenn man ihn für einen eigentlichen besoldeten Kalendermacher hält. Man weiß, wie sehr die Astrologie noch im 16ten Jahrhunderte das Steckenpferd des menschlichen Versandes war, und es gab damahls wohl nicht leicht einen regierenden Herrn, sollte sein Ländchen auch noch so klein gewesen seyn, der nicht einen oder ein paar solcher Sterndeuter gefüttert <116> hätte. Churfürst Joachim wird von seinen Geschichtschreibern wegen seiner Beredsamkeit und Gelehrsamkeit erhoben; gewisser ist, daß er im höchsten Grade abergläubig war, und daher nicht nur den Cario nach Berlin zog, sondern sich auch von ihm in der Astrologie unterrichten ließ. Er muß es auch darin allerdings weit gebracht haben, wenn es wahr ist, was man vorgegeben hat, daß er nehmlich seinen Nachkommen die Preussische Krone prophezeit habe.

Das Vorgeben gründet sich auf Nic. Leutingers Brandenb. Geschichte, wo er S. 22 der Küsterschen Ausgabe, von diesem Churfürsten sagt: Astrologiae vero ita se dederat, ut cum doctissimis illius artis comparetur <sic!>. In his magistro utebatur Iohanne Carione, qui auctor est Chronicorum, quae a Phil. Melanchthone postea sunt locupleta. Exstant illius vaticinia et prognostica, quae partim eventum suum sortita sunt, partim in potestate Dei posita. Inter alia spondet principi Familiae Brandenburgicae regiam et summam inter Christianos dignitatem. Das illius  kann freylich sowohl auf den Churfürsten, als auf den Cario gehen; allein man siehet leicht, daß es auf den letzteren gehen muß, von welchem noch jetzt mehrere vaticinia und prognostica übrig sind, dagegen man von dem Churfürsten keines kennet. Nun ist zwar von dem Cario keine Prophezeihung bekannt, in welcher er dem Hause Brandenburg die königliche Würde versprochen hätte; allein es kann dessen ungeachtet seyn, daß er dem ehrgeitzigen Churfürsten damit geschmeichelt, und dann hat er unter der regia et summa inter Christianos dignitate gewiß eher die kaiserliche als eine andere Würde verstanden und verstehen müssen.

32, 9 Cario scheinet von seinen Prophezeihungen sehr bescheiden zu urtheilen, wenn er in der 1529 unterzeichneten Weissagung sagt, daß es dabey <117> auf ein Jahr auf und ab nicht ankomme, indem es schwer sey, die Begebenheiten auf ein Jahr zu berechnen. Auch könnten sich die Einflüsse innerhalb vier bis fünf Meilen sehr verändern. Allein, wenn man erwäget, wie wenig seine Prophezeihungen im Ganzen eingetroffen sind, so wird das, was anfänglich Bescheidenheit schien, unwissender Stolz. Nur ein paar Beispiele zur Probe.

In der oben gedachten und 1522 herausgegebenen Prognosticatio weissaget er auf das Jahr 1524 eine ungeheure Wasserfluth, weil in dem Februar dieses Jahre 20 Conjunctionen der Planeten vorfallen würden, von welchen 16 in dem wässrigen Zeichen der Fische seyn würden. Aus der Ueberschwemmung sollten Mißwachs, Hunger und eine Menge ansteckender Krankheiten entstehen. Noch mehr, es sollte in dem gedachten Jahre Zwietracht und Uneinigkeit unter Geistlichen und Weltlichen, eine gänzliche Veränderung und Reformation der Kirche, mächtig Blutvergießen und Unterdrückung großer Häupter vorfallen. Von allem diesem ist nun in gedachtem Jahre und ein paar Jahre darauf nichts eingetroffen. Ungeachtet nun der Unhold nichts von dem errathen konnte, was zwey Jahr darauf erfolgen würde, so wollte er doch wissen, was in hundert und zweyhundert Jahren geschehen würde. Denn in dieser Prophezeihung drohet er auf das Jahr 1693 mit einer der größten Conjunctionen am Himmel, da sollte denn der <118> Antichrist erscheinen. Dieser sollte zu Corizon gebohren und zu Bethlehem erzogen werden, in Caphernaim aber sollte er sein Regiment errichten. Noch unbarmherziger sollte es in dem Jahre 1789 ergehen; das sollte das schrecklichste unter allen seyn, indem in demselben große und wunderbare Geschichte, Veränderungen und Zerstörungen vorfallen würden. Allein, so sehr sich der Narr in Ansehung des 1693sten Jahres betrogen hat, so sehr wird er vermuthlich auch 1789 zum Lügner werden.

In einer andern seiner jährlichen Prophezeihungen bestimmte er das Jahr und den Tag, wenn Luther würde verbrannt werden; von welcher Prophezeihung in Luthers Tischreden Kap. 37 unter der Aufschrift: Carions erstunkene Sterngückerische Weissagung von D. Martin Luther, gehandelt wird.

32, 10 Eine seiner berüchtigsten <sic!> Weissagungen ist diejenige, in welcher er die Schicksale des Reiches von dem Kaiser Maximilian an, bis 1550 bestimmen wollte, und worin er statt der Nahmen der regierenden Herren oder ihrer Staaten die Nahmen ihrer Wapenbilder setzte, weil das Ding auf diese Art ein räthselhafteres Ansehen bekommt, sich auch desto leichter auf alle nur mögliche Erfolge drehen und recken läßt. Er machte sie zuerst um 1525 bekannt, denn in der zweyten Ausgabe, deren Zuschrift 1529 unterzeichnet ist, sagt er, daß er sie ohngefähr vor vier Jahren gemacht habe. Sie wurde nicht nur gleich anfangs <119> sehr oft wieder aufgelegt und nachgedruckt, sondern sie hat sich auch bis auf die neuern Zeiten fortgepflanzet, indem sie sich unter andern auch in dem zu unsern Zeiten so oft gedruckten Europäischen Staatswahrsager befindet; obgleich nicht zu begreifen ist, was sie jetzt noch nutzen kann, indem Cario in der Zuschrift ausdrücklich sagt, daß er sie nur bis 1550 fortgeführet.

In der Ausgabe deren ich mich bediene, Erfurt 1567, 8. ist diese Jahrzahl mit Worten und nicht mit Ziffern ausgedruckt; daher diejenigen Schriftsteller irren, welche behaupten, er habe sie bis 1560 ausgedehnet, es müßte denn dieses in einer der späteren Ausgaben geschehen seyn, denn man hat fast in allen daran geändert und gekünstelt, um sie den inzwischen vorgefallenen Begebenheiten anzupassen.

Dieser Umstand ist um deswillen nicht aus der Acht zu lassen, weil man sonst leicht Kaiser Karln, aus dem Hause Baiern darin prophezeihet finden könnte. Da sie nicht gar zu lang ist, so will ich sie, so wie sie in der Ausgabe, Erfurt, 1567, 8. aussiehet, ganz hersetzen, und die Bedeutung der Wapenbilder sogleich in Parenthesi dazu setzen. Er gehet mit derselben um ein Beträchtliches zurück, indem er mit dem Kaiser Maximilian anfängt, vermuthlich, damit die bereits geschehenen Vorfälle, die der Narr leicht wissen konnte, denen, welche er als bevorstehend prophezeihete, desto mehr Glauben verschaffen möchten. Sie lautet so:

"Ein trauriger Adler (K. Maximilian) flohe in viel Mühe und Arbeit lange Zeit.
<120> Setzet seiner jungen Nest (Philipp) auf einen güldenen Thurn, (Castilien.)
Aber seine angeborne Kleidung war mit dreyen Theilen, weiß nach der zwerch in rot (Oesterreich.)
Der Adler pflücket die Lilien (Frankreich,) und verderbet ihre Blätter, (1514.)
Und verwüstet seine eigen Federn, die da glissen von schwärze, und viel Thier mit jm litten schaden.
Er biß die Schlange (Mailand,) und ward widerumb von jr gebissen.
Nach vieler Mühe gab er sich zur Ruhe (+ 1519.)
Seine Jungen (Philipp) auf dem gülden Thurm blieben nicht lange leben.
Doch verließen sie andere Jungen, (Carln 5. Ferdinand, Elisabeth und Maria.)
Die weiblichen flohen inn Ende der Christenheit, eins (Elisabeth) zu dem blauen Lewen in dem gülden Stall, (König Christiern von Dänemark.)
Welche die Nesselblätter übel verbrannten. (Christiern ward 1523 verjagt.)
Die andere (Maria) under dem Schutze des weissen zwifachen Creutzes, (König Ludwig von Ungarn.)
Welche die ungezempten Hund (die Türken) hart betrübten, (besonders 1526.)
<121> Die ermordeten (1526) iren liebsten Winden mit einem gülden Halsbande, (den König Ludwig.
Und die zween jungen Adler (Carl 5. und Ferdinand,) werden in sanfter Ruhe erzogen.
Sie werden aber so sie zu ihren Jahren kommen, ire Flügel müde machen.
Der ältest Adler (Carl 5.) empfähet die Kron, (schon 1520.)
Wird sich legen in die Lilien und die verwüsten (1525 Schlacht bey Pavia, Gefangenschaft des Königes Francisci.)
Wird mit jungen Lilien sein Haupt schmücken, (vielleicht die von Francisco zu Geißeln gegebene Prinzen.)
Er wird gehen durch die güldnen Pforten, und da freud empfahen, (Vermählung mit der Portugiesischen Prinzessin Isabella,) wird sterken den gülden Thurn, (Castilien,) und das Creutz des schlahenden Feuereisens, (Burgund.)
Wird auch zahm machen den gelen Lewen im blauen Feld, (Geldern.)
Er wird der Schlangen (Mailand) ihre Zän ausbrechen, daß sie nicht beissen wird.
Und dem Haupt aller Städte (Rom) ire Augen ausstechen, und die zum raub seinen Thieren geben, (Eroberung Roms 1527.)
Aber der Adler wird weich Federn haben, tugendhaft und mild, und von andern <122> leicht bewegt, gern folgen, doch letzlich auch betrogen.
Wird sich unterstehen, den Christen zu helfen, aber er wird wendig gemacht.
Er wird haben einen treuen Vogel unter jm, einen roten Adler mit einem weissen Rad, (Erzbischof Albert von Mainz,) der jm nicht arges rathen wird.
Ihm wird ab= und zufallen der gülden Lewe im roten stall, und ein wancklich leben mit ihm haben, aber nicht groß unrecht wird der gülden Lewe haben.
Ein roter Lewe neben dem gülden Schild und roten Lilien (Schottland) werden dem Adler auf dem gülden Thurn anfeinden, aber der Adler ist ihm zu hoch gesessen.
Der Adler wird ein Nest in des Jägers (Würtembergs,) Haus machen, und den frommen Weidman (Herzog Ulrich von Würtemberg) mit vielen Thieren verfolgen.
Der Weidman wird wohnen bey den dreyen fliegenden weissen Adlern (Lotharingen) und bey dem gülden und bundten Lewen, (Hessen.)
Aber dem Jäger ist blau und weiß (Baiern) entgegen; er wird sich aber darein kleiden, und die Farb wird ihm wohl stehen, und wird mit jm seyn.
Die Hunde (die Türken) werden dem zwiefachen Kreutz (Ungarn) Schaden thun, sie werden dem Adler seine angeborne Kleidung <123> mit dreyen teilen, weiß (Oesterreich) nach der zwerch zerreissen.
Die Hunde wollten gern beissen den weissen Lewen mit dem duppelten schwantz (Böhmen) aber es wird inen nicht gestattet.
Böse Tücke werden die Thier, so dem weissen Adler im rothen Vogelhause (Pohlen) underworfen, beweisen, sie werden des weissen Adlers verläugnen, und wollen Hund und andere Thier an seine Statt setzen. Aber das geschlecht der Adler verlesset einander nicht, sondern ein rother Adler (Markgraf von Brandenburg) erhielte den jungen weissen Adler in seinem Neste."

Bis hierher wenigstens werden lauter Begebenheiten angeführet, welche 1529 bereits vergangen waren, sich also leicht prophezeihen liessen. Was folgt, sollte von 1530 bis 1550 geschehen; und wer die Begebenheiten in der Geschichte wird aufsuchen wollen, wird sich hoffentlich vergebliche Mühe machen; ausser daß einige der folgenden Begebenheiten damahls schon angefangen hatten, deren Ausgang denn eben auch nicht schwer vorher zu sehen war.

"Nach diesem allen wird sich nahen das End, werden schwere Krieg und grosse Verenderung der Welt.
Der schwartze Adler wird Ungemach leiden mit schwerer Leibskrankheit und abgehen, derer <124> die jm lieb seyn, wird auch des jungen Adler, der doch nicht Adler ist, schaden sehen. Dann wird ihm das zwiefache Kreutz (Ungarn) entfallen, und dann wird das Volk on Haupt einen Herrn wehlen.
Und der gülden Stierkopf mit den zweyen silbern Hörnern, inn dem roten Feld, (die Wallachey) wird einen grossen Nahmen haben.
Und wird das gülden Feld mit der roten Strassen (Baden) über ort müssen gebrauchen lassen. Aber es wird im vergolten vielfach.
Und dann wird der schwarz Lewe im gülden Feld (Cleve) und die güldene Scepter von einander getrennt, und die zwo Herrschaften geheissen.
Das Haus mit den fünf schwarzen Balken inn dem güldenen Feld (Sachsen) wird beschediget an seinen eigenen Säulen, und niemand wird im schaden, denn sein eigen Tach.
Und wird sich allda das klare Wort erhören lassen. Aber es wird wieder von inen genommen, dann sie vergreiffen sich unwissend in der Ordnung irer Kirchen Knecht. So das recht wird geordnet, wer es Gott ein Ehr, und der Welt ein Nutz. Ich mein es gut, verstehe mich recht.
Der rot Adler (ein Markgraf zu Brandenburg) wird steigen inn Ehren, und wird mit Hülf zweyer gülden Lewen (Braun= <125> schweig) Ehr erlangen, und ein schwarzer Püffelskopf (Mecklenburg) und ein roter Greiff in einem weissen Feld (Pommern) werden im anhangen.
Ein roter und schwarzer Adler wird in anfechten, mit samt halb weiß und roten Kleidern, werden aber nichts an jm vermögen.
Dann der schwarz Adler, mit dem weissen Mann in dem gülden Feld will sein Hülf nicht dargeben.
Es wird der blaue Lewe in den roten Rosenblettern schwach werden, und seine kleine Thier werden von jm essen.
In diesen Zeiten wird der schwarz Adler sein Scepter und Kron niederlegen, und einer im blauen und weissen wirds aufnehmen.
Soll sie aber sein bleiben, hat er Glück. Denn der rot Adler und zween gülden Lewen, und die fünf schwarzen Balcken werden darum kriegen. Darum ist geschrieben: viel werden ein Königreich regieren.
Das Rautenkräntzlin, das vor langest verdunkelt ist gewesen, wird auf das neue gewunden; aber mit Nesseln vermengt. Doch wird die Nessel dorren, und bleibt die Raut über Winter grün.
Ein gülden Lew in einem blauen Stall wird das weiß Rad aufheben.
Und dann wird Unfried, und wird das rot Creutz einem Menschen verliehen, der eines argen Lebens ist, und wird wenig Trew hal= <126> ten. Darumb wird er von dem Ampt des schwarzen Adlers mit dem Apfel gezüchtigt.
Dann wird der weiß und rot bundte Lewe etwas aus dem seinen verlieren.
Und dann ist der schwarz Adler mit bekleidet mit dreyen Strichen, weiß und rot.
Der weiß Lew mit duppelten Schwantz wird auch gedachte Kleidung nicht mehr führen."

Unbegreiflich ist, was den Narren bewogen haben mag, den größten Theil dieser sogenannten Prophezeihung mit vergangenen Begebenheiten anzufüllen, wenn es nicht in der schon gedachten Absicht geschehen, dadurch den Leser zu täuschen, und ihn zu verleiten, das Vergangene und Zukünftige mit einerley Augen anzusehen. Da er in dieser Prophezeihung dem Hause Oesterreich manches Unangenehme verkündiget hatte, so gab solches dem Andreas Perlach, Professor der Astronomie zu Wien Gelegenheit, wider den Cario zu schreiben, und ihn nicht allein der Beleidigung kaiserlicher Majestät, sondern auch der Zauberey und anderer verbothenen Künste zu beschuldigen, worüber er sich in der Vorrede zur gedachten Weissagung bitterlich beschweret.

32, 11 Aber wenn nun Cario ein schlechter Astronom und ein noch schlechterer Prophet war, so könnte er denn doch wohl ein guter Geschichtschreiber gewesen seyn, und wenn er das war, so würde er von dieser Seite Achtung verdienen, und <127> man würde ihm seine astrologischen Thorheiten als Schwachheiten übersehen müssen. Dem gemeinen Rufe zu folgen, würde man ihm den Nahmen eines wo nicht grossen, doch wenigstens nützlichen Geschichtschreibers nicht versagen können, denn wer kennet nicht das unter seinem Nahmen bekannte Chronicon, welches beynahe zweyhundert Jahr lang, wo nicht das einzige, doch das vornehmste Handbuch der Universal=Geschichte war, und noch jetzt nicht ohne Werth ist, ob es gleich in den neuern Zeiten durch andere mehr zweckmäßige Bücher dieser Art überflüßig gemacht worden. Allein bey einer genauern Untersuchung wird sich zeigen, daß er auch hier ohne alles Verdienst ist, indem seine Kenntniß der Geschichte eben so seicht und unbedeutend war, als seine mathematische Gelehrsamkeit und seine Wissenschaft künftiger Dinge. Sein ganzes Verdienst um dieses Buch besteht darin, daß er durch seine Sudelarbeit die erste Veranlassung zu einer unendlich bessern Arbeit war, welche ein unendlich besserer Kopf als er, ausführte, ihm aber aus einer beynahe Beyspiellosen Bescheidenheit und Nachsicht den Nahmen des ersten Stümpers erhielt.
32, 12 Was einen solchen Skribler zu seinem Geschreibe veranlasset, könnte auf alle Fälle sehr gleichgültig seyn, allein da die vorgegebene Veranlassung zu einer Mißdeutung Gelegenheit gegegeben <sic!>, so muß ich sie anführen. Adami sagt in seinem Leben des Cario, Churfürst Philipp <128> von der Pfalz habe schon eine solche Universal=Geschichte gewünscht, und daher die beyden gelehrten Männer, den Bischof von Worms, Johann Dalburg, und den Rudolph Agricola dazu aufgemuntert, welche sich derselben auch wirklich unterzogen, wie denn auch ihre Arbeit noch handschriftlich in der Churpfälzischen Bibliothek befindlich sey. Das habe denn vermuthlich den Cario bewogen, ein gleiches zu unternehmen. Er sagt zwar nicht, woher er diese Nachricht habe; allein sie ist ohne Zweifel aus Melanchthons Zuschrift der Ausgabe des Chronici Carionis vom Jahre 1558 entlehnet, wo er sie weitläufig anführet, doch nur um unter andern damit den Werth und die Wichtigkeit einer Universal=Geschichte zu beweisen. Er setzet hinzu, daß er diesen Umstand von Capnio habe: Saepe audivi narrare Capnionem &c. Caspar Sagittarius führet in seiner Introductione in Historiam ecclesiasticam Th. 1, S. 99. f. diese ganze Stelle an; allein aus der Verbindung, in welcher er sie anführet, ist zu vermuthen, daß er aus einer Uebereilung den Capnio mit dem Cario verwechselt, und daraus beweisen wollen, daß Melanchthon eine vorzügliche Freundschaft mit dem Cario unterhalten habe, weil er öftere Unterredungen mit ihm gepflogen; denn ob er gleich im Texte richtig Capnio setzet, so lautet doch das Marginale so: Amicitia Philippi cum Carione. Hätte er bey der ganzen Stelle den Cario nicht in <129> Gedanken gehabt, so hatte er, dem ganzen Zusammenhange nach, keine begreifliche Ursache, gerade hier der Freundschaft des Melanchthon mit dem Capnio zu erwähnen, da er es bloß mit dem Chronico des Cario zu thun hatte.

32, 13 Seine Veranlassung mochte nun gewesen seyn, welche sie wollte, so schrieb er ein solches Ding von einer Chronik zusammen, hatte aber doch noch so viel Verstand, daß er sie nicht gleich so drucken ließ, sondern seine Arbeit in der Handschrift um das Jahr 1530 an den Melanchthon, dem damahligen Orakel in allen Wissenschaften, schickte, mit Bitte, sie ein wenig durchzusehen und sie zu Wittenberg drucken zu lassen. Bey der grossen Armuth der damahligen Zeiten an vernünftigen Geschichtsbüchern, besonders an solchen, welche den um diese Zeit dringend gewordenen Bedürfnissen der ungelehrten Stände angemessen waren, hielt Melanchthon ein solches Buch allerdings für nothwendig und nützlich; weil er aber sehr bald fand, daß Cario's Arbeit sehr nachlässig und fehlerhaft war, so verbesserte er sie, so gut es seine damahligen Geschäfte erlaubten, und gab sie zu Wittenberg 1532 in 4. heraus.

Es erhellet dieses aus einem Briefe Melanchthons an den Camerarius, welcher Die solstitiali, 1531 geschrieben ist, und wo es heißt: Accepi tuam disputationem de praedictionibus Carionis. Quamquam autem iste vehementer affirmat, se nihil praeter siderum positum in consilium adhibere, tamen multis non satis persuadet hoc. Et ars meo quoque judicio non potest tam diserte de singularibus eventibus pronuntiare; sed vir est, quantum ego quidem cognovi, candidus et Sueuicae simplicitatis plurimum referens. Misit huc Chronica excudenda, sed ea lege, ut ego emendarem. Sunt multa scripta negligentius. Itaque ego totum opus retexo, et quidem Germanice, et constitui complecti praecipuas mutationes maximorum Imperiorum. Eben das sagt Peucer, Melanchthons Schwiegersohn, in der Zuschrift seiner Ausgabe vom Jahr 1572: Nomen Chronici Carionis retinui, quod mutare illud auctor primus sanctae beataeque memoriae Philippus Melanchthon socer meus noluit. Occasio nominis hujus extitit, quod cum Iohannes Carion mathematicus ante annos XL coepisset contexere Chronicum, et recognoscendum illud atque emendandum, priusquam praelo subjiceretur, misisset ad Phil. Melanchthonem, hic, quod parum probaretur, totum abolevit una litura, alio conscripto, cui tamen Carionis nomen praefixit; sed et hoc cum retexisset, amici nomen et memoriam, a cujus primordiis aphormê <griechisch geschrieben>  prima Chronici contexendi nata atque profecta esset, titulo posteritati commendare voluit. Aus Melanchthons Briefe erhellet zugleich, was er von des Fantasten Prophezeihungen gehalten. Die, auf welche er anspielt, war ohne Zweifel die oben mitgetheilte allegorische. Melanchthon war, wie bekannt ist, für seine Person ein grosser Verehrer der Astrologie, glaubte aber nicht, daß man aus dem Stande und den Einflüssen der Gestirne so individuelle und einzelne Begebenheiten vorher sagen könnte, als der Träumer daraus verkündigen wollte.

Da das Buch Beyfall fand, <130> weil es den Bedürfnissen der Zeit angemessen war, so übersetzte Hermannus Boneus, ein Geistlicher zu Lübeck, dasselbe 1538 in das Lateinische, wodurch es denn auch den Ausländern bekannt ward, und in mehrere Sprachen übersetzt wurde. Al= <131> lein da des Cario Arbeit so viele und grosse Fehler hatte, und dessen ungeachtet so wohl aufgenommen wurde, so reitzte das den Melanchthon noch in seinem hohen Alter ein neues Werk dieser Art zu schreiben, welches 1558 erschien, und 1560 mit einem zweyten Theile vermehrt, wieder aufgelegt wurde, aber die Geschichte nur bis auf Carln den Grossen fortführte. Da Melanchthon durch seinen Tod an der weitern Fortsetzung gehindert wurde, so unternahm sein Schwiegersohn, Caspar Peucer diese Arbeit, und setzte die Geschichte in mehrern Ausgaben bis auf die neuern Zeiten fort, worauf sie denn wieder in das Deutsche übersetzt wurde.

32, 14 So wahr und gewiß das alles ist, so finden sich doch noch verschiedene Schwierigkeiten in Ansehung der eigentlichen Arbeit des Cario, welche von den vielen gelehrten Männern, welche die Geschichte dieses Buches geschrieben haben, soviel ich weiß, noch nicht sind gehoben worden.

Baile war, so viel mir bekannt ist, der erste, der diese Schwierigkeiten in seinem Dictionn. v. Carion entdeckte oder vielmehr erfand, sie aber nicht mit Gewißheit heben konnte, sondern sie nur noch vermehrte. Im Jahre 1731 hatte Eberh. Dav. Hauber Dissertat. litterar. de Io. Carionis Chronico ejusque auctoribus atque editionibus diversis, zum Drucke fertig, welche aber, allem Ansehen nach, nie gedruckt worden. Dagegen gab Joh. Christo. Dommerich Epistolam ad E. D. Hauberum de Carionis Chronico, Wolfenbüttel, 1750, 4. heraus. Bald darauf erschien Erh. Ernst Hochs, Predigers zu Willershausen, Disquisitio de Chronici, quod extat sub nomine Io. Carionis vera et genuina origine, Wolfenbüttel 1755, 4; worin er läugnen wollte, daß Melanchthon einigen Theil an der ersten Ausgabe der Chronik des Cario von 1532 gehabt hätte, aber nachmals in den Göttingischen gel. Anzeigen von 1758, S. 1375 seine Meinung wieder zurück nahm. Man sehe auch des jetzigen Hrn. Prof. Titius in Wittenberg Abhandlung davon in den Erweiterungen St. 69, S. 195, wo die obige gewöhnliche Meinung vorgetragen und bestätigt wird.

<132> Sie bestehen darin. Cario hatte die Geschichte bis 1521 oder nach andern bis 1532, Melanchthon aber, wie Baile versichert, nur bis auf Carln den Großen fortgeführet. Nun finden sich gedruckte Ausgaben von Cario's Chronik, welche wirklich bis auf die neuern Zeiten gehen, daher denn die Frage entstehet, ob es wirklich zwey verschiedene deutsche Ausgaben von dem Jahre 1532 giebt, deren eine Cario's ungeänderte, die andere aber, die von Melanchthon verbesserte Arbeit enthält? Und ist dieses, woher rühret diese Verschiedenheit? War etwa Cario mit der Umarbeitung des Melanchthon nicht zufrieden, welches sich bey seinem seichten Kopfe sehr leicht denken läßt, und gab daher seine eigene Arbeit selbst heraus? Es ist noch ein dritter Fall möglich. Melanchthon konnte mit seiner Verbesserung bloß bis auf Carln den Grossen gekommen und hier stehen geblieben seyn, entweder weil er des Umpflügens überdrüssig war, und es ihm an Zeit fehlte, oder weil er damahls in der mittleren Geschichte selbst noch nicht sehr <133> bewandert war. Er konnte also die Handschrift wieder an den Cario zurück geschickt haben, der sie denn mit seiner ungeänderten Fortsetzung drucken ließ. Wäre nun dieses, so hätten wir nur eine einzige Ausgabe von Cario's und Melanchthons vereinigten deutschen Arbeit. Baile trägt alle diese Muthmassungen vor, ohne sich merklich für eine derselben zu entscheiden.

Daß es alte Ausgaben von 1532 an giebt, welche bis auf die neuern Zeiten gehen, ist unstreitig. Als Cario's Chronik das erste mahl erschien, machte sie in der Schweiz vieles Aufsehen, weil nach Gesnern in Bibl. S. 399 viele Unrichtigkeiten in Ansehung dieses Landes darin vorkamen, daher auch Bullinger in Respons. ad Io. Cochlaei libellum de Scripturae et Ecclesiae autoritate, der darin befindlichen Nachricht von der Niederlage der Schweitzer bey Zürch im Jahre 1531 widersprach. Sagittarius versichert in seiner Introd. in Hist. eccles. S. 99, daß er zwey deutsche Ausgaben besitze, deren eine in 8. bis den 16ten April 1521 gehe. Der Titel fehle zwar bey seinem Exemplare, doch sey Cario's Zuschrift 1531 unterzeichnet. Die zweyte Ausgabe sey in 4; allein weil er sie unter seinen Büchern nicht finden können, so sey er auch nicht im Stande mehrere Nachricht davon zu geben. In Gottscheds Beyträgen zur krit. Hist. der deutschen Sprache wird B. 8, S. 282 f. eine deutsche Ausgabe von 1532 umständlich beschrieben, aber aus einer sonderbaren <134> Nachlässigkeit das Format nicht bemerkt, welches doch aus andern Umständen zu urtheilen Quart war. Der Titel heißt: Chronica durch Magistrum Johann Carion vleissig zusamen gezogen, meniglich nützlich zu lesen. Sie ist zu Wittenberg durch Georgen Rhaw 1532 gedruckt, und gehet in der Geschichte bis auf das jetzt gedachte Jahr. Cario's Zuschrift an den Markgrafen Joachim von Brandenburg ist Berlin 1531 unterzeichnet. Auf diese folgt eine Abhandlung wozu Historien zu lesen nützlich ist, und dann die Geschichte selbst, welche in drey Bücher getheilet ist. Zuletzt folgt noch eine Tabula Annorum Mundi aus der Bibel und den bewerten Historien, welche gleichfalls bis auf das Jahr 1532 geht.

Das wäre also zuverlässig eine Ausgabe von Cario's eigenen Arbeit, woran Melanchthon keinen Theil hatte, und dafür wird sie von dem ungenannten Verfasser des gedachten Aufsatzes auch gehalten; zumahl da sie unläugbar bis auf das Jahr 1532 gehet, dagegen Melanchthons Ausgabe sich nicht über Carls des Großen Zeit erstrecken soll. Allein ich getraue mir beweisen zu können, daß dieß wirklich Melanchthons Ausgabe und nicht Cario's ungeänderte Arbeit ist. Jener sagt in einem Briefe an den Ant. Corvinus, den ich so gleich vollständiger anführen werde, ausdrücklich, daß er, Melanchthon, die dem Werke beygefügte Tabulam annorum mundi verfertiget habe: Mitto tibi Chronicon. – In fine ad- <135> jeci tabellam annorum mundi utilem et veram, quam spero tibi et aliis doctis placituram esse. Hatte nun Cario bey seiner Handschrift keine solche Tabulam, sondern ward diese erst von dem Melanchthon hinzu gesetzt, so ist es ja wohl unläugbar, daß diese Ausgabe eben dieselbe ist, an welcher dieser berühmte Gelehrte die Hand mit im Spiele hatte. Wenn aber das ist, so wird ja die Sache wohl noch verworrener, als sie vorher war? – Ich glaube nicht, sondern finde vielmehr, daß dieser Umstand die ganze Ungewißheit hebt, und die bisher so streitige Sache ihrem wahren Aufschlusse ein paar Schritte näher bringt. Doch ehe ich dahin komme, noch ein paar Fragen.

  1. Ist es denn wahr, daß die von Melanchthon besorgte Ausgabe nur bis auf Carln den Grossen geht? Baile behauptet es freylich, und eben dieser Umstand ist es, der ihn zu den obigen Schwierigkeiten und Zweifeln Gelegenheit gegeben hat. Allein ich sehe nicht, aus was für einem Grunde er so etwas behaupten konnte, wenigstens führet er nichts an, was einem Grunde ähnlich sehe. In Melanchthons Briefen und Zuschriften kommt auch nichts vor, woraus es sich schließen ließe. Ueberdieß kenne ich keinen einzigen Schriftsteller, welcher ein Exemplar von Cario's Chronik beschrieben oder nur gesehen hätte, welches nur bis auf die jetzt gedachte Zeit ginge; alle bekannte Exemplare gehen vielmehr bis auf die Zeit der Herausgabe. Da sich <136> nun keine Spur eines Beweises für jenen Umstand auffinden läßt, so ist mehr als wahrscheinlich, das <sic!> Baile durch Melanchthons nachmahlige lateinische Ausgabe irre geführet worden, als welche er in der That nur bis auf Carln den Grossen zu Stande gebracht hat, indem er durch den Tod an der weiteren Fortsetzung gehindert wurde. Baile verwechselte in Gedanken diese spätere lateinische Arbeit mit der ersten deutschen, und glaubte daß auch diese nicht weiter gehen könnte, und daraus entstanden denn alle seine Zweifel und Bedenklichkeiten, die aber nunmehr von selbst wegfallen. Aehnliche Nachlässigkeiten und Uebereilungen sind bey diesem sonst so gelehrten und scharfsichtigen Manne nicht selten.
  2. Ist es denn auch wahr, daß Melanchthon des Cario Arbeit ganz verworfen, und statt derselben ganz etwas Neues gemacht hat? Diese Frage scheinet schwerer zu verneinen, weil nicht nur Peucer in der oben angeführten Stelle sie ausdrücklich bejahet, sondern auch Melanchthon selbst in der oben angeführten Stelle eines Briefes an den Camerarius so etwas zu behaupten scheinet. Allein ich will zuvörderst dem Melanchthon den Vorgenannten selbst entgegen setzen. Dieser druckt sich in einem Briefe an den Anton Corvin von 1532, mit welchem er ihm zugleich ein Exemplar von des Cario Arbeit überschickt, in Sauberti Epistolis Melanchth. B. 5, S. 502, folgender Gestalt aus: Mitto tibi Chronicon, in quo etsi sunt mei quidam loci, <137> tamen ipsa operis sylva non est mea. Misit enim Carion ad me farraginem quandam negligentius coacervatam, quae a me disposita est, quandoquidem in compendio fieri potuit. In fine adjeci tabellam annorum mundi, utilem et veram, quam spero tibi et aliis doctis placituram esse. Et si recudent opus nostri chalkographoi <griechisch geschrieben> addam ex Ptolemaeo testimonia. Ich glaube die Stelle ist deutlich und bestimmt genug und daraus muß auch das retexere in dem obigen Briefe an den Camerarius erkläret werden. Ueberdieß redet er in dem letzteren im Praesenti, weil er wirklich noch über der Arbeit begriffen war, und vielleicht damahls Willens seyn mochte, mehr daran zu thun, als er wirklich that. Peucer druckt sich freilich über seines Schwiegervaters Arbeit weit stärker aus, wenn er sagt: totum abolevit una litura, alio conscripto; allein wer siehet nicht, daß er Melanchthons eigenes Zeugniß nicht überwiegen kann. Vielleicht vergrössert er aus Achtung für seinen Schwiegervater dessen Antheil ein wenig; vielleicht war ihm auch die Sache selbst nicht recht bekannt, da er 40 Jahre hernach schrieb, und Melanchthons Antheil an dem Buche nur von Hörensagen haben konnte, indem er erst 1540 nach Wittenberg kam.

Aus allem ergiebt sich nun wohl, daß die von Baile gefundenen Schwierigkeiten nichts auf sich haben, und bloße Kinder seiner Uebereilung sind. Man muß sich folglich die Sache so vor= <138> stellen: Cario schickte seine Arbeit, welche bis auf die damahlige Zeit ging, an den Melanchthon zur Ausbesserung. Dieser hielt ein solches Buch für sehr nützlich, fand aber an des Cario Arbeit sehr viel auszusetzen, indessen that er daran, was er damahls konnte; er brachte den Wust des Compilators in eine bessere Ordnung, schnitt die gröbsten Auswüchse weg, und setzte manches hinzu, und ließ das Werk unter des Cario Nahmen drucken. Zugleich nahm er sich vor, einmahl bey mehrerer Muße selbst etwas besseres zu schreiben, welches er denn auch kurz vor seinem Ende in lateinischer Sprache bewerkstelligte, aber nur bis an Carln den Grossen damit kam. Er ließ auch dieser Arbeit den Nahmen des Cario, theils weil derselbe die erste Veranlassung dazu gegeben, und die ersten Materialien dazu gesammelt hatte, theils aber auch, weil die ähnliche ältere Arbeit schon unter dessen Nahmen bekannt und beliebt war. Und so fiele denn das Vorgeben von zwey verschiedenen deutschen Ausgaben der ersten Arbeit von selbst hin.

32, 15 Was da Jahr der ersten Ausgabe betrift, so wird von vielen das Jahr 1531 dafür angegeben; allein allem Ansehen nach haben sie das Jahr der Zuschrift mit dem Jahre des Druckes verwechselt. Das Druckjahr ward, der Gewohnheit der damahligen Zeit zu Folge, vermuthlich nicht auf dem Titel, sondern hinten am Ende angegeben. Diejenigen, denen ein solches Exemplar in die Hände fiel, vergassen, nach <139> dem Beschlusse zu sehen, und ließen sich durch das Datum der Zuschrift täuschen. Melanchthon war zur Zeit der Sonnenwende (er sagt freylich nicht welcher,) 1531 noch mit der Ausbesserung beschäftiget, daher das Buch wohl nicht eher als 1532 erscheinen konnte. Das oben beschriebene Exemplar hat diese Jahrzahl ausdrücklich. In Pantaleo's Prosopogr. wird 1538 als das Jahr der ersten Ausgabe angegeben; allein das ist ein unstreitiger Druck= oder Gedächtnißfehler.
32, 16 Uebrigens ist das Buch, Melanchthons Feile ungeachtet, noch immer eine sehr dürftige und verstandlose Compilation, wo der prophetische und astrologische Sauerteig des Sammlers überall vorschmeckt. Nur eine Stelle zur Probe. Von Hesiodo heißt es: "Hesiodus ist hundert jar nach Homero gewesen, wie Porphyrius schreibt, vnd ist ein Pfarrherr gewesen, am Berg Helikon, da ein grosser berümpter Tempel gewesen ist, und sein schrift laut zum Theil wie ein predigt Buch von guten sitten, denn es sind rechte schone sprüch, von allerley tugenden, doch ist nichts da von Christo vnd Glauben. Denn diese hohe lar ist bey den Heyden verloschen gewesen, zum Teil ist Hesiodi Schrift ein rechter wolgestelter ewiger Calender, gericht auff der Sonnen Lauf vnd erscheinung etlicher Sternen, die den vnterschied der Teil im jar anzeigen, vnd <140> ist warlich ein fein lieblich kinderbuch" u. s. f.
32, 17 In Nicol. Leutingers Zuschrift des 8ten Theiles seiner Brandenburgischen Geschichte

In Küsters Ausgabe Th. 2, S. 1363

befindet sich eine Stelle, aus welcher zu erhellen scheinet, daß Cario noch an einer andern historischen Arbeit Theil gehabt. Er sagt nehmlich, Churfürst Friedrich der Weise von Sachsen habe sich sehr angelegen seyn lassen, eine Chronik von Sachsen zu Stande zu bringen, und habe daher mit den benachbarten Fürsten darüber gerathschlaget, und sie gebeten, seine Absicht von ihrer Seite zu unterstützen, da denn der Herzog Boguslav von Pommern die Sache dem Johann Bugenhagen, Churfürst Joachim von Brandenburg dem Johann Cario, Herzog Fridrich <sic!> von Sachsen dem Georg Spalatin, andere Fürsten aber andern Gelehrten aufgetragen hätten; worauf er so fortfähret: Intra hos Brandenburgicis Principibus merito est acceptum referendum, quicquid sibi in eo opere utilitas publica vendicat, quorum beneficio Carion usus est. Hieraus könnte man schließen, daß Cario wirklich eine Sächsische Chronik geschrieben habe, welche das Publicum folglich den Churfürsten von Brandenburg zu verdanken hätte. Allein ich finde von einer solchen Sächsischen Geschichte, welche diesen Sterndeuter zum Verfasser hätte, nichts, daher Leutinger die obige Chronik gemeinet ha= <141> ben muß, woraus sich denn ergeben würde, daß Cario von seinem Churfürsten selbst dazu aufgefordert worden. Vielleicht trug ihm dieser nur die Sächsische Geschichte auf; allein da der Compilator einmahl in das Ausschreiben kam, so ward daraus eine allgemeine Chronik.

32, 18 Wie lange der Unhold seinen astrologischen Unfug getrieben, ist so gar gewiß auch noch nicht bekannt. Adami sagt, er sey 1538 zu Berlin in seinen besten Jahren gestorben, und ihm sind darin alle späteren Schriftsteller gefolget. Dagegen führet Reimmann in Hist. litter. der Deutschen, Th. 5, S. 126 eine Anekdote an, aus welcher erhellen würde, daß er ein Jahr früher zu Magdeburg gestorben sey. Christoph Singelius, Superintendent zu Ronneburg, der um diese Zeit lebte, hatte nehmlich in einem Exemplare von Luthers Tischreden, zu der Stelle, wo Cario ihm den Scheiterhaufen prophezeihet hatte, die Worte hinzugeschrieben: Dieser soff sich zu Tode in Magdeburg, Ann. 1537. Eine solche Nachricht ist freylich von keinem grossen Gewichte, wenn sie zuverlässigern widerspricht, weil sie sich auf blosses Hörensagen gründen kann; allein man weiß, daß Adami's Nachrichten oft auch keine bessere Quelle haben, folglich werden sie einander in der Glaubwürdigkeit nicht viel nachgeben. Nur könnte man fragen, wie Cario nach Magdeburg gekommen, da er doch Chur= <142> fürstlicher Mathematicus zu Berlin war. Ich habe diesen Umstand freylich bey sonst keinem einzigen Schriftsteller gefunden; allein, wenn er gegründet ist, so läßt er sich leicht erklären. Churfürst Joachim, der den Cario ernährte und schützte, starb als eifriger Katholik den 11ten Jul. 1535. Sein Sohn und Nachfolger Joachim 2. war der Reformation günstig, und fing sogleich an zu reformiren. Da nun Cario, wie es scheint, ein guter Katholik war, so ist es wahrscheinlich, daß er seinen Abschied bekommen hat, und da kann er denn nach Magdeburg gegangen seyn, und sich seinem alten Hange zum Trunke aus Mangel an Beschäftigung ganz überlassen haben. Wer weiß auch, ob er, da er der Günstling des Churfürsten war, nicht einigen Theil an dessen Haß gegen seine Gemahlinn hatte, daher er denn nach dessen Tode in Berlin freylich nicht mehr gelitten seyn konnte.
32, 19 Daß aber Cario, ob er gleich zu Wittenberg studiert hatte, und wegen seiner Chronik in einiger Verbindung mit Melanchthon stand, dennoch ein guter Katholik geblieben, läßt sich aus verschiedenen Umständen muthmaßen. Seiner Prophezeihung, worin er Luthern den Scheiterhaufen verkündigte, habe ich oben schon gedacht. Ueberdieß war Churfürst Joachim sein Gönner, ein sehr eifriger Katholik, der nicht leicht einen Lutheraner in seinen Diensten duldete; daher er wohl den Ca= <143> rio nicht seiner Gnade und seines Vertrauens würde gewürdiget haben, wenn nicht derselbe eines Glaubens mit ihm gewesen wäre. Indessen druckt dieser sich sowohl in seinen Prophezeihungen, als auch in seiner Chronik in Ansehung der damahligen kirchlichen Angelegenheiten sehr behutsam aus, so daß man eben nicht siehet, zu welcher Religion er sich bekennet. Daß er in seiner Chronik diese Vorsicht gebraucht, würde allenfalls mehr dem Herausgeber, als ihm müssen zugeschrieben werden; allein ich habe solches auch in seinen Prophezeihungen bemerkt, wenigstens in denen, die mir bekannt geworden sind. Zwar prophezeihet er in der obigen Weissagung, daß zwischen 1530 und 1550 sich in Sachsen das klare Wort würde erhören lassen, welches man allenfalls auf die Reformation deuten könnte.. Allein, da diese in Sachsen schon lange vorher eingeführet war, so ist glaublich, daß er etwas anders, und vielleicht wohl gar den römischen Lehrbegriff darunter verstanden. Indessen kann es seyn, daß er in der Folge in Ansehung der Religion wenigstens gleichgültig geworden.
32, 20 Was die ihm in der obigen Anekdote schuld gegebene Neigung zum Trunke betrifft, so ist dieselbe auch aus einem andern Zeugnisse erweislich. In dem oben erwähnten und in Gottscheds krit. Beytr. von einem Ungenannte beschriebenen Exemplare von Cario's Chro= <144> nik hatte eine ungenannte Hand aus dem 16ten Jahrhunderte folgendes geschrieben:

Rythmi de obitu Carionis.

Iohannes Carion Doctor
Ingentium Craterum Decoctor
Influxuum Coelestium Divinator
Injuriarum Constans Dissimulator
Insigniter Charus Dominantibus
Infensus Contentiose Discordantibus
Integer Carens Deceptione
Invidia, Calumnia, Delatione,
Inter Compotores Deducitur
Invitus Certando Dejicitur
Illico Corpore Delassatur
Inque Convivio Decimatus
In Certamine Debellatus
Immiti Charonti Devovetur
Indulge Christe Decantetur
Ignosce Christe Derepente
Inter Calices Demorienti.

Epitaphium.

Mortuus est Charion dulci cogente Lyaeo,
    
Cujus in hoc tumulo membra soluta jacent.

Aliud.

Aeterna Doctor Charion in pace quiescat,
    
Qui vivens fido corde sodalis erat

<145> Wodurch denn nicht allein seine Völlerey, sondern auch der obige Umstand von seinem durch dieselbe beschleunigten Tode bestätiget wird, indem er wenigstens nicht über 40 Jahr alt geworden seyn kann. In seines Zeitgenossen, des Georg Sabinus, lateinischen Gedichten wird seiner mehrmahls gedacht. Wenn es z. B. in der 6ten Elegie des dritten Buches, wo Sabin den Christoph Carlwitz und andere zur Hochzeit einladet, von dem Cario heißt:

Dulce nec hinc aberit Charitum decus atque leporum,
     Grande saginati Cario ventris onus;

so wird dadurch nicht allein der oben ihm beygelegte Charakter eines guten Gesellschafters bestätiget, sondern man siehet auch daraus, daß er sich durch einen fetten und grossen Wanst vor andern ausgezeichnet, welches denn eben nicht zu verwundern ist, da seine gelehrten Arbeiten ihm eben nicht viel Kopfbrechens verursachen können.

32, 21 Es ist nur noch übrig, daß ich seine Schriften, soviel deren mir bekannt geworden sind, hier kürzlich wiederhohle. Es sind folgende:

Die jährlichen damahls üblichen astrologischen Kalender, unter den Titeln Practica, dergleichen noch hin und wieder vorkommen, z. B. von den Jahren 1531, 1533, 1534 u. s. f.

Prognosticatio und Erklerung der großen Wesserung, auch anderer erschrockenlichen Würkungen, so sich begeben 1524. Leipzig, 1522. <146> S. davon (Joh. Gottfr. Wellers) Altes aus allen Theilen der Gesch. B. 1, S. 256.

Weissagung und Offenbarung, aus himmlischer Influenz, von vergangenen und itzigen leufften, 1525; 8; worauf sie sehr oft wieder aufgelegt, und mit andern ähnlichen Thorheiten zusammen gedruckt worden. Es ist die oben von mir ganz mitgetheilte allegorische Weissagung, vor welcher hier nur noch theils eine weitläufige Zuschrift an den Churfürsten Joachim, theils eine Ermahnung an die Deutschen Fürsten vorher gehet, worin er sie zur Eintracht ermahnet, weil ihn eines greulichen Wetters ahnet, welchs Uebergang sie alle netzen wird. Cario selbst hat diese Weissagung mehrmahls heraus gegeben, worauf sie so wohl bey seinem Leben, als auch nach seinem Tode häufig nachgedruckt worden. Eine Ausgabe von 1540 in 4, wird in Wellers Altes l. c. S. 254 beschrieben. Ich habe eine jüngere vor mir, Erfurt, 1567, 8.

Bedeutnis und Offenbarung warer hymlischer Influxion – von jare zu jare werende, bis man schreibt 1540 Jare. Wittenberg, 4. Sie fängt von 1528 an. S. Wellers Altes l. c. S. 253.

Deutsch himlischer Influenz nach Christi Geburt 1529 Jahr. Frankfurt, 1 Bog. in 4. Diese führt Küster in Bibl. Brandeb. S. 422 an.

Jöcher und Weidler legen ihm in der Hist. Astron. S. 357 Ephemerides astronomi- <147> cas ab a. 1536 ad a. 1550 bey; allein sie thun dem Fantasten zu viel Ehre an, denn diese Ephemerides sind entweder seine jährlichen astrologischen Kalender, die doch nicht bis 1550 gehen können, oder die obige alberne Weissagung, welche freylich bis 1550 gehet, aber sich weit früher als 1536 anfängt.

Das oben weitläufig beschriebene Chronicon, welches zuerst zu Wittenberg 1532 in 4. heraus kam, worauf es in der deutschen Original=Sprache vermuthlich noch einige Mahle aufgeleget worden. Herm. Bonni lateinische Uebersetzung erschien zu Wittenberg 1538, 8; zu Halle in Schwaben 1539, 8; zu Lyon 1543, 8; zu Frankfurt in eben demselben Jahre, in 8, und 1554 12; ja noch Paris 1563, 16; nachdem Melanchthons eigene bessere Arbeit schon 1558 erschienen war. Die letzte Ausgabe besaß Baile. Man hat auch eine Französische Uebersetzung von Johann le Blond, Paris 1556, 16, deren Baile gleichfalls gedenkt. Von Melanchthons und Peucers bessern Arbeiten sage ich hier nichts, weil sie den Cario weiter nichts angehen, obgleich aus den oben bereits angeführten Ursachen sein Nahme auf dem Titel beybehalten worden.

Quelle:

http://books.google.de/books?id=kcQ5AAAAcAAJ&pg=PT41&lpg=
PT41&dq=adelung+narrheit+cario&source=bl&ots=gXPBJ3ks18&sig=
5-jtItybKctQx6i7Qj-os4Qy_QE&hl=de&ei=b9yQSoqgLoumnQOQhvmmAQ&sa=
X&oi=book_result&ct=result&resnum=1#v=onepage&q=&f=false

Die Quelle ließ sich am 23. August 2009 mit den Suchbegriffen "Adelung Narrheit Carion" bei Google finden.

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